Subsidiär Schutzberechtigte - der Bezug von Arbeitslosengeld/Notstandshilfe stellt keine Erwerbstätigkeit dar
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/16/0158 eingebracht. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom wegen Nichtbefolgung eine Mängelbehebungsauftrages.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Sachwalter, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Kinder xxxx, für den Zeitraum Jänner 2011 bis März 2012 in Höhe von insgesamt € 12.952,00 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat mit Bescheid vom die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für die vier minderjährigen Kinder der Berufungswerberin für den Zeitraum Jänner 2011 bis März 2012 in Höhe von insgesamt € 12.952,00 (FB: € 9.448,00; KAB: € 3.504,00) unter Hinweis auf § 3 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 zurückgefordert, weil die Berufungswerberin nur bis Dezember 2010 erwerbstätig gewesen sei.
Die dagegen eingebrachte Berufung vom wird wie folgt begründet:
"Der Bescheid wird wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, und zwar weil der Sachverhalt mangelhaft festgestellt wurde, sowie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit zur Gänze angefochten. Im Einzelnen wird Folgendes ausgeführt:
1. Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG haben Personen, die nicht österr. Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich rechtmäßig in Österreich aufhalten. Für Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem AsylG 2005 zuerkannt wurde, besteht Anspruch auf Familienbeihilfe dann, wenn sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbstständig oder selbstständig erwerbstätig sind.
2. Die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid sind äußerst lapidar. Diese umfassen einzig den Satz: "Frau X. war nur bis Dezember 2010 erwerbstätig." Die übrigen Teile der Begründung beschränken sich auf die Wiedergabe des Gesetzestextes! Feststellungen zum Aufenthaltsstatus der Einschreiterin fehlen völlig!
3. Richtig ist zunächst, dass die Einschreiterin bis Dezember 2010 unselbstständig er-werbstätig war. Ab Jänner 2011 war die Einschreiterin arbeitssuchend gemeldet. Seither bezieht die Einschreiterin Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe, wobei sie seit Herbst 2011 entsprechende Schulungsmaßnahmen besucht. Die Unterbrechungen gemäß der beiliegenden Bezugsbestätigung ergeben sich im Wesentlichen aus mehreren Krankenstandszeiten.
4. Die Suche nach einem Arbeitsplatz ist einer (selbstständigen oder unselbstständigen) Erwerbstätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 4 FLAG gleichzuhalten. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass jene Bedingungen erfüllt sind, die für den Bezug von Arbeitslosengeld (bzw. anschließend Notstandshilfe) gefordert sind. Letzteres ist bei der Einschreiterin gegeben. Die Suche nach einem (neuen) Arbeitsplatz schließt nahtlos an die Erwerbstätigkeit der Einschreiterin in. Gemäß § 3 Abs. 4 letzter Satz FLAG hat sie daher für ihre vier Kinder auch Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Kinderabsetzbeträge.
Beweis: Bezugsbestätigung des AMS y vom , sowie
Aus den angeführten Gründen wird daher der
ANTRAG
gestellt, der unabhängige Finanzsenat als Berufungsbehörde möge
1. den Bescheid des Finanzamtes Linz vom dahingehend abändern, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung von € 12.952,--an Familienbeihilfe sowie an Kinderabsetzbeträgen entfällt und dass für den Zeitraum von Jänner 2011 bis laufend (weiterhin) Familienbeihilfe gewährt wird,
in eventu
2. den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Ent-scheidung zurück verweisen.
II.
Gemäß dem mit obiger Berufung angefochtenen Bescheid wird ein Rückforderungsbetrag von insgesamt € 12.952,--eingefordert. Dieser Betrag hängt zur Gänze von der Erledigung der obigen Berufung (vgl. I) ab. Gemäß § 212a BAO stellt die Einschreiterin daher den
ANTRAG,
das Finanzamt Linz möge die Einhebung der angeführten Abgabebeträge bis zur rechtskräftigen Erledigung über obige Berufung aussetzen."
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 3 (1) Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden."
Die Berufungswerberin und ihre Kinder sind im Besitz einer befristeten Aufenthaltsbewilligung gem. § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, von der zuerkennenden Behörde gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesasylamt verlängert.
Die befristete Aufenthaltsberechtigung lag auch im Berufungszeitraum vor.
Nach § 3 Abs. 4 FLAG 1967 haben subsidiär Schutzberechtigte jedoch nur dann einen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind.
Es muss eine tatsächliche Erwerbstätigkeit vorliegen (siehe Csascar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 3, Rz 275, 276).
Die Berufungswerberin erhielt keine Leistungen aus der Grundversorgung, allerdings war sie im Berufungszeitraum unbestritten auch nicht unselbständig oder selbständig erwerbstätig. Sie bezog mit Unterbrechungen (laut Ausführungen in der Berufung wegen Krankenstandszeiten) ab Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe.
Der Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe erfüllt jedoch nicht die Voraussetzung einer Erwerbstätigkeit im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung (siehe Csascar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 3, Rz 280).
Somit lagen aber die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages (§ 33 Abs. 3 EStG 1988) nicht vor.
Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 3 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at