Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 09.08.2011, RV/1719-W/11

Anerkennung der Kosten der doppelten Haushaltsführung, wenn der Familienwohnsitz aus beruflichen Gründen des (Ehe-)Partners vom Beschäftigungsort des Abgabepflichtigen wegverlegt wird

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1719-W/11-RS1
Erfolgt die Wegverlegung des Familienwohnsitzes deshalb, weil der Ehepartner, der die Betreuung der gemeinsamen Kinder übernimmt, eine Beschäftigung an einem Ort aufnimmt, von dem aus die tägliche Rückkehr an den bisherigen Familienwohnsitz unzumutbar ist, so sind auch in diesem Fall die Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten anzuerkennen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., W, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) beantragte in seiner elektronisch abgegebenen Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung die Berücksichtigung von Sonderausgaben in Höhe von insgesamt 4.475,40 € und Werbungskosten in Höhe von insgesamt 4.501,20 €, die auch Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten in Höhe von 3.014,62 € beinhalteten. Darüber hinaus machte er Kosten für Kinderbetreuung in Höhe von 276,00 € als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2008 vom lediglich Werbungskosten in Höhe von 452,30 €. Begründend wurde angeführt, dass die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen nicht berücksichtigt werden konnten, da sie den Selbstbehalt von 4.725,35 € nicht überstiegen. Da der Bw. trotz Aufforderung noch benötigte Unterlagen nicht beigebracht habe, hätten die geltend gemachten Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden können, als Beweismittel vorgelegen seien. Die geltend gemachten (Topf-) Sonderausgaben hätten nicht berücksichtigt werden können, da der Gesamtbetrag der Einkünfte 50.900,00 € überstiegen habe.

Mit der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung, in welcher er die Berücksichtigung aller von ihm angeführten Werbungskosten und Sonderausgaben beantragte, übermittelte der Bw. sämtliche die geltend gemachten Aufwendungen dokumentierenden Unterlagen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurden Werbungskosten in Höhe von 1.486,62 € anerkannt und die geltend gemachten Sonderausgaben gemäß der in § 18 Abs. 3 Zif. 2 letzter Absatz EStG 1988 vorgesehenen Einschleifregelung in Höhe von 29,34 € berücksichtigt. Begründend wurde ausgeführt, Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten seien nur dann absetzbar, wenn die Begründung eines Wohnsitzes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes erfolge und daher als beruflich veranlasst anzusehen sei. Die Beibehaltung der bisherigen Wohnung am Beschäftigungsort bei Verlegung des Familienwohnsitzes an einen auswärtigen Ort sei grundsätzlich nicht beruflich veranlasst. Da der Bw. seinen Familienwohnsitz mit Ende August 2008 verlegt habe, sei die daraus resultierende doppelte Haushaltsführung als rein privat veranlasst anzusehen, weshalb die daraus erwachsenden Aufwendungen nicht anerkannt werden könnten.

In dem dagegen fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wandte sich der Bw. gegen die Nichtanerkennung der Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten. Diesbezüglich führte er aus, er habe im März 2001 ein Dienstverhältnis in Österreich angetreten. Den Familienwohnsitz (rund 131 km entfernt von Wien) in Tschechien habe er beibehalten, da seine Frau in Tschechien berufstätig gewesen sei und über ein Einkommen verfügt habe. Im August 2002 sei die älteste Tochter zur Welt gekommen und seine Frau habe nach einer Karenzzeit wieder in Tschechien gearbeitet. 2003 sei die Frau des Bw. nach Österreich gekommen, und im November 2004 seien Zwillinge in Österreich auf die Welt gekommen. Ab 2007 habe die Frau des Bw. versucht, in Österreich einen Job zu finden, was ihr aber nicht gelungen sei. Der Familienwohnsitz in Tschechien sei stets beibehalten worden, da dort auch die Familien des Bw. und seiner Gattin sowie die Freunde lebten. In den Jahren, in denen die Frau des Bw. in Tschechien gelebt habe, seien die Kosten der doppelten Haushaltsführung und der Familienheimfahrten auch als Werbungskosten anerkannt worden.

Am sei die Gattin des Bw. mit den gemeinsamen Kindern wieder an den Familienwohnsitz in Tschechien gezogen, da sie dort eine Arbeit gefunden habe, was ihr in Österreich nicht gelungen sei. Sie habe in der Zeit vom bis zum rund 3.600,00 € verdient. Die Kinder gingen auch in Tschechien in die Schule und in den Kindergarten.

Da der Familienwohnsitz in Tschechien nie aufgegeben worden sei und die Gattin des Bw. dort nunmehr relevante Einkünfte erziele, gehe der Bw. davon aus, dass die Kosten einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung anzuerkennen seien, wobei er sich diesbezüglich auf die Ausführungen in den Randziffern 343, 1038e und 347 der Lohnsteuerrichtlinien berief.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Betreffend Berücksichtigung von Werbungskosten:

a.) Kosten der doppelten Haushaltsführung:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Der aus Tschechien stammende Bw. arbeitet seit März 2001 in Österreich. Seine Ehefrau blieb zunächst am ursprünglichen Familienwohnsitz in Tschechien wegen ihrer Berufstätigkeit zurück und erzielte dort steuerlich relevante Einkünfte. In der Folge zog die Gattin des Bw. mit der gemeinsamen Tochter zu ihrem Mann nach Österreich und blieb auch nach der Geburt von Zwillingen im Jahr 2004 weiterhin in Österreich. Für den Bw. liegt seit , für seine Gattin seit ,für die gemeinsame Tochter T seit und für die Zwillinge seit deren Geburt eine Hauptwohnsitzmeldung in Österreich vor. Der Bw. seine Gattin und die gemeinsamen Kinder führten bis einen gemeinsamen Haushalt in Österreich. Mit diesem Datum wurden die Gattin des Bw. und die gemeinsamen Kinder in Österreich abgemeldet, da sie nach X, Tschechien übersiedelten. Die bisher als Familienwohnsitz in Österreich dienende Wohnung wurde aufgegeben, und der Bw. begründete in einer kleineren Wohnung einen Nebenwohnsitz. Die Kinder des Bw. besuchen nunmehr Kindergarten und Schule am Familienwohnsitz in Tschechien, wo auch die Gattin des Bw. seit einer Berufstätigkeit nachgeht. Sie verdiente in den Monaten September 2008 bis Dezember 2008 cirka 3.600,00 €. Die einfache Fahrtstrecke von der Arbeitsstätte des Bw. nach X beträgt rund 114 km, im Jahr 2008 benötigte man laut Routenplaner des ÖAMTC für die Zurücklegung dieser Strecke eine Fahrtzeit von in etwa 2 Stunden 19 Minuten mit dem KFZ, und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen 3 Stunden 30 Minuten und 4 Stunden 30 Minuten.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen des Bw., welches durch die vorgelegten Unterlagen bestätigt wird, den über die Familie des Bw. im Zentralmelderegister gespeicherten Daten, dem Routenplaner des ÖAMTC sowie der Fahrplanauskunft der ÖBB. Er ist folgendermaßen rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkunftsarten nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a leg. cit. auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeitsort- (Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c leg. cit. angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 in der für das Streitjahr gültigen Fassung beträgt der berücksichtigungsfähige Höchstbetrag 3.372 Euro jährlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt erkannt, dass die Beibehaltung eines (Familien-) Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann (vgl. z.B. , und , 2005/15/0079). Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in der weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit des Ehegatten (vgl. etwa ). Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. z.B. ).

Familienwohnsitz ist jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehepartner oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl. ).

Bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, besteht die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort, an dem sie mit ihrer Familie leben. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen könnte auch dann in Österreich liegen, wenn die Absicht bestünde, Österreich nach einer gewissen Zeit wieder zu verlassen. Ein Zuzug für immer ist nicht erforderlich (). Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindung zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus (vgl. ; , 2008/15/0325).

Da der Bw. in den Jahren 2002 bis 2008 mit seiner Familie in Österreich einen gemeinsamen Haushalt innegehabt hat, das Familieneinkommen in dieser Zeit in Österreich von ihm erwirtschaftet wurde und er selbst angibt, seine Frau habe beabsichtigt, in Österreich beruflich tätig zu werden, ist davon auszugehen, dass vom Bw. eine gemeinsame Haushaltsführung und ein gemeinschaftliches Wirtschaften mit seiner Gattin und seinen Kindern in Österreich auf Dauer beabsichtigt war, weshalb sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bw. und seiner Familie in diesen Jahren auch in Österreich befunden hat. Aus dem Umstand, dass die Wohnung in Tschechien in dieser Zeit nicht aufgegeben wurde, und der Bw. und seine Familie dort auch ihre Freizeit verbracht haben, kann nicht abgeleitet werden, dass der Lebensmittelpunkt weiterhin in Tschechien gelegen ist, da sich die wesentlichen familiären, wirtschaftlichen und beruflichen Bindungen in dieser Zeit zweifellos in Österreich befanden. Dementsprechend ist festzuhalten, dass der Familienwohnsitz des Bw. zunächst von Tschechien nach Österreich und im August 2008 wiederum nach Tschechien verlegt wurde.

Begründet der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort einen Zweitwohnsitz, weil ihm die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz nicht zumutbar ist, so sind nach ständiger Rechtsprechung des Veraltungsgerichtshofs die Kosten dafür zu berücksichtigen, wenn für die doppelte Haushaltsführung eine berufliche Veranlassung besteht. Eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung ist unter anderem dann beruflich veranlasst, wenn der Ehegatte (bzw. Lebensgefährte) des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielt und diese nicht bloß ein untergeordnetes Ausmaß aufweisen (vgl. beispielsweise ; , 96/13/0129).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen Zl. 92/15/0054, und Zl. 96/14/0177, ausgeführt hat, ist die Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort des Abgabepflichtigen wegen der Aufnahme einer Beschäftigung des Ehegatten an einem anderen Ort nicht durch die Erwerbstätigkeit des Abgabepflichtigen veranlasst und führt deshalb nicht zu berücksichtigungsfähigen Werbungskosten. Ein derartiger Fall könne nicht mit jenen Fällen verglichen werden, in denen die steuerlichen Folgen der Begründung eines weiteren Haushaltes am Ort der Beschäftigung des einen Ehepartners bei Beibehaltung des bisherigen Familienwohnsitzes am Beschäftigungsort des anderen Ehepartners zu beurteilen seien.

Die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird von Reinisch (RdW 2000/537) mit folgender Argumentation kritisiert:

"Die Ansicht des VwGH, die Kosten für die doppelte Haushaltsführung bei Wegverlegung des Familienwohnsitzes auch im Fall der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten nicht anzuerkennen, ist zu weitgehend und führt zu keinem sachgerechten Ergebnis. Es mag zwar richtig sein, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes nicht beruflich veranlasst ist. Beruflich veranlasst ist aber dennoch der Doppelwohnsitz. Auch die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in unüblich weiter Entfernung ist nach dem VwGH ,nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, wie dem Steuerpflichtigen die Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache etwa in einer Erwerbstätigkeit der Gattin oder im Bereich der privaten Lebensführung haben'.

Wenn es aber dem Steuerpflichtigen nicht zugemutet werden kann, den Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort zu verlegen, weil der andere Ehegatte am Familienwohnsitz Einkünfte in steuerlich relevanter Höhe erzielt, dann muss die Beibehaltung des Familienwohnsitzes genauso unzumutbar sein, wenn der andere Ehegatte an einem über 120 km entfernten Ort eine neue Beschäftigung aufnimmt. Würde der andere Ehegatte dort einen Zweitwohnsitz begründen, so wäre dieser nach ständiger Rechtsprechung) als beruflich veranlasst anzuerkennen und steuerlich abzugsfähig. Betreut der Gatte des Steuerpflichtigen aber neben der Arbeit auch die gemeinsamen Kinder und will er aus diesem Grund keinen Zweitwohnsitz nehmen, sondern den Familienwohnsitz verlegen, kann er die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht geltend machen, weil er ja keinen Zweitwohnsitz hat. Aber auch der Steuerpflichtige, der am bisherigen Familienwohnsitz einen Zweitwohnsitz beibehält, kann nach der Rechtsprechung die Aufwendung für die doppelte Haushaltsführung nicht geltend machen. Damit behandelt der VwGH denselben Sachverhalt, die Eheleute sind an verschiedenen Orten berufstätig und die tägliche Rückkehr zum gemeinsamen Familienwohnsitz ist unzumutbar, unterschiedlich, was zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis führt."

Richtig ist es nach Meinung von Reinisch (aaO) vielmehr, Kosten der doppelten Haushaltsführung generell für jenen Zeitraum, in dem beide Ehepartner einer nachhaltigen Erwerbstätigkeit an verschiedenen Orten nachgehen, als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten anzuerkennen. Während diesem Zeitraum sind nämlich die Mehraufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung durch die Erwerbstätigkeit bedingt. Dies gilt unabhängig davon, ob - und mit welcher Absicht - der Familienwohnsitz beibehalten oder wegverlegt wird oder ob er zeitweise mangels Vorliegens von Einkünften eines Ehegatten als privat veranlasst gilt.

Das Bundesministerium für Finanzen nahm in einem vergleichbaren Fall (Verlegung des Familienwohnsitzes wegen Aufnahme einer Beschäftigung auch des anderen Ehegatten unter Beibehaltung des bisherigen Wohnsitzes als Zweitwohnsitz) eine Klaglosstellung vor, weil dieser Sachverhalt dem Grundfall (Beibehaltung des Hauptwohnsitzes und Begründung eines Zweitwohnsitzes) wirtschaftlich gleich gelagert sei (vgl. Herzog, RdW 1993, 28, Umzugskosten bei Aufgabe der doppelten Haushaltsführung abziehbar?). Auch im Fall eines Steuerpflichtigen, dessen doppelte Haushaltsführung zunächst mangels Einkünften des Ehepartners als privat veranlasst galt, wurden die Kosten für den Doppelwohnsitz, ab dem Zeitpunkt, in dem der Ehepartner Einkünfte von mehr als 20.000 S erzielt hat, als Werbungskosten anerkannt (vgl. BMF, Protokoll über die Lohnsteuerbesprechung 1999 Wien, 18. und , Erlass des BMF, GZ 07 0101/30-IV/7/99 vom , ÖStZ 1999, 4406).

Die Ansicht von Reinisch (aaO), dass Kosten der doppelten Haushaltsführung stets dann anzuerkennen sein sollen, wenn beide Ehepartner an verschiedenen Wohnsitzen einer Beschäftigung nachgehen, unabhängig davon, ob nun am Beschäftigungsort ein Zweitwohnsitz errichtet wurde oder der ehemalig Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort des anderen Ehepartners verlegt wurde, erscheint aus den oben angeführten Gründen sachgerecht. Hinsichtlich der in den zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes getroffenen Aussagen ist dabei auch anzumerken, dass diesen Sachverhalte zugrunde lagen, in denen für die Wohnsitzverlegung nicht in erster Linie die Berufstätigkeit des Partners sondern vor allem persönliche Gründe, wie Heimweh eines Partners oder die Errichtung eines Eigenheimes in einer aus einer persönlichen Vorliebe gewählten Gegend ausschlaggebend waren.

Da im zu beurteilenden Fall die Wohnsitzverlegung ausschließlich deshalb durchgeführt wurde, weil die Gattin des Bw. in Österreich keine Berufschancen hatte, in Tschechien aber einen Arbeitsplatz fand, erscheint es im Hinblick auf die obigen Ausführungen sachgerecht, die aus der dadurch notwendig gewordenen doppelten Haushaltsführung entstandenen Kosten als Werbungskosten anzuerkennen, wobei hinsichtlich der Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr an den Familienwohnsitz Folgendes festzuhalten ist:

Die einfache Wegstrecke von der Arbeitstätte des Bw. zum Familienwohnsitz beträgt rund 114 km und war im Jahr 2008 (vor Fertigstellung der Nordautobahn) nur in rund 2 Stunden 20 Minuten mit dem KFZ zu bewältigen. Damit wäre der Bw. für einen 8-stündigen Arbeitstag rund 4 Stunden 40 Minuten mit dem eigenen PKW unterwegs gewesen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte die Fahrt rund 8 Stunden gedauert. Wie der UFS in seiner Entscheidung vom , RV/0031-G/08 unter Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes festhielt, erscheint eine tägliche Rückkehr an einen mehr als 80 km von der Arbeitsstätte entfernten Familienwohnsitz, wenn dafür eine Fahrzeit mit dem PKW von über einer Stunde in jede Richtung verbunden ist, nicht mehr zumutbar. In diesem Sinne erscheint auch für den Bw. die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz nicht zumutbar, weshalb die Kosten der doppelten Haushaltsführung grundsätzlich anzuerkennen sind.

Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Kosten ist aber festzuhalten, dass laut Auskunft der als Wohnungsvermieterin auftretenden Genossenschaft für die als Zweitwohnsitz gewählte Wohnung zu Mietbeginn () ein Finanzierungsbeitrag in Höhe von 2.271,00 € eingehoben wurde und anlässlich der Auflösung des Mietverhältnisses per Stichtag davon ein Betrag von 2.139,48 € rückerstattet wurde. Unter Verteilung des Differenzbetrages von 131,52 € auf die Mietdauer ergibt dies für 4 Monate im Jahr 2008 einen Betrag von 14,61 €. Die Kosten für doppelte Haushaltsführung sind daher von den vom Bw. geltenden gemachten Betrag von 227,10 € auf 14,61 € zu reduzieren. An Kosten für doppelte Haushaltsführung sind daher 2.802,13 € zu berücksichtigen.

b) Betreffend Arbeitsmittel:

Der Bw. macht für den am gekauften PC eine 30%ige Absetzung für Abnutzung in Höhe von 120,15 € geltend. Der PC wurde im Jahr 2008 nicht mehr als sechs Monate vom Bw. genutzt.

Wird das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr nicht mehr als sechs Monate genutzt ist aber gemäß § 7 Abs. 2 EStG 1988 nur die Hälfte des auf das ganze Jahr entfallenden Betrages abzusetzen. Dementsprechend sind die die für Arbeitsmittel in Ansatz gebrachten Werbungskosten um 60,08 € zu kürzen und somit mit 974,25 € in Ansatz zu bringen.

Insgesamt sind daher Werbungskosten von 4.228,78 € (= 974,25 € für Arbeitsmittel + 26,50 € für Fachliteratur + 241,60 € für Fortbildung + 184,28 € Betriebsratsumlage + 2.802,13 € für Familienheimfahrten) anzuerkennen.

2.) Sonderausgaben:

Sachverhalt:

Der Bw. machte unter dem Titel Wohnraumschaffung für die ab gemietete Wohnung Darlehensrückzahlungen für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum in Höhe von 1.103,96 € geltend. Durch den Wohnbauträger wurde eine monatliche Rückzahlung von 91,99 € betätigt. Da das Mietverhältnis erst mit begann, wird davon ausgegangen, dass auch erst von da an im Rahmen der monatlichen Mietzahlungen eine Rückzahlung des Darlehens erfolgte. Ab September 2008 wurden die diesbezüglichen Rückzahlungen als Bestandteil der monatlichen Miete als Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 18 Abs. 1 sind Ausgaben bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Da die genannten Darlehensrückzahlungen für die Monate September bis Dezember 2008 bereits als Werbungskosten berücksichtigt wurden, können nur die für die Monate Juli und August 2008 entrichteten Beträge als Sonderausgaben abgezogen werden. Der für begünstigte Wohnraumschaffung geltend gemachte Betrag von 1.103,86 € war daher auf 183,98 € zu reduzieren. Ausgehend von dem geltend gemachten Betrag in Höhe von insgesamt 4.474,80 € (=3.540,60 € für Wohnraumschaffung + 934,80 € für Personenversicherungen) beträgt die Höhe der anzuerkennenden Sonderausgaben damit 3.555,52 €.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
Anmerkung
Entscheidung steht in Widerspruch zu VwGH 92/15/0054 und 96/14/0177

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at