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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 22.10.2013, RV/3749-W/10

Zurückweisung einer Berufung gegen einen Bescheid, der an ein nicht existierendes Rechtssubjekt gerichtet war

Entscheidungstext

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Mag. Woracsek und die weiteren Mitglieder Mag. Renate Schohaj, KR Gregor Ableidinger, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, und Dr. Franz Kandlhofer, Wirtschaftskammer Niederösterreich, über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling betreffend Einkommensteuer 1997 und 2005 nach der am in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, durchgeführten Berufungsverhandlung beschlossen:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

MK bezog in den Streitjahren neben ihren Einkünften aus selbständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb, welche aus der Beteiligung an der X OHG resultierten.

Im Juli 2007 verstarb MK.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 1997 in der Höhe von € 9.676,82 fest. Mit Bescheid vom erfolgte eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1997 vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO dahin gehend, als - entsprechend einem neu ergangenen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO zur Steuernummer Y beim Finanzamt Z - die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit Null festgestellt wurden.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2005 in der Höhe von € 5.363,60 fest. Mit Bescheid vom erfolgte eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2005 vom gemäß § 295 Abs. 1 BAO dahin gehend, als - entsprechend einem neu ergangenen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO zur Steuernummer Y beim Finanzamt Z - die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 1.526,13 festgestellt wurden.

Sowohl der gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheid 1997 vom als auch der geänderte Einkommensteuerbescheid 2005 vom wurden an die "Verlassenschaft nach MK" als Bescheidadressat gerichtet.

Mit Einantwortungsbeschluss vom wurde dem Bw. seitens des Bezirksgerichtes M die Verlassenschaft zur Gänze eingeantwortet.

Am stellte das Finanzamt die angefochtenen Bescheide neuerlich zu, da der Bw. im Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat zur GZ RV/2669-W/09 unter anderem vorbrachte, dass die Bescheide zu Zeitpunkten erlassen worden seien, als das Verlassenschaftsverfahren noch nicht beendet und die Verlassenschaft nicht vertreten gewesen sei. Die Bescheide hätten daher nicht zugestellt werden können und seien daher auch nicht rechtswirksam erlassen worden.

Die am neuerlich zugestellten Bescheide richteten sich ebenfalls an die "Verlassenschaft nach MK".

Gegen diese Bescheide erhob der steuerliche Vertreter des Bw. mit Schreiben vom Berufung und beantragte die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat sowie die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

Nach einer abweisenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom stellte der steuerliche Vertreter mit Eingabe vom einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 273 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Nach § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Berufung jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie nach ihrem Inhalt bestimmt sind.

Der Normadressat ist wesentlicher Bestandteil jedes Bescheides. Die Benennung jener Person (Rechtssubjekt), der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist notwendiges, auch deutlich und klar zum Ausdruck zu bringendes Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal. An nicht (mehr) existente (Rechts)personen gerichtete Bescheide gehen ins Leere und können damit keine Wirksamkeit entfalten ().

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes; im gegenständlichen Fall jene der Erbfolge.

Nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts ist der Erbe Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Nimmt er die Erbschaft an, so stellt er gemäß § 547 ABGB in Rücksicht auf dieselbe den Erblasser vor. Beide werden in Beziehung auf Dritte für eine Person gehalten. Die Nachfolge tritt idealiter mit dem Tode des Erblassers ein, sie verwirklicht sich aber erst mit der Einantwortung (§ 819 ABGB) und zwar dergestalt, dass Aktiva und Passiva selbständig und im Ganzen auf den Erben übergehen. Zu den Passiva gehören auch Abgabenschulden, soweit sie vor dem Tod des Erblassers (gemessen an § 4 BAO) entstanden sind; hiebei ist es einerlei, ob die Abgabenschulden des Erblassers, die vor seinem Tod nach dem Maßstab des § 4 BAO entstanden sind, bescheidmäßig vor oder nach seinem Tod geltend gemacht werden. Der Erbe hat als Gesamtrechtsnachfolger für diese so charakterisierten Schulden des Erblassers einzustehen (Stoll, BAO-Kommentar, § 19, Pkt. 3, Seite 195).

Die Rechtsfähigkeit eines Abgabepflichtigen erlischt mit seinem Tode, sodass er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Träger von Rechten und Pflichten anzusehen ist. Nach dem Tod des Abgabepflichtigen ist ein Bescheid über eine in dessen Person entstandene Abgabenschuld vor der Einantwortung an die Verlassenschaft (vertreten durch den Verlassenschaftskurator, Erbenmachthaber oder erbserklärten Erben), die nach herrschender Lehre in der Zeit zwischen dem Erbfall und der Einantwortung als juristische Person und damit als Träger der vererblichen Rechte und Verbindlichkeiten des Erblassers und insofern als parteifähiges Rechtssubjekt anzusehen ist (vgl. Koziol-Welser, Bürgerlichen Rechts Band II12, Seite 520; Schwimmer, ABGB Praxiskommentar³, § 547, Rz 1), zu richten, nach der Einantwortung, die den Übergang aller Rechte und Pflichten des Erblassers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bewirkt, jedoch an den bzw. die Erben des Abgabepflichtigen (vgl. ; Schwimmer, aaO, § 819, Rz 8). Mit der Einantwortung wird der Nachlass zum Vermögen des Erben, der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger ist damit Schuldner bezüglich der Verpflichtungen des Erblassers.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw. - wie bereits oben erwähnt - der gesamte Nachlass von MK mit Einantwortungsbeschluss vom eingeantwortet. Ab diesem Zeitpunkt war der Bw. als Gesamtrechtsnachfolger von MK Schuldner der Verpflichtungen der Erblasserin gegenüber dem Finanzamt.

Am , dem Zeitpunkt der seitens des Bw. behaupteten Zustellung der an die "Verlassenschaft nach MK" gerichteten Einkommensteuerbescheide 1997 und 2005, hat die Verlassenschaft als Steuersubjekt nicht mehr bestanden. Die an die Verlassenschaft gerichteten Bescheide des Finanzamtes gingen daher ins Leere, weil sie an ein nicht mehr existierendes Rechtssubjekt gerichtet waren. Sie entfalteten somit keine Rechtswirkung (vgl. ). Die angefochtenen Bescheide hätten rechtswirksam nur an den Bw. als Erbe nach MK gerichtet werden können.

Da sich die gegenständliche Berufung somit gegen nicht rechtswirksam erlassene Bescheide richtet, war sie als unzulässig zurückzuweisen ( Zl. 91/14/0140).

Gemäß § 284 Abs. 1 Z 1 BAO hat über die Berufung eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Berufung (§ 250), im Vorlageantrag (§ 276 Abs. 2) oder in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1) beantragt wird. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann der Berufungssenat jedoch ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) ua. dann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Berufung zurückzuweisen ist.

Die Durchführung des § 284 Abs. 3 BAO liegt auch bei Vorliegen der Voraussetzungen dieser Bestimmung im Ermessen (Ritz, BAO-Handbuch, 214f.).

Das Absehen von der in der Berufung beantragten mündlichen Verhandlung ist im gegenständlichen Fall angemessen sowohl in Bezug auf die berechtigten Interessen der Partei als auch in Bezug auf das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben, da die Beurteilung der Bescheidadressatenqualifikation keine noch aufzuklärende Sachverhalts-, sondern eine reine Rechtsfrage über die nach der bereits vorliegenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( Zl. 99/12/0352, vom , Zl. 91/14/0140) nicht anders entschieden werden konnte, darstellt. Das Unterbleiben der beantragten mündlichen Verhandlung verletzt kein Parteiengehör, denn diese Entscheidung konnte nur im Sinne der Gleichheit der Rechtsanwendung und insbesondere der formalen Rechtsrichtigkeit getroffen werden. Darüber hinaus sind noch die Beschleunigung des Verfahrens, sowie die Kostenminimierung für die Ausübung des Ermessens ins Treffen zu führen.

In Ansehung vorstehender Ausführungen war daher im vorliegenden Fall von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 284 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at