Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 18.11.2010, RV/1217-W/10

Eigenanspruch auf Familienbeihilfe bei erheblicher Behinderung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Sw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe und erhöhten Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2002 bis Februar 2007 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Der Grundbetrag samt Erhöhungsbetrag wird hinsichtlich des Zeitraumes April 2002 bis Dezember 2006 gewährt. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Berufungsentscheidung vom wies der Unabhängige Finanzsenat (UFS) die Berufung der Bw. betreffend erhöhte Familienbeihilfe ab Jänner 2002 als unbegründet ab. In der Berufungsentscheidung (BE) wurde iW ausgeführt, die Bw beziehe eine Eigenpension (Berufsunfähigkeitspension) zuzüglich Ausgleichszulage und Pflegegeld. Die Pension erhalte sie seit . Ohne Berücksichtigung des Pflegegeldes und nach Abzug der Sozialversicherung habe die Bw. monatliche Einkünfte iHv € 765,--. Die monatlichen Ausgaben der Bw würden (ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für Pflege und Unterstützung) € 725,-- betragen. Die Bw sei aG einer Erkrankung, die vor dem 21. Lebensjahr eingetreten sei, erheblich behindert. Die Mutter der Bw leiste keinen Unterhalt; die Bw habe bis bei ihren Eltern gewohnt.

In rechtlicher Hinsicht folge aus diesen Feststellungen, dass die Bw Einnahmen habe, die über den ASVG-Richtsatz hinausgehen und sie könne mit ihren Einkünften ihre Bedürfnisse zur Gänze abdecken. Die Bw habe daher keinen aufrechten Unterhaltsanspruch gegenüber ihrer Mutter, da sie selbsterhaltungsfähig sei. Daher habe sie gem § 6 Abs 5 FLAG keinen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe. Somit komme auch die Zuerkennung des Erhöhungsbetrages iSd § 8 Abs 4 FLAG nicht in Betracht.

Die BE wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Der VwGH führte darin iW aus, gem § 6 Abs 5 FLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe sei der Monat. Die Befugnis der belangten Behörde, in der Sache selbst zu entscheiden, erstrecke sich auf die Zuerkennung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2002 bis Februar 2007. Der angefochtene Bescheid enthalte keine Feststellungen für den Zeitraum von Jänner 2002 bis Dezember 2005, jedenfalls seien keine Beträge angegeben. Seit wann die Mutter der Bw keinen Unterhalt leiste, sei ebenso unklar wie die Frage, ob der Vater der Bw bis zu seinem Tod im Jahr 2005 Unterhaltsleistungen erbracht habe. Auch der Umstand, dass die Bf bis bei ihren Eltern gewohnt habe, werde nicht berücksichtigt. Entscheidend sei, dass die belangte Behörde rechtsirrig davon ausgehe, dass § 6 Abs 5 FLAG eine Unterhaltspflicht der Mutter der Bf voraussetze. Der VwGH habe nämlich im Erkenntnis vom , 2009/16/0087, ausdrücklich dargelegt, weshalb § 6 Abs 5 FLAG auf das Bestehen einer Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind nicht abstelle. Eigene Einkünfte des Kindes seien im Anwendungsbereich des § 6 Abs 5 FLAG nicht (mehr) vor dem Hintergrund einer allfälligen Unterhaltspflicht, sondern allein im Hinblick auf die in § 6 Abs 3 FLAG festgelegte Einkommensgrenze von Bedeutung. Daher sei der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren forderte der UFS die Bw mit Schreiben vom auf, folgende Fragen zu beantworten bzw Stellungnahmen abzugeben. "... 2. Haben Sie von Ihrer Mutter von Jänner 2002 bis Februar 2007 Unterhaltsleistungen erhalten?Wenn ja, in welcher Höhe?Wenn nein, warum nicht?Um Nachweis bzw Glaubhaftmachung wird ersucht. 2. Hat ihr Vater von Jänner 2002 bis zu seinem Tod Unterhaltsleistungen erbracht?Wenn ja, in welcher Höhe?Wenn nein, warum nicht?Um Nachweis bzw Glaubhaftmachung wird ersucht. 3. Nach der Aktenlage haben Sie bis bei Ihren Eltern gewohnt. Bei Haushaltszugehörigkeit bei den Eltern besteht von Jänner 2002 bis grundsätzlich kein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe, da die Eltern unterhaltspflichtig waren, dieser Unterhaltspflicht nachgekommen sind und bei Haushaltszugehörigkeit ein vorrangiger Anspruch eines Elternteils auf Familienbeihilfe gegen ist (...).Um Stellungnahme wird gebeten. 4. Wie hoch waren Ihre Einkünfte von Jänner 2002 bis Dezember 2005 und in den Monaten Jänner und Februar 2007 (Eigenpension, Ausgleichszulage, Pflegegeld sowie allfällige andere Einkünfte) pro Monat und pro Jahr, wobei auch 13. und 14. Monatsgehälter aufzulisten sowie die bezahlten Sozialversicherungsbeiträge anzuführen sind. Um entsprechende Nachweise wird ersucht."

Mit Schreiben, beim UFS am eingelangt, beantwortete die Bw obigen Vorhalt wie folgt.

"...Zu Frage 2: Ich habe von meiner Mutter keine Unterhaltszahlungen seit Beginn meiner Großjährigkeit erhalten. Meine Mutter konnte und kann mich nicht unterstützen, da sie selbst nur eine kleine Pension hat. Die Tatsache, dass sie nur eine kleine Pension hat ist eine Gegebenheit die auch aus Steuerakt meiner Mutter ersichtlich ist. Daher ist diese meine Feststellung auch glaubhaft. Zu Frage 2 (nochmals Frage 2): Auch mein Vater war aufgrund seiner geringen Pension nicht in der Lage mich zu unterstützen und hat dies tatsächlich auch nicht getan. Ein Nachweis meinerseits ist hier nicht möglich. Aber auch diese Tatsache erscheint glaubhaft. Allgemein stelle ich zu diesen ersten zwei Fragen fest, dass ich als erwachsene Tochter von meinen Eltern nicht erhalten werden wollte, da ich als eigenständiger Mensch meine eigenen Wege gegangen bin und auch das Recht dazu hatte. Zu Frage 3: Auch wenn ich bis März 2003 im Haushalt meiner Eltern gewohnt habe, habe ich Anspruch auf die EFB, da mir diese aufgrund einer schweren Behinderung zugesprochen wird und nicht da die Eltern unterhaltspflichtig gewesen wären. Dazu zitiere ich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes .... .Zu Frage 4: Ich beziehe nur eine Eigenpension und die Ausgleichszulage und habe nie höhere Einkünfte bezogen und nie ein zusätzliches Einkommen. Da ich die von Ihnen verlangten Unterlagen nicht mehr besitze, ersuche ich Sie um Einsicht in den Steuerakt meines Finanzamtes. Ich beziehe zusätzlich Pflegegeld der Stufe 3. ...

Beiliegend: Mein Pensionsbescheid 2010."

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest.

Die Bw ist 1967 geboren. Sie ist Halbwaise; der Vater starb im Jänner 2005. Von Beginn des Streitzeitraumes bis war die Bw bei ihren Eltern haushaltszugehörig. Diese sind in diesem Zeitraum ihrer Unterhaltspflicht nachgekommen und haben den überwiegenden Unterhalt für die Bw geleistet.

Danach wohnte die Bw allein. Ab diesem Zeitpunkt haben die Eltern keinen Unterhalt geleistet.

Die Bw erhält seit eine Eigenpension (Berufsunfähigkeitspension) zuzüglich Ausgleichszulage. Ab bezieht sie Pflegegeld (Stufe 3).

Sie hat keine weiteren Einkünfte.

Die Bw ist aG einer Erkrankung, die vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist, iSd § 8 Abs 5 FLAG erheblich behindert.

Die Bw bezog in den Streitjahren ein zu versteuerndes Einkommen iHv


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Zeitraum
2002
2003
2004
Jahresbruttolohn, KZ 210 (€):
6.899,20
8.722,69
9.144,66
- 13./14.Gehalt, KZ 220 (€):
679,74
683,14
693,40
-SV Beiträge (€):
221,76
278,82
340,92
-Sonderausgabenp.(€)
60,00
60,00
60,00
maßgebliches Einkommen (€):
5.937,7
7.700,73
8.050,34
Zeitraum
2005
2006
2007
Jahresbruttolohn, KZ 210 (€):
9.281,86
9.660,00
10.164,00
-13./14. Gehalt, KZ 220 (€):
703,80
721,40
732,94
-SV Beiträge (€):
393,84
409,92
431,28
-Sonderausgabenp. (€):
60,00
60,00
60,00
maßgebliches Einkommen (€):
8.124,22
8.468,68
8.939,78

Der festgestellte Sachverhalt gründet auf folgender Beweiswürdigung.

Die persönlichen Daten der Bw sind unbestritten.

Dass die Bw bis bei ihren Eltern haushaltszugehörig war, ist unbestritten und wird von der Bw in der Vorhaltsbeantwortung vom bestätigt. Dass die Eltern in diesem Zeitraum ihrer Unterhaltspflicht nachgekommen sind, wurde vom UFS im Vorhalt vom festgestellt und blieb unbestritten. Dies bedeutet, dass sie in diesem Zeitraum den überwiegenden Unterhalt für die Bw geleistet haben.

Dass die Bw danach allein wohnte, ist unbestritten. Dass die Eltern der Bw seitdem keinen Unterhalt leisteten, konnte die Bw glaubhaft machen.

Die Einkommensverhältnisse der Bw sind aktenkundig und unbestritten. Die Höhe ihrer nsA wurde den zu Jahreslohnzetteln entnommen, die in das Abfragesystem der Finanzverwaltung eingespielt wurden.

Dass die Bw iSd § 8 Abs 5 FLAG erheblich behindert ist, ist unbestritten.

Aus rechtlicher Sicht ist auszuführen wie folgt.

Nach § 63 Abs. 1 VwGG ist die Behörde auf Grund eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtet, in dem betreffenden Fall den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Auf das Erkenntnis des Zl 2009/16/0115 wird daher verwiesen.

Die Befugnis der Berufungsbehörde erstreckt sich auf die Sache des erstinstanzlichen Bescheides, nämlich die Zuerkennung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2002 bis Februar 2007.

Den Anspruch auf Familienbeihilfe hat eine Person ua für ein volljähriges Kind mit einer Behinderung wie der bei der Bw vorliegenden (§ 2 Abs 1 lit c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG), wenn das Kind zum Haushalt dieser Person gehört (§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG).

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt unter anderem nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält (lit. a) bzw. (lit. b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt.

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Im vorliegenden Fall war die Bw bei beiden Elternteilen haushaltszugehörig. Sie teilte bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit den Eltern. Diese führten einen gemeinsamen Haushalt, dem das Kind (die Bw) angehörte. Gegenteiliges ist nicht hervorgekommen und wurde auf den Vorhalt des UFS hin auch nicht behauptet.

Nach der Bestimmung des § 2a FLAG war daher in diesem Zeitraum vorrangig der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führte, anspruchsberechtigt. Gesetzlich vermutet wird, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt. Bei Verzicht des vorrangigen Elternteils wäre der andere Elternteil anspruchsberechtigt.

Gemäß § 10 Abs 4 FLAG 1967 gebührt Familienbeihilfe für einen Monat nur einmal.

Gemäß § 10 Abs 2 FLAG 1967 erlischt der Familienbeihilfenanspruch mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Nach § 6 Abs 1 FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe auch minderjährige Vollwaisen, wenn

a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und

c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

Gemäß § 6 Abs 2 lit d FLAG haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 leg cit zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Da die Bw vom Beginn des Streitzeitraumes bis bei den Eltern haushaltszugehörig war, konnte die Bw erst mit Ablauf des Monats März, somit ab April 2002, einen Eigenanspruch erwerben. Dies ergibt sich aus § 2 Abs 2 FLAG 1967 iVm § 6 Abs 2 lit d FLAG 1967 und § 6 Abs 1 lit c FLAG 1967.

Vorrangig ist der Anspruch des haushaltsführenden Elternteils. Subsidiär ist der Anspruch des anderen Elternteils bei Verzicht des haushaltsführenden Elternteils. Ein Eigenanspruch auch des volljährigen Kindes kann erst dann entstehen, wenn "für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist" (siehe oben). Bis inklusive März 2002 war jedoch für die Bw einem Elternteil Familienbeihilfe zu gewähren, sodass für diesen Zeitraum kein Eigenanspruch der Bw auf Familienbeihilfe entstehen konnte.

Im Monat März fiel die Anspruchsvoraussetzung des Elternteils der Bw weg und dieser Familienbeihilfenanspruch erlosch mit Ablauf des Monats März 2002.

Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein.

Gemäß § 6 Abs 5 FLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

Da die Eltern bis unbestritten ihrer Unterhaltspflicht nachgekommen sind und somit den überwiegenden Unterhalt für die Bw geleistet haben, besteht auch aus diesem Grund bis inklusive März 2002 kein Eigenanspruch der Bw.

§ 6 Abs 3 FLAG idF Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I Nr 142/2000, trat am in Kraft und bestimmt:

"Für ein Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 18. Lebensjahr vollendet hat und in dem sie ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs 1 EStG 1988) bezogen hat, das den Betrag von 120.000 S übersteigt, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei § 10 Abs 2 nicht anzuwenden ist. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Vollwaise bleiben außer Betracht: ..."

Mit dem Bundesgesetz BGBl I Nr 68/2001 wurde in § 6 Abs 3 FLAG der Betrag von 120.000 S ab durch den Betrag von 8.725 € ersetzt.

Durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 90/2007 wurde der in § 6 Abs 3 FLAG genannte Betrag auf 9.000 € erhöht, wobei diese Einkommensgrenze erstmals in Bezug auf das Kalenderjahr 2008 gilt.

Nach der Judikatur des VwGH (s Erkenntnis v , 2009/16/0087) stellt § 6 Abs 5 FLAG idgF auf das Bestehen einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht ab. Eigene Einkünfte des Kindes sind im Anwendungsbereich des § 6 Abs 5 FLAG nicht (mehr) vor dem Hintergrund einer allfälligen Unterhaltspflicht, sondern allein im Hinblick auf die in § 6 Abs 3 FLAG festgelegte Einkommensgrenze von Bedeutung.

Das zu versteuernde Einkommen des Kindes ist entsprechend den einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zu ermitteln. Auf Grund der Einkommensdefinition in § 2 Abs 2 EStG 1988 ist das zu versteuernde Jahreseinkommen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in folgender Weise zu ermitteln:

Jahresbruttoarbeitslohn (ohne 13./14. Monatsbezug) abzüglich - der Pflichtbeiträge des Versicherten zur gesetzlichen Sozialversicherung, - der Arbeiterkammerumlage und des Wohnbauförderungsbeitrages, - der besonderen Pauschbeträge gemäß § 16 Abs 1 Z 6 lit b und lit c EStG 1988 für Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, sofern ein Anspruch darauf besteht, - des Werbungskostenpauschales von 132 € jährlich, sofern nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden, - des Sonderausgabenpauschales von 60 € jährlich, sofern nicht höhere Sonderausgaben nachgewiesen werden, - allfälliger außergewöhnlicher Belastungen (§ 34 EStG 1988).

Im Berufungsfall ist zu prüfen, ob die Grenze des vom Verwaltungsgerichtshofes zitierten Einkommens nach § 6 Abs. 3 FLAG überschritten wurde oder nicht.

Bei der Ermittlung des maßgeblichen Einkommens wurde die Ausgleichszulage als steuerpflichtig behandelt, das Pflegegeld hingegen nicht. Das Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz sowie vergleichbare Leistungen auf Grund der entsprechenden Landesgesetze (Landespflegegelder) stellen unbestritten nicht steuerbare Transferleistungen dar (§ 21 Abs. 1 Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993). Damit sollen nämlich die pflegebedingten Mehraufwendungen in Form eines Beitrages pauschaliert abgegolten werden, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern, sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen (vgl. ).

Die Ausgleichszulage hingegen wird von der überwiegenden Judikatur des UFS als steuerpflichtig behandelt (siehe zB Entscheidungen des UFS RV/1308-W/05 vom ; RD/0088-W/04 v ; RV/1338-W/07 vom ; RV/4295-W/09 vom ; RV/0601-K/08 vom ). In , lässt der Gerichtshof diese Frage offen, bejaht die Steuerpflicht aber jedenfalls für den Fall, dass keine Hilfsbedürftigkeit vorliegt. Der UFS schließt sich der Auffassung an, dass Ausgleichszulagen (etwa nach § 292 ASVG) steuerpflichtig sind. Sie werden ohne weitere Prüfung deshalb gewährt, um eine Pension auf eine jeweils durch Verordnung festgestellte Mindesthöhe anzuheben, und können daher nicht als Zahlungen infolge Hilfsbedürftigkeit iSd § 3 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 angesehen werden. (ebenso Fuchs in Hofstätter-Reichel, § 3, Tz 6.3). Gerade am Beispiel der Einkommensgrenze des § 6 Abs 3 FLAG lässt sich ablesen, dass kein Grund besteht, die Ausgleichszulage als steuerfrei zu behandeln. Es würde nämlich zu einer nicht zu rechtfertigenden Differenzierung führen, hinge die Gewährung von Familienbeihilfe davon ab, ob bei sonst völlig gleichen finanziellen Verhältnissen im Einkommen eine Ausgleichszulage enthalten ist oder nicht. Schlechter gestellt würden dadurch also Pensionisten, die zwar eine Mindestpension beziehen, aber dennoch Beitragszeiten in einem Umfang sammeln konnten, der bewirkt, dass die Pension nicht durch eine Ausgleichszulage ergänzt werden muss.

Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass die Bw selbst in der Beschwerde vor dem VwGH im Erstverfahren von der Steuerpflicht der Ausgleichszulage ausgeht, wenn sie ausführt (s S 7 Bs): "...Die Einkünfte der Beschwerdeführerin liegen mit insgesamt € 8.280,00 brutto (12 x € 690,00) gemäß § 5 Abs 1 FLAG unter dem Betrag von € 8.725,00,--. Sonderzahlungen sind bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen ...".

Die Bw hat daher für 04/2002 bis 12/2006 einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag, da sie in diesen Jahren die Einkommensgrenze des § 6 Abs 3 FLAG nicht überschritten hat. Von 01/2002 bis einschließlich 03/2002 hat sie wegen Haushaltszugehörigkeit bei den Eltern keinen Eigenanspruch und für 01 und 02/2007 steht ihr die (erhöhte) Familienbeihilfe wegen Überschreitens der im § 6 Abs 3 FLAG vorgesehenen Grenze von € 8.725,00,-- im Jahr 2007 nicht zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at