Familienbeihilfenanspruch eines subsidiär Schutzberechtigten
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0193 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Plainstr. 23, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See, vertreten durch Mag. Siegfried Moser, vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Jänner 2010 für die Kinder A, B, C und D entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (kurz: Bw) und seine Familienmitglieder sind mazedonische Staatsbürger. Sie verfügen über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005. Laut Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung bezog der Bw vom bis Arbeitslosengeld. Ab war er als Arbeiter beschäftigt.
Mit Antrag vom begehrte der Bw die Zuerkennung der Familienbeihilfe für seine vier Kinder ab 01/2010. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag abgewiesen und zwar mit folgender Begründung:
"Gemäß § 3 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 besteht für Personen, denen der Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe unter folgenden Voraussetzungen:
1) Unselbständige bzw. selbständige Erwerbstätigkeit des Antragstellers
2) Aufenthaltsberechtigung als 'subsidiär Schutzberechtigter' (Karte gem. § 52 AsylG) der ganzen Familie
3) Keine Leistungen aus der Grundversorgung, welche aus Bundes- und Landesmitteln gewährt wird.
Ihr Dienstverhältnis bei der Fa. K GmbH & Co KG wurde mit beendet. Seit beziehen Sie Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt Zell am See.
Da das Gesetz ausdrücklich eine tatsächliche Erwerbstätigkeit verlangt, besteht bei Bezug einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld) kein Anspruch auf Familienbeihilfe."
Angemerkt wird, dass aufgrund der Tätigkeit als Arbeiter die Familienbeihilfe ab 04/2010 wieder zur Auszahlung gelangte.
Fristgerecht wurde Berufung erhoben und inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Vorschrift, dass subsidiär Schutzberechtigten keine Familienbeihilfe gewährt wird, wenn sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind, verstoße gegen das verfassungsrechtlich gewährleitete Recht auf Gleichheit von Fremden untereinander bzw. gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom , die bis spätestens umzusetzen ist. In Ziffer 34 werde vorgeschrieben, dass die Möglichkeit der Einschränkung von Leistungen für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen so zu verstehen sei, dass dieser Begriff zumindest ein Mindesteinkommen sowie Unterstützung bei Krankheit, bei Schwangerschaft und bei Elternschaft umfasst, sofern diese Leistungen nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats eigenen Staatsangehörigen gewährt wird. Im Familienlastenausgleichsgesetz komme der politische Wille zur horizontalen Umverteilung zum Ausdruck. Die finanziellen Belastungen, die Familien mit Kindern im Vergleich zu Personen ohne Unterhaltsverpflichtung haben, sollen ausgeglichen werden. Das Budget der Ausgleichsfonds wird aus Dienstgeberbeiträgen und aus Abgeltungen der Einkommens- und Körperschaftssteuer finanziert. Der Bw sei berufstätig bzw. auf Grund der Beendigung des Dienstverhältnisses bei der Fa. K GmbH & Co KG seit arbeitslos. Er bezieht Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt Zell am See. Der Ausgleichsfonds und die Familienbeihilfe würden damit dem Eigentumsschutz des in Österreich im Verfassungsrang stehenden Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK unterliegen. Der Gesetzgeber habe dieses Eigentumsrecht ohne Benachteiligung, die im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politisch oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist, zu gewährleisten. Der Bw sei somit im Sinne des § 3 FLAG als unselbständig erwerbstätig anzusehen, zumindest solange wie er Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Demzufolge sei die Familienbeihilfe für die Kinder ab zu gewähren.
Das Finanzamt legte die Berufung und den Verwaltungsakt an den Unabhängigen Finanzsenat vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Bw ist Staatsbürger eines Drittstaates und verfügt über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Bezug von Arbeitslosengeld als Erwerbstätigkeit iSd § 3 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) anzusehen ist.
Gemäß § 3 Abs. 4 FLAG haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
Als Voraussetzungen nennt das Gesetz bei Beihilfewerbern, die subsidiär schutzberechtigt sind,
a) dass sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und (kumulativ)
b) dass sie unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind.
Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, die diesbezüglich auch nicht strittig sind, war der Bw im Berufungszeitraum (01-03/2010) weder nichtselbständig noch selbständig erwerbstätig.
Nach ständiger Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates (zB Berufungsentscheidungen vom , RV/2883-W/10, vom , RV/0136-L/09, und vom , RV/0516-I/10), von der Abzugehen der konkrete Fall keinen Anlass bietet, muss eine 'tatsächliche Erwerbstätigkeit' vorliegen.
Zeiten von Leistungen aus der Kranken- oder Arbeitslosenversicherung stellen, wenn ein aufrechtes Dienstverhältnis nicht mehr besteht, keine 'tatsächliche Erwerbstätigkeit' im Sinn des § 3 Abs. 4 FLAG 1967 dar. Anders als etwa im Anwendungsbereich der VO (EWG) 1408/71 stellt das Gesetz nicht auf den Umstand einer Versicherung, sondern auf jenen einer selbständigen oder nichtselbständigen Erwerbstätigkeit ab.
Die Voraussetzung der Erwerbstätigkeit des Bw ist somit von 01-03/2010 nicht erfüllt. Schon aus diesem Grund liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe im Berufungszeitraum nicht vor.
Der angefochtene Bescheid entspricht sohin der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 3 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at