Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 15.10.2013, RV/2851-W/12

Eine Rückzahlung setzt ein Guthaben im Zeitpunkt der behördlichen Erledigung voraus.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., nunmehr vertreten durch Noll, Keider Rechtsanwalts GmbH, 1010 Wien, Schellinggasse 3/3, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15 vom betreffend Rückzahlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Aus dem Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für 5/2003 vom resultierte eine Gutschrift in Höhe von € 1.270.000,00 die zu einem Guthaben am Abgabenkonto der Berufungswerberin (Bw.) in Höhe von € 1.264.027,74 geführt hat.

Mit Eingaben vom , , und übermittelte die Bw. in der Beilage die Umsatzsteuervoranmeldungen 8/2003, 9/2003, 10/2003 und 11/2003 und ersuchte jeweils um Rückzahlung des nach Abzug der genannten Abgabenschuldigkeiten verbleibenden Restguthabens in Höhe von € 1.257.207,23, € 1,254.028,93, € 1.244.711,41 und € 1,242.984,31 auf die in den Anträgen näher bezeichnete Bankverbindung.

Mit Bescheid vom nahm das Finanzamt das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für den Zeitraum 05/2003 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und setzte gleichzeitig die Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 mit € 1.273.020,71 fest. Aufgrund des zuvor vorgeschriebenen Betrages ergab sich eine Nachforderung in Höhe von € 1,270.000,00.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Rückzahlungsanträge mit der Begründung ab, dass das Abgabenkonto derzeit einen Rückstand aufweise.

Mit Eingabe vom erhob die Bw. u. a. gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens, den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 05/2003 (beide vom ) und gegen den Bescheid über die Abweisung der Rückzahlungsanträge Berufungen und führte zu letztgenannter Berufung aus, dass die Behörde zu Unrecht durch den Wiederaufnahmebescheid und den Umsatzsteuerbescheid die Steuerguthaben "wegrationalisiert" habe. Dieser Vorgang sei unbegründet, unberechtigt und rechtswidrig. Weiters verwies die Bw. auf die Ausführungen in den Berufungen gegen den Wiederaufnahme- sowie den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung gegen den Bescheid über die Abweisung von Rückzahlungsanträgen mit der Begründung ab, dass Voraussetzung für eine Rückzahlung gemäß § 239 Abs. 1 BAO das Vorhandensein eines Guthabens zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag und das Nichtvorliegen von fälligen Abgabenschuldigkeiten bei derselben oder einer anderen Abgabenbehörde sei (§ 215 Abs. 1 bis 3 BAO). Ein Guthaben liege vor, wenn die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften auf dem Abgabenkonto überstiegen habe. Abgaben würden gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig, sofern nicht in den Abgabenvorschriften, wie z.B. § 21 des Umsatzsteuergesetzes - besondere Regelungen getroffen worden seien. In § 21 Abs. 1 UStG sei normiert, dass Umsatzsteuervorauszahlungen eineinhalb Monate nach Ende des betreffenden Voranmeldungszeitraumes fällig seien und aus § 21 Abs. 3 UStG ergebe sich, dass eine festgesetzte Vorauszahlung den in § 21 Abs. 1 UStG genannten Fälligkeitstag habe und im Falle der Verminderung eines Überschusses durch eine Festsetzung die Nachforderung im Zeitpunkt der ursprünglichen Wirksamkeit des Überschusses fällig werde.

Im vorliegenden Fall habe die Festsetzung der Umsatzsteuer 5/2003 mit Null durch den Bescheid vom zu einem Guthaben, für das am , , und am Rückzahlungsanträge gestellt worden seien, geführt. Da jedoch mit Bescheid vom das Verfahren bezüglich der Umsatzsteuer 5/2003 wiederaufgenommen worden sei und diese Wiederaufnahme zu einer Nachforderung geführt habe, welche gemäß § 21 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 UStG bereits am fällig gewesen sei, hätten die Rückzahlungsanträge mit Bescheid vom abgewiesen werden müssen. Es sei zwar gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid vom eine Berufung eingebracht worden, doch werde durch eine solche gemäß § 254 BAO die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgehalten. In diesem Zusammenhang sei auch festzuhalten, dass die Abgabenbehörde in einem Rückzahlungsverfahren nur das Vorliegen eines rückzahlbaren Guthabens zu prüfen habe und nicht, ob die im Zusammenhang mit dem Guthaben ergangenen Abgabenbescheide materiell richtig seien.

Die Rückzahlungsanträge seien also abzuweisen gewesen, weil nach dem Ergehen des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides vom und Aufrechnung dessen am fälliger Nachforderung mit dem aus dem Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid vom resultierenden Guthaben gemäß § 215 Abs. 1 BAO kein Guthaben mehr vorhanden gewesen sei.

Die Berufung gegen den Bescheid vom über die Abweisung von Rückzahlungsanträgen sei daher abzuweisen gewesen.

Sollte dem hinsichtlich der Umsatzsteuer eingebrachten Rechtsmittel ein Erfolg beschieden sein und durch Verbuchung der diesbezüglichen Erledigung neuerlich ein Guthaben entstehen, könne die Bw. neuerlich einen Rückzahlungsantrag einbringen.

Dagegen beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz ohne das bisherige Vorbringen zu ergänzen.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 215 BAO normiert: (1) Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(2) Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

(3) Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(4) Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

§ 239 BAO bestimmt: (1) Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(2) Die Abgabenbehörde kann den Rückzahlungsbetrag auf jenen Teil des Guthabens beschränken, der die der Höhe nach festgesetzten Abgabenschuldigkeiten übersteigt, die der Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird.

Im Falle eines Rückzahlungsantrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung am Abgabenkonto aufschien. Über ein später entstandenes Guthaben ist nicht abzusprechen.

Im gegenständlichen Fall bestand im Zeitpunkt der Einbringung der Überrechnungsanträge unbestritten ein Guthaben am Abgabenkonto der Gesellschaft in Höhe von mehr als 1,2 Mio. Euro.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über den Überrechnungsantrag maßgebend (vgl. ). Jedenfalls setzt eine Rückzahlung jedenfalls ein "Guthaben" im Zeitpunkt der behördlichen Erledigung voraus (vgl. bereits das Erkenntnis vom , 86/15/0058, sowie vom , 98/15/0062).

Rückzahlungsanträge gemäß § 239 Abs. 1 BAO unterliegen der Entscheidungspflicht im Sinne des § 311 Abs. 1 BAO und können, solange ihnen nicht entsprochen wurde, zurückgenommen oder eingeschränkt werden.

Die Bw. hat am die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 1.257.207,23 begehrt, dieses Begehren in der Folge auf 1,242.984,31 (Antrag vom ) eingeschränkt, da die Verrechnung mit Umsatzsteuervorauszahlungen 8-10/2003 und Lohnabgaben 9-12/2003 und Lohnabgaben beantragt wurde.

Aus der Abfrage der Buchungen ist ersichtlich, dass das Guthaben in Höhe von € 1.242.984,31 durch Verrechnung mit der Körperschaftsteuervorauszahlung 1-3/2004 in Höhe von € 1.000,00 (FT ) und weiters durch die aus dem Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für 05/2003 vom resultierende Forderung in Höhe von € 1.270.000,00 (Zahlungsfrist ) verbraucht wurde.

Es trifft zwar zu, dass die Bw. gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid vom Berufung eingebracht hat, jedoch wird dadurch die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt (vgl. § 254 BAO).

Die Rechtmäßigkeit der den Buchungen zugrundeliegenden Abgabenfestsetzungen ist im Abgabenfestsetzungsverfahren zu klären (vgl. ). Die Einwendung, dass die "Neufestsetzung" der Umsatzsteuervorauszahlung 05/2003 zu Unrecht erfolgt sei, geht somit in diesem Verfahren ins Leere.

Da nur über den Betrag, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufschien abzusprechen war, somit nicht über später entstandene Guthaben, war im vorliegenden Fall die Abweisung des Rückzahlungsantrages mangels Guthabens am Abgabenkonto durch die Abgabenbehörde erster Instanz nicht als rechtswidrig zu beanstanden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at