Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 17.09.2012, RV/2497-W/07

Ausbuchung einer möglicherweise verjährten Verbindlichkeit

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Novacount WTH GmbH, 1180 Wien, Vinzenzgasse 16, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 21. und 22. Bezirk, vertreten durch Mag. Georg Ullmann, vom , soweit diese Körperschaftsteuer für den Zeitraum 2001 und 2002 betrifft, entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Körperschaftsteuerbescheide 2001 und 2002 werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Bei der Berufungswerberin (Bw) fand für die Jahre 2001 bis 2003 eine Betriebsprüfung unter anderem hinsichtlich Körperschaftsteuer statt.

In dem hierüber gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht wird hierzu unter anderem, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, ausgeführt:

Tz. 5 Verrechnungskonto A

Im Prüfungszeitraum - 2001 bis 2003 - ist in den Bilanzen eine Verbindlichkeit an die Fa A in Höhe von € 653.821,04 ausgewiesen. Diese Verbindlichkeit entstand Iaut Auskunft des Steuerberaters in den Jahren 1995 oder 1996 und zwar dadurch, dass die Fa. A Verbindlichkeiten der B bezahlte. Infolge der angespannten Liquidität der B seit Mitte der 90er Jahre war eine Rückführung nach Auskunft des Steuerberaters noch nicht möglich. Im Zuge der Betriebsprüfung wurden zum Nachweis des Bestandes der Verbindlichkeit die Bilanzen der Fa A bzw. aussagekräftige Unterlagen abverlangt. Vorgelegt wurden in der Folge eine Vereinbarung zwischen der A und der B vom in der festgehalten wurde, dass diese Verbindlichkeit noch offen sei, weiters, dass keine Zinsen vereinbart sind und die Begleichung der Verbindlichkeit bis zu erfolgen hat, ansonsten Verspätungszinsen von 12% zu verrechnen wären.

Ebenfalls vorgelegt wurde eine Übersetzung einer rechtlichen Beurteilung betreffend das Bestehen der Verbindlichkeit. In dieser wird angeführt, dass nach ungarischem Recht eine Verjährung von fünf Jahren vorliegt, diese jedoch mit gewissen Handlungen (Führung von Verhandlungen, Zahlungsaufforderung, Modifizierung der Vereinbarung, Anerkennung der Schuld) unterbrochen werden kann.

Abschließend wurde in dieser Beurteilung ausgeführt, dass, da jährliche Besprechungen stattfanden, die Schuld nicht verjährt sei.

Nach Vorlage dieser Unterlagen wurde nochmals urgiert, die Bilanzen der A vorzulegen, aus denen das Bestehen der Forderung an die B ersichtlich sein müsste.

Nach Übermittlung der Bilanzen 2001 bis 2003 der Fa A wurde festgestellt, dass in diesen die Forderung an die B nicht mehr ausgewiesen war. Auf diese Feststellung angesprochen, erwiderte der Steuerberater Dr E, dass die Forderungen wertberichtigt worden seien, diesbezüglich wurden aber keine entsprechenden Belege vorgelegt. Bei der Fa A handelt es sich um ein verbundenes Unternehmen. An die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmen sind dieselben strengen Maßstäbe anzulegen wie an die Verträge zwischen nahen Angehörigen.

Verbindlichkeiten sind nach ständiger Rechtsprechung nur dann zu bilanzieren, wenn mit ihnen eine tatsächliche wirtschaftliche Belastung verbunden ist. Verbindlichkeiten, die nicht innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht wurden, sind, soferne kein Verjährungshemmungs-oder Unterbrechungstatbestand gesetzt wurde, nicht mehr einklagbar und daher in der Bilanz auszubuchen.

Aufgrund der bisher vorgelegten Unterlagen konnte kein Nachweis des Bestehens der Verbindlichkeit erbracht werden. Die Verbindlichkeit an die Fa A ist daher auszubuchen.


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BilanzpostenBilanzstichtaq
Vor Bp
ATS -8.996.773,66
Euro -653.821,04
Euro -653.821,04
Nach Bp
0,00
0,00
0,00
+/- BV
8.996.773,66
653.821,04
653.821,04
+/- Gewinn
8.996.773,66
0,00
0,00

Tz. 7 Nichtabzugsfähige Aufwendungen

Aufwendungen für Provisionen und fremde Dienstleistungen, die wirtschaftlich auf die im Firmenkonzern befindlichen ausländischen Partnerfirmen fallen, sind als Betriebsausgaben nicht abzugsfähig.

Repräsentationsspesen sind mangels Nachweis eines eindeutigen Werbecharakters nicht als Aufwand abzugsfähig. Die Kosten für die Rechtsberatung P betrafen die Fa I und waren daher nicht abzugsfähig.

Die für die Repräsentationsaufwendungen sowie die Rechtsberatung geltend gemachten Vorsteuern sind zu berichtigen.


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Steuerliche AuswirkungenZeitraum
2001
2002
2003
Umsatzsteuer:
ATS
Euro
Euro
[060] Vorsteuern (ohne EUSt)
-14.833,60
-1.000,00
-1.000,00
Körperschaftsteuer:
[629] Unzulässige Absetzungen - Provisionen, fremde Dienstl.
103.202,25
22.000,00
9.500,00
[629] Unzulässige Absetzungen - Repräsentationsspesen
59.169,29
5.000,00
5.000,00
[629] Unzulässige Absetzungen - Rechtskosten
14.999,97

Tz. 8 Verzinsung Verrechnungskonto

In der Bilanz wird eine Forderung an das Unternehmen I GmbH (verbundenes Unternehmen) in Höhe € 493.313,45 im Jahr 2001 ansteigend im Jahr 2002 ausgewiesen. Da es sich um ein verbundenes Unternehmen handelt, ist diese Forderung zu verzinsen. Die Verzinsung erfolgt mit 5%, jeweils vom durchschnittlichen Wert aus Anfangs- u Endbestand.


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BilanzpostenBilanzstichtaq
Vor Bp
ATS 6.788.141,07
Euro -39.338,50
Euro -1.352,99
Nach Bp
7.147.807,79
14.341,50
52.327,01
+/- BV
359.666,72
53.680,00
53.680,00
+/- Gewinn
359.666,72
27.542,00
0,00

Mit Datum erließ das Finanzamt Wien 2/20/21/22 unter anderem - im wiederaufgenommenen Verfahren - Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003, die den Feststellungen der Betriebsprüfung folgten.

Das Einkommen wurde wie folgt ermittelt:


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2001 (S)
2002 (€)
2003 (€)
Einkünfte aus Gewerbebetrieb = Gesamtbetrag der Einkünfte
18.798.095
163.104,20
68.431,57
Verlustabzug
-11.335.039
-51.323,68
Einkommen
7.463.956
163.104,20
17.107,89

Mit Telefax vom wurde gegen die "Körperschaftsteuerbescheide 2001-2003 vom " berufen:

"Gegen den obigen Steuerbescheid erheben wir namens unserer Mandantschaft (Vollmacht erteilt) binnen offener Frist

BERUFUNG

wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und begehren die Festsetzung der Körperschaftssteuer für 2001 mit € 46.393,68 statt mit € 172.568,98 und der Körperschaftssteuer 2002 mit € 9.541,35 statt mit € 53.473,99.

BEGRÜNDUNG:

Die berufungsgegenständlichen Bescheide ergingen im Zuge einer Betriebsprüfung. Unter anderem wurden folgende Feststellungen getroffen:

Die Verbindlichkeit auf dem Verrechnungskonto A in Höhe von € 653.821,04 wurde 2001 ausgebucht (Tz.5) und eine Forderung gegenüber der Muttergesellschaft I Ing. CD GmbH. wurde einer Verzinsung von 5% pa. unterworfen.

Diese Feststellungen sind aus folgenden Gründen unberechtigt.

Die Verbindlichkeiten gegenüber der A entstand mit hoher Wahrscheinlichkeit 1995 und war bereits Gegenstand einer Vorprüfung betreffend die Periode 1995-1997. Dabei wurde die Verbindlichkeit in voller Höhe verifiziert, Unterlagen aus 1995 sind infolge Ablaufs der Aufbewahrungsfrist nur mehr teilweise vorhanden. Tatsache ist, dass die Verbindlichkeit jedenfalls bis 1999 bestanden hat. Unzweifelhaft ist auch, dass sie bis dato nicht beglichen wurde. Fraglich ist, ob sie allenfalls durch Verjährung, Verzicht oder sonstige rechtserhebliche Tatsachen weggefallen ist. Eine vor längerer Zeit vorgenommene Wertberichtigung der Forderung durch die A ist jedenfalls keine derartige rechtserhebliche Tatsache, da eine Wertberichtigung, die auf Grund des imparitätischen Realisationsprinzips angebracht sein mag, über den tatsächlichen Bestand des Anspruches keinerlei Auskunft gibt, im Gegenteil, nur von bestehenden Ansprüchen vorgenommen werden kann. Eine Verjährung ist laut Rechtsauskunft infolge Anerkenntnisses bzw. gleichwertiger Rechtshandlungen nach ungarischem Recht nicht eingetreten. Würde man vom Eintritt der Verjährung ausgehen wollen, stellte sich darüber hinaus die Frage, warum die Verjährung nicht vor dem Bescheidzeitraum eingetreten ist, und daher den Bescheidzeitraum erfolgsmäßig überhaupt tangiert. Darüber hinaus wäre nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eine Verbindlichkeit auch über den Zeitraum der Verjährung hinaus zu bilanzieren, wenn aus wirtschaftlichen, rechtlichen oder sonstigen objektivierbaren Gründen nicht mit einer Verjährungseinrede zu rechnen ist. So fuhren die Einkommensteuerrichtlinien wie folgt aus:

Eine verjährte Schuld ist weiterhin bilanziell als solche auszuweisen, wenn der Steuerpflichtige zB aus geschäftlichen Rücksichten von einer möglichen Verjährungseinrede nicht Gebrauch machen will (; ). Diese Absicht von einer möglichen Verjährungseinrede nicht Gebrauch machen zu wollen, muss aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen erkennbar sein (). Der Wille, die verjährte Schuld nicht mehr zu tilgen, manifestiert sich erst durch die entsprechende Ausbuchung im Rechenwerk gegenüber der Außenwelt ( 98). Eine verjährte Schuld ist abzuschreiben, sobald Gewissheit besteht, dass von der Verjährungseinrede Gebrauch gemacht wird, und der Verjährungsgegner keinen Unterbrechungstatbestand geltend machen kann (). Rz 2421 Sind Nachteile in den Geschäftsbeziehungen zum Gläubiger oder eine Schädigung des wirtschaftlichen Rufs des Schuldners zu befürchten, dann kann die Verbindlichkeit trotz Verjährung weiterhin ausgewiesen bleiben. Die bloße Erwartung eines späteren Schuldnachlasses rechtfertigt keine niedere Bewertung (). Aus dem Hinweis auf die strengeren Maßstäbe über Vereinbarungen zwischen verbundenen Unternehmen kann sich keine andere rechtliche Beurteilung ergeben. Denn die Entstehung der Verbindlichkeiten ist unzweifelhaft dokumentiert und geprüft. Weitere Vereinbarungen sind nicht nötig. Sie könnten höchstens über einen Wegfall der Verbindlichkeit getroffen werden nicht aber über deren Bestehen. darüber hinaus ist es gewiss nicht fremdunüblich, auf eine zu Recht bestehende Forderung nicht zu verzichten, wäre im Gegenteil ein sang- und klangloser Verzicht auf die Forderung (Wegfall der Verbindlichkeit) als unüblich zu werten.

Forderungsverzinsung (Tz 8)

Die im Konzern bestehende Forderung gegenüber der Muttergesellschaft I Ing. CD GmbH. bestehende Forderung wurde mit einem Zinssatz in Höhe von 5% durch die BP verzinst. Dabei handelte es sich um eine Verrechnungsforderung, die, entgegen den Ausführungen im BP-Bericht im Jahre 2002 sogar in eine Forderung gedreht hat. Weiters ist zu beachten, dass dieser Forderung eine weit höhere Verbindlichkeit gegenüber der Schwestergesellschaft F GmbH gegenüberstand, die mittelbar auch der Muttergesellschaft zuzurechnen war. Insgesamt erfolgte daher konzernintern keinesfalls ein Finanzierungsnachteil, der durch eine fiktive Verzinsung zu berücksichtigen wäre. Überdies entspricht die durch die BP angesetzte Verzinsung von 5% nicht dem Zinsniveau im Prüfungszeitraum. Es wäre daher in Anlehnung an den Zinssatz für Arbeitgeberdarlehen der Ansatz eines Zinssatzes von 3,5% gerechtfertigt, ungeachtet der Tatsache, daß eine Verzinsung grundsätzlich unangebracht ist.

Gewinnermittlung:

Die in TZ 7 festgestellte Gewinnverminderung durch den reduzierten Vorsteuerabzug in Höhe von ATS 14.833,60 wurde im Steuerbescheid nicht berücksichtigt.

AUSSETZUNG:

Wir beantragen die Aussetzung des angefochtenen Betrages an Körperschaftssteuer 2001 in Höhe von € 126.175,30 und an 2002 in Höhe von € 43.932,64 gem. §212a BAO...."

Seitens der Prüferin wurde am folgende Stellungnahme erstattet:

"Punkt 1 - Ausbuchung der Verbindlichkeit A im Jahr 2001

Auf die Ausführungen in Tz 5 des Bp-Berichtes wird verwiesen.

Laut Auskunft des Steuerberaters entstand die gegenständliche Verbindlichkeit im Jahr 1995 bzw. 1996. Während der Betriebsprüfung wurden entsprechende, vor allem aussagekräftige Unterlagen eingefordert, die das Bestehen dieser Verbindlichkeit nachweisen. Diese Notwendigkeit war insbesondere deshalb gegeben, weil es sich bei der Fa A um ein verbundenes - ausländisches - Unternehmen handelt, in der Hr. Ing. D auch Machthaber ist. Laut ständiger Rechtsprechung sind bei Vereinbarungen zwischen gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmen dieselben strengen Maßstäbe anzulegen wie bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen.

Während der gesamten Prüfung wurden keine geeigneten Unterlagen vorgelegt, die das Bestehen der Verbindlichkeit A rechtfertigen. Vielmehr deuten die Bilanzen der A (die Forderungen an die B wurden auf 1,5% der Forderung wertberichtigt) darauf hin, dass die Forderung nicht realisiert wird.

Die vorgelegte übersetzte rechtliche Beurteilung über das Bestehen der Verbindlichkeit sagt aus, dass nach ungarischem Recht eine Verjährung von 5 Jahren vorliegt, die jedoch mit gewissen Handlungen unterbrochen werden kann. In dieser Beurteilung wurde abschließend ausgeführt, dass keine Verjährung eingetreten sei, da jährliche Besprechungen stattfanden. Entsprechende Unterlagen dazu wurden nicht vorgelegt.

Da es sich wie oben erwähnt um ein verbundenes Unternehmen handelt, können die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung, da keine entsprechende Untermauerung durch schriftliche Unterlagen (Gesprächsnotizen etc, die diese jährlichen Besprechungen dokumentieren) erfolgen konnte, nicht als Argument für das Bestehen der Verbindlichkeit gewertet werden.

Die Ausbuchung der Verbindlichkeit erfolgte in der Bilanz 2001, da bei Annahme der Entstehung im Jahr 1996 nach 5 Jahren die Verjährung im Jahr 2001 vorlag.

Punkt 2 - Verzinsung des Verrechnungskontos I Ing. CD

Das Verrechnungskonto der Firma I Ing. CD GmbH wurde lt. Bp verzinst, da in den Jahren 2001 und 2002 eine Forderung bestand. In der Bilanz 2002 ist das Verrechnungskonto mit einem Passivposten enthalten, da am Umbuchungen von dem Verrechnungskonto F bzw. von dem Darlehenskonto Ing. D erfolgten. Das Verrechnungskonto wies im Jahr 2002 durchgehend einen positiven Saldo auf. Diesbezüglich erfolgte die Verzinsung für einen Jahresdurchschnittswert auch im Jahr 2002...."

Darauf antwortete die Bw am durch ihren steuerlichen Vertreter:

"Zur Stellungnahme der Betriebsprüfung geben wir folgende Äußerung ab:

Wie bereits in unserer Berufung ausgeführt, besteht kein Zweifel über das Entstehen der gegenständlichen Verbindlichkeit und deren grundsätzlicher Existenz. Die verlangten Nachweise sind problematisch, da anders als beim Entstehen und dem Ende (Untergehen) einer Forderung über deren Fortbestehen meist keine entsprechenden Dokumente vorliegen, vor allem nicht, wenn diese Forderung nicht eingeklagt oder sonstwie betrieben wird. Deshalb hielten wir die erbrachten Nachweise als ausreichend, insbesondere auch die Bestätigung betreffend der Verjährungsunterbrechung. Wenn nunmehr weitere Nachweise über verjährungsunterbrechende Vorgänge verlangt werden, so wird unsere Mandantin sich bemühen diese bis Ende Feber zu sichten (infolge Schwierigkeiten auf südosteuropäischen Märkten war es terminlich schwierig in Ungarn die endsprechenden Unterlagen zu sichten). Jedenfalls wurden jährlich zumindest Bilanzbesprechungen abgehalten, in deren Verlauf auch die Forderung diskutiert wurde. Protokolle wurden dabei meist nicht geführt. Der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst eine formale Verjährung einer Verbindlichkeit nicht zu deren Untergang führt, wenn aus tatsächlichen Gründen mit einer Einrede der Verjährung nicht zu rechnen ist. Solche Gründe können insbesondere im Interesse der weiteren wirtschaftlichen Zusammenarbeit gelegen sein, wie auch in sonstigen wirtschaftlichen Verflechtungen.

Die Abwertung der Forderung in der ungarischen Bilanz erfolgte im Sinne des imparitätischen Realisationsprinzips, da sich der Geschäftsgang der B-GmbH in den letzten acht Jahren teils dramatisch verschlechterte, und daher mit einer raschen Rückführung nicht zu rechnen war. Zudem wirkte sich dies steuermindernd in Ungarn aus. Keinesfalls ist dies jedoch als Indiz für einen Wegfall der Verbindlichkeit zu. werten.

Verzinsung des Verrechnungskontos I

Die Betriebsprüfung hat bei ihren Betrachtungen außer Acht gelassen, dass die Muttergesellschaft I der B über die Schwestergesellschaft F Mittel in Höhe des Dreifachen zur Verfügung gestellt hat, sodass eine Verzinsung des Verrechnungssaldos jedenfalls nicht gerechtfertigt ist (es sei denn man wollte ein imparitätisches Verzinsungsprinzip stipulieren).

Aus den genannten Gründen halten wir die Feststellungen der Betriebsprüfung für unzutreffend...."

Die Prüferin gab am bekannt, ihrer Stellungnahme von sei nichts hinzuzufügen.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Wien 2/20/21/22 die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Im August 2011 wurden der Berufungsbehörde über deren Anforderung die Akten des Finanzamtes vorgelegt.

Am erfolgte gemäß § 270 Abs. 4 BAO ein Wechsel des Referenten.

Über die Berufung wurde erwogen:

A. Körperschaftsteuer 2001 und 2002

1. Ausbuchung Verbindlichkeit A(2001)

Eine verjährte Schuld ist weiterhin bilanziell als solche auszuweisen, wenn der Steuerpflichtige zB aus geschäftlichen Rücksichten von einer möglichen Verjährungseinrede nicht Gebrauch machen will (; ). Diese Absicht muss aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen erkennbar sein (). Der Wille, die verjährte Schuld nicht mehr zu tilgen, manifestiert sich erst durch die entsprechende Ausbuchung im Rechenwerk gegenüber der Außenwelt ().

Eine verjährte Schuld ist abzuschreiben, sobald Gewissheit besteht, dass von der Verjährungseinrede Gebrauch gemacht wird, und der Verjährungsgegner keinen Unterbrechungstatbestand geltend machen kann ().

Sind Nachteile in den Geschäftsbeziehungen zum Gläubiger oder eine Schädigung des wirtschaftlichen Rufs des Schuldners zu befürchten, kann die Verbindlichkeit trotz Verjährung weiterhin ausgewiesen bleiben. Die bloße Erwartung eines späteren Schuldnachlasses rechtfertigt keine niedere Bewertung ().

Andererseits sind formal noch bestehende und noch nicht verjährte Verbindlichkeiten nicht mehr zu bilanzieren, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden müssen (Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 14. EL § 6 Anm. 68 "Verjährte Verbindlichkeit").

Unstrittig ist, dass die A gegenüber der Bw eine im Jahr 1995 oder 1996 entstandene betriebliche Forderung in Höhe von € 653.821,04 hat, und dass diese Verbindlichkeit der Bw, sollte keine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eingetreten sein, nach dem anzuwendenden ungarischen Zivilrecht nach fünf Jahren verjährt wäre, also ab dem Jahr 2001 einer Geltendmachung dieser Forderung durch die A der Eintritt der Verjährung entgegengehalten werden hätte können.

Weiters ist unstrittig, dass seitens der A Kft die offene Forderung an die Bw von € 653.821,04 "auf 1,5% wertberichtigt wurde und in der Buchhaltung saldiert wurde" (Bestätigung vom , Arbeitsbogen Seite 232).

Nach dem vom Finanzamt nicht bestrittenen Vorbringen der Bw wird nach ungarischem Zivilrecht die Verjährungsfrist von fünf Jahren "unterbunden" (gehemmt?), "wenn innerhalb dieses Zeitraumes Verhandlungen geführt werden. Die Verjährungsfrist wird mit Zahlungsaufforderung, mit gerichtlichem Weg, mit durch Modifizierung der Vereinbarung, mit Anerkennung der Schuld ausgesetzt. Mit Unterbrechen der Verjährungsfrist beginnen weitere fünf Jahre." (Bestätigung eines Rechtsanwaltes vom , Arbeitsbogen Seite 212).

Aktenkundig (Arbeitsbogen Seite 214) ist auch eine Vereinbarung vom zwischen Gläubigerin und Schuldnerin, wonach die Parteien "legen fest, dass wegen dem Ausbleiben einer finanziellen Ausgleich vorherigen Vertrages die [Bw] gegenüber der A Kft eine Schuld im Wert von € 653.825,04 Kapital und dessen Zinsen hat." "Nach mehrjährigen Aufforderungen und Verhandlungen vereinbaren die Vertragsparteien in der Lösung des Schuldes zu bereinen", indem "im Interesse der Zusammenarbeit" die Gläubigerin auf die bisher aufgelaufenen Zinsen, nicht aber auf das Kapital verzichtet, und die Schuldnerin sich verpflichtet, den Kapitalsbetrag bis zum zu bezahlen. Bei späterer Zahlung seien 12% Verspätungszinsen zu leisten.

Sollten die Ausführungen über die ungarische Rechtslage zutreffend sein, ist davon auszugehen, dass die Forderung der A Kft im Streitzeitraum noch nicht verjährt war.

Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass im Streitzeitraum Gewissheit bestanden hat, dass die Forderung der A Kft durch die Bw nicht bedient werden wird.

Auch in einem Fremdvergleich - die Kriterien für Vereinbarungen zwischen einander Nahestehenden (vgl. Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 14. EL § 4 Anm. 66 ff.) sind heranzuziehen - kann nicht gesagt werden, dass ein ordentlicher Unternehmer im Streitzeitraum bei der gegenständlichen Sachlage davon ausgehen würde, dass die Verbindlichkeit in diesem Zeitraum erloschen ist.

Ob seinerzeit zu Recht eine Verbindlichkeit bilanziert wurde, hat die Außenprüfung nicht untersucht. Bestünde die Verbindlichkeit nicht zu Recht, hätte dies eine Berichtung an der Wurzel - und keine Berichtigung im Streitzeitraum - zur Folge.

Der Berufung war daher in diesem Streitpunkt statt zu geben. Der Gewinn des Jahres 2001 ist somit um S 8.996.773,66 zu vermindern.

2. Verzinsung Verrechnungskonto (2001)

Strittig ist, ob eine auf dem diesbezüglichen Verrechnungskonto ausgewiesene Forderung gegenüber der Muttergesellschaft I Ing. C D GmbH zu verzinsen ist, und wenn ja zu welchem Zinssatz.

Wird von der Bw darauf verzichtet, für eine ihr gegenüber einer Gesellschafterin zustehende Forderung Zinsen zu verrechnen, wird ein Vorteil zukommen gelassen, den sie Fremden nicht gewährt hätte, da es der Lebenserfahrung und den im Geschäftsleben geltenden Grundsätzen widerspricht, dass für derartige Forderungen keine Zinsen in Rechnung gestellt werden. Der sich aus der Nichtverzinsung ergebende Vorteil ist eine verdeckte Ausschüttung (vgl. etwa ).

Ob seitens der Bw eine Verbindlichkeit an eine Schwestergesellschaft zu verzinsen gewesen wäre, hat keinen Einfluss auf die Forderung gegenüber der Muttergesellschaft.

Die Bw wendet sich gegen den von der Außenprüfung herangezogenen Zinssatz von 5% mit dem Argument, der Zinssatz für Arbeitgeberdarlehen in Höhe von 3,5% wäre maßgebend.

Dem ist zu entgegnen, dass es auf den marktüblichen Zinssatz zu Unternehmenskredite ankommt. Dieser lag in den Streitjahren bei Krediten unter 1 Million € jedenfalls nicht unter 5% (siehe etwa http://www.oenb.at/de/img/broschuere_fakten_zum_euro_aug_2012_internet_tcm14-239113.pdf, Seite 8), sondern deutlich darüber:

Die Bw kann daher durch die Anwendung eines Zinssatzes von 5% nicht beschwert sein.

Die Berufung war in diesem Streitpunkt als unbegründet abzuweisen.

3. Nichtabzugsfähige Vorsteuer als Betriebsausgabe (2001)

Soweit sich dies Tz. 7 des Außenprüfungsberichtes entnehmen lässt, wurden Aufwendungen für Repräsentation und für Rechtsberatung eines Dritten als steuerlich nicht abzugsfähig erachtet.

Hiergegen wird durch die Bw nichts vorgebracht.

Da die Nettoaufwendungen nicht abzugsfähig sind, ist auch die hierauf entfallende (bei der Umsatzsteuer gekürzte) Vorsteuer ertragsteuerlich nicht abzugsfähig.

Dem Berufungsbegehren, die gekürzte Vorsteuer ertragsteuerlich als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, kann daher ebenfalls nicht Rechnung getragen werden.

4. Ergebnis

Der Berufung betreffend Körperschaftsteuer 2001 ist daher teilweise Folge zu geben und der Gewinn des Jahres 2001 um S 8.996.773,66 zu vermindern.

Zufolge der sich hieraus ergebenden Änderung des Verlustvortrages, der nunmehr nicht zur Gänze im Jahr 2001 verbraucht wurde (verbleibender Rest: 1.121.083 S, davon 75% = 840.812,25 S = 61.104,21 €), ist auch der Berufung betreffend Körperschaftsteuer 2002 teilweise Folge zu geben:


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2001 (S)
2002 (€)
Einkünfte aus Gewerbebetrieb = Gesamtbetrag der Einkünfte
10.213.956
163.104,20
Verlustabzug
-7.660.467
-61.104,21
Einkommen
7.463.956
101.999,99

Die hieraus resultierende Abgabenschuld von 729.349 S im Jahr 2001 (siehe Berechnungsblatt) entspricht einem Betrag von 53.003,86 €.

B. Körperschaftsteuer 2003

Über die Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2003 wird gesondert entschieden. Hier ist noch ein Mängelbehebungsverfahren im Gange.

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
VwGH, 88/13/0198


Anmerkung
Berichtigung wegen Rechenfehler gemäß § 293 BAO.

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at