Berufung wegen Haftungsinanspruchnahme gem. den §§ 9 und 80 BAO; Aufhebung und Zurückverweisung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A, in B, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 iVm § 80 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Haftungsbescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom wurde der Berufungswerber (Bw) A gem. den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgaben der Fa. C (kurz GmbH; vormals Fa. D) im Ausmaß von € 257.391,32 herangezogen. Diesem Haftungsbescheid war eine Aufstellung der zugrunde liegenden Abgaben (sowohl Selbstbemessungsabgaben als auch bescheidmäßig festgesetzte Abgaben) mit Abgabenart, Zeitraum, Fälligkeit und Betrag angefügt. Der Bescheid enthielt weiters den Verweis dass die haftungsrelevanten Bescheide angefügt sind (angefügt waren Bescheide über Köst-Vorauszahlungen, Säumniszuschläge, Anspruchszinsen Umsatzsteuer usw. von rd. € 67.000,--). Nicht angefügt waren Bescheide über Lohnabgaben (L, DB, DZ) der Zeiträume 2009 und 1-3/2010 wie auch Kammerumlagenvorauszahlungsbescheide und Kapitalertragsteuer 2007 von insgesamt rd. € 58.500,--.
Die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der GmbH ergebe sich aufgrund deren Zahlungsunfähigkeit infolge Konkursabweisung mangels kostendeckenden Vermögens. Der Bw sei vom ZX bis (Anm. jedenfalls) Geschäftsführer dieser GmbH gewesen. Der Aufforderung vom im Sinne der Beweislastumkehr sein mangelndes Verschulden darzulegen sei der Bw nicht nachgekommen. Aufgrund von Umsätzen im Haftungszeitraum sei von Gesellschaftsmitteln auszugehen. Auf den weiteren Inhalt der Begründung dieses Bescheides wird verwiesen.
Dagegen erhob der Bw mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Berufung. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Abgabenschuld nicht bestehe, die zugrunde liegenden Bescheide nicht rechtskräftig seien und Abgabenschulden die vor seiner Zeit gelegen seien nicht zu berücksichtigen seien. Der Bw stütze sich dabei im Wesentlichen darauf, dass das Finanzamt zwar Umsatzsteuerzahllasten nicht jedoch Umsatzsteuergutschriften (insbesondere für das Jahr 2010) nicht verbucht habe. Auf den weiteren Inhalt der Begründung dieser Berufung wird verwiesen. Weiters beantragte der Bw die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:
Aus dem Abgabenkonto der GmbH zu StNr. XY (nunmehr neu auf StNr. XZ, FA 12) ist zu ersehen, dass sich die haftungsgegenständlichen Abgaben aufgrund einer teilweisen Stattgabe betreffend Umsatzsteuer 1-10/2010 und Wegfall eines Säumniszuschlages um € 22.077,05 auf nunmehr € 237.314,27 verringert haben.
Aus einer Aufgliederung der von der Einbringung ausgesetzten Abgaben der GmbH (beinhaltend auch die haftungsgegenständlichen Abgaben) ist zu ersehen, dass die Säumniszuschläge in Jahresbeträgen zusammengefasst wurden.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 9 Abs. 1 BAO lautet:
Die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
§ 80 Abs. 1 BAO lautet:
Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach der Bestimmung des § 248 BAO (erster Satz) kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid § 224 Abs. 1 leg. cit.) innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.
Aus dem dem Haftungspflichtigen gemäß § 248 BAO eingeräumten Berufungsrecht ergibt sich somit, dass ihm anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis zu verschaffen ist, und zwar vor allem über Grund und Höhe des feststehenden Abgabenanspruches. Eine solche Bekanntmachung hat durch Zusendung einer Ausfertigung (Ablichtung) des maßgeblichen Bescheides über den Abgabenanspruch zu erfolgen (Ritz, BAO³, § 248 Tz 8 mit Judikatur Nachweisen; RAE Rz 1216 und 1222). Wird dies unterlassen, liegt ein Mangel des Verfahrens vor, der im Verfahren über die Berufung gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar ist (siehe dazu ).
Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, dass die der Haftung zugrunde liegenden Abgabenbescheide - zumindest teilweise, in einem nicht unerheblichen Ausmaß (sowohl in Bezug auf den gesamten Haftungsbetrag, wie auch zu den bescheidmäßig festgesetzten Abgaben) - dem Bw nicht übermittelt wurden. Damit ist aber, laut jüngster, oben zitierter VwGH-Entscheidung, somit ein im zweitinstanzlichen Verfahren nicht sanierbarer Mangel gegeben. Es war daher in Hinsicht auf die durch den VwGH vorgegebene Rechtsmeinung mit Aufhebung und Zurückverweisung im Sinne des § 289 Abs. 1 BAO vorzugehen (vgl. auch UFS RV/0838-L/10, vom ).
Auf die Einwendungen des Bw brauchte daher nicht eingegangen werden.
Auf die Verringerung der haftungsgegenständlichen Abgaben (allfällige Verringerung von Säumniszuschlägen) wird verwiesen. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aufgrund der Bestimmung des § 284 Abs. 3 und Abs. 5 BAO abgesehen werden.
Über die Berufung war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
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