Zurückweisung einer Berufung - Unwirksame Zustellung an den Steuerpflichtigen statt an den Zustellungsbevollmächtigten
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Miterledigte GZ: |
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RV/3914-W/08 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des J.H., vertreten durch StB-GmbH, gegen die Bescheide des Finanzamtes XY 1. vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens vom 2. vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens vom 3. vom betreffend die Zurückweisung der Berufung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998 vom entschieden:
1. Der Berufung gegen den erstangeführten Bescheid vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens vom wird Folge gegeben.
Der erstangeführte Bescheid vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens vom wird aufgehoben.
2. Der Berufung gegen den zweitangeführten Bescheid vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens vom wird Folge gegeben.
Der zweitangeführte Bescheid vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens vom wird aufgehoben.
3. Die Berufung gegen den drittangeführten Bescheid vom betreffend die Zurückweisung der Berufung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998 wird als unbegründet abgewiesen.
Der drittangeführte Bescheid vom betreffend die Zurückweisung der Berufung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998 bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Datum vom fertigte das Finanzamt einen an den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gerichteten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 aus, wobei dieser Bescheid mit RSb-Brief unmittelbar an den Bw an dessen bisherige Adresse nnnn Wien, S.-Straße 22 adressiert wurde.
Dieser RSb-Brief langte allerdings mit dem Vermerk "Verzogen" beim Finanzamt zurück (Rücksendedatum 27.9.).
In weiterer Folge wurde dieser RSb-Brief ungeöffnet im Finanzamtsakt abgeheftet, und auf der Rückseite des RSb-Kuverts folgender Vermerk angebracht: "gilt als zugestellt, amtlich abgemeldet [Handzeichen bzw Unterschrift]".
Eine Abfrage des Finanzamtes im zentralen Melderegister hatte zuvor () keine aufrechte Meldeadresse des Bw ergeben.
Mit Schreiben vom stellte der Bw durch seinen steuerlichen Vertreter erstmalig - offenbar nachdem das Finanzamt diesem eine Kopie dieses Einkommensteuerbescheides mittels Telefax übermittelt hatte (vgl Berufung vom ) - einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist gegen diesen Einkommensteuerbescheid. In weiterer Folge wurden mit Datum vom und weitere Anträge auf Verlängerung der Berufungsfrist bis zuletzt gestellt.
Mit Schreiben vom brachte der Bw einen weiteren Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist bis ein.
Mit Schreiben vom (Datum des Poststempels , eingelangt beim Finanzamt laut Eingangsstempel am ) erhob der Bw schließlich gegen den zu Beginn angeführten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 Berufung.
In zeitlicher Überschneidung mit dieser Berufungserhebung wies das Finanzamt mit Bescheid vom (zugestellt am ) das zuletzt eingebrachte Fristverlängerungsersuchen vom mit der Begründung zurück, die Eingabe sei nicht fristgerecht eingebracht worden.
Mit Bescheid vom (im Spruch drittangeführter Bescheid) wies das Finanzamt die Berufung vom gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 gemäß § 273 Abs 1 BAO zurück. Die Berufungsfrist sei gemäß § 245 bzw § 276 BAO bereits abgelaufen gewesen. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 sei am ergangen. Der erste Antrag auf Berufungsfristverlängerung sei am eingelangt und sei somit nicht fristgerecht gewesen. Alle weiteren Fristverlängerungsersuchen seien daher ebenfalls nicht fristgerecht gewesen.
In weiterer Folge brachte der Bw mehrere Fristverlängerungsanträge ein:
Mit Schreiben vom (somit einen Monat nach Zustellung des Bescheides vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsantrages) stellt der Bw den Antrag, die Berufungsfrist betreffend die "Abweisung der Berufungsfristverlängerung" bis zu verlängern. (Weiters beantragte er in diesem Schreiben die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998). Dabei führte er unter dem Betreff "Einkommensteuerbescheid 1998 - Berufungsfristverlängerung - Wiederaufnahme des Verfahrens" aus:
"Zu obiger Steuernummer wurde gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 Berufung eingebracht. Zwischenzeitig ist der Bescheid betreffend Abweisung des Fristverlängerungsersuchens hinsichtlich dieser Berufung eingelangt. Da die Einbringung der Berufung damit ,offensichtlich überschnitten wird (sic !)', wird unabhängig davon höflich um inhaltliche Behandlung des Rechtsmittels gebeten. Zu diesem Zweck wird vorerst beantragt, die Berufungsfrist betreffend ,die Abweisung der Berufungsfristverlängerung' bis zu verlängern. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Berufungsausführungen vom verwiesen. Für den Fall, dass wider Erwarten die Behörde davon ausgehen sollte, dass bereits ein rechtskräftiger Bescheid 1998 vorliegt, informationsgemäß erfolgte die Zustellung durch Hinterlegung beim Amt, eine andere (mögliche) Zustellung erfolgte nicht, wird gestellt der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1998 ..."
Mit Schreiben vom (somit zum Ende der eben angeführten beantragten Fristverlängerung) führte der Bw unter dem Betreff "Einkommensteuerbescheid 1998 - Berufungsfristverlängerung" aus:
"Zu obiger Steuernummer wurde gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 Berufung eingebracht und erging zwischenzeitig der Bescheid vom betreffend Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens hinsichtlich dieser Berufung. Hiermit wird innerhalb offener Frist höflich gestellt der Antrag, die Berufungsfrist betreffend die Zurückweisung der Berufungsfristverlängerung vom hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 1998 bis zu verlängern."
Das Finanzamt erließ mit Datum vom betreffend diese Fristverlängerungsanträge zwei Bescheide:
Mit dem im Spruch erstangeführter Bescheid wies das Finanzamt das Fristverlängerungsersuchen vom betreffend "die Berufungsfristverlängerung betreffend die Abweisung der Berufungsfristverlängerung" mit der Begründung zurück, die Eingabe sei nicht zulässig, da gemäß § 110 BAO gegen die Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung einer Frist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig sei. Daher gehe ein Antrag auf Berufungsfristverlängerung zur Einbringung einer Berufung gegen die Abweisung einer Berufungsfristverlängerung ins Leere. Gemäß § 273 Abs 1 BAO sei daher eine Berufung gegen die Ablehnung eines Fristverlängerungsertrages durch Bescheid als unzulässig zurückzuweisen.
Mit dem im Spruch zweitangeführter Bescheid wies das Finanzamt das Fristverlängerungsersuchen vom betreffend "die Berufungsfristverlängerung bezüglich der Zurückweisung der Berufung vom " zurück. Die Zurückweisung erfolge, weil die Eingabe nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 vom sei durch Hinterlegung im Akt zugestellt worden, da der Bw in einem laufenden Verfahren seine Abgabestelle aufgegeben habe. Es sei keine andere aufrechte Zustelladresse bekannt gegeben worden, daher sei nach § 8 ZustellG vorzugehen gewesen. Zur Ermittlung einer neuen Abgabestelle sei vom Finanzamt nachweislich eine Abfrage beim zentralen Melderegister durchgeführt worden, die aber kein Ergebnis gebracht habe, außer, dass sich der Abgabepflichtige am von der bisherigen Abgabestelle abgemeldet habe. Der Bescheid gelte somit am ersten Tag der Hinterlegung, daher mit , als zugestellt und die Berufungsfrist habe somit am geendet. Nach Darstellung des Verfahrensganges führte das Finanzamt weiter aus, am sei ein Antrag auf Berufungsfristverlängerung bis zum eingelangt, betreffend die Abweisung der Berufungsfristverlängerung, da sich die Abweisung der Berufungsfristverlängerung und die Einbringung der Berufung überschnitten hätten. Es sei auf § 110 BAO zu verwiesen, wonach gegen die Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung einer Frist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig sei. Am sei ein Antrag auf Berufungsfristverlängerung bis eingelangt, betreffend die Zurückweisung der Berufungsfristverlängerung vom hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1998. Am sei jedoch nicht die Berufungsfristverlängerung, sondern die Berufung zurückgewiesen worden. Da sich das Begehren auf den Bescheid vom beziehe, gehe das Finanzamt davon aus, dass sich das Anbringen auf eine Berufungsfristverlängerung bezüglich der Einbringung einer Berufung gegen die Zurückweisung der Berufung beziehe. Der Antrag auf Berufungsfristverlängerung bezüglich der Zurückweisung der Berufung vom werde zurückgewiesen, da die Eingabe nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Die Berufungsfrist sei bereits abgelaufen und daher der Antrag auf Berufungsfristverlängerung bezüglich der Zurückweisung der Berufung verspätet.
Mit Datum vom brachte der Bw eine Berufung gegen den (im Spruch drittangeführten) Zurückweisungsbescheid vom , mit welchem die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid vom als verspätet zurückgewiesen worden war, ein. Darin führte er aus, bekanntlich sei die Höhe der Einkommensteuer für 1998 strittig. Diesbezüglich sei bereits fristgerecht Berufung "erfolgt" wobei vom Finanzamt mit Bescheid vom davon ausgegangen "worden sei", dass keine wirksamen Berufungsfristverlängerungen vorlägen, "zumal" die Berufungsfrist hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides vom bereits ausgelaufen gewesen sei. In Ergänzung zur Berufung betreffend den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1998 werde hiemit aus verfahrensrechtlicher Vorsicht auch gegen diesen Zurückweisungsbescheid vom Berufung erhoben. Es sei bisher keine rechtswirksame Zustellung des Einkommensteuerbescheides erfolgt. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 sei an den steuerlichen Vertreter gefaxt worden. Dagegen sei ebenfalls fristgerecht Berufung eingebracht worden. Ausgehend von dieser Zustellung seien fristgerecht Berufungsfristverlängerungsersuchen gestellt worden, sodass der Zurückweisungsbescheid zu Unrecht ergangen sei. Er beantragte die Entscheidung über die Berufung durch den Berufungssenat sowie die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Mit Datum vom erhob der Bw eine gegen die beiden Bescheid vom (im Spruch erst- und zweitangeführter Bescheid) gerichtete Berufung, in welcher er ausführt, im Zurückweisungsbescheid sei ausdrücklich dargelegt, welche Berufungsfristverlängerungen erfolgt seien. Aus seiner Sicht habe er "vorher keinen Einkommensteuerbescheid 1998 ordnungsgemäß zugestellt erhalten". Es seien daher auch die Berufungsfristverlängerungen zulässig gewesen und bestehe auch die Möglichkeit, eine Berufungsfristverlängerung betreffend Berufung gegen die Ablehnung eines Fristverlängerungsersuchens zu stellen. Weiters beantragte er eine mündliche Berufungsverhandlung.
Mit Schreiben vom August 2009 legte der (steuerliche Vertreter des) Bw nochmals den Fristverlängerungsantrag vom sowie eine Fotokopie aus dem Postausgangsbuch vor. Weiters legte er - nach der Aktenlage erstmalig, laut seinem Vorbringen neuerlich - ein mit datiertes Schreiben folgenden Wortlautes sowie ebenfalls eine Fotokopie aus dem Postausgangsbuch (, FA 2/20 Berufung Bw) vor:
"Einkommensteuerbescheid 1998 Zurückweisung Berufung, Berufung
Zu obiger Steuernummer wird erhoben innerhalb offener Frist gegen den Zurückweisungsbescheid der Berufung betreffend Einkommensteuerbescheid 1998 nachstehende Berufung erhoben [sic!]. Als Begründung wird auf die Ausführungen in der Berufung vom und die eingereichten Steuererklärungen verwiesen. Es wird beantragt, die Steuerbescheide zu beheben und die Veranlagung den eingereichten Steuererklärungen zu Grunde zu legen."
In seinem Schreiben führte er aus, beiliegend werde die damals rechtzeitig eingebrachte Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom samt Kopie aus dem Postausgangsbuch vorgelegt, womit die Absendung dokumentiert sei. Ebenso werde die damalige Fristverlängerung beigelegt, welche bereits zuvor abgesandt worden sei und die Zurückweisung der Berufung trotzt rechtzeitigem Fristverlängerungsansuchen betroffen habe. In der Folge sei im Hinblick auf das Fristverlängerungsansuchen, welches im Kalender eingetragen worden sei, die im Zuge der Erhebung der Berufung nicht ausgetragen worden sei, ein weiters Fristverlängerungsansuchen "gemacht" worden und dann im September 2008 eine ausführliche Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid eingebracht worden. Diese Schriftstücke seien im Akt dokumentiert. Es sei sohin jedenfalls eine rechtzeitige Erhebung der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid erfolgt. Festgehalten werde, dass die Kanzlei des steuerlichen Vertreters des Bw diesen durchgehend vertreten habe. Daher hätte die Zustellung des Einkommensteuerbescheides 1998 an die Kanzlei des steuerlichen Vertreters erfolgen müssen. Eine Zustellung durch Hinterlegung bei der Behörde gemäß Zustellgesetz komme daher schon deshalb nicht in Betracht, zumal an die Kanzlei des steuerlichen Vertreters als ausgewiesener Vertreter jedenfalls ordnungsgemäß zugestellt hätte werden können und müssen. Die Übermittlung des Einkommensteuerbescheides 1998 mittels Telefax stelle daher die erste Kenntnisnahme durch den steuerlichen Vertreter dar.
Weiters zog der Bw mit diesem Schreiben seine Anträge auf Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
Über die Berufung wurde erwogen:
Zurückweisung der Fristverlängerungsersuchen vom und vom
Die Eingabe vom (Fristverlängerungsersuchen bis zum ) lässt nach ihrer Formulierung nicht ohne weiteres erkennen, welchen Bescheid bzw welche Frist sie betreffen soll (der steuerliche Vertreter des Bw bedient sich im Verfahren wiederholt, auch in anderen eingebrachten Schriftsätzen, einer mehrdeutigen Ausdrucksweise). Hinzu kommt, dass die Eingabe sowohl innerhalb eines Monates nach Ergehen des Zurückweisungsbescheides vom (Zustellung ) als auch des Zurückweisungsbescheides vom (Zustellung ) eingebracht wurde. Die Eingabe lautet, wie bereits dargestellt:
"Zu obiger Steuernummer wurde gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 Berufung eingebracht. Zwischenzeitig ist der Bescheid betreffend Abweisung des Fristverlängerungsansuchens hinsichtlich dieser Berufung eingelangt. Da die Einbringung der Berufung damit ,offensichtlich überschnitten wird (sic !)', wird unabhängig davon höflich um inhaltliche Behandlung des Rechtsmittels gebeten. Zu diesem Zweck wird vorerst beantragt, die Berufungsfrist betreffend ,die Abweisung der Berufungsfristverlängerung' bis zu verlängern. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Berufungsausführungen vom verwiesen."
Das Ziel dieser Eingabe ist nicht eindeutig erkennbar, sie bedarf daher der Auslegung.
Für die Beurteilung von Anträgen kommt es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte, nicht das Gewollte. Allerdings ist das Erklärte der Auslegung zugänglich. Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (zB unter Hinweis auf Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 1 zu § 85 BAO). Einleitend ist festzustellen, dass das Finanzamt weder die Fristverlängerungsersuchen, noch die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 selbst abgewiesen, sondern diese Anbringen insgesamt zurückgewiesen hat. Der Bw spricht in der Eingabe die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 an und ersucht um eine inhaltliche Erledigung. Zweck der Eingabe soll nach deren Wortlaut "unabhängig" von der erfolgten Überschneidung der Ereignisse eine "inhaltliche Behandlung des Rechtsmittels" (gemeint wohl vom ) sein. Der Bw bezweckt mit dieser Eingabe somit eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seiner Berufung vom zu erreichen. Naheliegend wäre es daher aus der Perspektive des Bw gewesen, eine Verlängerung der Berufungsfrist gegen den Zurückweisungsbescheid vom , mit welchem die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 zurückgewiesen worden war, zu beantragen. Der Bw führt jedoch auch aus, er beantrage eine Fristverlängerung betreffend ,die Abweisung der Berufungsfristverlängerung', er nennt also ausdrücklich den Bescheid betreffend die Entscheidung über die Fristverlängerung, wenngleich er sich beim Ausdruck Abweisung vergreift, da es zu Zurückweisungen gekommen war. Letzteres spricht dafür, dass er eine Fristverlängerung iZm dem Bescheid erreichen möchte, mit welchem das Fristverlängerungsansuchen zurückgewiesen worden war (in diesem Sinne das Verständnis durch das Finanzamt).
Zieht man allerdings in Betracht, dass gemäß § 110 Abs 3 BAO gegen die Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung einer Frist ein abgesondertes Rechtsmittel gar nicht zulässig ist, ist dem steuerlichen Vertreter nicht zuzusinnen, dass er innerhalb der Berufungsfrist gegen die Zurückweisung der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid iZm diesem Zurückweisungsbescheid kein entsprechendes Fristverlängerungsansuchen, hingegen ein Fristverlängerungsansuchen iZm der Zurückweisung des Fristverlängerungsantrages gestellt haben sollte. Diese Überlegung gilt umso mehr, zumal ohnehin bereits eine Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid eingebracht worden war und daher aus dieser Sicht eine Verlängerung der Berufungsfrist gar nicht mehr erforderlich und auch gar nicht mehr möglich war.
Da eine nach dem Wortlaut der Eingabe vom beantrage Fristverlängerung "betreffend die Abweisung der Berufungsfristverlängerung" gemäß § 110 BAO gar nicht möglich war, würde somit nach dem Verständnis des Finanzamtes der Eingabe vom ein Inhalt beigemessen, der dem Bw die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Im Zweifel ist jedoch einem Anbringen ein solcher Inhalt nicht beizumessen.
Inhalt der Eingabe vom war daher ein Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen die Zurückweisung der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998.
An dieser Beurteilung vermag letztlich auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Bw mit seiner Eingabe vom August 2009 einen laut Vorbringen am abgesendeten Berufungsschriftsatz, gerichtet gegen "den Zurückweisungsbescheid der Berufung betreffend Einkommensteuerbescheid 1998" eingebracht haben will. Denn zum einen lässt dieser drei Wochen nach der Eingabe vom verfasste Schriftsatz keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Absichten des Bw anlässlich der Verfassung des Fristverlängerungsansuchens vom zu, zum anderen lässt sich dieser Berufungsschriftsatz nur schwerlich mit dem Fristverlängerungsantrag vom und mit der Berufung vom in Einklang bringen. Denn weshalb hätte der Bw eine Verlängerung der Berufungsfrist beantragen oder neuerlich eine Berufung einbringen sollen, wenn er bereits mit dem nunmehr vorgelegten Schriftsatz eine Berufung eingebracht haben will. Dieser Schriftsatz zeigt vielmehr vor allem, dass der steuerlichen Vertreters offensichtlich keinen genauen Überblick über die einzelnen im Verfahren gesetzten Schritte hatte. Dies ist jedoch ein weiterer Grund, den Erklärungswortlaut der Schriftsätze in der hier getroffenen Form einer Auslegung zu unterziehen und nicht am bloßen Wortlaut zu haften.
Legt man der Eingabe vom sohin das Verständnis zugrunde, dass sie eine Verlängerung der Berufungsfrist gegen die Zurückweisung der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 bis bezweckte, so erfolgte auch das Fristverlängerungsansuchen vom (auch vom Finanzamt als auf die Zurückweisung der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid bezogen qualifiziert) innerhalb der solcherart verlängerten Berufungsfrist. In diesem Fristverlängerungsansuchen wird ausdrücklich der Zurückweisungsbescheid betreffend die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid vom angesprochen. Es wird allerdings auch in dieser Eingabe von einer Verlängerung der Berufungsfrist "betreffend die Zurückweisung der Berufungsfristverlängerung" gesprochen. Angesichts der eindeutigen Bezeichnung des gemeinten Bescheides mit dem Datum bestehen hier jedoch keine Zweifel, was gemeint ist. Es zeigt die verwendete Formulierung jedoch abermals das mangelnde Verständnis des steuerlichen Vertreters von den stattgefundenen Vorgängen auf und unterstützt damit die oben getroffene Beurteilung, dass tatsächlich auch in der Eingabe vom die Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen die Zurückweisung der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 gemeint war. Mit Fristverlängerungsansuchen vom wurde eine Verlängerung der Berufungsfrist bis beantragt. Mit Schreiben vom wurde in weiterer Folge tatsächlich eine Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom eingebracht.
Da die Eingabe vom bei diesem Verständnis somit nicht die Verlängerung der Frist zur Berufung gegen die Zurückweisung des Fristverlängerungsansuchens, sondern die Verlängerung der Frist zur Berufung gegen die Zurückweisung der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 bezweckte, kommt für diese Eingabe - anders als nach der Ansicht des Finanzamtes - § 110 Abs 3 BAO nicht zur Anwendung. Der Zurückweisungsbescheid vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens vom (im Spruch dieser Entscheidung erstangeführter Bescheid) erweist sich damit als unrichtig.
Solcherart ist aber die Fristenkette betreffend das Fristverlängerungsansuchen vom geschlossen. Daher erweist sich allerdings auch der Zurückweisungsbescheid vom betreffend die Zurückweisung des Fristverlängerungsersuchens vom (im Spruch dieser Entscheidung zweitangeführter Bescheid) als unberechtigt, da diese Eingabe tatsächlich nicht verspätet war.
Die beiden Zurückweisungsbescheide vom erweisen sich daher bei diesem Verständnis als unrichtig, diese Bescheide hätten nicht ergehen dürfen. Wird ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu Unrecht erlassen (zB Zurückweisung eines Antrages), so ist er ersatzlos aufzuheben (Ritz, BAO-Kommentar3, § 289 Tz 34). Die beiden Bescheide vom sind daher aufzuheben.
Zurückweisung der Berufung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998
Damit verbleibt die Entscheidung über die Berufung vom . Da - wie oben ausgeführt - die Fristenkette geschlossen ist, wurde diese Berufung rechtzeitig eingebracht.
Diese Berufung richtet sich gegen die mit Bescheid vom erfolgte Zurückweisung der gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 gerichteten Berufung vom als verspätet. Der Bw wendet in der Begründung ein, es sei keine wirksame Zustellung des Einkommensteuerbescheides erfolgt, dieser sei an den steuerlichen Vertreter gefaxt worden und dagegen jedenfalls fristgerecht Berufung eingebracht worden.
Ob bzw aus welchem Grund die gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 gerichtete Berufung zurückzuweisen war, hängt davon ab, ob dieser Bescheid wirksam zugestellt wurde sowie - sofern dies der Fall sein sollte - ob innerhalb der gesetzlichen Berufungsfrist eine Berufung bzw ein Fristerstreckungsersuchen eingebracht wurde.
§ 273 Abs 1 BAO bestimmt:
Die Abgabenbehörde hat eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Eine Berufung ist ua bei mangelnder Bescheidqualität des angefochtenen Bescheides unzulässig. Eine Berufung gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid ist zurückzuweisen (Ritz, BAO-Kommentar3, § 273 Tz 2 und 6).
Bei der Übermittlung einer Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides an den steuerlichen Vertreter mittels Telefax handelt es sich jedenfalls nicht um eine wirksame Zustellung. Denn die Übermittlung mittels Telefax ist in der BAO bzw im Zustellgesetz nicht als mögliche Form der Zustellung eines Einkommensteuerbescheides vorgesehen (Ritz, BAO-Kommentar3, § 97 Tz 7). Diese Übermittlung kann daher keinesfalls fristauslösend gewesen sein.
Es kommt somit entscheidend darauf an, ob es sich bei der Hinterlegung am um eine wirksame Zustellung des "Einkommensteuerbescheides" an den Bw handelte.
Sollte durch die Hinterlegung am eine wirksame Zustellung erfolgt sein, wäre bereits das erste Fristverlängerungsansuchen vom jedenfalls nach Ablauf der Berufungsfrist gestellt worden und daher diese Fristverlängerungsansuchen, ebenso wie die Berufung vom verspätet gewesen. Die Berufung wäre daher vom Finanzamt zu Recht zurückgewiesen worden. Die gegen den Zurückweisungsbescheid gerichtete Berufung vom wäre diesfalls abzuweisen.
Sollte durch die Hinterlegung am keine wirksam Zustellung erfolgt sein, wäre bisher kein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 ergangen. Eine gegen eine nicht wirksam ergangene, als Bescheid intendierte Erledigung gerichtete Berufung ist jedoch mangels Anfechtungsgegenstand unzulässig und daher ebenso zurückzuweisen. Die gegen den Zurückweisungsbescheid gerichtete Berufung vom wäre daher auch diesfalls abzuweisen.
Letzteres ist der Fall:
Wie sich aus dem Veranlagungsakt ergibt, hat der steuerliche Vertreter des Bw mit Eingabe vom dem Finanzamt mitgeteilt, dass der Bw von ihm steuerlich vertreten wird und um Aufnahme in das Fristenverzeichnis für die Einreichung der Steuererklärungen ab dem Jahr 1998 ersucht. (Diese Vertretung ist auch im elektronischen Akt des Finanzamtes angemerkt.)
Die Abgabenerklärungen für das Jahr 1998 weisen im Feld "Steuerliche Vertretung (Name, Anschrift, Telefonnummer)" die Eintragung des steuerlichen Vertreters des Bw auf. Diese Abgabenerklärungen wurden beim Finanzamt am eingereicht.
In einem Schreiben des steuerlichen Vertreters vom wird ausgeführt:
"Betreff: Telefonisches Ersuchen um Ergänzung zur Einkommensteuererklärung 1998.
Im Namen und im Auftrag unseres Mandanten beantworten wir innerhalb offener Frist die gestellten Fragen wie folgt: ..."
Der Unabhängige Finanzsenat hielt dem Finanzamt mit Vorhalt vom den Inhalt des Schreibens vom sowie zusammengefasst die unten dargestellten rechtlichen Überlegungen vor und führte aus, der Akteninhalt biete nach Ansicht des Referenten keinen Hinweis darauf, dass die im Schreiben vom erteilte Vollmacht widerrufen worden wäre.
Das Finanzamt führte in seiner Stellungnahme aus, der steuerliche Vertreter berufe sich im Schreiben vom auf die erteilte Vollmacht, diese sei auch nicht widerrufen worden. Der steuerliche Vertreter habe erst am über Finanzonline die Zustellvollmacht gesetzt. Davor, auf Grund des Schreibens vom sei dem Finanzamt seitens des steuerlichen Vertreters die steuerliche Vertretung und die Vertretung zur Einreichung der Abgabenerklärung gemeldet worden. Somit sei im elektronischen Verfahren die steuerliche Vertretung und die Vertretung zur Einreichung der Abgabenerklärung angemerkt worden. Im Zeitpunkt der "Erlassung" des Einkommensteuerbescheides am sei daher für die Sachbearbeiterin keine ausdrückliche Zustellvollmacht vorgelegen. Daher sei der Bescheid an den Bw ergangen und, weil dieser verzogen gewesen sei, durch Hinterlegung zugestellt worden.
Gemäß § 83 BAO können sich die Parteien im Verfahren vertreten lassen. Der Vertreter hat sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen, bei Wirtschaftstreuhändern ersetzt die Berufung auf die erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis. Bei diesen Parteienvertretern reicht es somit, wenn sie sich schriftlich oder mündlich auf eine ihnen erteilte Vollmacht berufen. Ausreichend ist auf einer Eingabe zB der Vermerk "Vollmacht erteilt" oder "Vollmacht ausgewiesen". Die Worte "Namens und Auftrags meiner Mandantschaft" genügen ebenfalls (Ritz, BAO-Kommentar3, § 83 Tz 10). Eine solche allgemeine Vollmacht umfasst auch die Zustellungsvollmacht (vgl ; , 2007/13/0022; Thienel, Verwaltungsverfahren4, 357 FN 43).
Wurde eine Zustellungsvollmacht erteilt, so liegt im Fall, dass die Zustellung tatsächlich nicht an den Zustellungsbevollmächtigten, sondern an den Vertretenen selbst erfolgte, ein Zustellmangel vor. Dieser Mangel war seit der Aufhebung des zweiten Satzes des § 9 Abs 1 ZustellG mit dem BGBl I 2004/10 bis Ende des Jahres 2007 (BGBl I 2008/5) nicht sanierbar. Eine solche Zustellung war daher unwirksam (vgl ).
Vollmachten sind für die Abgabenbehörde so lang von Bedeutung, als die Behörde von der Aufhebung (zB Widerruf) nichts erfährt (Ritz, BAO-Kommentar3, § 83 Tz 24).
Der steuerliche Vertreter hat sich in seiner die Einkommensteuer für das Jahr 1998 betreffenden Vorhaltsbeantwortung im Jahr 2000 auf die ihm erteilte Vollmacht berufen, diese umfasste nach dem oben Gesagten auch die Zustellungsvollmacht. Der Akteninhalt bietet keinen Hinweis darauf, dass diese Vollmacht widerrufen worden wäre, auch das Finanzamt hat ausdrücklich in seiner Stellungnahme erklärt, die Vollmacht sei nicht widerrufen worden.
Der "Einkommensteuerbescheid" für das Jahr 1998 wurde im September 2006 ausgefertigt und an den Bw selbst und nicht zu Handen dessen steuerlichen Vertreters adressiert. Es erfolgte auch keine Zustellung an den steuerlichen Vertreter, sondern eine Hinterlegung am . Diese Hinterlegung ist jedoch nicht wirksam geworden, es liegt mangels Zustellung an den steuerlichen Vertreter als Zustellungsbevollmächtigten ein Zustellmangel vor. Ein solcher Zustellmangel war im Jahr 2006 nicht heilbar. Die Zustellung des "Einkommensteuerbescheides" für das Jahr 1998 ist daher nicht wirksam erfolgt. Die Berufung vom war daher mangels Anfechtungsgegenstand unzulässig und somit zurückzuweisen.
Die vom Finanzamt ausgesprochene Zurückweisung erweist sich damit im Ergebnis als zu Recht erfolgt. Dementsprechend ist die Berufung vom gegen den Zurückweisungsbescheid vom abzuweisen.
Es war daher gemäß § 289 Abs 2 BAO der gegen die Bescheide vom (erst- und zweitangeführter Bescheid) gerichteten Berufung Folge zu geben und waren diese Bescheide aufzuheben. Die Berufung vom gegen den drittangeführten Bescheid war hingegen abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 276 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 110 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 83 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | Thienel, Verwaltungsverfahren4, 357 FN 43 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at