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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 08.10.2013, RV/0269-G/13

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Miterledigte GZ:
RV/0350-G/13

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw.,

1. vom , gerichtet gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend die Zurückweisung (§ 273 BAO) der Berufung vom ,

2. vom , gerichtet gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend die Zurückweisung (§ 273 BAO) der Berufung vom ,

entschieden:

1. Der Berufung vom , gerichtet gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend die Zurückweisung (§ 273 BAO) der Berufung vom , wird Folge gegeben Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2. Die Berufung vom , gerichtet gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend die Zurückweisung (§ 273 BAO) der Berufung vom , wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber hat am einen Antrag auf Familienbeihilfe eingebracht und auf diesem Antrag die Anschrift 1, angegeben.

Der Bescheid des Finanzamtes vom , der an diese Abgabestelle zugestellt werden sollte, wurde am mit dem Vermerk "Empfänger unbekannt" zurückgestellt. Eine Anfrage an das Zentrale Melderegister ergab, dass der Berufungswerber nach wie vor an dieser Anschrift gemeldet war. In der Folge wurde die Zustellung gemäß § 25 ZustellG zwei Wochen nach dem am erfolgten Anschlag an der Amtstafel bewirkt.

Mit Schreiben vom erhob der Berufungswerber gegen den Bescheid vom Berufung und führte darin aus, dass er den Bescheid erst am erhalten habe. Auch dieses Schriftstück brachte er mit der Anschrift 1 , ein.

Diese Berufung wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Dieser Zurückweisungsbescheid sollte dem Berufungswerber mit gewöhnlichem Rückscheinbrief an die vom Finanzamt über das Zentrale Melderegister ausfindig gemachte, seit neue, Abgabestelle, 2, zugestellt werden.

Diese Briefsendung wurde jedoch vom Postamt am mit dem Vermerk "unbekannt" an das Finanzamt zurückgestellt. Daraufhin unternahm das Finanzamt neuerlich einen Versuch, an diese Abgabestelle zuzustellen. Auch in diesem Fall wurde die Briefsendung (am ) mit dem Vermerk "unbekannt" zurück gesendet.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt das für die Wohnanschrift des Berufungswerbers zuständige magistratische Bezirksamt unter Hinweis auf die Tatsache, dass sämtliche Schriftstücke mit dem Hinweis "unbekannt" zurücklangten, um Erhebung, ob sich der Berufungswerber tatsächlich an der genannten Anschrift aufhält. Diese Anfrage wurde mit Schreiben vom wie folgt beantwortet: "Bei einem Hausbesuch konnte nichts eruiert werden, da kein Namenschild vorhanden ist und laut Nachbarn unbekannt. Lt. ZMR aber mit HWS dort gemeldet."

Anlässlich einer Vorsprache des Berufungswerbers im Finanzamt am wurde ihm der Bescheid ausgehändigt. Seinen Ausführungen zufolge ist ihm unerklärlich, weshalb die Briefsendung an der genannten Abgabestelle nicht zugestellt hätte werden können, obwohl er dort wohnhaft war und auch ein Briefkasten mit seinem Namen versehen gewesen wäre.

Mit Schriftsatz vom wurde gegen diesen Bescheid Berufung erhoben.

Diese Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom als verspätet eingebracht zurückgewiesen, da die Berufungsfrist (spätestens) am abgelaufen sei.

Auch dieser Bescheid wurde am mit dem Vermerk "unbekannt" zurückgestellt. Auch ein weiterer Zustellversuch scheiterte und die Briefsendung wurde dem Finanzamt am zurückgestellt. Erst am konnte der Bescheid dem Berufungswerber anlässlich seiner Vorsprache im Finanzamt tatsächlich ausgehändigt werden.

In der gegen den Zurückweisungsbescheid vom schließlich am eingebrachten Berufung vom hat der Berufungswerber im Wesentlichen ausgeführt, dass er, wenn er beim Zustellvorgang nicht anwesend gewesen wäre, wenigstens eine Verständigung über den erfolglosen Zustellversuch erhalten hätte müssen, und dass die Briefsendung nicht hätte einfach zurückgesendet werden dürfen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 des Zustellgesetzes (ZuStG) hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Abs. 2: Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf gemäß § 16 Abs. 1 ZuStG an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. § 16 Abs. 2: Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist. § 16 Abs. 3: Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat. § 16 Abs. 4: Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden. § Abs. 5: Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

§ 17 Abs. 1 ZuStG: Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen. § 17 Abs. 2: Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. § 17 Abs. 3: Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. § 17 Abs. 4: Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Gemäß § 19 Abs. 1 ZuStG sind Dokumente, die weder zugestellt werden können, noch nachzusenden sind oder die zwar durch Hinterlegung zugestellt, aber nicht abgeholt worden sind, entweder an den Absender zurückzusenden, an eine vom Absender zu diesem Zweck bekanntgegebene Stelle zu senden oder auf Anordnung des Absenders nachweislich zu vernichten. Abs. 2 Auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) ist der Grund der Rücksendung, Weitersendung oder Vernichtung zu vermerken.

§ 23 Abs.1 ZuStG lautet: Hat die Behörde auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass ein Dokument ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist dieses sofort bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes, beim Gemeindeamt oder bei der Behörde selbst zur Abholung bereitzuhalten. Abs. 2: Die Hinterlegung ist von der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes oder vom Gemeindeamt auf dem Zustellnachweis, von der Behörde auch auf andere Weise zu beurkunden. Abs. 3: Soweit dies zweckmäßig ist, ist der Empfänger durch eine an die angegebene inländische Abgabestelle zuzustellende schriftliche Verständigung oder durch mündliche Mitteilung an Personen, von denen der Zusteller annehmen kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Hinterlegung zu unterrichten. Abs. 4: Das so hinterlegte Dokument gilt mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt.

Gemäß § 25 Abs. 1 ZustellG können Zustellungen an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist, oder an eine Mehrheit von Personen, die der Behörde nicht bekannt sind, wenn es sich nicht um ein Strafverfahren handelt, kein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und nicht gemäß § 8 vorzugehen ist, durch Kundmachung an der Amtstafel, dass ein zuzustellendes Dokument bei der Behörde liegt, vorgenommen werden. Findet sich der Empfänger zur Empfangnahme des Dokuments (§ 24) nicht ein, so gilt, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die Zustellung als bewirkt, wenn seit der Kundmachung an der Amtstafel der Behörde zwei Wochen verstrichen sind. Abs. 2: Die Behörde kann die öffentliche Bekanntmachung in anderer geeigneter Weise ergänzen.

Der Berufungswerber hat jedenfalls im Oktober 2011 seinen Wohnsitz und damit eine potentielle Abgabestelle geändert. Diesen Umstand hat er entgegen der Anordnung in § 8 Abs.1 ZustellG dem Finanzamt nicht mitgeteilt. Das Finanzamt hat versucht, durch Anfrage an das Zentrale Melderegister eine neue Abgabestelle festzustellen. Diese Abfrage ergab zwar, dass sich der Berufungswerber an einer neuen Anschrift gemeldet hat, er an dieser Anschrift unbekannt war, weshalb diese Anschrift keine Abgabestelle darstellen konnte. Das Finanzamt wäre daher berechtigt gewesen, die Zustellung des Bescheides gemäß § 8 Abs. 2 ZustellG durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen. Allerdings ist das Finanzamt nicht mit diesem Rechtsinstrument vorgegangen (eine entsprechende Beurkundung im Sinn des § 23 Abs. 2 ZustellG ist nicht aktenkundig), sondern hat weiter versucht, eine Abgabestelle zu finden. Zu diesem Zweck hat das Finanzamt das zuständige magistratische Bezirksamt um Erhebung ersucht, ob sich der Berufungswerber an der genannten Anschrift aufhält. Diese Anfrage wurde mit Schreiben vom beantwortet.

Am selben Tag wurde dem Berufungswerber der bis dahin nicht zugestellte Bescheid ausgehändigt.

Da eine Zustellung des Bescheides rechtswirksam gemäß den Anordnungen des ZustellG nicht vor diesem Tag bewirkt wurde, begann die Berufungsfrist erst an diesem Tag zu laufen.

Die gegen den am zugestellten Bescheid am eingebrachte Berufung vom wurde daher rechtzeitig eingebracht, weshalb der Berufung, wie im Spruchteil 1. geschehen, Folge zu geben, und der Bescheid, mit dem diese Berufung zurückgewiesen wurde, aufzuheben war.

Durch die Aufhebung dieses Bescheides ist die Berufung vom , gerichtet gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend die Zurückweisung (§ 273 BAO) der Berufung vom , wiederum unerledigt.

Dieser Bescheid erweist sich jedoch als rechtsrichtig:

Der Bescheid vom , mit dem der Antrag des Berufungswerbers auf Gewährung der Familienbeihilfe abgewiesen wurde, konnte nicht zugestellt werden, weil der Berufungswerber an der von ihm als Abgabestelle genannten Wohnadresse unbekannt war. Eine Ersatzzustellung oder Hinterlegung konnte nicht stattfinden, weil der Zusteller bei einer an der Abgabestelle unbekannten Person nicht annehmen kann, dass sich der Empfänger (oder ein Vertreter im Sinn des § 13 Abs. 3 ZustellG) regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Folgerichtig hat das Finanzamt die Zustellung gemäß § 25 Abs. 1 ZustellG durch öffentliche Bekanntmachung bewirkt. In diesem Fall gilt die Zustellung als bewirkt, wenn seit dem Anschlag an der Amtstafel der Behörde zwei Wochen verstrichen sind.

Im vorliegenden Fall erfolgte der Anschlag an der Amtstafel des Finanzamtes am , sodass die Zustellung nach dem Verstreichen von zwei Wochen als bewirkt galt.

Die gegen den derart ergangenen Bescheid erst am eingebrachte Berufung wurde daher tatsächlich verspätet eingebracht und war aus diesem Grund vom Finanzamt mit Bescheid zurückzuweisen.

Der angefochtene Bescheid vom entspricht daher der anzuwendenden Rechtslage, weshalb die dagegen gerichtete Berufung, wie im Spruchteil 2. geschehen, als unbegründet abgewiesen werden musste.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 273 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 16 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 19 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 23 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 25 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Schlagworte
Zustellung
Ersatzzustellung
Abgabestelle
Adresse
Anschrift
unbekannt

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at