Vorschreibung einer Rechtsgeschäftsgebühr bei einer sogenannten Hausverlosung
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RV/0623-I/10-RS1 | Bei den dem Berufungsfall zugrunde liegenden Verlosungsbedingungen ist bereits bei der Auslobung vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 auszugehen. Dieses unter das Grunderwerbsteuergesetz fallende Rechtsgeschäft ist gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen. Im Hinblick auf das sogenannte Stichtagsprinzip fällt die einmal erwirkte Gebührenfreiheit durch spätere Änderungen der Umstände (hier: Unterlassen der Gewinnermittlung/Losziehung mangels ausreichenden Losverkaufes) nicht weg. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A, Adresse, vertreten durch RA, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom wurde vom rechtlichen Vertreter der beiden Grundeigentümer (= Verloser) A und B dem Finanzamt Innsbruck bekannt gegeben, dass hinsichtlich der Angelegenheit "Hausverlosung C" mit dem Losverkauf am begonnen worden sei. Bis zu diesem Tag seien von den insgesamt 2.000 aufgelegten Losen ca. 1.300 verkauft worden. Es werde um Ausstellung "des Bescheides" ersucht.
Dem Schreiben waren die "Teilnahmebedingungen" beigelegt. Diese lauten (auszugsweise) wie folgt:
"1. Teilnahmeberechtigung
(....) Die Teilnahme ist nur über die im Internet eingerichtete Teilnahmemaske möglich. (....)
2. Vertragsgegenstand
Verlost wird die Liegenschaft EZ X Grundbuch Y, GSt-Nr. Z im Ausmaß von 577 m2 samt dem darauf befindlichen Wohnhaus mit Garage mit der Adresse (....).
3. Vollmacht
Mit der Durchführung und Abwicklung der Verlosung sowie der Einverleibung der Eigentumsrechte gemäß dem Verlosungsergebnis wird (....) Die Einzahlungen haben ausschließlich auf das treuhändig verwaltete Fremdgeldkonto zu erfolgen: (....) Nach Verkauf der aufgelegten 10.000 Stück Lose ist der Treuhänder zu nachfolgenden Verfügungen berechtigt: Nach erfolgter Verlosung ist vom Treuhänder der entsprechende Eigentumserwerbsvertrag zu errichten sowie die Grundbuchsordnung im Sinne der Verlosungsergebnisses herzustellen. Der nach Abdeckung der Pfandrechte, sämtlicher Gebühren, Abgaben, Steuern und sonstiger Kosten verbleibende Restbetrag ist dann vom Treuhänder auf das noch bekanntzugebende Konto der Liegenschaftseigentümer auszubezahlen. Kann die erforderliche Mindestmenge an Losen bis zum Verlosungstag nicht verkauft werden, dann werden die eingezahlten Beträge an die Einzahler (....) zurückbezahlt, wobei eine Bearbeitungsgebühr von maximal € 4,00 in Abzug gebracht wird.
4. Registrierung
Es wird bei jeder Registrierung eine Registernummer vergeben, die gleichzeitig die Losnummer darstellt. Mit Hilfe dieser Registernummer wird der Treuhänder den Gewinner eruieren. Die Registrierung wird mit dem Einlangen des der Anzahl der gekauften Lose entsprechenden Geldbetrages auf dem obgenannten Fremdgeldkonto wirksam, wobei für jedes Los eine eigene Überweisung durchzuführen ist. Nur durch Leistung des vollen Betrages wird ein Los erworben und berechtigt zur Teilnahme. Es ist daher beispielsweise nur folgender Loskauf gültig: Anzahl der gekauften Lose 3 Stück- eingelangter Geldbetrag € 300,00. Die Anzahl der Lose darf nachträglich nicht verändert werden; möchte ein Teilnehmer die Anzahl der zu kaufenden Lose ändern, muss er eine neuerliche Registrierung in Gang setzen. Ein und derselbe Teilnehmer kann sich mehrfach registrieren lassen und mehrere Lose erwerben. Spätestens mit der Einzahlung hat der Teilnehmer die gegenständlichen Bedingungen vollinhaltlich anerkannt. Eine nicht genutzte (nicht einbezahlte) Registrierung verfällt nach 4 Wochen, spätestens 24 Stunden vor Beginn der Verlosung und wird gelöscht.
5. Verlosungstermin
Der Verkauf der Lose beginnt am und endet spätestens am . Annahmeschluss für die Verlosung ist sohin der bis 24 Uhr. Sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt einbezahlten Lose nehmen an der Verlosung teil. Als Verlosungstermin wurde vorerst der festgesetzt, ist öffentlich und erfolgt unter notarieller Beaufsichtigung. Sollten die 10.000 Lose (....)
6. Rücktritt
Sollten bis zum weniger als 8.600 Lose verkauft worden sein, so findet die Verlosung nicht statt und werden die einbezahlten Beträge unter Einbehaltung einer Bearbeitungsgebühr von maximal € 4,00 an den Einzahler rücküberwiesen.
8. Ziehung
Die Ziehung der Losnummer erfolgt durch einen Zufallsgenerator unter notarieller Aufsicht, der eine Registernummer zufällig aus allen gültigen Losen auswählt. (.....)
9. Verständigung
Nach erfolgter Ziehung und somit vorliegendem Ergebnis wird aus der vorliegenden Liste die Registrierungsnummer erhoben. Danach werden aus dem dazugehörigen Registrierungsformular die Daten des Gewinners festgestellt und vom Treuhänder per Einschreiben vom Gewinn verständigt. (.......)
11. Erstellung einer grundverkehrsfähigen Urkunde
Innerhalb von 14 Werktagen nach Kontaktaufnahme des Gewinners mit dem Treuhänder wird von diesem eine grundbuchsfähige Urkunde mit den Veräußerern und Erwerber errichtet, auf Grund welcher der Gewinner grundbücherliches Eigentum erlangt.
12. Übergabe
(....) Als Zeitpunkt für die Übergabe in Besitz des Gewinners samt Last, Gefahr und Zufall wird der Tag der beglaubigten Unterfertigung der Erwerbsurkunde festgelegt. Die Liegenschaftseigentümer verpflichten sich, diese Urkunde ohne Verzug zu unterfertigen."
Der Bericht über das Ergebnis einer bei A durchgeführten Außenprüfung enthält folgende Prüfungsfeststellungen:
"Tz 6 Hausverlosung gem. § 33 TP 17 (1) Zi 7a Frau A und Herr B trachteten, ihre Liegenschaft in GB y, EZ X, zu verlosen. Aufgelegt wurden 10.000 Lose a € 100,00. Der Losverkauf hat am begonnen, und sollte spätestens am beendet sein. Der Verlosungstermin wurde vorerst mit festgesetzt, später jedoch auf 2010 verschoben bzw. der Losverkauf entsprechend verlängert. Schließlich kam es zum Abbruch der Hausverlosung.
Hausverlosungen sind gem. § 33 TP 17 (1) Zi 7a GebG gebührenpflichtig. Die Gebühr beträgt, wenn die Gewinne in Waren und geldwerten Leistungen bestehen, 12 % vom Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze. Darunter ist der Betrag zu verstehen, der sich aus der Gesamtzahl aller aufgelegten Lose multipliziert mit dem Lospreis ergibt. Die Gebührenschuld entsteht gem. § 16 (5) b GebG mit dem Zustandekommen des Rechtsgeschäftes, spätestens mit dem Zeitpunkt des Beginns des Losverkaufes. Das heißt mit dem Verkauf des ersten Loses. Die Gebührenschuld besteht in vollem Umfang auch dann, wenn nicht alle Lose verkauft werden oder wenn die Verlosung abgesagt wird und nicht stattfindet. Im gegenständlichen Fall ist durch den gestarteten Losverkauf mit das betr. Rechtsgeschäft gültig zustande gekommen und damit die Gebührenschuld entstanden.
Bemessung
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Anzahl der Lose | 10.000,00 |
Lospreis | 100,00 |
Bemessungsgrundlage | 1.000.000,00 |
Gebühr 12 % | 120.000,00" |
Dem Ergebnis der Außenprüfung folgend setzte das Finanzamt mit dem gegenüber A (im Folgenden: Bw) ergangenen Bescheid die Gebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG mit € 120.000 fest.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Bw. unter Verweis auf einen Artikel von Beiser in der SWK 2009, Heft 13/14 Seite 693 u.a. vor, dass gemäß § 15 Abs. 3 GebG Rechtsgeschäfte, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen seien. Im gegenständlichen Fall werde ein Grundstück zum Kauf angeboten. Jeder Kaufinteressent müsse ein, zwei oder mehrere Lose kaufen und akzeptieren, dass der Zuschlag unter den Kaufwilligen durch eine Losziehung ermittelt werde. Jeder Loskäufer habe einen Anspruch auf Übereignung der Liegenschaft, falls sein Los gezogen werde. In der Folge werde sein Eigentumsrecht aufgrund des vorliegenden Kauf- bzw. Glücksvertrages (Titelgeschäft) im Grundbuch eingetragen. Das Rechtsgeschäft unterliege daher der Grunderwerbsteuer, wobei sich die Bw. aufgrund der Verlosungsbedingungen verpflichtet habe, diese zu bezahlen.
Das Finanzamt legte diese Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist im Berufungsfall, ob der Bw. dem Grunde nach zu Recht eine Rechtsgeschäftsgebühr für die Verlosung einer Liegenschaft vorgeschrieben wurde.
Der III. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957 (GebG) enthält in seinen §§ 15 bis 33 die Regelungen über die Gebühren für Rechtsgeschäfte.
Rechtsgeschäfte sind gemäß § 15 Abs. 1 GebG nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass im GebG etwas Abweichendes bestimmt ist.
Rechtsgeschäfte, die u.a. unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind gem. § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen.
§ 33 TP 17 GebG enthält Bestimmungen über die Glücksverträge. Im Berufungsfall ist die TP 17 idF vor der Glücksspielgesetz- Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, anzuwenden.
Gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 GebG unterliegen Glücksverträge, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen wird, der Gebühr.
Nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG beträgt bei Glücksspielen gemäß § 1 Abs. 1 GSpG, die von einem Veranstalter angeboten oder organisiert werden, und sonstigen Veranstaltungen, die sich an die Öffentlichkeit wenden und bei denen den Teilnehmern durch Verlosung Gewinste zukommen, die Gebühr 12 v. H. vom Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze, wenn die Gewinste in Waren, in geldwerten Leistungen, in Waren und geldwerten Leistungen bestehen.
Gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 GebG sind die Gebühren u.a. nach Abs. 1 Z 7, auch wenn eine Urkunde nicht errichtet wird, ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten.
Die Bw. bestreitet die Rechtmäßigkeit der Gebührenvorschreibung mit dem Vorbringen, nach § 15 Abs. 3 GebG seien Rechtsgeschäfte, die u.a. unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen.
Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf die Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet, der Grunderwerbsteuer.
Nach ständiger (zivilgerichtlicher) Rechtsprechung und Lehre fallen unter dem Begriff des "Rechtsgeschäftes" nicht nur Verträge, sondern auch einseitige Rechtsgeschäfte, Akte, Auslobungen, Offerte udgl. (vgl. im Fall von Teilnahmebedingungen eines Gewinnspieles ).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2010/16/0101 betr. Rechtsgebühren iZm einer Hausverlosung unter Verweis auf das VwGH- Erkenntnis ebenfalls vom , Zlen. 2012/16/0159 und 0160, ergangen zur Grunderwerbsteuerbarkeit einer Liegenschaftsverlosung, ausgeführt hat, ist bei den Verlosungsbedingungen, die den dort entschiedenen Beschwerdefällen zugrunde lagen, bereits bei der Auslobung vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG auszugehen. Auf das den Übereignungsanspruch des Gewinners begründende Rechtsgeschäft kommt es hingegen nicht an.
Für die vorliegenden Verlosungsbedingungen, die einseitig von den beiden Verlosern A und B aufgestellt wurden, kann nichts anderes gelten, stimmen doch die "Teilnahmebedingungen" dieser Beschwerdefälle in ihren entscheidungsrelevanten Punkten mit jenen des gegenständlichen Berufungsfalles inhaltlich und zum Teil sogar wörtlich überein. Auch in letzteren wird die Gewinnermittlung und damit einhergehend die "Erstellung einer grundbuchsfähigen Urkunde" mit dem Gewinner im Ergebnis vom Verkauf einer bestimmten von den Verlosern festgelegten Anzahl von Losen abhängig gemacht. Die beiden Rechtsgeschäfte stehen demnach in einem derart engen inneren Zusammenhang, dass insofern von einem einheitlichen Vorgang auszugehen ist.
Dabei ist es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (siehe nochmals Erkenntnis vom , Zl. 2010/16/0101) nicht von Bedeutung, dass es bei der beschwerdegegenständlichen Veranstaltung mangels ausreichenden Losverkaufs nicht zur Ziehung (Ermittlung des Gewinners) gekommen ist. Die Pflicht zur Entrichtung der Grunderwerbsteuer knüpfe nämlich an das Verpflichtungsgeschäft und nicht erst an das Erfüllungsgeschäft an. Ob das Verpflichtungsgeschäft in der Folge erfüllt werde oder nicht, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die einmal erwirkte Gebührenfreiheit falle durch spätere Änderungen der Umstände nicht weg (vgl. Arnold, Rechtsgebühren9, § 17GebG Rz 30a).
Unter Verweis auf obige Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes entscheidet den vorliegenden Berufungsfall, dass bei den dem Streitfall zugrunde liegenden Verlosungsbedingungen bereits bei der Auslobung vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG auszugehen ist. Dieses unter das Grunderwerbsteuergesetz fallende Rechtsgeschäft ist gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen. Im Hinblick auf das sogenannte Stichtagsprinzip fällt die einmal erwirkte Gebührenfreiheit durch spätere Änderung der Umstände nicht weg. Deshalb kommt dem Umstand, dass bei der in Rede stehenden Hausverlosung (gleich wie im Beschwerdefall 2010/16/0101) es in der Folge mangels ausreichenden Losverkaufes nicht zur Ziehung (Ermittlung des Gewinners) gekommen ist, keine Bedeutung zu.
Über die Berufung gegen den Rechtsgebührenbescheid betr. einer Hausverlosung war somit spruchgemäß abzusprechen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Hausverlosung Rechtsgeschäft Gebührenpflicht nicht zustande gekommen Losverkauf Gebührenbefreiung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAD-29731