Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.07.2011, RV/2128-W/05

Investitionszuwachsprämie betreffend Windenergieanlagen für a) Netzzutrittsentgelt b) für zum 31.12.2004 noch unfertige Windkraftanlagen


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Miterledigte GZ:
RV/1813-W/09

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A. GmbH. & Co KG (damals vertreten durch Dr. Priklopil Steuerberatungs GmbH.), deren Gesamtrechtsnachfolgerin die A. GmbH. war, deren Gesamtrechtsnachfolgerin nunmehr die B. GmbH. ist, Adr., vom gegen den vorläufigen Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , welcher gemäß § 274 BAO als auch gegen den endgültigen Bescheid vom gerichtet gilt, betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für 2004 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Investitionszuwachsprämie für 2004 beträgt 2.295.591,02 €.

Entscheidungsgründe

Die Windpark A. GmbH & Co KG (Berufungswerberin, Bw.) wurde am gegründet und beantragte am für das Jahr 2004 eine Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG für Windkraftanlagen in A. in Höhe von € 2.348.761,20.

Die Prämie wurde für folgende Wirtschaftsgüter geltend gemacht:


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Projektkosten 2004
8.393.852,39
11 Windräder
14.213.760,00
Rest Kaufpreis lt. Mehrertragvereinbarung
880.000,00
Summe
23.487.612,39

Das Finanzamt setzte mit vorläufigem Bescheid vom die Investitionszuwachsprämie für 2004 mit lediglich € 1.173.959,77 fest und führte begründend aus:

- ev. Nachanschaffungskosten Fa. E. € 880.000,00

Auf Grund einer Zusatzvereinbarung mit der Fa. E. werden in Hinblick auf den günstigen Ankaufspreis nachträgliche Anschaffungskosten von € 80.000,00 pro Windkraftrad fällig, wenn die Windkrafträder - wie von der Fa. E. behauptet - mehr Energie erzeugen als vergleichsweise die Windkrafträder des Windparks Z. (bei gleicher Windstärke).

Da Zeitpunkt und Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten somit noch nicht feststehen, sei ein vorläufiger Bescheid erlassen worden.

- Netzzutrittsentgelt an die EVN € 2.200.000,00

Mit der Bezahlung dieses Betrages habe die Bw. das Recht erworben, elektrische Energie aus der Windkraftanlage in das Verteilernetz der EVN einzuliefern. Die Aktivierung dieses Rechtes auf die Nutzungsdauer führe nicht dazu, dass ein körperlichen Wirtschaftsgut des Anlagevermögens entstehe. Es sei dafür keine Investitionszuwachsprämie zu gewähren.

- Projektübertragung von der GmbH. auf die GmbH & Co KG mit pauschaler Verrechnung von € 948.710,59

Darunter falle der EVN-Netzzutritt von € 720.000,00, der bereits im vorigen Punkt berücksichtigt worden sei, und Geschäftsführeraufwendungen von € 92.837,22. Diese Kosten für den Prokuristen seien keine aktivierungspflichtigen Aufwendungen. Auch die Reisekosten, die Telefonaufwendungen und die Öffentlichkeitsarbeit seien laufende Aufwendungen. Die Investitionszuwachsprämie sei nicht zulässig.

- Für die Öffentlichkeitsarbeit in Höhe von € 21.800,00 gelte die obige Begründung.

- Fünf Windräder seien zum noch nicht fertig gestellt gewesen. Es sei daher für folgende Investitionen keine Prämie anzuerkennen:


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5 Windräder Fa. E.
8.514.690,45
Eingangsrechnung Y.
32.177,93
Fa. X.
6.509,09
Summe
8.553.377,47

In der Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes stellte die Bw. klar, dass gegen die Erlassung des Bescheides als vorläufig kein Einwand erhoben werde, ebenso nicht gegen die Kürzung der Anschaffungskosten betreffend Geschäftsführeraufwendungen und Öffentlichkeitsarbeit (insgesamt € 114.637,22), da es sich um laufenden Aufwand handle.

Netzzutrittsentgelt EVN:

Gegen die Nichtanerkennung als körperliches Wirtschaftsgut brachte die Bw. vor, es handle sich nicht um ein Einspeisungsrecht, sondern um einen Kostenbeitrag zur Errichtung eines eigenen Umspannwerks zur Verwertung der Energie aus dem Windpark der Bw. Es liege ein Baukostenanteil im Rahmen der Errichtung eines körperlichen Wirtschaftsgutes (des Umspannwerkes) vor.

Wenn man dazu anderer Ansicht sei, wäre vorerst zu entscheiden, ob mit diesen Aufwendungen ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut angeschafft wurde oder ob diese Aufwendungen nur einen Teil des einheitlichen Wirtschaftsgutes "Windkraftanlage" darstellen.

Unselbständige Teile eines einheitlichen Wirtschaftsgutes seien nicht gesondert zu erfassen. Für die Beurteilung "mehrere unselbständige Teile" oder "mehrere selbständige Wirtschaftsgüter" sei lt. VwGH eine gewisse und insbesondere bei der Veräußerung besonders ins Gewicht fallende Selbständigkeit des Wirtschaftsgutes, sodass im Rahmen des Gesamtkaufpreises dafür ein gesondertes Entgelt angesetzt werde, wesentlich.

Unbestritten sei, dass Anschlüsse an das Strom-, Gas- oder Fernwärmenetz aktivierungspflichtig seien. Lt. VwGH gehören Aufwendungen für den Anschluss an öffentliche Versorgungsbetrieb und Kanalisation zu den Herstellungskosten eines Neubaues.

Anschlusskosten im Zuge der Errichtung seien daher als Teil des Bauwerkes zu aktivieren. Im vorliegenden Fall seien sie nicht gesondert von der Errichtung der Windkraftanlagen zu betrachten und das Nutzungsentgelt (welche Rechtsgrundlage dieses auch haben mag) könne nicht gesondert veräußert werden. Die Anschlusskosten können daher nicht gesondert aktiviert werden und seien kein eigenes Wirtschaftsgut, sondern unselbständiger Teil des Wirtschaftsgutes "Windkraftanlage".

Jede Windkraftanlage sei ein eigenständiges Wirtschaftsgut und die Anschlusskosten seien anteilig auf die Windkraftanlagen aufzuteilen. Ein allfälliger Käufer würde kein gesondertes Entgelt für diese anteiligen Anschlusskosten ansetzen.

Dem denkmöglichen Argument, dass seitens der EVN für die gleichen Investitionen bereits eine Investitionszuwachsprämie begehrt worden sein könnte, sei entgegenzuhalten, dass dies kein Ausschlusskriterium für Investitionen der nächsten Stufe sein könne. Denn in allen Kosten zur Errichtung von Windkraftanlagen seien Abschreibungstangenten enthalten, die wiederum in Investitionen begründet sein können, für die der Lieferant seinerseits bereits eine Prämie in Anspruch genommen habe. Es sei dem Steuerpflichtigen weder zumutbar noch rechtlich möglich festzustellen, ob und in welchem Ausmaß der Zulieferer seinerseits steuerliche Begünstigungen in Anspruch genommen habe. Das Gesetz sehe diese Einschränkung nicht vor.

Nicht fertig gestellte Windkraftanlagen

Der gesamte Kaufpreis der fünf Anlagen samt anteiligen Investitionskosten der Fa. Y. und der Fa. X. sei vom Finanzamt als nicht prämienfähig betrachtet worden. Dem sei zu entgegnen, dass sich die vom Finanzamt genannte Voraussetzung der tatsächlichen betrieblichen Nutzungsmöglichkeit nicht auf den Gesetzestext stütze.

Gesetzeszweck sei, die Investitionstätigkeit des Jahres 2003 bzw. 2004 gegenüber dem Vergleichszeitraum der drei vorhergehenden Jahre zu steigern. Dies sei im vorliegenden Fall auch dann gegeben, wenn die Anschaffung als solche getätigt ist, ohne dass es vor dem zu Energieeinspeisungen in das österreichische Versorgungsnetz komme. Die Investition der Bw. entspreche daher den Intentionen des Gesetzgebers.

Die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung von IZP-begünstigten Wirtschaftsgütern müsse gemäß § 108e EStG im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt werden. Es sei nicht gesetzlich vorgesehen, dass die AfA bereits für jenes Jahr vorgenommen werden müsse, in dem die (Teil-)Anschaffung erfolge und die Prämie beantragt werde. Mit dieser Formulierung solle lediglich die Begünstigung jener Wirtschaftsgüter ausgeschlossen werden, die nicht nach den §§ 7 oder 8 EStG abgeschrieben werden, wie Grundstücke, geringwertige Wirtschaftsgüter usw.

Die Abschreibung sei eine Muss-Vorschrift. Der Beginn der Absetzung liege somit im Jahr der Anschaffung. Die AfA beweise die Tatsache, dass eine Anschaffung vorgelegen sei.

§ 108e Abs. 3 EStG spreche "zu aktivierende Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten" an. Wenn es aber "Teil-Anschaffungskosten" gebe, so könne es sich bei einer Anschaffung nicht um einen einzigen, geschlossenen Vorgang handeln. Der Gesetzestext, wonach die jeweils zu aktivierenden Teilbeträge der Anschaffungskosten mit einzubeziehen sind, wenn sich die Anschaffung prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter auf mehrere Jahre erstreckt, sei eindeutig. Es gebe nicht nur einen einzigen Anschaffungszeitpunkt, nämlich jenen, an dem sich die Rotorblätter drehen, sondern es ist auch die Anschaffung, die zu einer Investitionszuwachsprämie berechtigt, auf ihre Teile zu untersuchen.

Mit der Existenz von Teilanschaffungskosten sei verbunden, dass eine unmittelbare Nutzung noch nicht gegeben sei, andernfalls wäre es ja kein Teil, sondern ein Ganzes.

Der Leistungsstand bezüglich der fünf baumäßig noch nicht errichteten Windkraftanlagen sei gewesen, dass sämtliche für die Aufstellung notwendigen Teile, sowohl baulicher wie auch maschinentechnischer Natur nachweislich auf dem Betriebsareal der Bw. vorhanden gewesen seien. Die Anlagen seien vom Erzeuger ordnungsgemäß fakturiert und von der Bw. übernommen worden. Weder das tatsächlich Drehen der Rotorblätter noch die Aufnahme eines Probebetriebes seien Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszuwachsprämie. Alle anderen Bedingungen im Rahmen von Anschaffungsvorgängen seien erfüllt. Damit seien die fünf strittigen Windkraftanlagen als selbständige Wirtschaftsgüter im Sinne des EStG angeschafft.

Im übrigen sei aus einer Zusammenfassung des Inhalts des notariellen Protokolls zum eindeutig erkennbar, dass bei den Windenergieanlagen 5 und 7 der Turm bereits fertig gestellt gewesen sei, bei der Windenergieanlage 1 das Fundament fertig gestellt und 10 Turmsegmente aufgebaut gewesen seien und bei den Windenergieanlagen 6 und 9 das Fundament und 1 Turmsegment aufgebaut gewesen sei. Alle Anlagen seien also nicht nur im wirtschaftlichen Verfügungsbereich der Bw. gewesen, sondern haben sich auch im unmittelbaren Fertigstellungsbereich befunden.

Die Anschaffung von Wirtschaftsgütern sei auch ohne nachfolgende wirtschaftliche Nutzung gegeben, wenn etwa wegen Nichtgewährung von Betriebsgenehmigungen, wegen des Fehlens von Anschlusskomponenten oder wegen Konstruktionsfehlern oder anderen Mängeln eine Inbetriebnahme und nachfolgende Nutzung nicht erfolgen könne.

Eine notarielle Beurkundung sämtlicher vorhandenen Einzelteile zum Jahreswechsel 2004 sei dem Finanzamt übergeben worden.

Zur sinnvolleren Nutzung der baulichen Errichtungskapazitäten seien vor vollständiger Fertigstellung der strittigen fünf Windkraftanlagen zuerst die Windkraftanlagen des Windparks C. errichtet worden. Auf Grund von klimatischen Bedingungen habe dann die (bauliche) Errichtung aller Windkraftanlagen der Bw. nicht vor dem abgeschlossen werden können. Die Verweigerung der Investitionszuwachsprämie für die gegenständlichen fünf Anlagen wäre eine sachlich ungerechtfertigte Differenzierung.

Abschließend beantragte die Bw., die Investitionskosten der nicht fertig gestellten Windkraftanlagen von € 8.553.377,47 und die für die anteiligen Baukosten des Umspannwerkes aufzubringenden Netzzutrittsentgelte von € 2.200.000,00 in die Bemessungsgrundlage der Investitionszuwachsprämie einzubeziehen.

Die Personengesellschaft Windpark A. GmbH & Co KG wurde in der Folge zum Stichtag in die Windpark A. GmbH eingebracht, welche im Jahr 2008 mit nachträglichen Anschaffungskosten belastet wurde und am eine zusätzliche Investitionszuwachsprämie für 2004 für weitere Anschaffungskosten von 462.935 € beantragte.

Das Finanzamt schrieb der Windpark A. GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin mit endgültigem Bescheid für 2004 vom lediglich eine zusätzliche Investitionszuwachsprämie von 25.251 € gut, da die nachträglichen Anschaffungskosten für jene Windkrafträder, die zum von der Fa. E. noch nicht fertig gestellt waren, nicht als prämienfähig angesehen wurden.

In der Berufung vom gegen den endgültigen Bescheid wurde auf die Ausführungen in der Berufung vom verwiesen und eine Investitionszuwachsprämie 2004 von insgesamt 2.295.591,02 € beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

In verfahrenrechtlicher Hinsicht ist vorweg anzumerken, dass der angefochtene vorläufige Bescheid vom durch den endgültigen Bescheid vom gemäß § 200 Abs. 2 BAO ersetzt wurde. Die gegen einen vorläufigen Bescheid gerichtete, noch nicht erledigte Berufung gilt gemäß § 274 BAO als auch gegen den endgültigen Bescheid gerichtet, die Berufung gegen den endgültigen Bescheid ist als ergänzender Schriftsatz anzusehen.

Das Vermögen der Windpark A. GmbH & Co KG wurde durch Einbringungsvertrag vom von der Windpark A. GmbH übernommen. Das Gesellschaftsvermögen ging gemäß § 142 UGB im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die Komplementärin als übernehmende Gesellschaft über. Diese wiederum wurde mit Verschmelzungsvertrag vom durch die Windpark D.. GmbH. übernommen, welche seit im Firmenbuch als "B. GmbH." firmiert (siehe Firmenbuch FN ...). Bei einer Verschmelzung durch Aufnahme (wie im vorliegenden Fall) wird das Vermögen der übertragenden Gesellschaft durch Gesamtrechtsnachfolge an die übernehmende Gesellschaft übertragen, wobei erstere beendet wird (§ 96 Abs. 1 GmbHG). Die B. GmbH. ist daher letztlich Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Berufungswerberin. Nach § 19 Abs. 1 BAO gehen bei einer Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Laut tritt im Falle der Gesamtrechtsnachfolge der Nachfolger in die gesamte Rechtsstellung des Rechtsvorgängers bezüglich aller Rechte und Pflichten sowohl in materiellrechtlicher als auch verfahrensrechtlicher Hinsicht ein. § 19 Abs. 1 BAO ist auf die Universalsukzession sowohl iSd § 142 UGB als auch iSd § 96 Abs. 1 GmbHG anzuwenden und haben bescheidmäßige Erledigungen an den Rechtsnachfolger - in diesem Fall die B. GmbH. - zu ergehen.

Investitionszuwachsprämie

Die Bw. beantragte für das Jahr 2004 eine Investitionszuwachsprämie für die Anschaffung von elf Windkrafträdern. Von folgendem unbestrittenen Sachverhalt ist auszugehen:

Mit vorläufiger Liefervereinbarung vom wurde mit der Fa. E. GmbH. insbesondere die Lieferung (Transport) der Windenergieanlagen zum Standort, die betriebsfertige Montage, die Inbetriebnahme der Anlagen, der Probebetrieb und eine Versicherung vereinbart. Fest steht, dass am erst ein Teil der elf Windkrafträder fertig errichtet war. Wie im Abänderungsvertrag vom vorgesehen, ist aber die komplette Übergabe der Anlagen an die Bw. - alle für die Montage noch notwendigen Bauteile befanden sich Ende Dezember 2004 bereits auf dem Betriebsareal der Bw. - sowie die Schlussrechnung und die Bezahlung durch die Bw. bereits im Dezember 2004 erfolgt (siehe notariell beglaubigtes Protokoll vom über den Bauzustand des Windparks, Stellungnahme des Finanzamtes vom ). Auch die Aktivierung als Anlagevermögen nahm die Bw. in der Bilanz zum vor. Die Inbetriebnahme und der Probebetrieb wurden erst im folgenden Jahr durchgeführt. Aktenkundig sind weiters elf an die Bw. gerichtete Schlussrechnungen vom über je 1.615.200 € netto, weitere Rechnungen und Gutschriften über Fundamente und Tiefgründungen und ein Abnahmeprotokoll vom , in dem die Bw. die Lieferung sämtlicher Windenergieanlagen und Leistungen sowie den vertragsgerechten Zustand des Projektes bestätigt. Das Finanzamt hat die Investitionszuwachsprämie nur für die Anschaffungskosten samt nachträglichen Anschaffungskosten der am bereits fertig errichteten Windenergieanlagen gewährt.

Mit Netzzugangsvereinbarung vom ist der Anschluss an das Verteilernetz der EVN geregelt. Von der EVN erfolgt demgemäß einerseits eine Verstärkung bzw. ein Neubau des 110 kV-Netzes sowie die Errichtung von zwei Umspannwerken. Mit der Bezahlung des vereinbarten Betrages für diese Baumaßnahmen erwirbt die Bw. andererseits das Recht, elektrische Energie in das Verteilernetz der EVN einzuliefern.

Strittig ist die Investitionszuwachsprämie - für die im Jahr 2004 bezahlten Anschaffungskosten von 8.553.377,47 € (vorläufiger Bescheid) bzw. die im Jahr 2008 entrichteten nachträglichen Anschaffungskosten von 210.425 € (endgültiger Bescheid) der zum noch nicht fertig gestellten Windkrafträder - für das Netzzutrittsentgelt an die EVN von 2.200.000 €

Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 133/2003 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8 EStG) abgesetzt werden. Der Investitionszuwachs ist bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern nach Abs. 3 die Differenz zwischen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kalenderjahre 2002, 2003 und 2004 und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre, die vor dem bzw. dem bzw. dem enden. Erstreckt sich die Anschaffung oder Herstellung prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter auf mehrere Jahre, sind in die Ermittlung des durchschnittlichen Investitionszuwachses die jeweils zu aktivierenden Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit einzubeziehen. Ändern sich nachträglich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist die Investitionszuwachsprämie im Jahr der Änderung entsprechend anzupassen.

In Bau befindliche Windkraftanlagen

Der Verwaltungsgerichtshof stellte zur Investitionszuwachsprämie für eine noch nicht fertig gestellte und nicht betriebsbereite Windenergieanlage fest (): "Erstreckt sich die Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes über mehrere Jahre, sind die jeweils zu aktivierenden Teilanschaffungs- oder Teilherstellungskosten sowohl für das Begünstigungsjahr als auch für den Vergleichszeitraum einzubeziehen (vgl. auch Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 108e Tz. 5). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im zitierten Erkenntnis vom ausgeführt hat, ist es nicht entscheidend, ob durch einen Investitionszuwachs der Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang eines prämienbegünstigten Wirtschaftsgutes bereits abgeschlossen wird oder nicht. Das Abstellen auf die AfA in § 108e Abs. 1 EStG 1988 bedeutet nicht, dass diese bereits im Jahr, für welches die Prämie geltend gemacht wird, gewinnmindernd berücksichtigt sein muss; es reicht aus, wenn die Absetzung beim Steuerpflichtigen in einem Folgejahr erfolgt.

Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin die im Jahr 2004 in Rechnung gestellten Teilkomponenten in der Bilanz zum als Teil des Anlagevermögens aktiviert.

Für die Berechnung der Bemessungsgrundlage ist der Zeitpunkt der Anschaffung bzw. Herstellung entscheidend. Ein Wirtschaftsgut ist angeschafft, wenn das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist. Eine Anschaffung kann sich auch in Form von Teillieferungen vollziehen. Lieferungen (auch Teillieferungen) sind grundsätzlich in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem dem Abnehmer die Verfügungsmacht verschafft wird. Der Gefahrenübergang ist für sich allein nicht ausschlaggebend, hat aber Bedeutung im Rahmen der übrigen Umstände; maßgebend ist, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - beurteilt nach der Verkehrsauffassung - die Verfügungsbefugnis auf den Abnehmer übergegangen ist. Der Übergang muss sich tatsächlich vollziehen; er kann nicht lediglich abstrakt vereinbart werden. Vielmehr ist erforderlich, dass dem Leistungsempfänger tatsächlich Substanz, Wert und Ertrag eines Gegenstandes zugewendet werden. Dies verlangt, dass die wirtschaftliche Substanz des Gegenstandes vom Leistenden auf den Leistungsempfänger übergeht und dies von den Beteiligten endgültig gewollt ist. Andererseits ist es für die Annahme einer Lieferung nicht erforderlich, dass der Abnehmer von der ihm übertragenen Verfügungsbefähigung in einer bestimmten Weise, etwa durch tatsächliche Verwendung des Gegenstandes, Gebrauch macht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/13/0095 ).

Dass die streitgegenständlichen Wirtschaftsgüter nicht physisch in den Betrieb der Beschwerdeführerin nach P verbracht wurden, schließt - wie die Beschwerde zutreffend ausführt - das Vorliegen von Teillieferungen nach dem Gesagten nicht aus."

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung kann daher auch im vorliegenden Fall die Investitionszuwachsprämie für die zum unfertigen Windkrafträder nicht mit dem Argument verwehrt werden, dass noch keine betriebliche Nutzungsmöglichkeit vorgelegen sei. Dies umso mehr als - anders als im höchstgerichtlichen Fall - sämtliche Bauteile schon auf das Betriebsareal der Bw. geliefert waren. Bei der gegebenen Sachlage hat die Bw. zweifellos das wirtschaftliche Eigentum über alle elf Windkraftanlagen bzw deren Teile erlangt. Es erfolgte auch bereits 2004 eine Aktivierung der Anschaffungskosten.

Daher ist auch für die Investitionskosten in Höhe von 8.553.377,47 €, die sich auf die zum in Bau befindlichen Windkrafträder beziehen, eine Investitionszuwachsprämie zuzusprechen. In Hinblick auf die zitierte VwGH-Judikatur wurden gegen das Berufungsbegehren seitens des Finanzamtes in der Stellungnahme vom keine Einwendungen mehr vorgebracht.

In gleicher Weise ist auch die mit Antrag vom beanspruchte Investitionszuwachsprämie für nachträgliche Anschaffungskosten von 462.935 € in Zusammenhang mit einem vereinbarten Mehrertragsbonus nicht nur für die fertig gestellten Windkraftanlagen (wie im endgültigem Bescheid vom ), sondern auch für jene Windkraftanlagen, deren Herstellung zum noch nicht abgeschlossen war, anzuerkennen.

Netzzutrittsentgelt

Im Erkenntnis , vertrat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls zur Investitionszuwachsprämie für Windenergieanlagen die Ansicht, dass es sich beim Netzzutrittsentgelt um spezielle Anschlusskosten handelt, die zu den Anschaffungskosten einer Anlage zur Gewinnung von Windenergie gehören, wenn sie für den Betrieb der Anlage erforderlich sind. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof aus: "Zu den steuerlichen Anschaffungskosten gehören Kosten, die dem Anschaffungsvorgang dienen. Als Anschaffungskosten gelten somit die Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und es in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2002/14/0039, und vom , 2006/15/0333), um es also zweckentsprechend nutzen zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 99/15/0169). ... Ist die (betriebliche) Verwendung eines Wirtschaftsgutes vom Vorhandensein eines auf das Wirtschaftsgut bezogenen Anschlusses an ein Versorgungsnetz mit zuordenbaren Anschlusskosten abhängig, werden diese Anschlusskosten zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes gehören, fallen sie doch durch die Herbeiführung der Betriebsbereitschaft des Wirtschaftsgutes an (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom , 99/15/0169)."

Da im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden kann, dass der Anschluss an das Verteilernetz der EVN für die betriebliche Nutzung der Windenergieanlagen erforderlich war, gehören die strittigen Kosten von 2.200.000 € im Sinne der Judikatur zu den Anschaffungskosten der Anlagen und damit zur Bemessungsgrundlage für die Investitionszuwachsprämie, was auch seitens des Finanzamtes (Stellungnahme vom ) eingeräumt wurde.

Der Berufung war daher stattzugeben.

Berechnung:


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Bemessungsgrundlage
IZP 10%
lt. Endgültigem Bescheid
11.992.107,70
1.199.210,77
Unfertige Windräder
8.553.377,47
855.337,75
Nachträgliche Anschaffungskosten
210.425,00
21.042,50
Netzzutrittsentgelt
2.200.000,00
220.000,00
Summe lt. Berufungsentscheidung
22.955.910,17
2.295.591,02

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 274 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 96 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
ÖStZ 2013/521

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at