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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.09.2012, RV/0654-W/07

Erbschaftssteuerbefreiung aus "überschießendem Steuervorteil" für Abfindungsbetrag

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung Bw, vertreten durch Dr. Gerhard Preisl, Dr. Helgar Georg Schneider, 6900 Bregenz, Reichsstraße 5a, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Im Mai 2002 verstarb Frau X unter Hinterlassung eines Testamentes, in dem u.a die Berufungswerberin (Bw.) als Vermächtnisnehmerin vorgesehen war.

In der Folge gab die Bw. bekannt, das Vermächtnis nicht anzunehmen und erhielt zur Abgeltung dieser Ausschlagung einen Betrag von € 130.000,-.

Mit Bescheid vom , setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien gegenüber der Bw., Erbschaftssteuer in Höhe von € 44.162,60 fest.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bw. rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und brachte u.a. vor, dass der Abfindungsbetrag aus endbesteuertem Vermögen stamme und ihr Erwerb somit gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG steuerfrei wäre.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 ErbStG unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz Erwerbe von Todes wegen.

Gemäß § 2 Abs. 2 Z 4 ErbStG gilt als vom Erblasser zugewendet auch was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt wird.

Soweit die Berufung vorbringt, dass die Grundtatbestände des Erbschaftssteuergesetzes verfassungswidrig seien, ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom , G 54/06 u.a., zwar den Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG als verfassungswidrig aufgehoben hat, aber im Spruch des genannten Erkenntnisses auch bestimmte, dass diese Aufhebung (erst) mit Ablauf des in Kraft trete. Hat der VfGH in einem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände - mit Ausnahme des(r) Anlassfalles (-fälle) weiterhin anzuwenden (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/16/0038). Da das Berufungsverfahren der Bw. keinen Anlassfall darstellt, finden die Bestimmungen des Erbschaftssteuergesetzes auf den gegenständlichen Fall Anwendung.

Nach § 15 Abs. 1 Z 17 erster Teilstrich ErbStG sind Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen steuerfrei, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 idFd Bundesgesetzes BGBl. Nr. 12/1993, unterliegen.

Der VfGH hat in den Erkenntnissen vom , B 128/97, und , B 132/97, dazu, welche Erwerbsvorgänge unter die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG fallen, im Ergebnis ausgeführt, "übersteigt jedoch das im Nachlass enthaltene endbesteuerte Vermögen den Wert dessen, was dem Erben (gemeinsam mit anderen Empfängern derartigen Vermögens) verbleibt, dann steht es der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn der Erbschaftssteuerpflichtige zwar nicht selbst endbesteuertes Vermögen erwirbt, sein Erwerb sich aber von endbesteuertem Vermögen ableitet, an seine Stelle tritt und die Leistung endbesteuerten Vermögens ersetzt; denn im Ergebnis muss der Nachlass in jenem Umfang steuerfrei bleiben, in dem er aus endbesteuertem Vermögen besteht. Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer können dann den überschießenden Steuervorteil für sich in Anspruch nehmen, und zwar gleichgültig, ob und in welchem Maße der Erbe zur Erfüllung des Pflichtteils oder zur Entrichtung des Legats endbesteuertes Vermögen "realisiert" oder auf andere Nachlassgegenstände oder nicht aus dem Nachlass stammendes Vermögen greift. Kommen solcherart für die Abgeltungswirkung endbesteuerten Vermögens mehrere Personen in Betracht, so ist ihnen die unverbraucht gebliebene Begünstigung anteilig zu gewähren."

Zufolge der vom VfGH vertretenen Rechtsansicht hat im Ergebnis der Nachlass in dem Umfang steuerfrei zu bleiben, in dem er aus endbesteuertem Vermögen besteht. Die Befreiung gem. § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG hat bei allen Erwerben von Todes wegen für den gesamten Anfall an endbesteuertem Vermögen zur Geltung zu kommen (Grundsatz der Einmalwirksamkeit der Steuerbefreiung), d. h. die Steuerfreiheit kommt immer nur einmal, jedoch im vollen Umfang des Vorhandenseins von endbesteuertem Vermögen zum Tragen. Der "überschießende Steuervorteil" hat sich beim Pflichtteilsberechtigten und beim Legatar in dem Umfang auszuwirken, "insoweit das im Nachlass enthaltene endbesteuerte Vermögen den Wert des dem Erben Verbleibenden übersteigt". Nur diesem Grundsatz entsprechend bleibt gewährleistet, dass nicht durch eine Besteuerung beim Pflichtteilsberechtigten oder Legatar die Steuerbefreiung gem. § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG zumindest teilweise verloren geht, sondern eben einmal zur Gänze zum Tragen kommt.

Nachdem im Berufungsfall der der Bw. als Erwerb von Todes wegen zugekommene Vermögensvorteil zur Gänze durch den "überschießenden Steuervorteil" gedeckt ist, hat ihr Erwerb gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG steuerfrei zu bleiben.

Es war somit dem Berufungsbegehren zu entsprechen und spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at