Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 08.10.2013, RV/1421-L/12

Außergewöhnliche Belastung: KFZ-Freibetrag und Kosten der Heilbehandlung


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Miterledigte GZ:
RV/0510-L/13

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der M.M., Wohnortadresse, vom gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005, gegen die Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes A für die Jahre 2005 bis 2010 und gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2012, jeweils vom , entschieden:

Die Berufung gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2010 werden abgeändert:

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Der angefochtene Vorauszahlungsbescheid 2012 wird abgeändert. Die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2012 und Folgejahre werden festgesetzt mit EUR 1.407,00.

Entscheidungsgründe

Einkommensteuererklärungen 2005 bis 2010

Die Berufungswerberin, im folgenden "die Bw.", beantragte in den Jahren 2005 bis 2009 jeweils folgende Pauschbeträge iSd VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung in ihren betreffenden Einkommensteuersteuerklärungen:

Diesbezüglich wurde sie erklärungsgemäß veranlagt. 2007 machte sie zusätzlich an Krankheitskosten iHv EUR 960,00 geltend, die aber mit EUR 960,00 gegenverrechnet wurden, sodass ein Betrag von Null berücksichtigt wurde. Ihre im Jahr 2009 unter der KZ 476 beantragten Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung iHv EUR 1.200,00 wurden erklärungsgemäß veranlagt.

Eine EKIS-Abfrage durch das Finanzamt zum Freibetrag wegen Benützung eines eigenen KFZ Mitte Oktober 2011 hat ergeben, dass auf die Bw. kein KFZ angemeldet ist. Bei EKIS handelt es sich um ein Elektronisches Kriminalpolizeiliches Informationssystem, in dem unter anderem die KFZ - Fahndungs- / Informationsdatei (Rechtsgrundlagen: § 57 Sicherheitspolizeigesetz iVm § 169 Abs. 2 Strafprozessordnung) enthalten ist.

Wiederaufnahmebescheide und neue Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2009

Am erging darauf hin für die Jahre 2005 bis 2009 je ein Wiederaufnahmebescheid betreffend die Einkommensteuer verbunden mit einem neuen Sachbescheid, der den Freibetrag wegen Benützung eines eigenen KFZ nicht berücksichtigte. Die in allen neuen Sachbescheiden für die Jahre 2005 bis 2009 idente Begründung lautet: "Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung von Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von EUR 153,00 monatlich zu berücksichtigen (§ 3 Abs. 1 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF.). Da Sie jedoch im Kalenderjahr 2010 über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt haben, besteht kein Anspruch auf den pauschalen Freibetrag für das eigene Kraftfahrzeug wegen Behinderung." Am wurde eine berichtigte Bescheidbegründung erlassen und das Kalenderjahr 2010 durch die Wortfolgen "in den Jahren 2005 bis 2009" ersetzt.

Einkommensteuerbescheid 2010 und Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2012

Für das Jahr 2010 beantragte die Bw. in ihrer Einkommensteuererklärung 2010, eingelangt beim Finanzamt am , wiederum die oben angeführten Pauschbeträge. Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom wurde ihr die Zuerkennung des Freibetrages wegen Benützung eines eigenen KFZ mit derselben Begründung versagt, wie sie den neuen Sachbescheiden 2005 bis 2009 zugrunde liegt. Mit Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2012 vom wurden ihr für 2012 Einkommensteuervorauszahlungen iHv EUR 1.534,00 vorgeschrieben.

Berufung vom

Nach zweimaliger Fristverlängerung erhob die unvertretene Bw. gegen den Wiederaufnahmebescheid 2005, die neu erlassenen Einkommensteuerbescheide betreffend die Jahre 2005 bis 2010 vom und gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 2012 Berufung und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und die Erlassung von neuen Bescheiden, in denen ihrem Berufungsvorbringen Rechnung getragen wird. Gleichzeitig ersucht sie wegen ihres hohen Alters um Nachsicht in dieser Steuerangelegenheit und bittet, die Steuerschuld zu erlassen. Begründend führt sie aus:

- Für den Einkommensteuerbescheid 2005 sei die Frist von 5 Jahren bezüglich einer möglichen Wiederaufnahme bereits per abgelaufen. Der Einkommensteuerbescheid sei bereits aus diesem Grund aufzuheben.

- Sie stellt den Antrag auf Berücksichtigung der Kosten in der Höhe von EUR 1.200,00 jährlich für Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen für die Jahre 2006, 2007, 2008, 2010 bezüglich ihrer Einkommensteuer. Überdies sei im Kalenderjahr 2007 bei ihrer Einkommensteuer ein Betrag von EUR 960,00 mit einem Selbstbehalt von EUR 960,00 gegengerechnet worden, sodass 0,00 herauskäme, was nicht stimmen könne. Tatsächlich habe sie aber diese Kosten aufgrund ihrer Behinderungen aufwenden müssen, sodass diese für jedes Kalenderjahr bezüglich ihrer Einkommensteuer ohne Selbstbehalt als außergewöhnliche Kosten miteinzubeziehen sind und auch als außergewöhnliche Kosten anerkannt werden müssen.

- Weiters stellte sie den Antrag auf Berücksichtigung der KFZ Pauschale in der Höhe von EUR 153,00 monatlich für die Jahre 2006 bis 2010. Sie verfüge sehr wohl über ein eigenes KFZ, das sie von ihrem Sohn angemietet habe. Es entstehen hierbei Kosten für sie in der Höhe von EUR 180,00 monatlich. Es bestehe auch ein schriftlicher Mietvertrag bezüglich des KFZ, das sie benütze. Dadurch sei für sie die uneingeschränkte Nutzung des KFZ garantiert.

- Hinsichtlich des Vorauszahlungsbescheides 2012 werde die Abgabenschuld für das Kalenderjahr 2012 voraussichtlich erheblich geringer ausfallen, als dies im Vorauszahlungsbescheid für 2012 geschätzt wurde, unter anderem auch durch die Berücksichtigung diverser Freipauschalen. Auch werde das Einkommen wesentlich geringer sein.

Ergänzungsersuchen an die Bw.

Nach Einlangen der Berufung stellte das Finanzamt ein Ergänzungsersuchen an die Bw., in dem diese aufgefordert wurde folgende Unterlagen zu übermitteln:
- Zahlungsbeleg über EUR 960,00 für das Veranlagungsjahr 2007
- Kopie des vom Bundessozialamt ausgestellten Behindertenausweises oder (falls dieser noch nicht vorhanden sein sollte)
- Bestätigung des Bundessozialamtes über den Eingang des Antrages der Bw. und Bekanntgabe, wann mit einer Ausstellung des Behindertenausweises zu rechnen ist.

Die Frist zur Beantwortung des Ergänzungsersuchens wurde auf Antrag der Bw. mehrmals verlängert, insbesondere auch deshalb, weil sie bereits einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt hatte, ein solcher aber noch nicht ausgestellt wurde. Dies wurde in einem E-Mail vom auch durch das Bundessozialamt, Landesstelle C, mit dem Hinweis bestätigt, dass sich der Akt beim ärztlichen Dienst befindet, die Enderledigung jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen kann (durchschnittliche Verfahrensdauer ca. 2-3 Monate).

Abweisende Berufungsvorentscheidungen für die Jahre 2005 bis 2010 sowie 2012 vom

Die Abgabenbehörde erster Instanz erließ am ohne Vorliegen des bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgestellten Behindertenausweises für die Jahre 2005 bis 2010 jeweils abweisende Berufungsvorentscheidungen mit folgendem identen Inhalt: "Die eingebrachte Berufung war aus folgenden Gründen abzuweisen: Sie haben trotz mehrmaliger, nachweislich zugestellter, Aufforderung keine Kopie des vom Bundessozialamt ausgestellten Behindertenausweises übermittelt. Für den Freibetrag für ein Behindertenkraftfahrzeug sind eine Feststellung iSd. § 36 Abs. 2 Z 3 Bundesbehindertengesetz oder eine Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Behindertenpass sowie ein EIGENES KFZ notwendig. Die Anmietung eines KFZ von einem Familienangehörigen ist aufgrund der Kriterien der Fremdüblichkeit nicht anzuerkennen noch gilt die Bw. als wirtschaftlicher Eigentümer des KFZ." Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde in den Jahren 2006, 2008 und 2010 um folgende Begründung erweitert: "Die Berücksichtigung eines Pauschalbetrages von EUR 1.200,00 aufgrund einer Verordnung für außergewöhnliche Belastungen ist gesetzlich nicht verankert. Zusätzliche Kosten im Zuge einer Behinderung müssen immer tatsächlich entstanden sein und belegmäßig nachgewiesen werden."

Die Berufung gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2012 wurde ebenfalls am mit abweisender Berufungsvorentscheidung erledigt und damit begründet, dass sich aufgrund des vorangegangenen Vorhalteverfahrens kein anderer Sachverhalt für die Veranlagungsjahre 2005 bis 2010 unter Verweis auf die Begründung der Sachbescheide ergebe.

Vorlageantrag vom

Mit Anbringen vom stellte die Bw. den Antrag auf Entscheidung ihrer Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und beantragte, ihrer Berufung stattzugeben und dem Finanzamt das Zuwarten auf den Bescheid des Bundessozialamtes und danach die neuerliche Erledigung unter Berücksichtigung des Freibetrages aufzutragen. In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Bw. dem Finanzamt mehrmals schriftlich mitgeteilt habe, dass das Verfahren beim Bundessozialamt im Gange sei, sie auf die Verfahrensdauer keinen Einfluss habe und daher das Finanzamt mit seiner Erledigung bis zur Entscheidung des Bundessozialamtes zuwarten möge. Eine Anfrage beim Bundessozialamt habe ergeben, dass mit einer Ausstellung des Behindertenausweises, der die vom EStG geforderten Kriterien erfülle, im November 2012 zu rechnen sei.

Mit Schreiben vom übermittelte die Bw. den neuen Behindertenpass des Bundessozialamtes (Ausstellungsdatum vom ) und ein vom Magistrat der Stadt A unterschriebenes Formular L 38 vom . Erläuternd ergänzt sie, dass anhand der Eintragungen im Behindertenausweis erkennbar sei, dass sie nicht in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen und sie daher auf die Verwendung eines KFZ angewiesen sei. Da es für sie ein zu großer und aufgrund ihres Alters unzumutbarer Aufwand wäre, ein eigenes KFZ zu erwerben und sich um die nötigen Angelegenheiten bezüglich eines solchen zu kümmern, habe ihr ihr Sohn sein KFZ auf Dauer vermietet. Sie bezahle ihrem Sohn EUR 200,00 monatlich als Miete für das KFZ und könne uneingeschränkt über das KFZ verfügen. Ihr Sohn könne sich im Prinzip auch das Auto, es ist ein B, gar nicht leisten, da er über kein eigenes Einkommen verfüge. Ihr Sohn und sie leben im gleichen Haushalt und damit sei eigentlich eine dauerhafte Nutzung des KFZ ohnehin schon erwiesen und anzunehmen. Die Bw. ersucht daher, in ihrem Fall Nachsicht und Milde walten zu lassen, da sie einerseits wirklich sehr schwere gesundheitliche Probleme habe und andererseits die Kosten für das Auto ohnehin zu bezahlen hatte.

Vorlage an den UFS am

Das Finanzamt legte die Berufung der Bw. am vor und beantragte im Vorlagebericht, die Berufung abzuweisen. Als Begründung wurde angeführt: "In Antwort auf den Ergänzungsvorhalt vom wurde ein Behindertenausweis des Bundessozialamtes vorgelegt. Der Ausweis enthält auch die Eintragung, dass die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist. Der Ausweis trägt das Ausstellungsdatum . Eine Bestätigung von einem Amtsarzt über das Vorliegen einer Behinderung ist bisher bereits vorgelegen. Eine Gehbehinderung bzw. Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel war bisher jedoch nicht eingetragen. Eine Rückwirkung liegt nicht vor.
In den Bescheiden vom wurde der pauschale Freibetrag für das eigene KFZ wegen Behinderung aus folgenden Gründen versagt: Es liegt keine Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel oder ein Ausweis gem. § 29b StVO oder eine vor dem erfolgte Feststellung iSd § 36 Abs. 2 Z 3 BBG vor, sowie es fehlt an der Voraussetzung eines eigenen KFZ des Behinderten bzw. der Nachweis von Taxikosten.
Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes KFZ benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von EUR 153,00 monatlich zu berücksichtigen (§ 3 Abs. 1 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF). Das Vorliegen einer Körperbehinderung ist durch
- einen Ausweis gem. § 29b Straßenverkehrsordnung von 1960
- einen ("alten") Bescheid über die Befreiung von Kraftfahrzeugsteuer gem. § 2 Abs. 3 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952,
- eine vor dem erfolgte Feststellung iSd § 36 Abs. 2 Z 3 BBG oder
- die Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder der Blindheit im Behindertenpass (§ 42 Abs. 1 BBG) nachzuweisen.
Bereits bestehende Nachweise bleiben weiterhin gültig.

Liegen die Grundvoraussetzungen für die Berücksichtigung des Freibetrages für ein Kraftfahrzeug vor, verfügt der Körperbehinderte aber über kein eigenes Kraftfahrzeug, sind die Aufwendungen für Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich EUR 153,00 zu berücksichtigen.

Auch diese Kosten konnten von der Bw. nicht nachgewiesen werden.

Mehraufwendungen eines Gehbehinderten iZm der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges können nur in Höhe der Pauschbeträge abgesetzt werden. Die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen ist nicht möglich.

Steht das Kraftfahrzeug, mit dem der Gehbehinderte von einem Familienangehörigen befördert wird, im Eigentum des gehbehinderten Steuerpflichtigen, dann kommt der pauschale Freibetrag von EUR 153,00 zum Ansatz. Steht das Kraftfahrzeug im Eigentum eines Familienangehörigen, kommt weder der Freibetrag des § 3 Abs. 1 der VO des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, zur Anwendung, noch liegen Taxifahrten iSd § 3 Abs. 2 der VO des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, vor.

Im gegenständlichen Fall lagen bisher die Voraussetzungen der Berücksichtigung des Freibetrages nicht vor. Zusätzlich zum Erfordernis der Feststellung der Gehbehinderung bzw. Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel fehlt das eigene KFZ bzw. nachgewiesene Taxikosten. Das Fahrzeug ist auf den Sohn der Pflichtigen zugelassen und laut eigener Auskunft wird monatlich ein Betrag an den Sohn bezahlt, damit ihr das Fahrzeug für Fahrten zur Verfügung steht.

Mit liegt eine Eintragung in einem Behindertenausweis, inkl. Bestätigung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, vor. Für das Jahr 2012 können daher, da immer noch kein eigenes KFZ der Steuerpflichtigen vorhanden ist, nachgewiesene Taxikosten bis zum Maximalbetrag geltend gemacht werden.

Es wird beantragt die Berufungen abzuweisen, da die Voraussetzungen für den Freibetrag folgendermaßen nicht erfüllt sind:
- 2005 bis 2010: keine entsprechende Feststellung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, sowie falls man Rückwirkung unterstellen würde, kein eigenes Fahrzeug bzw. keine nachgewiesenen Taxikosten,
- 2012: Die Grundvoraussetzung für den Pauschbetrag liegt vor. Es fehlt jedoch das im Eigentum der Pflichtigen stehende Fahrzeug. Es können jedoch im Rahmen der Veranlagung Taxikosten im entsprechenden Ausmaß nachgewiesen werden."

Verfahren vor dem UFS:

Die Referentin des UFS nahm Kontakt mit folgenden Stellen auf:
- der Pensionsversicherungsanstalt zur Frage, welche Pflegegeldstufe die Bw. bezieht und was der Grund für die allfällige Erhöhung des Pflegegeldes war;
- dem Bundessozialamt, Landesstelle C , zur Vorlage des dem Behindertenpass zugrunde liegenden ärztlichen Gutachtens zur Frage, ab wann die Behinderungen vorlagen,
- der C GKK zur Vorlage von Einzelnachweisen der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen für die Jahre 2009 und 2010 zur Frage der Einschätzung der Höhe der Kosten ärztlicher Heilbehandlung.

Es fand ein umfangreiches Vorhalteverfahren statt. Das gesamte Verfahren, auch vor dem Finanzamt, war davon geprägt, dass die Bw. außerordentliche Belastungen geltend machte, ohne diesbezüglich Nachweise - auch nach mehrmaliger Aufforderung - zu erbringen.

Hinsichtlich des KFZ-Freibetrages brachte die Bw. vor, dass ihr Sohn, der im selben Haushalt lebt und über kein Einkommen verfügt, im Besitz eines KFZ ist, das er ihr gegen ein monatliches Entgelt iHv EUR 180,00 vermietet. Diese Miete ist als Kostenersatz gedacht für Benzin, Versicherung, etc. Sie habe deshalb diesen Weg gewählt, da sie sonst als Fahrzeughalterin für das KFZ verpflichtet wäre, sich um Formalitäten zu kümmern, wie Pickerlüberprüfung, Reparaturen, Versicherungsangelegenheiten, etc. Dies wäre in ihrer gesundheitlichen Situation auch sehr schwierig und auch nicht zumutbar, weil sie im Juli ihren 88. Geburtstag feiere. Der Abschluss eines fremdüblichen Mietvertrages bezüglich der Nutzung eines KFZ mit ihrem Sohn könne nicht ernstlich verlangt werden, da die Bw. dann für die KFZ Miete mehr Geld aufbringen müsste, als ihr monatlich als Einkommen zur Verfügung stehe. Da ihr Sohn über kein eigenes Einkommen verfüge, er aber das Auto besitze, sei klar, dass er das Geld ausschließlich in das Auto investieren müsse. Ein schriftlicher Mietvertrag liege nicht vor, mündlich sei ihr hingegen die uneingeschränkte Nutzung gegen eine monatliche Zahlung von EUR 180,00 eingeräumt worden. Bezahle sie die Versicherung für das KFZ nicht, dann würde von der Zulassungsbehörde die Zulassung für das Auto eingezogen. In einem weiteren Vorhalt wurden der Bw. Fragen gestellt und sie wurde aufgefordert, Nachweise zu erbringen. Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Hinsichtlich der von ihr beantragten Aufwendungen für Hilfsmittel und Kosten der Heilbehandlung von jährlich gleichbleibend EUR 1.200,00 wurden ebenfalls keine Nachweise erbracht. Die Bw. brachte nur generell vor, aufgrund ihrer körperlichen Gebrechen und Krankheiten habe sie größere Ausgaben und medizinische Behelfe gehabt. Da diese Anschaffungen und Ausgaben schon einige Jahre zurückliegen, seien keine Belege mehr vorhanden. Sie sei nicht davon ausgegangen, dass sich das Finanzamt für Kleinrechnungen interessiere.

Da im Hinblick auf die Behinderungen der Bw. solche dem Grunde nach als erwiesen anzusehen sind, wurde deren Höhe vom UFS auf Basis der von der C GKK beschafften Einzelnachweise geschätzt und der Bw. und dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht. Gegen die Schätzung wurden keine Einwendungen vorgebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Streitpunkte:

Strittig ist im vorliegenden Berufungsfall,
- ob im Jahr 2005 einer Wiederaufnahme des rechtskräftig veranlagten Einkommensteuerbescheides 2005 die Verjährung entgegensteht,
- ob in den Jahren 2005 bis 2010 der Freibetrag wegen Benützung eines eigenen Kraftfahrzeuges zusteht,
- in welcher Höhe nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung zu berücksichtigen sind und
- ob und in welcher Höhe Einkommensteuervorauszahlungen im Jahr 2012 zu leisten sind.

2. Der Entscheidung zugrundeliegender Sachverhalt:

Die Bw. ist im Jahr 1925 geboren. Auf dem Formular L 38 mit der GZ XX-Z/X-XXXX/XX und datiert mit wird der Bw. vom Magistrat der Stadt A eine dauerhafte Erwerbsminderung (Grad der Behinderung) von 100% seit 1996 bestätigt und angegeben, dass sie Krankendiätverpflegung wegen Diabetes mellitus benötigt. Das Kästchen betreffend Gehbehinderung ist nicht angekreuzt.

Am wurde der Bw. vom Bundessozialamt, Landesstelle C, ein Behindertenpass gem. § 40 Bundesbehindertengesetz ausgestellt. Darin wird angegeben, dass

- der Grad der Behinderung der Bw.100% ist,

- dass der Bw. die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist,

- dass sie einer Begleitperson bedarf,

- dass sie Diabetikerin ist und

- dass sie stark sehbehindert ist.

Aus dem, dem Behindertenpass zugrunde liegenden, angeforderten ärztlichen Sachverständigengutachten geht hervor, dass das Hauptleiden der Bw. eine Sehbehinderung ist, die zu einem Grad der Behinderung von 70% führt. Sie wurden als stark (hochgradig) sehbehindert entsprechend dem Bundespflegegesetz eingestuft. Als Zeitpunkt, ab dem der Gesamtgrad der Behinderung vorliegt, wird 2006 angegeben.

Die Bw. erhält seit 1998 Pflegegeld, und zwar bis Ende Februar 2006 Pflegegeld der Stufe 2 iHv EUR 284,30 monatlich und seit Pflegegeld der Stufe 4 iHv EUR 664,30 monatlich. Laut Auskunft der PVA fielen in der Pflegegeldstufe 2 77 Pflegebedarfsstunden an, in der Pflegegeldstufe 4 fallen 183 Pflegebedarfsstunden an.

Die Bw. hat in ihrem Eigentum kein KFZ. Ein KFZ steht im zivilrechtlichen Eigentum ihres Sohnes, der auch Zulassungsbesitzer ist. Dieser lebt mit der Bw. im gemeinsamen Haushalt, ist einkommenslos und pflegt die Bw.. Ihr Sohn chauffiert sie im Bedarfsfall zu Arztterminen, etc.. Die Bw. leistet zu den Kosten des KFZ des Sohnes einen Beitrag. In welcher Höhe sich dieser bewegt, konnte mangels Nachweises nicht festgestellt werden. Ein Mietvertrag über das KFZ zwischen der Bw. und ihrem Sohn liegt nicht vor.

Wie aus Einzelnachweisen der C GKK für 2009 und 2010 hervorgeht, hat die Bw. im Jahr 2009 24 Arztbesuche bei 2 Ärzten und 20 Apothekenbesuche absolviert, wobei sie 108 Medikamente erworben hat. Im Jahr 2010 war sie 22 Mal bei diesen 2 Ärzten und hat bei insgesamt 25 Apothekenbesuchen 141 Medikamente erworben.

3. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt betreffend den Grad der Behinderung der Bw. und die Höhe des von ihr bezogenen Pflegegeldes ergibt sich eindeutig aus den vorgelegten Gutachten der PVA und des Bundessozialamtes. Ihre Lebensumstände, insbesondere, dass der Sohn der Bw. mit dieser im gemeinsamen Haushalt lebt, keiner auswärtigen Arbeit nachgeht, sondern seine Mutter pflegt, ergibt sich aus ihrem eigenen unbestrittenen Vorbringen, das auch durch die Beobachtungen des Gutachters bei der Untersuchung der Bw. in deren Wohnung anlässlich des Antrages auf Zuerkennung einer Pflegegelderhöhung (Ärztliches Gutachten vom ) gestützt wird. Daten zur Identifizierung des Sohnes (Name, Geburtsdatum) wurden trotz Aufforderung von der Bw. nicht bekannt gegeben. Die geschilderte Einkommenslosigkeit des Sohnes erscheint aber glaubhaft, weil ein Pflegebedarf bei Pflegestufe 4 im festgestellten Ausmaß einer Ganztagesbeschäftigung gleicht.

Nach den eigenen Aussagen befindet sich das KFZ im Eigentum ihres Sohnes. Dies deckt sich mit der vom Finanzamt vorgenommenen EKIS Abfrage. Laut Bw. liegt kein fremdüblicher Mietvertrag vor. Wie aus ihren weiteren Ausführungen zu entnehmen ist, leistet sie einen Beitrag zu den laufenden Kosten des PKW, nicht jedoch eine Afa-Tangente. In welcher Höhe sich dieser Beitrag bewegt, konnte mangels Nachweis nicht festgestellt werden, ebenso nicht das Vorliegen einer Nutzungsvereinbarung. Ihre eigenen Aussagen diesbezüglich sind widersprüchlich. Sie spricht im Vorlagenantrag von EUR 200,00 pro Monat, dann wiederum von EUR 180,00. Ebenso wurde die Frage, wer die Anschaffungskosten des KFZ getragen hat, nicht beantwortet.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Unzulässige Wiederaufnahme des Einkommensteuerbescheides 2005 wegen Verjährung?

Die Bw. bringt in ihrer Berufung vom vor, dass eine Wiederaufnahme des Einkommensteuerbescheides 2005 wegen Ablaufs der fünfjährigen Verjährungsfrist mit nicht mehr zulässig sei.

Zutreffend ist, dass die amtswegige Wiederaufnahme nach Eintritt der Verjährung (§§ 207ff BAO, § 238 iVm § 304 BAO) nicht mehr zulässig ist. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 208 Abs. 1 lit a BAO). Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich fünf Jahre (§ 207 Abs. 2 BAO). Sie wird jedoch um ein weiteres Jahr verlängert, wenn innerhalb der Verjährungsfrist von 5 Jahren nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommen worden sind (§ 209 Abs. 1 BAO).

Die Verjährungsfrist beginnt für die Einkommensteuer 2005 mit Ablauf 2005. Die fünfjährige Verjährungsfrist würde daher mit 2010 enden. Allerdings wurde mit Erlassung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides 2005 vom eine nach außen erkennbare Amtshandlung gesetzt, so dass sich die Verjährungsfrist um 1 Jahr auf 6 Jahre - auf Ende 2011 - verlängert hat. Die Wiederaufnahme erfolgte durch Bescheid vom und damit innerhalb der Verjährungsfrist. Sie war daher rechtzeitig. Die Wiederaufnahme der Einkommensteuer 2005 war somit zulässig.

4.2. Außergewöhnliche Belastungen iZm einer Behinderung:

4.2.1. Rechtliche Regelungen:

Aus den §§ 34 und 35 EStG 1988 ergibt sich, dass der Steuerpflichtige die Wahl hat, entweder Pauschalbeträge oder die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend zu machen. Darüber hinaus unterscheidet das Gesetz zwischen Aufwendungen, auf die der Bezug von Pflegegeld angerechnet wird und solchen, bei denen keine Anrechnung erfolgt.

Sofern es sich nicht um Aufwendungen iSd §§ 2 bis 4 der VO BGBl Nr. 303/1996 idg F handelt, ist die Summe der erhaltenen pflegebedingten Geldleistungen auf die Aufwendungen auf Behinderung anzurechnen. Die Bw. hat im Berufungszeitraum jeweils Pflegegeld bezogen, das den pauschalen Freibetrag wegen 100%iger Behinderung iHv EUR 726,00 pro Jahr überstiegen hat. Ihr steht daher der allgemeine Freibetrag wegen Behinderung nicht zu.

Die in den §§ 2 bis 4 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl Nr. 303/1996 in der im Berufungszeitraum geltenden Fassung, genannten Aufwendungen sind hingegen ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen.

Die §§ 1 bis 4 der VO lauten:

§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, (...)
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind
ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro (...)
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen. (...)

§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 153 Euro (ab der Veranlagung 2011 190 Euro) monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen.

(2) Bei einem Gehbehinderten mit einer mindestens 50%igen Erwerbsminderung, der über kein eigenes Kraftfahrzeug verfügt, sind die Aufwendungen für Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich 153 Euro zu berücksichtigen.

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen. (...).

Der Freibetrag wegen Diabetes wurde im Berufungszeitraum in den Einkommensteuerbescheiden berücksichtigt.

4.2.2. Freibetrag wegen Benützung eines eigenen Kraftfahrzeuges:

Unstrittig lag im Zeitpunkt der Erlassung der berufungsgegenständlichen Bescheide zwar der Behindertenpass noch nicht vor. Dieser wurde erst am mit dem Vermerk der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung sowie wegen starker Sehbehinderung ausgestellt. Aus dem, dem Behindertenpass zugrunde liegenden Gutachten ergibt sich jedoch, dass beide Beeinträchtigungen bereits ab 2006 vorgelegen sind. Ab 2006 sind daher iSd der UFS-Entscheidung vom , RV/1207-W/05 die Voraussetzungen für eine "Gehbehinderung" erfüllt. Nach der Verwaltungspraxis reicht die beschriebene Eintragung im Behindertenausweis für den Nachweis des Vorliegens einer Körperbehinderung aus.

Weiteres Kriterium für die Zuerkennung des Pauschalbetrages ist laut VO, dass die Bw. über ein eigenes KFZ verfügt.

Nach der Verwaltungspraxis, der herrschenden Literatur und Judikatur liegt ein "eigenes KFZ" dann vor, wenn dieses entweder im zivilrechtlichen oder im wirtschaftlichen Eigentum des Steuerpflichtigen steht (unter anderem Jakom/Baldauf EStG, 2013, § 35 Rz 24; -K/09). Bei Leasingfahrzeugen geht Rz 849 LStR 2002 davon aus, dass der Leasingnehmer als wirtschaftlicher Eigentümer angesehen werden kann und daher der körperbehinderten Person bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Freibetrag zusteht. Ein gewöhnlicher Mietwagen erfüllt die Voraussetzungen nicht, sofern - etwa bei einer Ganzjahresmiete - dieser nicht einem eigenen Kfz gleichzuhalten ist (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 35 Anm 62 (Stand , rdb.at).

Steht das Kraftfahrzeug nicht im (wirtschaftlichen) Eigentum des Steuerpflichtigen selbst, sondern im Eigentum eines Familienangehörigen, kommt weder der Freibetrag des § 3 Abs 1 VO zur Anwendung, noch liegen Taxifahrten iSd des § 3 Abs 2 VO vor. Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen hierfür werden auch, sofern überhaupt solche vorliegen, weit geringer als bei Anschaffung und Nutzung des eigenen Kfz oder bei der Begleichung von (auch eine Gewinnkomponente enthaltenden) Taxifahrten sein. Soweit allerdings Fahrten im Zusammenhang mit Maßnahmen der Heilbehandlung stehen (zB Arztbesuch, Spitalsaufenthalt), sind bei Verwendung eines familieneigenen Kraftfahrzeuges in Höhe des amtlichen Kilometergeldes Kosten der Heilbehandlung gemäß § 4 VO gegeben ().

Die Bw. verfügt über kein eigenes KFZ. Sie macht in ihren Eingaben geltend, dass sie über das KFZ ihres Sohnes wie über ihr eigenes KFZ verfügen kann, weil sie die laufenden Kosten trägt.

Wirtschaftlicher Eigentümer ist derjenige, dem bei wirtschaftlicher Anknüpfung des Abgabentatbestandes ein Wirtschaftsgut zuzurechnen ist. Wirtschaftlicher Eigentümer ist idR der zivilrechtliche Eigentümer. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen auseinander, "wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss von der Einwirkung auf die Sachen, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, das heißt auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann" (vgl. Ritz, BAO, Tz. 3 f. zu § 24 BAO). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen (vgl. ).

Abgesehen davon, dass die Höhe der Kosten von der Bw. in keiner Weise nachgewiesen wurde, würde selbst die Tragung sämtlicher mit dem Betrieb verbundener Kosten einschließlich der Reparaturen (vgl. -G/05, betreffend das wirtschaftliche Eigentum an einem Leasinggut) nicht das wirtschaftliche Eigentum der Bw. begründen (Vgl. auch -K/09). Eine Veräußerung oder Belastung des PKW ist ihr nicht möglich, weil sie nicht über die notwendigen Papiere verfügt. Ein Einstellen der Tragung der Kosten würde nicht nur der Bw. in Anbetracht der notwendigen Fahrten zu Heilbehandlungen schaden, sondern könnte allenfalls zu Unterhaltsforderungen ihres Sohnes, der sich ihrer Pflege widmet, oder sogar zu Entgeltforderungen aus dem Pflegeverhältnis und anschließender Verwendung der Mittel zur Bezahlung der Kosten fürs Kfz führen. Die Bw. könnte daher durch die Einstellung ihrer Zahlungen für das KFZ ihren Sohn nicht vom Gebrauch des KFZ ausschließen.

Wie aus dem festgestellten Sachverhalt hervorgeht, liegt kein Mietvertrag über das KFZ vor. Im Übrigen würde nach Ansicht des UFS nur eine fremdüblich gestaltete Miete eines KFZ zum "eigenen KFZ" führen. Lose Nutzungsvereinbarungen gegen teilweise Kostenübernahme genügen nicht.

Es liegt daher kein eigenes KFZ iSd § 3 Abs. 1 VO vor.

Im Berufungsfall scheidet auch die Berücksichtigung von Taxikosten aus. Der Abzug von Taxikosten setzt voraus, dass entsprechende Aufwendungen nachgewiesen (Rz 849 LStR 2002) oder zumindest glaubhaft gemacht () werden. Die Bw. hat jedoch selbst angegeben, durch ihren Sohn in seinem KFZ befördert zu werden und nimmt damit nach ihren eigenen Angaben kein Taxi in Anspruch

Der Berufung konnte daher in diesem Punkt kein Erfolg beschieden sein, weshalb sie als unbegründet abzuweisen war.

4.2.3. Kosten der Heilbehandlung:

Nach § 4 der VO über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 i.d.g.F. sind Aufwendungen für nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heimbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen, sofern sie mit der Behinderung in Zusammenhang stehen.

Die Bw. hat in ihren diversen Eingaben aus diesem Titel Hilfsmittel und Kosten der Heilbehandlung iHv EUR 1.200,00 bzw. im Jahr 2007 iHv EUR 960,00 beantragt, jedoch nie konkret bezeichnet, welche Kosten wofür angefallen sind und anhand von Unterlagen nachgewiesen. Ihr allgemeiner Verweis auf den Anfall von Kosten genügt nicht.

Aufgrund ihrer Gebrechen kann es allerdings dem Grunde nach als erwiesen angenommen werden, dass zumindest Kosten der Heilbehandlung im Berufungszeitraum angefallen sind. Zu den Kosten der Heilbehandlung zählen Fahrtkosten iZm Arzt- und Apothekenbesuchen, Medikamentenkosten, Therapiekosten etc..

Da die Bw. die Höhe der Kosten nicht nachgewiesen hat, sind diese zu schätzen. Um einen Anhaltspunkt für die Schätzung zu haben, wurde Kontakt mit der C GKK aufgenommen. Die C GKK hat für die Jahre 2009 bis 2010 einen Einzelnachweis der Arzt- und Apothekenbesuche der Bw. übermittelt. Krankenhausaufenthalte oder andere Kosten gehen daraus nicht hervor und werden daher mangels Nachweises nicht berücksichtigt.

Aus dem Einzelnachweis 2009 ist ersichtlich, dass die Bw. im Jahr 2009 24 Arztbesuche bei zwei Ärzten in D und 20 Apothekenbesuche absolviert hat. Dabei hat sie insgesamt 108 Medikamente erworben. Die Distanz zwischen ihrer Wohnortadresse und den aufgesuchten Ärzten und Apotheken hat bei Berücksichtigung von Hin- und Rückfahrt 120,4 Kilometer betragen. Multipliziert mit dem Kilometergeld ergibt dies Fahrtkosten iHv EUR 57,00. Für die erworbenen Medikamente hat die Bw. wegen der ab geltenden Deckelung der Rezeptgebühren mit 2% des Nettoeinkommens im Kalenderjahr EUR 215,60 an Rezeptgebühr bezahlt. Insgesamt sind daher im Jahr 2009 aus dem Titel Kosten der Heilbehandlung EUR 273,00 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die bisher angesetzten und veranlagten EUR 1.200,00 werden daher auf EUR 273,00 reduziert, was zu einer höheren Einkommensteuerbelastung führt.

Im Jahr 2010 hat die Bw. 22 Arzt- und 25 Apothekenbesuche absolviert. Ihr wurden insgesamt 141 Medikamente verschrieben, für die sie an (gedeckelter) Rezeptgebühr EUR 260,00 bezahlt hat. Die Fahrtkosten wurden unter Ansatz von 126,8 Kilometern in Höhe von EUR 60,00 errechnet. Insgesamt sind daher im Jahr 2010 Kosten der Heilbehandlung iHv EUR 320,00 zu berücksichtigen.

Für die Vorjahre steht kein Einzelnachweis zur Verfügung. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Verhältnisse zumindest ab 2006, dem Zeitpunkt, in dem die Pflegegeldstufe 2 auf Pflegegeldstufe 4 erhöht wurde und auf den auch das dem Behindertenpass zugrundeliegende Gutachten Bezug nimmt, annähernd gleich waren. Zur Berechnung der Fahrtkosten werden daher 120 Kilometer multipliziert mit dem Kilometergeld (2006 bis : 0,38 und 0,05 für den Beifahrer, ab : 0,42 und 0,05 für den Beifahrer). Es wird eine Medikamentenabgabe von rund 124,5 Medikamenten - das entspricht dem Durchschnitt der Jahre 2009 und 2010 - unterstellt. Weiters wird davon ausgegangen, dass in diesen Jahren für die Bw. keine Rezeptgebührenbefreiung zur Anwendung gelangte, weil sie auch in den Folgejahren nicht unter die Rezeptbefreiung gefallen ist und ihre Einkommensverhältnisse annähernd in all diesen Jahren gleich waren. Die Anzahl der durchschnittlichen Medikamente wird im Jahr 2006 und 2007 mit der damals geltenden Rezeptgebühr (2006: EUR 4,60 pro Medikament und 2007: EUR 4,70 pro Medikament) multipliziert. Im Jahr 2008 kam bereits die Deckelung mit 2% des Nettoeinkommens pro Kalenderjahr zur Anwendung. Zur Vereinfachung der Berechnung dieser Deckelung wird das im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2008 angegebene Einkommen iHv EUR 12.559,92, berichtigt um die Sonderzahlungen (/7*6), herangezogen, damit EUR 10.765,65, und mit 2% multipliziert. Das ergibt durch die Bw. zu tragende Rezeptgebühren von EUR 215.

Im Jahr 2005 erhielt die Bw. Pflegegeldstufe 2. Es wird geschätzt, dass die Hälfte der Arztbesuche absolviert sowie der Medikamente erworben worden sind wie in den Folgejahren. Das bedeutet, dass von 60 Fahrkilometern iZm Heilbehandlungen (Bis betrug das Kilometergeld EUR 0,36 pro Kilometer und 0,05 für den Beifahrer, danach EUR 0,38 und 0,05 für den Beifahrer) und dem Erwerb von 62 Medikamenten im Jahr 2005 ausgegangen wird. Im Jahr 2005 betrug die Rezeptgebühr EUR 4,45 pro Packung. Es werden daher EUR 300,70 an Kosten der Heilbehandlung berücksichtigt.

Zusammengefasst wird daher im Berufungszeitraum davon ausgegangen, dass folgende Kosten der Heilbehandlung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind:

4.3. Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2012:

4.3.1.

Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer Vorauszahlungen zu entrichten. Vorauszahlungen sind auf volle Euro abzurunden.

Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr wird wie folgt berechnet:

- Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der einbehaltenen Beträge im Sinne des § 46 Abs. 1 Zif. 2 EStG 1988.

- Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4%, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5% für jedes weitere Jahr erhöht.

Der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 2012 wurde - wie auch die Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2010 - am erlassen. Basis für die Einkommensteuervorauszahlungen 2012 war daher der Einkommensteuerbescheid 2010 vom .

4.3.2.

Die Berufungswerberin wendete gegen die vorgeschriebenen Einkommensteuervorauszahlungen 2012 ein, dass die Abgabenschuld für das Kalenderjahr 2012 voraussichtlich erheblich geringer ausfallen werde, als sie dem Vorauszahlungsbescheid für 2012 zugrunde liegt, weil sie einerseits davon ausgeht, dass ihr sämtliche in den Vorpunkten behandelten außergewöhnlichen Belastungen zustehen, andererseits, weil ihr Einkommen geringer sei. Eine Erklärung, warum ihr Einkommen im Jahr 2012 geringer sei, erfolgte von Seiten der Bw. nicht.

§ 45 Abs. 3 dritter Satz EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung bestimmt: Nach dem 30. September darf das Finanzamt Bescheide über die Änderung der Vorauszahlung für das laufende Kalenderjahr nicht mehr erlassen; dies gilt nicht für Bescheide auf Grund eines Antrages, den der Steuerpflichtige bis zum 30. September gestellt hat, sowie für eine Änderung in einem Rechtsmittelverfahren. Eine Änderung des Vorauszahlungsbescheides ergibt sich insbesondere dann, wenn der der Vorauszahlung zugrunde gelegte Bescheid im Zuge eines Rechtsmittelverfahrens geändert wird (Doralt, EStG11.Lfg, § 45 Tz 14; Jakom/Baldauf EStG, 2011, § 45 Rz 13). Das ist hier der Fall.

Stellt der Steuerpflichtige einen darüber hinaus gehenden Antrag auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen, muss er die voraussichtliche Höhe der Besteuerungsgrundlagen für das entsprechende Jahr z.B. mit einer Aufstellung über Mieteinnahmen oder andere spezifische Hinweise glaubhaft machen (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 45, Tz. 7). Gem. § 45 Abs. 4 EStG 1988 kann das Finanzamt nämlich die Vorauszahlung - abweichend vom letztveranlagten Jahr - jener Steuer anpassen, die sich für das laufende Kalenderjahr voraussichtlich ergeben wird. Es ist sohin in das - unter Beachtung des § 20 BAO zu übende - Ermessen der Behörde gestellt, die Vorauszahlung mit dem Betrag festzusetzen, der der voraussichtlichen Jahreseinkommensteuer entspricht (; ). Diese Befugnis steht auch dem Unabhängigen Finanzsenat als Berufungsinstanz zu ( unter Hinweis auf § 279 Abs. 1 BAO, Vgl. auch GZ RV/0751-S/10).

4.3.3.

Eine Verminderung der Einnahmen im Jahr 2012 wurde von der Bw. zwar behauptet, aber in keiner Weise glaubhaft gemacht. Ihre steuerpflichtigen Einkünfte ergeben sich aus der gesetzlichen Pension und aus Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Pensionseinkünfte werden jährlich valorisiert. Warum die Mieteinnahmen, die als einziger Auslöser für eine Einnahmenreduktion in Betracht kommen, im Jahr 2012 erheblich niedriger als in den Vorjahren sein sollen, wurde nicht dargelegt.

Damit verbleiben zur Beurteilung der Verhältnisse im Jahr 2012 im Grunde nur die Verhältnisse im Jahr 2010. Für dieses Jahr ergibt sich eine Einkommensteuerbelastung von EUR 1.291,00. Der bekämpfte Bescheid war vom Unabhängigen Finanzsenat zwar abzuändern, die Einkommensteuervorauszahlungen 2012 aber in Anlehnung an das Jahr 2012 mit EUR 1.407,00 festzusetzen (Erhöhung des Betrages für 2010 gem. § 45 Abs. 1 EStG 1988 um 9%).

Beilagen: 6 Berechnungsblätter

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 3 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 45 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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