Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 04.10.2013, RV/1198-L/11

Formlose Aufforderung zur Nachreichung der Abgabenerklärung bewirkt keine Verlängerung der Erklärungsfrist

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Stb., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom , mit dem von der Vorauszahlung an Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis März 2011 ein Verspätungszuschlag in Höhe von 112,00 € festgesetzt wurde, entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Bis einschließlich Dezember 2010 wurden von der Berufungswerberin (GesbR) monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben.

Durch das AbgÄG 2010 wurde der in § 21 Abs. 2 UStG normierte Grenzbetrag für die Abgabe vierteljährlicher Voranmeldungen ab von 30.000 € auf 100.000 € erhöht. Da die Umsätze der Berufungswerberin im Jahr 2010 diesen Grenzbetrag nicht überschritten haben, war sie ab Jänner 2011 nur mehr zur Abgabe vierteljährlicher Voranmeldungen verpflichtet.

Die Voranmeldung für das erste Quartal 2011 wäre bis einzureichen gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt langte beim Finanzamt jedoch keine Voranmeldung ein.

In einer formlosen Erinnerung vom wies das Finanzamt auf diesen Umstand hin, und "ersuchte" die Berufungswerberin, die Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner bis März 2011 bis spätestens "nachzureichen". Es werde darauf hingewiesen, dass die Nichtabgabe bzw. verspätete Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen Konsequenzen auslösen könne (unter anderem wies das Finanzamt auf einen Verspätungszuschlag gemäß § 135 BAO hin).

Am wurde die Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2011 elektronisch eingereicht und darin eine Zahllast in Höhe von 2.240,07 € erklärt.

Mit ausschließlich automationsunterstützt erstelltem Bescheid vom selben Tag () wurde von der Umsatzsteuervorauszahlung für das erste Quartal 2011 gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag in Höhe von 5 % bzw. 112,00 € festgesetzt. In der Begründung wurde lediglich ausgeführt: "Die Festsetzung erfolgte, weil Sie, obwohl eine Verpflichtung zu Einreichung der Voranmeldung(en) bestand, die Voranmeldung(en) nicht bzw. verspätet eingereicht haben."

Gegen diesen Bescheid wurde über FinanzOnline am durch die steuerliche Vertreterin Berufung erhoben. Mit Schreiben des Finanzamtes vom sei die Berufungswerberin "darauf aufmerksam gemacht" worden, dass die Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Jänner bis März 2011 noch nicht elektronisch eingereicht worden sei. Für die Einreichung sei eine Nachfrist bis spätestens eingeräumt worden. Die Erklärung sei nach Erhalt des Schreibens am elektronisch eingereicht worden. Mit gleichem Tag sei sodann seitens des Finanzamtes mittels Bescheid (datiert vom , eingelangt am ) ein Verspätungszuschlag im Ausmaß von 5 % (112,00 €) verhängt worden. Aufgrund der geringen Fristüberschreitung bzw. des Umstandes, dass seitens des Finanzamtes eine Nachfrist für die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung eingeräumt worden wäre, sei die Verhängung eines 5 %igen Verspätungszuschlages nicht sachgemäß. Es werde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt, da die Einreichung innerhalb der gesetzten Nachfrist erfolgt sei.

Nachdem eine zunächst erfolgte Zurückweisung dieser Berufung als verspätet wieder aufgehoben worden war, wies sie das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Die Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2011 hätte bis eingereicht werden müssen. Tatsächlich sei diese jedoch erst am abgegeben worden. Es sei auch keine zeitgerechte Entrichtung der Vorauszahlung erfolgt; die Zahlung sei erst am geleistet worden. Eine Verspätung im Sinne des § 135 BAO sei nicht entschuldbar, wenn der Abgabepflichtige oder sein Vertreter die nach ihren persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Ob und wie hoch ein Verspätungszuschlag festgesetzt werde, liege im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Begründung, dass die Umsatzsteuervoranmeldung ohnehin innerhalb der im Erinnerungsschreiben vom eingeräumten Frist nachgereicht worden sei, ändere nichts an der Tatsache der verspäteten Abgabe der Abgabenerklärung und gehe daher ins Leere.

Im Vorlageantrag vom wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der geringen Fristüberschreitung bzw. der umgehenden elektronischen Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung nach Erhalt des Erinnerungsschreibens am (gesetzte Nachfrist bis ) im Rahmen der Ermessensübung offenbar keinerlei Bedeutung zugemessen worden sei. Ein finanzieller Vorteil habe sich durch die Berufungswerberin nicht ergeben, "da die Steuerschuld jeweils von einem habengeführten Girokonto (Habenzinssatz 0,125 % p.a.) angewiesen" werde. Weiters habe sich die Berufungswerberin bisher steuerlich ordnungsgemäß verhalten.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 135 BAO kann Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, ein Verspätungszuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe auferlegt werden, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung.

Für Unternehmer, deren Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr 100.000 Euro nicht überstiegen haben, ist das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum (§ 21 Abs. 2 UStG in der ab geltenden Fassung des AbgÄG 2010).

Die Voranmeldung für das erste Quartal 2011 wurde im gegenständlichen Fall nicht bis , sondern erst am eingereicht.

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zu Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist. Kein Verspätungszuschlag darf festgesetzt werden, wenn die Abgabenerklärung innerhalb einer (wenn auch rechtswidrig) verlängerten Nachfrist eingereicht wird (Ritz, BAO4, § 135 Tz 5 mit Hinweis auf ).

Gemäß § 134 Abs. 2 BAO kann die Abgabenbehörde im Einzelfall auf begründeten Antrag die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern. Wird einem Antrag auf Verlängerung der Frist nicht stattgegeben, so ist für die Einreichung der Abgabenerklärung eine Nachfrist von mindestens einer Woche zu setzen.

Ungeachtet des Umstandes, dass die Verlängerung einer Abgabenerklärungsfrist einen entsprechenden Antrag voraussetzt, und ein solcher von der Berufungswerberin bzw. ihrer steuerlichen Vertreterin hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2011 nicht gestellt wurde, wäre die Erlassung eines solchen antragsgebundenen Bescheides ohne entsprechenden Antrag zwar wegen Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter rechtswidrig, aber rechtswirksam. Allerdings kann eine derartige Fristverlängerung eben nur mittels Bescheid erfolgen (Ritz, BAO4, § 134 Tz 6). Dem formlosen Erinnerungsschreiben des Finanzamtes vom fehlt es jedoch schon allein deswegen an der Bescheidqualität, weil in diesem keine normative Anordnung getroffen wurde. Das "Ersuchen" die Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner bis März 2011 bis spätestens "nachzureichen", hat keinen normativen (rechtsgestaltenden) Inhalt (vgl. Ritz, BAO4, § 93 Tz 5 mwN).

Der im Erinnerungsschreiben vom genannte Termin () stellt daher keine Nachfrist dar, innerhalb derer eine rechtzeitige Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung bewirkt werden hätte können. Die erst am erfolgte Erklärungsabgabe erweist sich daher als verspätet.

Die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages setzt voraus, dass die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung nicht entschuldbar ist. Ein Verschulden des Vertreters trifft den Vertretenen, der Verspätungszuschlag ist dem Vertretenen gegenüber festzusetzen (Ritz, BAO4, § 135 Tz 11 mwN). Dem Verschulden des Abgabepflichtigen an der verspäteten Einreichung von Abgabenerklärungen ist somit das Verschulden seines Vertreters gleichzuhalten. Dieser Grundsatz gilt sowohl für gesetzliche wie auch für gewillkürte (bevollmächtigte) Vertreter (z.B. mit Hinweis auf Stoll, BAO, 1530).

Im Verfahren gemäß § 135 BAO ist es Aufgabe des Abgabenerklärungspflichtigen, die für ihn sprechenden Entschuldigungsgründe den Abgabenbehörden vorzutragen und darzulegen. Die Abgabenbehörden müssen hierauf eingehen, dürfen sich über das Sachvorbringen nicht hinwegsetzen und haben gegebenenfalls ergänzende Ermittlungen vorzunehmen. Das entspricht dem allgemeinen Gebot der Amtswegigkeit des Verfahrens (Stoll, BAO, 1528).

Im gegenständlichen Fall wurde auch nicht ansatzweise dargelegt, aus welchen Gründen es zur verspäteten Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung gekommen ist. Es wurde auch nicht erläutert, ob die Gründe für die verspätete elektronische Übermittlung der Voranmeldung im Verantwortungsbereich der Berufungswerberin selbst oder allenfalls ihrer steuerlichen Vertreterin liegen. Es wurden somit keinerlei für die Berufungswerberin bzw. allenfalls für ihre Vertreterin sprechende Entschuldigungsgründe aufgezeigt. In einem solchen Fall ist vom Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 135 BAO auszugehen.

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (Ritz, BAO4, § 135 Tz 4 mit Judikaturnachweisen). Der angefochtene Bescheid enthält keinerlei Begründung zur Ermessensübung, was seine Ursache offenkundig in der ausschließlich automationsunterstützten Erstellung hat. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern ein EDV-System dahingehend programmiert werden könnte, dass es eine Ermessensentscheidung "nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände" (§ 20 BAO) treffen könnte. Tatsächlich hängt der vom EDV-Programm "gewählte" Prozentsatz für die Festsetzung des Verspätungszuschlages stets allein vom EDV-mäßig relativ einfach erfassbaren Ausmaß der Fristüberschreitung ab, was vom Finanzamt auch in einem Aktenvermerk vom (betreffend u.a. Staffelung der Prozentsätze) dokumentiert wurde. Ungeachtet dessen kommt derartigen Erledigungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Bescheidqualität zu () und ist der Mangel einer fehlenden Begründung zur Ermessensübung im Rechtsmittelverfahren sanierbar (vgl. Ritz, BAO4, § 93 Tz 16; ).

Im Zuge der Ermessensentscheidung sind vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Erklärung erzielten finanziellen Vorteils sowie das bisherige steuerliche Verhalten zu berücksichtigen (vgl. Ritz, BAO4, § 135 Tz 13).

Das Ausmaß der Fristüberschreitung betrug im vorliegenden Fall rund drei Wochen (bzw. 14 Arbeitstage).

Als Anhaltspunkt für die Größenordnung des durch die verspätete Abgabe der Voranmeldung (und die damit einhergehende verspätete Entrichtung der Umsatzsteuerzahllast) erzielten finanziellen Vorteils hat der Unabhängige Finanzsenat schon wiederholt eine fiktive Verzinsung der Umsatzsteuerzahllast mit dem Stundungszinsensatz gewählt (z.B. mwN). Dieser betrug im maßgeblichen Zeitraum 4,88 %, woraus sich unter Zugrundelegung der festgesetzten Umsatzsteuerzahllast von 2.240,07 € bei einer nur dreiwöchigen Fristüberschreitung ein vernachlässigbarer finanzieller Vorteil von rund 6,30 € ergibt.

Zum bisherigen steuerlichen Verhalten wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Berufungswerberin "bisher steuerlich ordnungsgemäß verhalten" habe. Die abgabenrechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten wurden ansonsten bisher termingerecht wahrgenommen werden; dem Abgabenkonto sind keine weiteren Festsetzungen von Verspätungszuschlägen zu entnehmen, auch Säumniszuschläge finden sich am Abgabenkonto nicht.

Dieses Zahlungsverhalten sowie der dargestellte unbedeutende erzielte finanziellen Vorteil sprachen gemeinsam mit der relativ geringfügigen Fristüberschreitung für eine Festsetzung des Verspätungszuschlages an der unteren Grenze. Das Ausmaß des Verschuldens konnte nicht näher quantifiziert werden, weil dazu keinerlei Vorbringen erstattet wurde. Es konnte daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Versäumnis nur ein minderer Grad des Versehens zugrunde gelegen wäre. Unter Berücksichtigung aller Umstände wäre daher ein Verspätungszuschlag von zwei Prozent angemessen. Ausgehend von der festgesetzten Umsatzsteuerzahllast von 2.240,07 € würde der Verspätungszuschlag somit 44,80 € betragen. Allerdings sind gemäß § 135 letzter Satz BAO Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 134 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at