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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 11.09.2012, RV/0588-I/12

1. Berufung gegen die Abweisung eines Aussetzungsantrages 2. Berufung gegen eine Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe 3. Antrag auf aufschiebende Wirkung


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Miterledigte GZ:
RV/0587-I/12

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Berufungswerberin, Wohnort, Straße, vom bzw gegen die Bescheide des Finanzamtes FA 1. vom betreffend die Abweisung eines Aussetzungsantrages und 2. vom betreffend Zurückweisung einer Berufung (§ 273 BAO) und eines Antrages auf aufschiebende Wirkung einer Berufung entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

I.) zu Spruchpunkt 1.:

Mit Bescheid vom wurden von der Beihilfenbezieherin Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für näher bezeichnete Zeiträume zurückgefordert. Mit wurde gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und in diesem Zusammenhang auch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung in der Hauptsache wurde der Antrag auf Aussetzung mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Die Einschreiterin erhob gegen diesen Bescheid rechtzeitig Berufung, das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Daraufhin wurde ein Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.

II.) zu Spruchpunkt 2.:

Am wurde vom Finanzamt an die Beihilfenbezieherin eine Mitteilung über den Wegfall des Anspruches auf Familienbeihilfe versendet. Mit Eingabe vom , beim Finanzamt eingelangt am , erhob die Beihilfenbezieherin Berufung (unter anderem auch) gegen diese Mitteilung und stellte gleichzeitig einen Antrag, ihrer Berufung "aufschiebende Wirkung" zuzuerkennen.

Mit Bescheid vom wurde sowohl die Berufung als auch der Antrag auf aufschiebende Wirkung zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung erhoben.

Über die Berufung wurde erwogen:

I.) zu Spruchpunkt 1.:

Gemäß § 212a Abs 1 erster Satz BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Nach Abs 3 leg cit können Anträge auf Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung über die Berufung (Abs 1) gestellt werden. Nach Abs 5 leg cit besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294 BAO). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Berufung (Abs 1) ergehenden a) Berufungsvorentscheidung oder b) Berufungsentscheidung oder c) anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Falle der Einbringung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (§ 276 Abs 2 BAO) nicht aus.

Daraus ergibt sich, dass auch bei der Abweisung einer die Grundlage eines Aussetzungsantrages bildenden Berufung durch das Finanzamt mittels Berufungsvorentscheidung (gegenständlich wurde die Berufung gegen den Bescheid über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen) im Falle einer bereits bewilligten Aussetzung der Einhebung deren Ablauf zu verfügen ist oder - wie gegenständlich vorliegend - im Falle eines noch unerledigten Antrages auf Aussetzung dieser Antrag abzuweisen ist (vgl Ritz, BAO4, § 212a Tz 12).

§ 212a Abs 5 BAO sieht in diesem Zusammenhang zudem und ausdrücklich die Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages auf Aussetzung der Einhebung für den Fall der Einbringung eines Antrages auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.

Außerdem hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen (vgl ua ), weshalb von ihr auch Veränderungen des Sachverhalts zu berücksichtigen sind. Daher ist bei der nunmehrigen Entscheidung zu berücksichtigen, dass mittlerweile mit Berufungsentscheidung ( RV/0353-I/11) über die Berufung in der Familienbeihilfensache auch von der Abgabenbehörde zweiter Instanz abgesprochen wurde. Aus § 212a Abs 5 BAO dritter Satz folgt nach der Rechtsprechung (vgl ), dass kein Bescheid mehr erlassen werden darf, mit dem die Einhebung der Abgabe ausgesetzt wird, sobald im Verfahren über die Festsetzung der Abgabe bereits eine Berufungsentscheidung ergangen ist. Es kommt somit eine Abänderung des angefochtenen Bescheides in der Weise, dass nunmehr die Aussetzung der Einhebung bewilligt wird, nicht mehr in Betracht, weshalb die vorliegende Berufung auch aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen war.

II.) zu Spruchpunkt 2.:

a) Berufung gegen die Mitteilung über den Wegfall des Anspruches auf Familienbeihilfe:

Gemäß § 273 BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Mit Berufung anfechtbar sind nur Erledigungen einer Abgabenbehörde, die ihrem Inhalt nach die Erfordernisse einer "Bescheidqualität" im Sinne der Norm des § 93 BAO aufweisen bzw erfüllen. Nach der angeführten Gesetzesbestimmung ist ein "Bescheid" ua durch nachfolgende Merkmale gekennzeichnet: - die Bezeichnung als Bescheid, - den Spruch des Bescheides mit der Angabe des Bescheidadressaten, - die Begründung und - die Rechtsmittelbelehrung.

Als unzulässig zurückzuweisen sind daher Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter (vgl Ritz, BAO4, § 273 Tz 6 und die dort zitierte Judikatur).

Das Familienbeihilfenverfahren ist dem Grunde nach als antragsgebundenes und "bescheidloses" Verfahren konzipiert. Nach § 13 FLAG 1967 ist nur in den Fällen, in welchen einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich entsprochen wird, ein Bescheid zu erstellen.

§ 12 Abs 2 FLAG 1967 sieht in diesem Zusammenhang ausdrücklich vor, dass an einen Beihilfenbezieher, wenn das Finanzamt zur Ansicht gelangt, dass ein vormals bestehender Anspruch wegfällt bzw die Auszahlung eingestellt wird, eine Mitteilung bzw Verständigung (und kein Bescheid) auszustellen ist. Eine derartige Mitteilung bzw Verständigung, datiert mit , ging der Berufungswerberin zu. Diese von der Behörde erlassene Erledigung ist nicht als Bescheid bezeichnet und enthält auch keine Rechtsmittelbelehrung. Aus dem Zusammenhalt des klaren Gesetzeswortlautes des § 93 Abs 2 BAO, nach welchem Bescheide auch als solche zu bezeichnen sind, und der Bestimmung des § 12 FLAG 1967, ergibt sich somit eindeutig, dass die Behörde keinen Bescheid erlassen wollte und auch nicht erlassen hat (vgl auch Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 12 Rz 5).

Das Finanzamt hat daher in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Berufung nach § 273 BAO zurückgewiesen.

Abschließend sei auch noch darauf hingewiesen, dass mit der Versendung einer derartigen Mitteilung bzw Verständigung keinerlei Rechte oder Pflichten weder für die Behörde noch die Person, die Familienbeihilfe bezogen hat, begründet wurden und werden konnten.

b) Zurückweisung des Antrages auf aufschiebende Wirkung:

Die Bundesabgabenordnung und das FLAG 1967 sehen in Zusammenhang mit den gegenständlichen Berufungen kein Antragsrecht auf aufschiebende Wirkung vor, weshalb ein derartiger Antrag unzulässig und zurückzuweisen ist (vgl ).

Aus der Rechtsprechung und Literatur ergibt sich zwar, dass bei Anbringen von Parteien mit undeutlichem Inhalt die Ansicht der Partei zu erforschen ist (vgl ) und derartigen Anbringen, die sie zur Wahrung ihrer Rechte stellen, nicht ein solcher Inhalt beizumessen ist, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl zB , mwN). Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, nach außen hin auch nur andeutungsweise nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters jedoch nicht maßgeblich (vgl Ritz, BAO4, § 85 Tz 1, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Niederösterreichischen Abgabenordnung 1977 entschieden, dass ein Antrag, einem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als Stundungsansuchen gem § 212 BAO aufzufassen ist (). In der Literatur wird dazu die Ansicht vertreten, dass mit der Einführung des § 212a BAO (Aussetzung der Einhebung) eine Umdeutung in einen Aussetzungsantrag nahe liegender wäre (vgl Ritz, BAO4, § 254 Tz 4).

Diese von der Rechtsprechung und der Literatur angestellten Überlegungen fußen regelmäßig auf der grundsätzlichen Überlegung, dass in Verwaltungsverfahren, in welchen insbesondere rechtsunkundige Parteien ihre Anliegen selbst vorbringen, unpräzise Formulierungen diesen nicht zum Nachteil gereichen sollen. Im vorliegenden Fall war die Berufungswerberin, welche während des gesamten Verfahrens von einer rechtskundigen Tochter, welche zum Teil die Eingaben nicht nur verfasst, sondern in Vertretung ihrer Mutter auch unterzeichnet hat, begleitet. Darüber hinaus wurde im Rahmen der Berufung gegen den Erstbescheid, mit welchem die Rückzahlung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen vorgeschrieben wurde, bereits ein Aussetzungsantrag gem § 212a BAO gestellt. Wenn nunmehr in Kenntnis der Rechtslage ausdrücklich ein Antrag auf eine Maßnahme gestellt wird, der im gegebenen Zusammenhang in der Bundesabgabenordnung nicht vorgesehen ist, kommt eine Umdeutung nicht mehr in Frage. im Übrigen darf darauf hingewiesen werden, dass selbst wenn man eine Umdeutung im Sinne der Literaturmeinung vornehmen würde, eine Zurückweisung hätte erfolgen müssen, da nach § 212a Abs 3 BAO ein Aussetzungsantrag zurückzuweisen ist, wenn er keine Darstellung der Ermittlung des für die Aussetzung in Frage kommenden Abgabenbetrages enthält (vgl Ritz, BAO4, § 212a Tz 5) und eine Umdeutung im Sinne der Judikatur wohl zu einer Abweisung des Stundungsansuchens geführt hätte, weil die Eingabe keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer erheblichen Härte bei sofortiger Entrichtung enthält.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at