Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 19.01.2011, RV/0242-W/10

Grunderwerbsteueräquivalent als Betriebsausgabe abzugsfähig!

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X-Privatstiftung, Anschrift, vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsgesellschaft m.b.H., 1030 Wien, Boerhaavegasse 6, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2004 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die X-Privatstiftung (Bw.) ist von Frau M.T. und der M.T.-GmbH mit Stiftungsurkunde vom xx.yy. 2004 gegründet worden. In der Folge hat Frau M.T. mehrere in ihrem Eigentum befindliche Liegenschaften der Bw. im Rahmen von Nachstiftungen übertragen. Hiefür ist zum einen gemäß § 8 Abs. 3 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) der Steuersatz von 5 % zur Anwendung gekommen, zum anderen hatte die Bw. zusätzlich das so genannte Grunderwerbsteueräquivalent (3,5 % des Wertes der Grundstücke) nach § 8 Abs. 4 leg.cit. zu entrichten.

In der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2004 zog die Bw. bei der Berechnung ihrer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft das im Zuge dieser Nachstiftungen angefallene Grunderwerbsteueräquivalent außerbilanziell ab.

Im die Bw. betreffenden Bericht über die Außenprüfung vom heißt es, dass es sich "gemäß den gesetzlichen Bestimmungen (siehe dazu Rz 4848 der Einkommensteuerrichtlinien)" beim Grunderwerbsteueräquivalent um eine nichtabzugsfähige Personensteuer handle, weshalb die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um den entsprechenden Betrag zu erhöhen seien.

Gegen den dieser Feststellung folgenden, im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Bescheid betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2004 vom erhob die Bw. mit Schriftsatz vom Berufung und wies darauf hin, dass § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 lediglich darüber abspreche, dass Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern bei der Ermittlung der Einkünfte nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden dürften. Die Einkommensteuerrichtlinien führten dazu aus, dass das Abzugsverbot auch die Erbschafts- und Schenkungssteuer einschließlich Grunderwerbsteueräquivalent und entsprechende ausländische Steuern, sowie entsprechende ausländische Vermögenssteuern umfassten. Das Abzugsverbot in § 20 EStG 1988 beschränke sich somit ausdrücklich auf Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern. Personensteuern knüpften an personenbezogene Merkmale an, wie zB Wohnsitz/Sitz und Höhe des Einkommens von Personen/Unternehmen. Als wesentliches Kriterium im Steuerrecht diene dabei oftmals das sogenannte Leistungsfähigkeitsprinzip, wonach die Höhe der Personensteuern durch entsprechende Tarifgestaltung oder Befreiungsbestimmungen von in der Person des Steuerpflichtigen begründeten (Lebens-)Umständen abhänge: Höhe des Gesamteinkommens, Vorhandensein von unterhaltsberechtigten Kindern und Ehegatten, usw. So würden im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung beispielsweise auch Einflussfaktoren berücksichtigt, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen vermindern (zB außergewöhnliche Belastungen). Eine wesentliche Gemeinsamkeit von Personensteuern sei, dass sie zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht unterscheiden würden. Der Anknüpfungspunkt für das Grunderwerbsteueräquivalent sei jedoch ein im jeweiligen Gesetz exakt definierter Vorgang im wirtschaftlichen/rechtlichen Verkehr, nämlich der Erwerb von Grund und Boden von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG und die zivilrechtliche Absicherung dieses Eigentumsrechts durch die Eintragung ins Grundbuch. Das Kennzeichen von Objektsteuern sei die Anknüpfung an Sachverhalte bzw. bestimmte Gegenstände, wobei das Grunderwerbsteueräquivalent diese Merkmale erfülle. Da § 20 EStG 1988 jedoch ausdrücklich auf die Nichtabzugsfähigkeit von Personensteuern abstelle, sei das Grunderwerbsteueräquivalent als Betriebsausgabe anzuerkennen und der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid 2004 entsprechend abzuändern.

Mit Schreiben vom zog die Bw. ihre Anträge auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat sowie auf Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung zurück.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 bestimmt, dass bei den einzelnen Einkünften die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern nicht abgezogen werden dürfen. Ebenso dürfen nach der insoweit gleichlautenden Regelung des § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Der Streitpunkt im berufungsgegenständlichen Verfahren besteht darin, ob das so genannte Grunderwerbsteueräquivalent als Personensteuer anzusehen ist und demnach unter das erwähnte Abzugsverbot fällt.

Eine Personensteuer liegt, wie von der Bw. zu Recht vorgebracht, im Wesentlichen dann vor, wenn Steuergegenstand und Steuerhöhe durch personenbezogene Merkmale bestimmt sind. Der Steuergegenstand ist auf eine bestimmte Person bezogen; persönliche Merkmale (Wohnsitz, Familienstand, Alter usw) bestimmen die Höhe der Steuerschuld. Kennzeichen der Personensteuern ist die Unterscheidung von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Bei einer Sach- bzw. Objektsteuer dagegen wird die Höhe der Steuer grundsätzlich nur durch objektbezogene Merkmale bestimmt (vgl. hiezu Doralt/Ruppe, Steuerrecht I9 Tz 16).

Hinsichtlich des konkreten Sachverhaltes ist nach dem ErbStG in der für das Jahr 2004 noch gültigen Fassung gemäß § 3 Abs. 1 Z 7 der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden als Schenkung zu verstehen. § 8 Abs. 3 bestimmt, dass die Steuer von Zuwendungen an Privatstiftungen durch den Stifter selbst 5 v.H. beträgt. Nach Abs. 4 erhöht sich die (nach den Abs. 1 und 2 oder nach dem Abs. 3 ergebende) Steuer bei Zuwendungen a) an den Ehegatten etc. um 2 v.H., b) an andere Personen um 3,5 v.H. des Wertes der durch die Zuwendungen erworbenen Grundstücke. Nach Abs. 5 darf sich die nach den Abs. 1, 2 und 4 oder nach den Abs. 3 und 4 ergebende Steuer im Falle des Abs. 4 lit. a nicht weniger als 2 v.H., im Falle des Abs. 4 lit. b nicht weniger als 4 v.H. des Wertes der erworbenen Grundstücke betragen. Nach Abs. 6 ermäßigt sich, wenn durch die Zuwendung auch land- und forstwirtschaftliches Vermögen erworben wird, die nach den Abs. 1, 2 und 4 errechnete Steuer, soweit sie auf land- und forstwirtschaftliches Vermögen entfällt, um 100 Euro.

Unstrittig ist vorerst einmal, dass die anlässlich der Zuwendung von Vermögen an die Privatstiftung zu entrichtende Erbschafts- und Schenkungssteuer als Personensteuer nicht abzugsfähig ist (vgl. Doralt/Ruppe aaO; Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch, § 20, Tz 37; ).

Ebenfalls unbestritten ist, dass es sich bei der Grunderwerbsteuer selbst um eine Objektsteuer handelt. Dem Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) unterliegen (in der für das berufungsgegenständliche Jahr 2004 maßgeblichen Fassung) gemäß § 1 Abs. 1 ua Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, insbesondere Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, das den Anspruch auf Übereignung begründet, sowie der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist. § 3 GrEStG, der unter der Überschrift "Ausnahmen von der Besteuerung" steht, beinhaltet im Abs. 1 Z 2 die Regelung, dass der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG in der jeweils geltenden Fassung von der Besteuerung ausgenommen sind. Schenkungen unter einer Auflage sowie Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, sind nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage oder der Gegenleistung übersteigt.

Zusammenfassend nimmt demnach § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG Grundstückserwerbe von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von der Besteuerung nach dem GrEStG aus.

§ 8 ErbStG sieht jedoch bei Zuwendungen von Grundstücken in Abs. 4 eine Erhöhung der sich nach dem Tarif des § 8 Abs. 1 und 2 ErbStG ergebenden Steuer vor und gestaltet diesen "Zuschlag" als Mindeststeuer, die somit grundsätzlich auch dann zu entrichten ist, wenn sich im Übrigen eine Erbschafts- bzw. Schenkungssteuerschuld nicht ergibt.

Die Funktion und Rechtfertigung des Zuschlages nach § 8 Abs. 4 und 5 ErbStG wird in der Rechtsprechung des VwGH und in der Lehre darin gesehen, einen Ausgleich für die nach § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG (bzw. seine Vorgängerbestimmungen) entfallende Grunderwerbsteuerpflicht zu schaffen (vgl. - "Ersatz für eine entgehende Grunderwerbsteuer"; , 81/15/0119 - "Äquivalent für die auf Grund der Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Z 2 GrEStG entgangene GrESt", Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht, 101; Stoll, Rentenbesteuerung4, 760; Dorazil/Taucher, ErbStG4 § 8 Tz 6.1). Dem entspricht die gängige Bezeichnung dieses Zuschlages als Grunderwerbsteueräquivalent.

Im Schrifttum wird dieses Grunderwerbsteueräquivalent vorwiegend als Objektsteuer qualifiziert (vgl. Stoll, Rentenbesteuerung4, 761 - "objektsteuerartig"; Briem, Das Grunderwerbsteuer-Äquivalent, Zur Auslegung des § 8 Abs. 4 und 5 ErbStG, NZ 1989, 118).

Auch der VwGH hat das Grunderwerbsteueräquivalent als "einen Einbruch des Grunderwerbsteuerrechtes in das Erbschaftssteuerrecht" bezeichnet (vgl. Erkenntnisse vom , 2749/54, bzw. , 1744/55).

Weiters führt der VfGH im Erkenntnis vom , B 706/00, im Zusammenhang mit der Vorschreibung von Erbschaftsteuer für den todeswegigen Erwerb von Grundstücken an den erbserklärten Erben im Fall eines Nachlasskonkurses wie folgt aus: "Der VfGH hegt grundsätzlich keine Bedenken dagegen, dass § 8 Abs. 4 ErbStG beim (unentgeltlichen) Erwerb von Grundstücken einen Zuschlag vorsieht und diesen in Abs. 5 leg.cit. als Mindeststeuer ausgestaltet: Es steht dem Gesetzgeber frei, Grundstückserwerbe entgeltlicher wie unentgeltlicher Art umfassend einer objektsteuerartigen Verkehrsteuer zu unterwerfen. Es wäre dem Gesetzgeber daher unbenommen, auch unentgeltliche Grundstückserwerbe prinzipiell in die Steuerpflicht nach dem GrEStG 1987 einzubeziehen und auf der anderen Seite die durch einen unentgeltlichen Grundstückserwerb eintretende Bereicherung im Rahmen der Erbschaftssteuer (als Personensteuer) zu erfassen. Wenn der Gesetzgeber daher in § 3 GrEStG 1987 die Grundstückserwerbe von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden von der Besteuerung nach diesem Gesetz ausnimmt, so liegt es in seinem steuerpolitischen Gestaltungsspielraum, diese Erwerbe im Bereich der Erbschaftssteuer einer höheren Besteuerung zu unterwerfen, um auf diese Weise den Entfall der Grunderwerbsteuer auszugleichen. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Doppelbesteuerung kann in dieser Vorgangsweise nicht erblickt werden, solange die Erfassung von Grundstückserwerben nach den beiden Steuern in sich sachlich ist. Es erscheint daher auch unbedenklich, dass dieses Grunderwerbsteueräquivalent auch bei einem überschuldeteten Nachlass vorzuschreiben ist, solange der Erbe oder sonstige Rechtsnachfolger tatsächlich ein Grundstück erwirbt (mag er auch keine Bereicherung erfahren)."

Der VfGH sieht demnach das Grunderwerbsteueräquivalent ebenfalls als eine "objektsteuerartige Verkehrsteuer" an.

Hingewiesen sei überdies auf das Erkenntnis vom , G 54/06 ua, worin der VfGH die Gleichheitswidrigkeit des Grundtatbestandes der Besteuerung des Erwerbs von Todes wegen im ErbStG festgestellt und wie folgt ausgeführt hat: "Dieses sog. Grunderwerbsteueräquivalent findet seine Begründung nämlich in dem Umstand, dass Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen von Grundstücken nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen, und dürfte weder beabsichtigen noch bewirken, dass die bemessungsrechtliche Unterbewertung des Grundbesitzes durch eine Tarifmaßnahme kompensiert wird, zumal der Zuschlag bereits zu einer Zeit bestand, in der noch regelmäßig Hauptfeststellungen stattfanden."

Dazu kommt noch die mittels BGBl I 2000/142 bewirkte vollständige Angleichung in den Steuersätzen und den Voraussetzungen für ihre Anwendung im Grunderwerbsteueräquivalent und in der (eigentlichen) Grunderwerbsteuer. Auch die Grunderwerbsteuer unterscheidet ungeachtet ihres allgemeinen Charakters als Objektsteuer in § 7 GrEStG nach den persönlichen Verhältnissen der an dem Steuervorgang Beteiligten.

Der Unabhängige Finanzsenat geht deshalb ebenfalls davon aus, dass das Grunderwerbsteueräquivalent trotz seiner Ausgestaltung als Zuschlag zu einer Personensteuer als eine Objektsteuer zu werten ist.

Da zudem auch in der Literatur, bezogen auf den gegenständlichen Fall des Liegenschaftsüberganges durch ein Stiftungsgeschäft, die Abzugsfähigkeit des Grunderwerbsteueräquivalents im Zuge der Gründung einer Privatstiftung hervorgehoben wird (vgl. Rief, Zur Abzugsfähigkeit der Gründungsaufwendungen einer Privatstiftung, RdW 1994, 33; Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungssteuerrecht - Kommentar1, II/267) und im Übrigen die von der Finanzverwaltung in den - für den Unabhängigen Finanzsenat in keiner Weise rechtsverbindlichen - Einkommensteuerrichtlinien vorgenommene Charakterisierung des Grunderwerbsteueräquivalents als nichtabzugsfähige Personensteuer nicht weiter begründet ist, kommt das Abzugsverbot der §§ 12 Abs. 1 Z 6 KStG 1988 bzw. 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht zur Anwendung. Der Umstand, dass in § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 seit dem BudBG 2009, BGBl I 2009/52, ausdrücklich die "aus Anlass einer unentgeltlichen Grundstücksübertragung anfallende Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühren und andere Nebenkosten" als nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben angeführt sind, kann in Bezug auf das berufungsgegenständliche Jahr 2004 nichts daran ändern.

Der Berufung ist deshalb Folge zu geben.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

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