Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSS vom 01.10.2013, RV/0156-S/13

Berufung wegen Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO; Aufhebung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Dr. Soini-Wolf und die weiteren Mitglieder Dr. Peter Meister, Dr. Walter Zisler und Dr. Martin Neureiter über die Berufung des A B, in C, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt je vom betreffend die Abweisung von Anträgen um Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO vom und vom nach der am in 5026 Salzburg-Aigen, Aignerstraße 10, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Anbringen vom beantragte der Berufungswerber (Bw) A die Wiederaufnahme für folgende Bescheide: 1) Bescheid Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen vom ; € 31.820,52 2) Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom ; € 3.352,75 3) Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom ; € 59.120,18 4) Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen vom ; € 60.153,85 5) Bescheid über Barauslagenersatz vom ; € 5,70.

In der Begründung wurde ausgeführt, dass es dem Bw unklar sei ob es eine Art Pfändungsbescheid gäbe. Auf das weitere Vorbringen dazu und der darin gestellten Anträge wird verwiesen.

Weiters stellte der Bw den Antrag auf Aussetzung der Einhebung des derzeitigen Rückstandes, worauf ebenfalls verwiesen wird.

Außerdem sei ein neues Beweismittel dazu gekommen und zwar, dass der UFS alle Umsatzsteuerbescheide und Ek Steuerbescheide, welche Grundlage für die vorangegangenen Bescheide gewesen seien abgeändert habe bzw. die Ek Steuerbescheide ebenfalls abändern werde. Auf das weitere Vorbringen betreffend Fristsetzungsantrag wird verwiesen.

Mit weiterem Anbringen vom beantragte der Bw neben anderen Anträgen die Wiederaufnahme und Aufhebung folgender Bescheide: 1) Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom 2) Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen vom 3) Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom 4) Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom 5) Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen vom (2004-2007) 6) Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen vom (2004-2007) 7) Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom , 2006 8) nochmals für Bescheid betreffend Aussetzungszinsen vom 9) Bescheid über die Abweisung der Aussetzung der Einhebung vom und 10) Vollstreckungsbescheid vom .

In der Begründung wurde als Grund für die Wiederaufnahme sämtlicher Bescheide im Wesentlichen ausgeführt, dass diese o.g. Bescheide von Vorfragen abhängig waren, insbesondere die Bestimmung der Abgabehöhe laut UFS in den EK und USt Bescheiden, weiters seien neue Tatsachen hinzugekommen, welche die Abgabenhöhe, den Grund der Abgabe und Sachverhaltselemente (usw.) die sich auf die Steuerermittlung entsprechend ausgewirkt hätten, abgeändert wurden. Eine wesentliche Steuernachzahlung habe, ist oder hätte nie bestanden, welche eine Pfändung rechtfertigen würde auch bestätige das Finanzamt im Vollstreckungsbescheid, dass ein Guthaben von € 20.000,-- am Konto sei. Der Bw verwies auch darauf, dass bei hervorkommen neuer Sachverhaltselemente die Behörde von sich aus aktiv werden müsste und die Bescheide richtig zu stellen hätte.

Auf das weitere Vorbringen betreffend Korrektur der falschen Bescheide sowie einer allfälligen Verzinsung, richtigen Abrechnung und kontomäßigen Darstellung wird verwiesen.

Diese Ansuchen um Wiederaufnahme wurden seitens des Finanzamtes mit Bescheiden je vom als unbegründet abgewiesen.

Im Abweisungsbescheid zum Antrag vom wurde über alle fünf im Antrag angeführten Bescheide abgesprochen. Im Abweisungsbescheid betreffend den Antrag vom wurde über die Wiederaufnahme der Bescheide über Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen vom , Festsetzung von Aussetzungszinsen vom , Festsetzung, von Aussetzungszinsen vom , Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen vom und den Vollstreckungsbescheid vom abgesprochen.

In den Begründungen beider Bescheide wurde der Gesetzestext der Bestimmung des § 303 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) angeführt. Weiter wurde ausgeführt, da keine dieser Voraussetzungen im Sinne des § 303 BAO vorlägen, sei eine Wiederaufnahme ausgeschlossen. Der Bw wurde jedoch darauf hingewiesen, dass Nebengebührenbescheide aufgrund anderer verfahrensrechtlicher Bestimmungen - welche ihm mit gleicher Post übermittelt wurden - teilweise abgeändert oder aufgehoben werden können.

Gegen diese Bescheide erhob der Bw mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Berufung und Vorlageantrag. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Finanzamt völlig denkunmöglich und rechtswidrig die gesamten Wiederaufnahmeanträge nicht bearbeitet (erg. habe), obwohl eindeutig hervorgehe, dass diese Bescheide von Vorfragen abhängig waren, und nachträglich über eine solche Vorfrage vom UFS (siehe Einkommenssteuerbescheide 2003 bis 2007 und Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2007) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde. Auch stehe sonst keine Möglichkeit mehr offen, die Bescheide vollständig zu beseitigen. Die vom Finanzamt angesprochenen Möglichkeiten könnten den Bescheid (erg. die Bescheide) nicht zur Gänze aufheben oder richtigstellen. Der Bw beantragte die Entscheidung durch den UFS Senat, auf eine mündliche Verhandlung wurde verzichtet.

Das Finanzamt legte diese Berufung sodann ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem UFS-Salzburg vor.

Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen.

Aus einem Aktenvermerk des Finanzamtes geht hervor, dass ein Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen 2006 vom (im zweiten Antrag vom ) nicht existiere.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 303 Abs. 1 BAO lautet: Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrensist statt zu geben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hierfür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach Abs. 2 leg citist der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 binnen einer Frist von drei Monatenvon dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Gemäß § 303a BAO hat der Wiederaufnahmsantrag zu enthalten:a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird; b) Die Bezeichnung der Umstände (§ 303 Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird; c) Die Angaben, die zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Antrages notwendig sind; d) bei einem auf § 303 Abs. 1 lit b gestützten Antrag weiters Angaben, die zur Beurteilung des fehlenden groben Verschuldens an der Nichtgeltendmachung im abgeschlossenen Verfahren notwendig sind.

§ 85 Abs. 2 BAO lautet: Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung der Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Der Wiederaufnahmeantrag bedarf somit gemäß § 303a BAO bestimmter Form und Inhaltserfordernisse. Entspricht der Wiederaufnahmeantrage nicht diesen Erfordernissen so liegen inhaltliche Mängel im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO vor. Die Abgabebehörde ist daher verpflichtet, mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen. Liegt kein den Erfordernissen des § 303a BAO entsprechender Antrag vor, darf - vor Behebung der inhaltlichen Mängel - eine Sachentscheidung nicht getroffen werden. Ergeht trotz Vorliegen von Mängeln des Wiederaufnahmeantrages vor deren Behebung eine meritorische Entscheidung, so ist diese rechtswidrig (siehe dazu , , ).

Den Anträgen fehlen konkrete Angaben durch welche UFS-Entscheidungen (konkret; Datum Geschäftszahl) welche Abgaben mit Auswirkung auf welche Bescheide herabgesetzt wurden. Zu klären ist dabei auch, ob dadurch der Grund nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO (Neue Tatsachen oder Beweismittel) oder der Grund nach § 303 Abs. 1 lit. c BAO (andere Entscheidung über Vorfragen; beide wurden vom Bw angezogen) geltend gemacht wird. Im Falle von neuen Beweismitteln wären gem. § 303a lit. d BAO auch Angaben für die Beurteilung des Fehlens eines groben Verschuldens an der Nichtgeltendmachung notwendig.

Den Anträgen fehlen jedoch jedenfalls Angaben, die es zulassen würden, die Rechtzeitigkeit der Antragstellung zu überprüfen. Der Zeitpunkt der Rechtzeitigkeit ist so genau anzugeben, dass daraus die Einhaltung der Frist (§ 303 Abs. 2 BAO) eindeutig und zuverlässig überprüfbar ist. Der Nachweis, wann der Antragsteller die entsprechende Kenntnis erlangt hat, obliegt ihm selbst. Aus den gegenständlichen Anträgen ist in keiner Weise ersichtlich, wann der Bw von etwaigen Wiederaufnahmegründen Kenntnis erlangt hat bzw. fehlen zu diesem Punkt jegliche Angaben.

Wie aus dem Akteninhalt zu ersehen ist dürfte der Bescheid vom (Aussetzungszinsen 2006) gar nicht existieren, bzw. wurde auch doppelt für den Bescheid betreffend Aussetzungszinsen vom eine Wiederaufnahme beantragt.

Die gegenständlichen Wiederaufnahmeanträge sind daher im Sinne des § 303a lit. b und c BAO iVm § 303 BAO mit inhaltlichen Mängeln behaftet. Ein Mängelbehebungsauftrag ist seitens des Finanzamtes nicht erfolgt. Eine inhaltliche Entscheidung über die gestellten Wiederaufnahmeanträge hätte daher nicht ergehen dürfen.

Der angefochtene Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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