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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 01.10.2013, RV/1145-L/11

Zurückweisung eines neuerlichen Nachsichtsansuchens wegen entschiedener Sache.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch RA, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom , mit dem der Antrag vom auf Nachsicht der mit Bescheid vom vorgeschriebenen Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 528,75 € abgewiesen wurde, entschieden:

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird wie folgt abgeändert:

Der Antrag vom auf Nachsicht der mit Bescheid vom vorgeschriebenen Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 528,75 € wird wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde dem Berufungswerber die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 528,75 € vorgeschrieben.

Dieser laut Rückschein am zugestellte Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Eingabe vom beantragte der Berufungswerber die gänzliche Nachsicht der zurückgeforderten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld. Da sich seit August dieses Jahres seine (wöchentlichen) Arbeitsstunden von 40 auf 20 Stunden reduziert hätten, hätte sich dadurch natürlich auch sein Einkommen minimiert. Er zahle nach wie vor 450 € Alimente bei einem Einkommen von ca. 1.000 € und sähe sich daher nicht in der Lage, diesen Betrag aufzubringen. Es sei auch gesetzlich festgelegt, in Härtefällen Nachsicht zu gewähren. Er sei bisher von einem Irrtum ausgegangen, da er "dieses Geld weder beantragt, noch unterschrieben, noch bekommen habe" und jetzt von ihm eingefordert werde. Nichts desto trotz bitte er, diesen Antrag zu berücksichtigen.

Über Aufforderung des Finanzamtes legte der Berufungswerber seine finanziellen Verhältnisse in einem ausgefüllten, mit datierten Vermögensverzeichnis näher dar.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Nachsichtsansuchen ab, da weder (ausreichende) Gründe für eine persönliche noch für eine sachliche Unbilligkeit vorlägen bzw. vorgebracht worden wären. Es werde die Möglichkeit geboten, den Rückstand in kleinen Raten abzustatten. Ein entsprechendes Ratenansuchen wäre einzubringen. In der Anlage werde ein Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung übermittelt. Eine sich eventuell daraus ergebende Gutschrift würde die Abgabenschuld tilgen bzw. verringern.

Dieser Bescheid wurde laut Rückschein am vom Berufungswerber übernommen. Auch dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Nachdem das Finanzamt am zur Hereinbringung der Abgabenschuld eine Lohnpfändung verfügt hatte, beantragte der Berufungswerber mit Eingabe vom - ohne weitergehendes Vorbringen - neuerlich die Nachsicht der rückgeforderten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld. Er bitte auch von einer Pfändung bei seinem Arbeitgeber Abstand zu nehmen, "dessen" Bescheid er bereits in seinen Händen halte, obwohl er mit einem zuständigen Beamten nach einigen Unklarheiten einen Rückruf vereinbart hätte.

Dieses neuerliche Nachsichtsansuchen wies das Finanzamt mit Bescheid vom ab. In der Bescheidbegründung wurde näher erläutert, wann von einer persönlichen Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO auszugehen sei und in welchen Fällen eine sachliche Unbilligkeit vorliege. Es sei im gegenständlichen Fall jedoch weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit gegeben. Zu letzterer wurde noch angemerkt, dass nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 184/10 u.a., die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Zif. 1 KBGG in der Stammfassung mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich weiterhin in Geltung stünde.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom Berufung erhoben. Die Einhebung der nachsichtsgegenständlichen Forderung wäre nicht nur unbillig, sondern auch sachlich nicht gerechtfertigt aufgrund des Erkenntnisses des "Verwaltungsgerichtshofes" (gemeint wohl: Verfassungsgerichtshofes). Dieser habe die Rückzahlungsverpflichtung für ungesetzlich und unrechtmäßig erklärt, sodass sehr wohl von einer Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO auszugehen sei. Dies sei von der Erstbehörde zu Unrecht abgelehnt bzw. verneint worden. Es werde daher beantragt der Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, und dem Antrag stattzugeben.

Mit Wirksamkeit wurden die zurückgeforderten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld durch Überweisung eines Betrages von 528,75 € entrichtet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Diese Bestimmung findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung (§ 236 Abs. 2 BAO).

Auch im Abgabenverfahren (hier: Nachsichtsverfahren) sind neuerliche (wiederholte) Anträge, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, unzulässig. Dabei kommt es darauf an, ob die bereits entschiedene Sache ident mit jener ist, deren Entscheidung im Wege des neuerlichen Antrages begehrt wird. Abgesehen von der Identität des Begehrens und der Partei muss Identität des anspruchserzeugenden Sachverhaltes gegeben sein, damit das Verfahrenshindernis der res iudicata vorliegt (z.B. mit Hinweis auf Stoll, BAO, 944).

Im gegenständlichen Fall hatte der Berufungswerber bereits mit Eingabe vom um Nachsicht der Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 528,75 € ersucht. Dieses Ansuchen wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom abgewiesen.

Das Begehren im neuerliche Nachsichtsansuchen vom deckt sich gänzlich mit dem Ansuchen vom (Nachsicht der Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 528,75 €).

Da beide Ansuchen vom Berufungswerber gestellt wurden, liegt auch Parteienidentität vor.

Schließlich ist auch im entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eingetreten bzw. wurde vom Berufungswerber in seinem neuerlichen Nachsichtsansuchen keine solche aufgezeigt. In diesem Zusammenhang ist auf die den Antragsteller im Nachsichtsverfahren treffende erhöhte Mitwirkungspflicht hinzuweisen. Demnach hat dieser nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann. Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt somit beim Nachsichtswerber (Judikaturnachweise bei Ritz, BAO4, § 236 Tz 4). Es wäre daher am Berufungswerber gelegen gewesen, im neuerlichen Nachsichtsansuchen eine Änderung im entscheidungsrelevanten Sachverhalt aufzuzeigen, was jedoch tatsächlich nicht erfolgt ist, wurde doch im neuerlichen Ansuchen vom ohne weitergehendes Vorbringen lediglich neuerlich die Nachsicht der rückgeforderten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld beantragt.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Berufung vom (ansatzweise gerade noch erkennbar) eine sachlich bedingte Unbilligkeit der Einhebung geltend gemacht wird. Auch das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit der Einhebung war vom Finanzamt im Erstbescheid vom - wenn auch ohne nähere Begründung - ausdrücklich verneint worden. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die für die Beachtung der Rechtskraft maßgebende Identität der Sache auch dann vorliegt, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird, oder die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (vgl. ). Abgesehen davon liegt eine sachliche Unbilligkeit nicht vor, wenn sie ganz allgemein die Auswirkung genereller Normen ist. Materiellrechtlich legislatorisch bedingte Unzulänglichkeit ("Ungerechtigkeiten") sind keine Unbilligkeiten im Sinne des § 236 BAO. Keine Unbilligkeit liegt daher auch in den Fällen vor, in denen jemand als Folge des Art. 140 Abs. 7 B-VG kein Anlassfall mit Anspruch auf die "Ergreiferprämie" ist (Ritz, BAO4, § 236 Tz 13 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Da der Bescheid vom in Rechtskraft erwachsen war, konnte der Berufungswerber auch nicht Anlassfall im bereits oben erwähnten Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof sein.

Insgesamt gesehen wäre daher das berufungsgegenständliche neuerliche Nachsichtsansuchen vom bereits vom Finanzamt wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Abschließend wird noch angemerkt, dass eine allfällige Entscheidung darüber, ob dem innerhalb der Frist des § 302 BAO eingebrachten Antrag vom auf "Aufhebung des zu Grunde liegenden Bescheides" (vom betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 528,75 €) "wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes" Berechtigung zukommt, dem beim Unabhängigen Finanzsenat zu GZ. RV/0535-L/12 protokollierten Berufungsverfahren vorbehalten bleibt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at