Schule für Sozialbetreuungsberufe (Diakonie) - 2-jährige Ausbildung zum Fach-Sozialbetreuer - Behindertenbegleitung - Berufstätigenform
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des MW, F, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes S vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe von September 2010 bis Dezember 2010 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) beantragte am für den Zeitraum bis die Gewährung der Familienbeihilfe, da er sich in Ausbildung befinde. Dem Antrag beigelegt war eine Schulbesuchsbestätigung der DK. Darin heißt es:
"Hiermit wird betätigt, dass Herr MW, geb. am 1, vom bis das 1 Semester (Klasse 1 B) unserer Schule für SB besucht hat und seit besucht Herr W das 2. Semester. Die Teilnahmegebühr für das 1. Semester von € 380,-- wurde am eingezahlt."
Dem Versicherungsdatenauszug ist zu entnehmen, dass der Bw. seit - laufend als Angestellter bei der DT beschäftigt ist.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab. In der Begründung wurde auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 hingewiesen. Darüber hinaus war das Finanzamt der Ansicht, dass der Besuch der Schule für SfB der D.K. keine Berufsausbildung, sondern eine Weiterbildungsmaßnahme darstelle.
Am erhob der Bw. Berufung. Im Einzelnen begründete er sie folgendermaßen:
"Die Schule für Sozialbetreuungsberufe (berufsbegleitend) gehört zum berufsbildenden mittleren Schulwesen, dementsprechend zu den Humanberufsbildenden Schulen die vom Bildungsministerium anerkannt sind. Somit sind alle Voraussetzungen für eine Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes erfüllt - praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches Wissen in adäquater Unterrichtsdauer vermittelt wird. Der Abschluss erfolgt durch eine mündliche und schriftliche Fach- und Diplomprüfung. Außerdem wird für die Qualifizierung zur Ausübung von pflegerischen Maßnahmen und dem Verabreichen von Medikamenten, die Ablegung einer mündlichen Prüfung (Unterstützung bei der Basisversorgung) verlangt. Die Schule für Sozialbetreuungsberufe bildet zu Sozialberufen aus (Fach- und Diplomsozialbetreuer/Behindertenbegleitung), die gesetzlich anerkannt und im Kärntner Sozialbetreuungsgesetz geregelt sind. Daher handelt es sich bei der Schule für Sozialbetreuungsberufe explizit um eine anerkannte Berufsausbildung. Mit einer Abweisung erkläre ich mich nicht einverstanden, ich ersuche deshalb um sofortige Vorlage meiner Berufung an die nächste Instanz."
Über die Berufung wurde erwogen:
Nachstehender Sachverhalt wird aufgrund des Akteninhaltes, des Abgabeninformationssystemes der Finanzverwaltung, der hompage "www.diakonie-kaernten.at" und den Auskünften der Schule sowie dem Akteninhalt als erwiesen angesehen:
- Der Bw. begann im September 2010 mit der Schule für Sozialbetreuungsberufe in der berufsbegleitenden Form; er absolviert (zunächst) die 2-jährige Ausbildung zum Fach- Sozialbetreuer.
- Laut dem Folder der Schule für Sozialbetreuungsberufe, Ausbildungsschwerpunkt Behindertenbetreuung gibt es eine 2-jährige Ausbildung zum Fach-Sozialbetreuer und eine 3-jährige Ausbildung zum Diplom-Sozialbetreuer (Anm.: Das dritte Jahr schließt wahlweise an die Ausbildung zum Fach-Sozialbetreuer an) . Theorie und Praxis sind bei der Ausbildung keine Gegensätze, sondern aufeinander bezogene und sich ergänzende Elemente des Lernens. Die Ausbildung ist berufsbegleitend organisiert. Die Studierenden stehen in einem Arbeitsverhältnis oder haben einen Ausbildungspraxisplatz. Der Unterricht findet an zwei aufeinanderfolgenden Wochentagen statt. Dazu kommen ein Einführungswochenende am Schulbeginn und ein bis zwei Samstage pro Semester sowie pro Unterrichtsjahr 600 fachspezifische Praxisstunden in unterschiedlichen Arbeitsfeldern. Die Schule für Sozialbetreuungsberufe wird in der Berufstätigenform geführt. Bei der Eröffnung neuer Klassen ist eine Mindestteilnehmerzahl erforderlich.
- Laut Auskunft der Schule (Frau U) ist der Unterricht so organisiert, dass dieser an einem Tag von 13:30 bis 20:15 Uhr und am nächsten Tag von 8:30 - 16:45 Uhr stattfindet. In der ersten Klasse ist der Unterricht mittwochs bzw. donnerstags. Das Ausmaß der Paxis ist etwas geringer als der theoretische Unterricht. Die Ausbildung schließe mit dem Fach-Sozialbetreuer ab. Wird das 3. Ausbildungsjahr absolviert werde man zum Diplom-Sozialbetreuer ausgebildet.
- Die Grundkonzeption sowie das Ausbildungsprogramm etc. findet sich auf "www.diakonie-kaernten.at".
- MW ist seit bei der D.K. als Angestellter (Teilzeitbeschäftigung) beschäftigt. Sein Bruttoeinkommen bei der D. betrug 2010 € 11.131,86.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einen erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff "Berufsausbildung" jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (vgl. mwN).
Nach Abs. 1 lit. b 1. Satz steht die Familienbeihilfe zu, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet wird, wenn ihm durch den Schulbesuch die Ausübung seines Berufes nicht möglich ist. Weiters dürfen bestimmte Altersgrenzen nicht überschritten werden (vgl. Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar, § 2 TZ 28).
Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher definiert. Der VwGH hat hierzu in seiner (ständigen) Rechtsprechung folgende Kriterien entwickelt (sh für viele zB , , 2009/15/0089, , 2008/13/0015):
- Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen.
- Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen.
- Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein.
- Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus.
- Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird.
- Die oben angeführten Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd FLAG können auch dann vorliegen, wenn ein Kind erforderliche Prüfungen ablegen will und sich hierauf tatsächlich und zielstrebig vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt (, zur Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung).
- Ihren Abschluss findet eine Berufsausbildung jedenfalls mit dem Beginn der Ausübung eines bestimmten Berufes, auch wenn für den konkreten Arbeitsplatz noch eine spezifische Einschulung erforderlich sein mag.
Nach dieser Judikatur weist jede anzuerkennende Berufsausbildung ein qualitatives und ein quantitatives Element auf: Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang; die Ausbildung muss als Vorbereitung für die spätere konkrete Berufsausübung anzusehen sein und überdies die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar, § 2 Tz 36).
Im Berufungsfall ist strittig ist, ob die Ausbildung zum Fach-Sozialbetreuer, Berufstätigenform, der D.K. eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstellt.
Im Berufungsfall ist der Bw. seit Mai 2010 bei der D.K. angestellt. Für den Zeitraum Mai - Dezember 2010 erhielt er ein Bruttoentgelt von € 11.131,86. Der Bw. bezeichnet sich selbst als "Hilfskraft im Sozialbereich und Schüler". Die Ausbildung begann im September 2010. Im Berufungsfall ist offensichtlich, dass die Ausbildung in Bezugnahme auf die spezifische Tätigkeit des Bw. erfolgte. Da der Bw. vor Beginn der Ausbildung bereits angestellt war und auch während der Ausbildung vom Dienstgeber bereits Gehalt bezog, war er zu diesem Zeitpunkt bereits berufstätig. Die Ausbildung zum Fach-Sozialbetreuer stellt damit keine schulische oder kursmäßige Ausbildung einer nicht berufstätigen Person ohne konkreten zukünftigen Arbeitsplatz dar. Eine Berufsausbildung lag daher nicht vor (vgl. ).
Aus einem weiteren Grund liegt eine Ausbildung nicht vor: Laut Auskunft der Schule beträgt die wöchentliche Unterrichtszeit von 13:30 bis 20:15 Uhr und von 8:30 bis 16:45 Uhr somit 15 Stunden. Der Umfang der Praktika ist geringer. Laut dem Ausbildungsfolder beträgt die Gesamtstundenanzahl Unterricht für 2 Jahre 1300 Stunden; jener für Praktika 1200. Somit werden rund 8 % weniger Stunden für das Praktikum verwendet. Legt man nun dieses Ergebnis auf die wöchentliche Tätigkeit um, kommen zu den 15 Unterrichtsstunden noch rund 13 - 14 Praktikumstunden dazu. Insgesamt sind die Auszubildenden somit 28 - 29 Stunden beschäftigt. Eine Berufsausbildung kann jedoch in diesem Fall nach ständiger Rechtsprechung nur dann vorliegen, wenn bei Vorliegen von Lernstunden inklusive Pflichtpraktikumstunden zumindest 30 Wochenstunden aufzuwenden sind (). Diese Mindestanforderung liegt im Berufungsfall nicht vor.
Der Bw. wendet ein, dass die Schule für Sozialbetreuungsberufe (berufsbegleitend) vom Bildungsministerium anerkannt ist, dass sie zu den Humanberufsbildenden Mittleren Schulen, die vom Bildungsministerium anerkannt ist, gehöre. Damit lägen alle Voraussetzungen für eine Berufsausbildung iSd Gesetzes vor. Es werde praktischer und theoretischer Unterricht vermittelt, es werde eine mündliche und schriftliche Fach-/Diplomprüfung verlangt. Der Einwand verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Wie ausgeführt definiert das Familienlastenausgleichsgesetz nicht näher was unter Berufsausbildung zu verstehen ist. So kann eine Berufsausbildung unabhängig davon vorliegen, ob ein "gesetzlich anerkannter Ausbildungsweg", "ein gesetzlich definiertes Berufsbild" oder ein "gesetzlicher Schutz der Berufsbezeichnung" existiert (). Umgekehrt bedeutet dies, dass trotz "Anerkennung" der Schule seitens des Bildungsministeriums - bei Fehlen der von der Rechtsprechung entwickelten (o.a.) Kriterien - eine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes nicht vorliegt. Jede im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzuerkennende Berufsausbildung hat ein qualitatives und ein quantitatives Element aufzuweisen. Wie ausgeführt ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang entscheidend. Die Ausbildung muss als Vorbereitung für die spätere konkrete Berufsausübung anzusehen sein (Ausnahme: allgemein bildende Schulen) und überdies die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar, § 2, Tz 36). Was bei jemanden, der noch keinen Beruf ausübt als Berufsausbildung anzusehen ist, kann bei einem bereits Berufstätigen - wie im Streitfall - Berufsfortbildung darstellen (vgl. Cszaszar/Lenneis/Wanke a.a.O., TZ 38).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at