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Berufungsentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSW vom 07.09.2012, FSRV/0158-W/10

Verspätete Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Nichtentrichtung von Vorauszahlungen bei einschlägiger Vorstrafe

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, JG, in der Finanzstrafsache gegen XY, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Finanzamtes Wien 1/23 als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 1,

zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der Strafausspruch dahingehend abgeändert, dass die über die Bw gemäß § 33 Abs. 5 verhängte Geldstrafe auf € 400,00 und die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabsetzt wird.

Aus Anlass der Berufung werden die gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinstrG von der Bw zu ersetzenden Kosten des Finanzstrafverfahrens mit € 40,00 neu bestimmt.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis vom , StrNr. 1, hat das Finanzamt Wien 1/23 als Finanzstrafbehörde erster Instanz die Bw nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG für schuldig erkannt, weil sie vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes (UstG) entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für die Zeiträume 9-12/2009 in Höhe von € 1.299,18 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe.

Aus diesem Grund wurde über sie gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen ausgesprochen.

Die Kosten des Strafverfahrens wurden gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG pauschal mit € 50,00 bestimmt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten vom , wobei im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Die verspätete Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen sei nicht mit Absicht erfolgt und durch einen Irrtum des Steuerberaters verschuldet. Ein Vorsatz liege keineswegs vor.

Weiters sei nicht auf die persönlichen Verhältnisse sowie auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Strafbemessung Bedacht genommen worden.

Die Bw sei seit nicht mehr unternehmerisch tätig und seit in Insolvenz. Sie beziehe die Mindestpension und habe die Obsorgepflicht für einen geistig schwerstbehinderten Sohn.

Es werde daher die Aufhebung der Strafe und Umwandlung in eine Ermahnung beantragt.

Weiters werde aus wirtschaftlichen und obgenannten Gründen die kostenlose Beigabe eines Verteidigers, falls das Verfahren weitergeführt werden sollte, beantragt.

Zudem sei sie zur Verhandlung am nicht geladen worden.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Wesentliche Tatbestandsmerkmale einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sind in subjektiver Hinsicht das Vorliegen von zumindest Eventualvorsatz hinsichtlich der Unterlassung der Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden (rechtzeitigen, richtigen, vollständigen) Voranmeldungen und von Wissentlichkeit in Bezug auf die nicht zeitgerechte Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. b FinStrG ist eine Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG bereits dann bewirkt, wenn Umsatzsteuervorauszahlungen ganz oder teilweise bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet wurden.

Für die Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. FinStrG ist es daher tatbestandsmäßig nicht erforderlich, dass der Vorsatz der Bw darauf ausgerichtet war, Selbstbemessungsabgaben endgültig vor der Abgabenbehörde zu verheimlichen und somit einer Versteuerung zu entziehen. Gerade beim Tatbestand nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die bloß vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils den Regelfall dar ().

Festgestellt wird zur objektiven Tatseite der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, dass die Bw für die Monate 9-12/2009 weder Umsatzsteuervoranmeldungen fristgerecht abgegeben, noch die entsprechenden Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet hat. Erst nach Aufforderung zur schriftlichen Rechtfertigung als Verdächtige im Rahmen des gegenständlichen Finanzstrafverfahrens wurden die entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen am elektronisch übermittelt.

Wenn die Bw behauptet, die verspätete Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen sei nicht mit Absicht und durch einen Irrtum des Steuerberaters verschuldet, ist ihr zu erwidern dass es der Bw nicht entgangen sein kann, dass sie über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten keine Umsatzsteuervorauszahlungen innerhalb der gesetzlichen Frist geleistet hat, obwohl sie doch als Unternehmerin weiß, dass am 15. des zweitfolgenden Monats die Umsatzsteuervoranmeldungen einzureichen sind oder die Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet werden müssen. Überdies ist in Unternehmerkreisen allgemein bekannt, dass rechtzeitig Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben bzw. Umsatzsteuervorauszahlungen entsprechend zu entrichten sind. Hierbei handelt es sich um Bestimmungen, die kein steuerliches Spezialwissen voraussetzen. Dass dies auch der Bw bekannt war, ergibt sich schon daraus - wie im angefochtenen Erkenntnis zutreffend ausgeführt wird - , dass die Bw bereits im Rahmen des Finanzstrafverfahrens zur Zahl 2008/622-1 niederschriftlich am über die Folgen der nicht rechtzeitigen Entrichtung oder Meldung von Umsatzsteuervorauszahlungen nachweislich informiert wurde. Sie wusste demnach auch, dass durch die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Nichtentrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen Abgabenverkürzungen bewirkt werden.

Soweit die Bw vorbringt, auf ihre persönlichen Verhältnisse sowie auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei nicht Bedacht genommen worden, zumal sie seit nicht mehr unternehmerisch tätig und seit insolvent sei, eine Mindestpension beziehe und die Obsorgepflicht für einen geistig schwerstbehinderten Sohn treffe, wird zur Strafbemessung Folgendes ausgeführt.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist die Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

Gemäß § 23 Abs. 2 und 3 FinStrG sind bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß. Ebenso sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG werden gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet.

Als Erschwerungsgrund hat die Finanzstrafbehörde zu Recht die einschlägige Vorstrafe berücksichtigt. Nicht berücksichtigt wurde die Sorgepflicht für den behinderten Sohn. Bedenkt man, dass im gegenständlichen Fall die im § 23 Abs. 4 FinStrG normierte Mindeststrafe € 259,83 beträgt und die von der Finanzstrafbehörde erster Instanz bei einem Strafrahmen von € 2.598,36 verhängte Geldstrafe von € 500,00 ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens bemessen wurde, so wird deutlich, dass trotz des berechtigten Vorbringens der Sorgepflicht für den behinderten Sohn und unter besonderer Berücksichtigung der äußerst angespannten wirtschaftlichen Situation der Bw im Rahmen der vorliegenden Berufung eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe, wie aus dem Spruch der gegenständlichen Entscheidung ersichtlich, kein Raum bleibt.

In der Berufungsschrift wird u. a. beantragt, der Bw anstelle der festgesetzten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe eine Verwarnung zu erteilen.

Gemäß § 25 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde von der Einleitung oder von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens und von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat jedoch dem Täter mit Bescheid eine Verwarnung zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ihn von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.

Ob die Folgen geringfügig sind, ist bei der Abgabenverkürzung vor allem nach der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages zu beurteilen. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung kann beispielsweise bei Verkürzungsbeträgen von ca. S 26.000,00 (= € 1.889,49, ) und ca. S 23.000,00 (= € 1.671,48, ) von "unbedeutenden Folgen" im Sinne des § 25 Abs. 1 FinStrG nicht gesprochen werden. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass auch kein geringfügiges Verschulden der Bw vorliegt. In Anbetracht der einschlägigen Vorstrafe kann von einem geringfügigen Verschulden keineswegs gesprochen werden, sodass ein Absehen von der Verhängung einer Strafe (§ 25 Abs. 1 FinStrG) daher nicht in Betracht kommt.

Zum Antrag auf Verfahrenshilfe wird ausgeführt:

§ 77 Abs. 3 FinStrG: Ist in Verfahren, in denen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses gemäß § 58 Abs. 2 einem Spruchsenat obliegt, der Beschuldigte außerstande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts die Kosten der Verteidigung zu tragen, so hat die Finanzstrafbehörde auf Antrag des Beschuldigten, wenn und soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist, dem Beschuldigten für das gesamte Verfahren oder für einzelne Verfahrenshandlungen einen Verteidiger beizugeben, dessen Kosten er nicht zu tragen hat.

Gemäß § 58 Abs. 2 FinStrG obliegt die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses, soweit nicht gerichtliche Zuständigkeit gemäß § 53 gegeben ist, einem Spruchsenat (§ 65) als Organ der Finanzstrafbehörde erster Instanz, a) wenn der strafbestimmende Wertbetrag bei den im § 53 Abs. 2 bezeichneten Finanzvergehen 11 000 Euro, bei allen übrigen Finanzvergehen 22 000 Euro übersteigt, b) wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter die Fällung des Erkenntnisses durch einen Spruchsenat beantragt. Im Fall eines vorausgegangenen vereinfachten Verfahrens (§ 143) ist ein solcher Antrag im Einspruch gegen die Strafverfügung, in den übrigen Fällen bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung oder, wenn eine solche gemäß § 125 Abs. 3 nicht stattfindet, bis zur Abgabe der Verzichtserklärung zu stellen.

Da kein entsprechender fristgerechter Antrag auf Befassung des Spruchsenates eingelangt ist, war es der Finanzstrafbehörde erster Instanz verwehrt, einen Verfahrenshelfer bestellen zu lassen.

Zum Vorbringen, die Bw sei zur Verhandlung am nicht geladen, wird auf die Aktenlage verwiesen, wonach laut Auskunft des Postamtes 1226 Wien die Bw die Vorladung zur mündlichen Verhandlung am eigenhändig gegen Unterschrift übernommen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at