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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 21.07.2011, RV/1774-W/11

Zuflusszeitpunkt von Nachzahlungen im Insolvenzverfahren

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1774-W/11-RS1
Der Zuflusszeitpunkt von Nachzahlungen im Insolvenzverfahren richtet sich nach der Bestimmung des § 19 Abs. 1 EStG 1988; mit dieser Norm wird der Zuflusszeitpunkt in das Jahr des Entstehens des Anspruches verlagert. Maßgeblich ist bei Nachzahlungen im Insolvenzverfahren somit, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch entstanden ist (siehe dazu bereits ). Generell gilt, dass Beendigungsansprüche mit dem arbeitsrechtlichen Ende des Dienstverhältnisses entstehen; dieses ist daher für die Zuordnung der Bezüge zum Kalenderjahr maßgeblich, während hingegen die Fälligkeit (bzw. der Zeitpunkt der Auszahlung) nicht entscheidend ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) brachte am ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2009 elektronisch beim Finanzamt ein. Der am ergangene, Bezug habende Einkommensteuerbescheid weist folgende Bezüge der Bw. auf (jeweils Kz 245 des Lohnzettels):

- Für den Zeitraum 1. Jänner bis : Bezüge von der A-GmbH in Höhe von 7.797,06 €.

- Für den Zeitraum 1. September bis : Bezüge von der A-GmbH in Höhe von 3.920,13 €.

- Für den Zeitraum : Bezüge von der IAF Service GmbH in Höhe von 1.395,11 €.

- Für den Zeitraum : Bezüge von der IAF Service GmbH in Höhe von 4.657,02 €.

Aus dem gegenständlichen Einkommensteuerbescheid für 2009 resultierte eine Abgabennachforderung von 567,88 €.

Aus dem Firmenbuch sowie dem Bezug habenden Arbeitnehmerveranlagungsakt der Bw. (im Folgenden kurz: ANV-Akt) ergibt sich, dass über das Vermögen der A-GmbH am beim Landesgericht B, GZ. C, der Konkurs eröffnet wurde (Firmenbuchauszug vom , S 30 ff UFS-Akt); die Bw. war bei der A-GmbH als Angestellte bis zum beschäftigt (S 2, 8, 30 ANV-Akt). Die Nachzahlungen im Insolvenzverfahren durch die IAF Service GmbH betrafen ua. eine Kündigungsentschädigung (für den Zeitraum bis ) und eine Urlaubsersatzleistung (für den Zeitraum bis (S 30 ANV-Akt)).

Gegen den oa. Einkommensteuerbescheid vom erhob die Bw. am Berufung:

Laut Bescheid sei eine Abgabennachforderung von 567,88 € festgesetzt worden. Die A-GmbH sei in Konkurs gegangen. Teile des Gehaltes der Bw. seien vom Insolvenzfonds ausbezahlt worden. Durch die Auszahlung über den Insolvenzfonds habe die Bw. bereits ca. 600,00 € mehr an Lohnsteuer bezahlt, als sie bei der Abrechnung über die A-GmbH bezahlt hätte.

Bei der Einkommensteuerermittlung für 2009 seien sämtliche Bezüge des Insolvenzfonds von 2010 mitberechnet worden, obwohl Teile davon erst im Jahr 2010 ausbezahlt worden seien. Durch diese Berechnungsart entstehe eine ganz klare Schlechterstellung der Bw., sie verliere insgesamt mehr als ein Monatsgehalt, bei insgesamter Auszahlung über den Insolvenzfonds für fünf Monate.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung der Bw. als unbegründet ab:

Die offenen Lohnansprüche 2009, auch wenn sie erst im Jahr 2010 vom Insolvenzfonds ausbezahlt worden seien, gehörten in das Jahr 2009. Es gelte das Anspruchsprinzip und nicht das Zuflussprinzip.

Am beantragte die Bw. die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz.

Am erging ein Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes an die Bw., mit dem diese aufgefordert wurde, bis zum bekannt zu geben, gegen welchen Bescheid sich die Berufung richte, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde, welche Änderungen beantragt würden und die Berufung zu begründen.

Mit Schreiben vom teilte die Bw. mit, der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom werde wegen der Abgabennachforderung von 567,88 € angefochten. Die Bw. habe durch die Berechnungsform des Insolvenzfonds bereits um rund 200,00 € mehr Lohnsteuer bezahlt; "bei Durchrechnung 2009" müsste sie 200,00 € Gutschrift bekommen.

Sie sei bis bei der A-GmbH gemeldet gewesen, dies scheine auch beim Hauptverband der Krankenkassen in der EDV auf. In dieser Zeit sei auch der anteilig angefallene Urlaub für 2010 dabei, des weiteren zusätzliche angefallene Beträge, alle für 2010, es könne doch nicht der Urlaub für 2010 für 2009 berücksichtigt werden.

In der Berechnung der Einkommensteuer 2009 seien 15 Monate und 22 Tage berücksichtigt, also insgesamt 14,5 Gehälter und mehr als 3 Sonderzahlungen.

Die Bw. beantrage daher die Änderung des Bescheides in der oben angeführten Form.

Am wurde das Rechtsmittel der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 19 Abs. 1 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 99/2007, lautet:

"Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht. Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt."

Fest steht im vorliegenden Fall, dass über das Vermögen der A-GmbH am beim Landesgericht B der Konkurs eröffnet wurde; die Bw. war bei der A-GmbH als Angestellte bis zum beschäftigt (Austritt). Weiters steht fest, dass die Auszahlung der streitgegenständlichen Beträge durch die IAF Service GmbH erfolgt ist (teilweise erst im Jahr 2010); demnach handelt es sich um Nachzahlungen in einem Insolvenzverfahren. Das Finanzamt hat diese Nachzahlungen dem Veranlagungszeitraum 2009 zugeordnet und in diesem Jahr der Besteuerung unterworfen.

Strittig ist im vorliegenden Fall, wann die gegenständlichen Nachzahlungen im Insolvenzverfahren (ua. Kündigungsentschädigung, Urlaubsersatzleistung) als zugeflossen gelten; damit ist die Frage verbunden, ob die Beendigungsansprüche bereits im Jahr 2009 (in dem das Beschäftigungsverhältnis der Bw. zur A-GmbH geendet hat) entstanden sind.

Dazu ist aus Sicht des Unabhängigen Finanzsenates Folgendes festzuhalten:

Der Zuflusszeitpunkt von Nachzahlungen im Insolvenzverfahren richtet sich nach der Bestimmung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 (zu dieser siehe oben); mit dieser Norm wird der Zuflusszeitpunkt in das Jahr des Entstehens des Anspruchesverlagert. Maßgeblich ist bei Nachzahlungen im Insolvenzverfahren somit, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch entstanden ist (siehe dazu bereits die Berufungsentscheidung , auf die in diesem Zusammenhang verwiesen wird, und die dort zitierte Judikatur). Generell gilt, dass Beendigungsansprüche mit dem arbeitsrechtlichen Ende des Dienstverhältnisses entstehen; dieses ist daher für die Zuordnung der Bezüge (zB Urlaubsersatzleistungen, Kündigungsentschädigungen) zum Kalenderjahr maßgeblich, während hingegen die Fälligkeit (bzw. der Zeitpunkt der Auszahlung) nicht entscheidend ist.

Damit ist aber das Schicksal der Berufung bereits entschieden:

Da das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses der Bw. zur A-GmbH in 2009 lag (Austritt), sind auch die daraus resultierenden Beendigungsansprüche in diesem Jahr entstanden, weshalb die streitgegenständlichen Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 als im Jahr 2009 zugeflossen gelten. Dass die strittigen Beträge ua. die Zeiträume bis bzw. bis betreffen und teilweise erst im Jahr 2010 durch die IAF Service GmbH an die Bw. ausbezahlt wurden, ist - entgegen deren Rechtsauffassung - nicht maßgeblich.

Abschließend ist noch anzumerken, dass jene Rechtslage, wonach der Zeitpunkt der Auszahlung für den Zufluss des Insolvenz-Ausfallgeldes entscheidend war, nur für Konkurse galt, die bis zum eröffnet wurden; mit dem Inkrafttreten des § 19 Abs. 1 EStG 1988 idF des Abgabenänderungsgesetzes 2005, der für Konkurse gilt, die nach dem eröffnet wurden (und somit im gegenständlichen Fall anzuwenden ist), wurde der Zuflusszeitpunkt von Nachzahlungen im Insolvenzverfahren in das Jahr des Entstehens des Anspruches verlagert (siehe oben).

Hieraus folgt, dass das Finanzamt die Bezüge der IAF Service GmbH bei der Festsetzung der Einkommensteuer zu Recht bereits für das Jahr 2009 erfasst hat, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Zufluss
Nachzahlungen im Insolvenzverfahren
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at