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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 21.07.2011, RV/0319-W/09

Anlaufzeitraum, Privatgeschäftsvermittler

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adr.Bw., vertreten durch Mag. Wolfgang Reiter, Wirtschaftstreuhänder, 1090 Wien, Alserbachstraße 5/DG/17, gegen die Bescheide des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2006 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2006 werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufigen Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 vom , der gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufigen Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2004 vom , dem gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufigen Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 vom sowie dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt für das Jahr 2006 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) erzielte in den streitgegenständlichen Jahren 2003 bis 2006 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit noch (Verluste) aus Gewerbebetrieb ihrer im Jahr 2003 begonnenen und im Jahr 2005 (Gewerbestilllegung per ) beendeten Tätigkeit als F. -Beraterin. Der Gewinn bzw der Verlust wird gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988 ermittelt.

Darstellung der Einnahmen und Ausgaben in den Jahren 2003 bis 2005 (in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2003
2004
2005
2006
Erlöse
4.648,42
11.497,49
11.583,67
übrige Erträge
525,00
----
----
Summe Erträge
5.173,42
11.497,49
11.583,67
Waren-Roh- u.Hilfstoffe
1.676,40
5.530,89
5.630,22
AfA
200,00
400,00
400,00
Reise- u.Fahrtspesen
3.096,36
4.795,22
4.949,42
Miet-u. Pachtaufw.
494,64
---
----
übrige u./o. pauschale Aufw./BA
3.108,15
2.389,71
848,41
Instandhaltung
---
183,58
----
Werbe/Reprä.
----
95,52
151,11
Zinsen
----
115,00
413,06
Summe Ausg.
8.575,55
13.509,92
Gew./Verl.
-3.402,13
-2.012,43
-808,55
-1.087,98*)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
*)
Übergangsverlust
-250,00
Veräußerungsgew.
-30,00
AfA
200,00
Reise- u. Fahrtspesen
607,98
G/V
-1.087,98

Mit vorläufigem Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 vom , mit vorläufiger Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2004 vom sowie vorläufigem Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 vom wurden die Verluste aus Gewerbebetrieb zunächst anerkannt.

Mit endgültigen Bescheiden betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2006 jeweils datiert vom wurden die Verluste aus Gewerbebetrieb nicht anerkannt.

Begründend wurde jeweils ausgeführt:

"Ihre Tätigkeit als Warenpräsentator, welche nebenberuflich ausgeübt wurde, ist aufgrund der Strukturierung des Vertriebssystems objektiv nicht dazu geeignet, auf Dauer Gewinne zu erzielen (siehe Verhältnis der erzielten Einnahmen zu den Ausgaben und Aufwendungen für Diäten, Kilometergeld usw).

In der Zeit Ihrer Tätigkeit haben Sie kein einziges positives Jahresergebnis erzielt.

Nach Durchführung der von der Liebhabereiverordnung geforderten Kriterienprüfung und der Tatsache, dass Sie Ihre Tätigkeit vor Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet haben, besteht Liebhaberei im Sinne der Liebhabereiverordnung. Die ab geltend gemachten Verluste können daher steuerlich nicht anerkannt werden."

Mit Eingabe vom erhob der steuerliche Vertreter der Bw gegen die oa Bescheide Berufung. Begründend wurde ausgeführt:

"Bei der vom BMF zur sogenannten "Liebhaberei" veröffentlichten Verordnung (L-VO) werden in typisierender Betrachtung grundsätzlich zwei Arten von Betätigungen unterschieden. Zu der sogenannten "Betätigung mit Annahme einer Einkunftsquelle"- § 1 Abs 1 L-VO zählen gewerbliche oder andere Betätigungen, die typischerweise Einkunftsquelle darstellen.

Zu der Betätigung mit Annahme von Liebhaberei"- § 1 Abs 2 L-VO zählen Betätigungen, bei denen Luxuswirtschaftsgüter oder andere in einem besonderen Maß auch für die Nutzung im Rahmen der Lebensführung geeignete Wirtschaftsgüter bewirtschaftet werden. Als Beispiele werden häufig angeführt: Vollblut- oder Schafzucht, Rennpferdhaltung, "Freizeitlandwirtschaft", Handel oder entgeltliche Ausstellung von Kunstwerken oder Antiquitäten, Vermieten von Yachten oder Privatflugzeugen etc.) oder die sonst typischerweise einer privaten Neigung entsprechen (zB Reiseschriftsteller, Sportamateure). bei diesen Tätigkeiten wird das Vorliegen von Liebhaberei bei Auftreten von Verlusten grundsätzlich angenommen.

Bei Tätigkeiten, die zur "Betätigung mit Annahme einer Einkunftsquelle" führen sind die Verluste der ersten drei Jahre (bzw fünf Jahre ab der "ersten Ausgabe") jedenfalls anzuerkennen (§ 2 Abs 2 L-VO). Sodann wird anhand bestimmter Kriterien das Vorliegen einer Einkunftsquelle geprüft (§ 2 Abs 1 L-VO). Dabei sind etwa Ausmaß und die Entwicklung der Verluste (Steigen oder Fallen?, Verhältnis zwischen Umsatz und Verlusten?) oder das marktgerechte Verhalten im Hinblick auf die angebotenen Leistungen und die Preisgestaltung zu prüfen. Wesentlich sind vor allem auch Bemühungen des Steuerpflichtigen um strukturverbessernde Maßnahmen zur Überwindung der Verlustsituation (Kostensenkungen, umsatzsteigernde Maßnahmen).

Der Gegenstand des Unternehmens ist eine gewerbliche Tätigkeit als Warenpräsentator (Handel) mit Kammermitgliedschaft. Die Steuerpflichtige hat einen Vertriebspartnervertrag mit der Firma F. abgeschlossen. Dabei handelt es sich um ein äußerst erfolgreiches Internationales Unternehmen mit dem Ziel ihre Produkte nicht in Handelsgeschäften sondern ausschließlich über das Direkt-Marketing abzusetzen. Sie hat dabei zahlreiche Vertriebsschulungen und Ausbildungen besucht und ist äußerst engagiert und zielstrebig um ein zweites Standbein bzw eine Pensionsvorsorge aufzubauen.

Eine solche Tätigkeit wird wohl nicht aus reinen Zeitvertreib gemacht noch kann es in der besonderen in der Lebensführung liegenden Neigung liegen, wenn man versucht Waren anzupreisen und zu präsentieren also "Kunden keilt". Gerade in der heutigen Zeit in der man bei diesbezüglichen Kundenakquirierungen äußerst unfreundlich empfangen und behandelt wird, kann dies kaum in der persönlichen Neigung liegen.

Gerade im Net Marketing geht es um eine aktive Bewerbung von Kunden und dem Verkauf von Produkten gemäß einem Marketing- und Erfolgsplan mit dem Ziel einen beträchtlichen Kundenstock aufzubauen und ein lukratives Einkommen zu erreichen. Das der Aufbau von Kunden bzw des Kundenstockes nicht schlagartig erfolgen kann liegt in der Natur der Sache. Jedenfalls sind die Produkte von F. äußerst erfolgreiche Produkte im gesamten Lebensbereich. In dem internationalen Unternehmen mit Direktvertrieb gibt es bereits eine sehr große Anzahl von äußerst erfolgreichen Network-Marketing-Millionären (laut einer Studie über Network-Marketing werden dies vier Millionen Menschen erreichen).

In Österreich wird dieser "Vertriebskanal" noch äußerst kritisch betrachtet, während in den USA das Network-Marketing schon seit der "Downsizing-Welle" einen wichtigen Wirtschaftszweig darstellt. Wer dem klassischen Berufsleben der Rationalisierungsmaschinerie zum Opfer gefallen ist, steht auf dem Abstellgleis. Oft heißt es überqualifiziert, zu alt oder zu teuer. Experten prophezeien dieser Selbständigkeit auch in Europa aufgrund des einfachen Procedere, der geringen Anfangsinvestitionen, der Internationalität eine expansive Entwicklung. Vergleichbar ist in Österreich die Vertriebspartnerschaften von diversen Finanzdienstleistern wie OBV, AWT etc. Es ist kaum vorstellbar, dass all diese Selbständigen steuerlich unbeachtlich als Liebhaberei einzustufen sind.

Daher handelt es sich u.E. jedenfalls um eine gemäß § 1 Abs 1 Tätigkeit nach L-VO. Ein Beispiel aus der jüngeren Rechtsprechung, besagt, dass beim Kohlenhandel nicht schon typischerweise eine Liebhaberei vorliegt. Ein anderes Beispiel besagt, dass eine typisch gewerbliche Tätigkeit nur in Ausnahmefällen als Liebhaberei zu beurteilen ist ().

Abgesehen von dieser objektiven Eignung als Erwerbstätigkeit führt die L-VO bzw der L-Erlass aus, dass für den Anlaufzeitraum die Verluste der ersten drei Jahre jedenfalls anzuerkennen sind. Dies gilt auch dann, wenn sich nach dem Ablauf des Anlaufzeitraumes ergibt, dass nach der Prüfung anhand der Kriterien keine Einkunftsquelle vorliegt. Dazu § 2 (2) L-VO: "Innerhalb der ersten drei Kalenderjahre ab Beginn der Betätigung im Sinne des § 1 Abs 1... liegen jedenfalls Einkünfte vor." Daher sind die Verluste des Jahres 2003-2005 jedenfalls zu berücksichtigen.

Wenn bei § 1 (1) Betätigungen Verluste anfallen, so ist das Vorliegen der Absicht einen Gesamtgewinn zu erwirtschaften zu beurteilen. Die L-VO hat dabei einen Kriterienkatalog aufgestellt, die zur Beurteilung des Vorliegens der Absicht einen Gesamtgewinn zu erzielen dienen.

Dabei ist zuerst zu prüfen, wie das Ausmaß und die Entwicklung der Verluste sich darstellen. Festzustellen ist, dass gerade in den ersten Anlaufjahren ein erhöhter Aufwand nicht nur an Zeit sondern auch an Kosten und Investitionen notwendig sind (insbesondere umfangreiche Werbeausgaben zum Ausbau des Vertriebskanals etc). Gerade aus diesem Grund und durch den immensen Einsatz an Werbung ist es nur um so ersichtlicher, dass es sich hier nicht um private Interessen handelt, sondern um den Aufbau einer gewinnbringenden und zukunftsträchtigen Einnahmenquelle.

Außerdem ist insbesondere zu prüfen, ob ein marktgerechtes Verhalten bezugnehmend auf die angebotenen Leistung bzw Preisgestaltung vorliegt. Weiters ist auch das Bemühen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbesserende Maßnahmen zu prüfen. Gerade in diesem Bereich ist seit einiger Zeit ein neues System der Eingliederung von neuen Vertriebspartnern gestartet, welches für den Steuerpflichtigen eine enorme Verbesserung der Provisionssituation bringen wird, da mehr in der direkten Strukturkette ihm zugerechnet werden.

Zudem wird durch aktives Bewerben des Produktes, Aussenden von Serienmails bzw Einladungen mit netten kleinen Geschenken, diversen Vorträgen eine Fülle von Aktivitäten gesetzt, welche ein äußerst intensives marktgerechtes Verhalten zeigen.

Gemäß den L-Erlass ist Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen von Einkünften die objektive Eignung einer Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines Gesamtgewinnes. Die Tätigkeit des Network-Marketing ist wie beschrieben nur ein anderer Vertriebskanal zum Verkauf von Produkten (also nicht über den klassischen Distributionsweg wie Großhandel, Einzelhandel etc.). Es ist auch kaum vorstellbar, dass auch der Verkauf von F. -Produkten über den klassischen Handel als Liebhabereitätigkeit einzustufen sein wird!

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sich bei der Tätigkeit der Steuerpflichtigen jedenfalls um eine Einkunftstätigkeit gem. § 1 L-VO handelt. Nach einigen Anlaufjahren, starken Engagements, Umstellung auf ein aussichtsreiches neues Provisionssystem ist von der Absicht auszugehen, dass ein Gesamtgewinn erwirtschaftet werden kann. Jedenfalls sind gem. § 2 (2) L-VO die Verluste der ersten drei Jahre anzuerkennen.

Aufgrund obiger ausführlicher Begründungen ersuchen wir Sie nun nochmals um antragsgemäße Veranlagung."

Mit Berufungsvorentscheidung datiert vom betreffend die Jahre 2003 bis 2006 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:

"Die von der Bw im Jahr 2003 begonnene und nebenberuflich ausgeübte Tätigkeit ist als Betätigung zu werten, die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn zu erzielen. Die Tätigkeit ist mithin hinsichtlich der streitgegenständlichen Jahre 2003 bis 2006 nach den Bestimmungen des § 1 Abs 1 der Liebhabereiverordnung (LVO) vom , BGBl. Nr. 33/1993 zu beurteilen.

Betätigungen mit Annahme einer Einkunftsquelle umfassen nach dem Wortlaut des § 1 Abs 1 LVO Tätigkeiten oder Rechtsverhältnisse, die durch die Absicht veranlasst sind, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen und nicht unter die Betätigung mit Annahme von Liebhaberei fallen. Es wird im § 1 Abs 1 LVO somit das subjektive Element der Absicht der Erzielung eines Gesamtgewinnes oder Gesamtüberschusses vorausgesetzt. Da diese innere Einstellung nicht unmittelbar erkennbar ist, wird die Nachvollziehbarkeit dieser Absicht anhand objektiver Umstände verlangt. Diese objektiven Umstände ergeben sich aus § 2 Abs 1 und 3 LVO. Das Ertragstreben des Steuerpflichtigen muss auf die Erzielung eines Gesamtgewinnes oder Gesamtüberschusses gerichtet sein. Die im Laufe der Betätigung erwirtschafteten Gewinne oder Überschüsse dürfen nicht nur die angefallenen Verluste ausgleichen, sondern müssen darüber hinaus bei einer betrieblichen Einkunftsquelle zu einer Mehrung des Betriebsvermögens, bei einer außerbetrieblichen Einkunftsquelle zu einem Überhang der Überschüsse gegenüber den Verlusten, führen. Als Anlaufzeitraum gelten die Jahre ab Beginn der Betätigung, das sind im gegenständlichen Fall die Jahre 2003 bis 2005 (§ 2 Abs 2 der LVO). Da bei der von der Bw ausgeübten Tätigkeit von Beginn an Verluste angefallen sind, ist anhand der Liebhabereiverordnung vorzugehen. Der Anlaufzeitraum ist als Art Beobachtungszeitraum anzusehen und findet seine Rechtfertigung darin, dass der Beginn typisch erwerbswirtschaftlicher Betätigungen grundsätzlich immer mit einem wirtschaftlichen Risiko behaftet ist. Während des Anlaufzeitraumes muss der sich Betätigende allerdings erkennen, ob sich die Betätigung insgesamt lohnend gestaltet bzw gestalten wird.

Gemäß § 2 Abs 2 LVO 1993 erster Satz liegen innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung im Sinn des § 1 Abs 1 jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Ein Anlaufzeitraum im Sinne des ersten Satzes darf nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet wird. Bei der Tätigkeit der Bw als Warenpräsentator handelt es sich um eine Tätigkeit im Direktvertrieb. Vertrieben werden ausschließlich Produkte von F. .

Die Tätigkeit wird nebenberuflich ausgeübt.

Im gegenständlichen Fall sind Jahresumsätze ohne Provisionen von € 638,25(2003), € 5.345,19 (2004), € 5.500,58 (2005) und € 0,00 (2006) erzielt worden. Zu erwähnen ist dabei der Umstand, dass diese Umsätze zu rd. 80% aus zu versteuerndem Eigenverbrauch bestehen. Der in diesen Jahren erwirtschaftete Gesamtverlust beträgt € 7.311,09.

Allein die Reiseaufwendungen in diesen Jahren betragen in Summe € 13.448,98. Aufgrund der Tatsache, dass in den streitgegenständlichen Jahren der Wareneinsatz plus die Reiseaufwendungen in Summe rd. 93% der erzielten Umsätze inklusive Provisionen betragen und daneben unvermeidbare weitere Betriebsausgaben für AfA, Raummiete, Werbung, Telefon etc. bestanden, geht das h.o. Finanzamt - auch unter Hinwies auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/14/0038 - davon aus, dass ein Anlaufzeitraum im gegenständlichen Fall deshalb nicht angenommen werden darf, da nach den Umständen des Einzelfalles damit zu rechnen war, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird.

Die Ausführungen der steuerlichen Vertretung, dass es sich um eine Betätigung gemäß § 1 Abs 1 LVO handelt, bleiben ebenso unwidersprochen, wie die grundsätzlichen Ausführungen zu § 2 LVO (Anlaufverluste).

Es wurde jedoch § 2 Abs 2 letzter Satz LVO übersehen: Ein Anlaufzeitraum im Sinn des ersten Satzes darf nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet wird.

Da nach den angeführten Feststellungen absehbar war, dass die Bw ihre Tätigkeit als Warenpräsentator vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beenden würde, ist deshalb kein Anlaufzeitraum anzunehmen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Mit Eingabe vom stellte die steuerliche Vertretung der Bw einen Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung an die Abgabenbehörde II. Instanz. Begründend wurde ausgeführt, dass die in der Berufungsvorentscheidung dargestellte Aussage, dass ein Anlaufzeitraum im Sinne des ersten Satzes gem. § 2 Abs 2 LVO nicht angenommen werden dürfe, wenn nach den Umständen des Einzelfalles damit zu rechnen sei, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet werde, vollstens entsprochen werde.

Die Frage sei nur aufgrund welcher "Feststellungen" von der Behörde absehbar gewesen sei, dass die Bw ihre Tätigkeit vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beenden würde?

Faktum sei, dass die Bw mit dem Vertriebspartnervertrag von F. geplant hätte eine zusätzliche Pensionseinkommensquelle aufzubauen. Dies sei in den Aufbauphasen nur durch zahlreiche Vorträge, Aktivitäten und Präsentationen, welche entsprechende Investitionsausgaben (insbesondere Werbung, Fortbildung, Fahrtkosten etc.) nach sich ziehen würden, erreichbar sei. Ziel sei es die Lorbeeren der Investitions- und Akquirierungsphase über das Provisionssystem der "gesponserten Vertriebspartner" langfristig aufzubauen. Es gäbe etliche Bekannte der Bw die ein beachtliches Zusatzeinkommen nach der Aufbauphase erzielen würden. Gerade bei F. sei es durch die Vermarktung der Pflanze "Aloe-Vera" seriös möglich gewesen, da ein Vertriebskanal über den Handel nicht geplant gewesen sei.

Tatsächlich sei der Aufbauplan im Jahr 2005 durch die unvorhergesehene schwere Krankheit und Pflegebedürftigkeit der im gemeinsamen Haushalt lebenden Schwiegermutter der Bw gescheitert. Die weiteren Aktivitäten im weiteren Aufbau des Vertriebskanals seien nicht mehr möglich gewesen. Alle zeitlichen und psychischen Ressourcen seien der Betreuung der bettlägerigen Schwiegermutter gewidmet gewesen. In den eingereichten Steuererklärungen fände sich der Umsatzeinbruch ab dem Jahr 2005 (2003: € 5.176,42; 2004: € 11.497,49; 2005: € 11.583,67 großteils nur mehr aus Restprovisionen; 2006:€ 0,00).

Es sei naturgemäß eine ex ante Betrachtung anzustellen und es post festzustellen, dass die Betätigung ohne der Erzielung eines Gewinnes eingestellt worden sei. Das die Bw und auch die Behörde keine Hellseher seien und eine Betriebsaufgabe vorhersehen könnten, davon dürfe man in diesem Einzelfall nicht ausgehen. Denn gerade das F. - Vertriebssystem sei eine durchaus langjährig funktionierende und gewinnbringende Einnahmequelle.

Die UFS Internetrecherche in Website, G. ergab:

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Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, ob die nebenberufliche Tätigkeit der Bw als F. -Beraterin, welche sie im Jahr 2003 begonnen und im Jahr 2006 beendet hat, eine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellt.

Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18), den außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34,35), sowie der Freibeträge nach §§ 104,105. Gemäß § 2 Abs 3 Z 3 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer.

Unstrittig ist, dass die gegenständliche Tätigkeit als Betätigung zu werten ist, die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn zu erzielen. Die Tätigkeit ist nach den Bestimmungen der Liebhabereiverordnung (LVO) BGBl Nr. 33/1993 (LVO II) zu beurteilen.

Liegt eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 1 LVO vor, ist das Vorliegen von Einkünften zu vermuten. Die Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn das subjektive Element der Absicht der Erzielung eines Gesamtgewinnes oder Gesamtüberschusses nicht an Hand objektiver Umstände (§ 2 Abs 1 und 3 LVO) nachvollziehbar ist.

Da das in § 1 Abs 1 LVO vorausgesetzte subjektive Element einer Gewinn(Überschuss)-erzielungsabsicht nicht unmittelbar erkennbar ist, ist anhand objektiver Kriterien darauf zu schließen, ob ein Ertragsstreben vorliegt. Das Ertragstreben des Steuerpflichtigen muss auf die Erzielung eines Gesamtgewinnes oder Gesamtüberschusses gerichtet sein. Die im Laufe der Betätigung erwirtschafteten Gewinne oder Überschüsse dürfen nicht nur die angefallenen Verluste ausgleichen, sondern müssen darüber hinaus bei einer betrieblichen Einkunftsquelle zu einer Mehrung des Betriebsvermögens, bei einer außerbetrieblichen Einkunftsquelle zu einem Überhang der Überschüsse gegenüber den Verlusten, führen.

Als Anlaufverluste gelten die Jahre ab Beginn der Betätigung, das sind im vorliegenden Fall die Jahre 2003 bis 2005 (§ 2 Abs 2 LVO). Da bei dieser Tätigkeit von Beginn an Verluste anfallen, ist anhand der Liebhabereiverordnung vorzugehen.

Gemäß § 2 Abs 2 LVO erster Satz liegen innerhalb der ersten Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs 1 leg.cit. jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Ein solcher Anlaufzeitraum darf jedoch nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles damit zu rechen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird (§ 2 Abs 1 und 2 LVO). Die Beendigung einer Betätigung spricht dabei für sich allein nicht für eine von vornherein geplante zeitliche Begrenzung, sondern ist es ist zu Beginn der Betätigung (von vornherein) zu beurteilen, ob eine Einkunftsquelle nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorliegt oder nicht bzw ob für eine zeitliche Begrenzung sprechende Umstände vorliegen.

Der Anlaufzeitraum ist als eine Art Beobachtungszeitraum anzusehen und findet seine Rechtfertigung darin, dass der Beginn typisch erwerbswirtschaftlicher Betätigungen grundsätzlich immer mit einem wirtschaftlichen Risiko behaftet ist. Während des Anlaufzeitraumes muss der sich Betätigende allerdings erkennen, ob sich die Betätigung insgesamt lohnend gestaltet bzw gestaltet wird.

Im gegenständlichen Fall hat die Bw die Tätigkeit als F. Beraterin im Jahr 2003 aufgenommen. Die Fa. F. ist ein Unternehmen das bewährte Produkte des täglichen Bedarfs im Wellness- und Beautybereich anbietet. Bei E. gelangen die Produkte direkt vom Hersteller über einen Distributor an den Endkunden. Dieser ist nicht berechtigt von den von E. festgelegten Preisen und Konditionen gegenüber dem Kunden abzugehen.

Im Erkenntnis vom , 96/14/0038 hat sich der Verwaltungsgerichtshof erstmals mit der Frage, ob bei bestimmten Privatgeschäftsvermittlungen ein Anlaufzeitraum iSd § 2 Abs 2 LVO anzuerkennen ist, oder ob von einer zeitlich begrenzten Tätigkeit ausgegangen und somit ein Anlaufzeitraum verneint werden kann. Der VwGH hat die Beweiswürdigung, die zu den Sachverhaltsfeststellungen führte aus denen die Nichtanerkennung eines Anlaufzeitraumes resultiert, auf ihre Schlüssigkeit geprüft und unbeanstandet gelassen.

Er führte darin unter anderem aus, dass bei keinen Gebietsschutz genießenden Privatgeschäftsvermittlern, welche Schulungen sowie Vorführmaterial auf eigenen Kosten erwerben und überdies hohe Reiseaufwendungen tätigen müssen sowie Provisionen aus Umsätzen von angeworbenen weitern Bertratern lukrieren, schon systembedingt im Sinne des § 2 Abs 2 letzter Satz LVO damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor Erzielung eines Gesamtgewinnes beendet wird und die objektive Fähigkeit, einen Gesamtüberschuss zu erzielen, daher nicht gegeben ist.

Im Erkenntnis vom , 2006/15/0018 hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt:

"Liegt - wie im vorliegenden Fall von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt - eine Tätigkeit im Sinn des § 1 Abs 1 Liebhabereiverordnung 1993 (im Folgenden : LVO) vor, ist das Vorliegen von Einkünften zu vermuten. Die Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn die Absicht nicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs 1 und 3 LVO) nachvollziehbar ist.

Nach § 2 Abs 2 LVO liegen innerhalb der ersten drei Kalenderjahre ab Beginn einer Betätigung im Sinn des § 1 Abs 1 leg.cit. jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Ein Anlaufzeitraum darf nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet wird.

Stellt sich bei einer Tätigkeit nach § 1 Abs 1 LVO (mit Ausnahme der Vermietung) objektiv erst nach mehreren Jahren heraus, dass sie niemals erfolgbringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit dann nicht eingestellt wird, ist sie für Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 99/15/0209)."

Das Finanzamt geht grundsätzlich davon aus, dass es sich bei der gegenständlichen Tätigkeit um eine solche iSd § 1 Abs 1 LVO handelt und, dass schon systembedingt iSd § 2 Abs 2 letzter Satz der LVO 1993 damit zu rechnen ist, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird.

Ob die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die vom Finanzamt vertretene Ansicht, ein Anlaufzeitraum sei nicht anzunehmen, vorgelegen sind, ist eine Frage der Beweiswürdigung.

Bei der von der Bw im Jahr 2003 begonnenen und nebenberuflich ausgeübten Tätigkeit handelt es sich unbestrittenermaßen um die Tätigkeit eines Privatgeschäftsvermittlers. Die Tätigkeit besteht darin, ihre Kunden mit den Produkten und Programmen der Fa. F. zu versorgen. Die Bw darf dabei lediglich die Produktpalette der Vertriebfirma vertreiben, wobei sie das Vorführmaterial von dieser kaufen muss. Auch die Preise werden von der Vertriebfirma festgelegt, indem für jedes Produkt ein vorgeschriebener Festpreis festgesetzt wird, welcher von der Bw nicht verändert werden kann.

Die Beurteilung der behaupteten Absicht positive Ergebnisse erzielen zu wollen, muss daher gem. § 1 Abs 1 zweiter Satz LVO anhand objektiver für Dritte nachvollziehbarer Kriterien - insbesondere anhand der in § 2 Abs 1 LVO genannten - möglich sein. Besteht daher objektiv gar keine Möglichkeit der Einnahmenüberschusserzielung, reicht der subjektive Wille hiezu für die Anerkennung als Einkunftsquelle nicht aus.

Für das Vorliegen der grundsätzlichen Eignung zur Ertragsfähigkeit muss eine Betätigung nicht zwingend tatsächlich einen Gesamtgewinn erwirtschaften, aber objektiv geeignet sein, unter normalen wirtschaftlichen Verhältnissen ein positives Gesamtergebnis erzielen zu können.

Unter Gesamtgewinn versteht man das Gesamtergebnis von Beginn der Betätigung bis zu deren Beendigung (Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation). Maßgeblich ist daher nicht der (Perioden-)Gewinn, der innerhalb eines Kalenderjahres bzw Wirtschaftsjahres erzielt wird, vielmehr sind alle Periodenergebnisse, während denen die Betätigung vorliegt unter Einbeziehung eines Übergangsverlustes und Veräußerungsgewinnes (Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG Anh I/2 Anm 54) zu addieren.

Wenn man sich nun die Einnahmen und Ausgaben der Bw in den Jahren 2003 bis 2005 ansieht, so stehen 2003 Einnahmen in Höhe von € 5.173,42, Ausgaben in Höhe von € 8.575,55, 2004 Einnahmen in Höhe von € 11.497,49 Ausgaben in Höhe von € 13.509,92 und 2005 Einnahmen in Höhe von € 11.583,67 Ausgaben in Höhe von € 12.392,22 gegenüber.

Bezogen auf den Anlaufzeitraum stehen somit Einnahmen in Höhe von € 28.254,58 Ausgaben in Höhe von € 34.477,69 gegenüber, somit ein Gesamtverlust in Höhe von € 6.223,11. Der Gesamtverlust inklusive Übergangs- und Veräußerungsverlust im Jahr 2006 beträgt € 7.311,09.

Im vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fall vom , 96/14/0038 waren Jahresumsätze von lediglich S 502 bis S 19.328 erzielt worden. Der in drei Jahren erwirtschaftete Gesamtverlust (S 170.972) überstieg die Gesamtumsätze dieser drei Jahre (S 32.696) um ein Vielfaches und die getätigten Umsätze waren geringer als die Reiseaufwendungen des Beschwerdeführers. Diese Konstellation kann daher nicht unbesehen auf den vorliegenden Fall übertragen werden, da es bei der Beurteilung auf die Verhältnisse des Einzelfalles ankommt.

Zwar kann das Vorhandensein einer weiteren Einkunftsquelle neben der verlustbringenden aus der ein Stpfl seinen Lebensunterhalt bestreitet und Verluste abdecken kann, Indiz für mangelnde Gewinnerzielungsabsicht sein (vgl. Renner, ecolex 2011, 261). Im gegenständlichen Fall stehen Einkünfte aus der nichtselbständigen Tätigkeit (KZ 245) 2003 in Höhe von € 13.130,64, 2004 in Höhe € 13.553,65 und 2005 in Höhe von € 13.609,14 den Verlusten aus Gewerbebetrieb des Anlaufzeitraumes gegenüber.

Der UFS kann aber hier nicht erkennen, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit neben der Deckung des Lebensunterhaltes auch auf eine zusätzliche Leistungsfähigkeit zur Abdeckung von gewerblichen Verlusten hindeuten. Die Bw hat sicher von Vornherein die subjektive Absicht gehabt, Gewinne zu erzielen.

Es konnte daher nach Ansicht des UFS bei dieser Sachlage bei diesem Einzelfall somit nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit als niemals Erfolg bringend angesehen werden konnte und dass die Betätigung zwingend vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet werden wird.

Die Bw hat offensichtlich im Jahr 2005 - bedingt auch durch die Pflege der Schwiegermutter - erkannt, dass die von ihr betriebene typisch erwerbswirtschaftliche Betätigung nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll ist und hat durch die Aufgabe dieser Tätigkeit ein marktgerechtes Verhalten gesetzt.

Wird eine typisch erwerbswirtschaftliche Betätigung vor Erzielung eines Gesamtgewinnes eingestellt, so ist sie jedenfalls als Einkunftsquelle zu beurteilen, wenn die Einstellung als wirtschaftlich sinnvolle Reaktion auf gewöhnliche Risiken oder Unwägbarkeiten erfolgt ist und der sich Betätigende bis dahin - wenn vielleicht auch erfolglos - stetig nach Gewinnen gestrebt hat.

Die Verluste sind daher aus oa Gründen anzuerkennen.

Es war daher aus oa Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Anlaufzeitraum
nebenberuflich ausgeübte Tätigkeit
Privatgeschäftsvermittler

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at