Stundung bis zur Entscheidung des VwGH über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, Widerruf
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat-10 im Beisein der Schriftführerin über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Widerruf einer Zahlungserleichterung (§ 294 BAO iVm § 212 BAO) nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Ansuchen vom beantragte der Berufungswerber (Bw.) die Stundung des damals in Höhe von € 37.739,03 aushaftenden Abgabenrückstandes bis zur Absprache der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung, dass dieser Abgabenrückstand mit Fälligkeitsdatum zur Gänze aus der Erledigung einer Berufung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0368-W/07, RV/0369-W/07, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 1990-1994 samt Aussetzungszinsen entstanden wäre.
Gegen diese Berufungsentscheidung werde Beschwerde an den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof erhoben und die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG beantragt.
Mit Bescheid vom gab das Finanzamt diesem Ansuchen statt und bewilligte die Stundung des Abgabenrückstandes in Höhe von € 37.739,03 bis .
Mit Beschluss vom gab der VwGH dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht statt, woraufhin das Finanzamt mit Bescheid vom die bewilligte Stundung gemäß § 294 Abs. 1 lit. a BAO widerrief. Begründend wurde vorgebracht, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse, die für die Erlassung des Zahlungserleichterungsbewilligungsbescheides vom maßgeblich gewesen wären, geändert hätten, da mit , der Antrag auf aufschiebende Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG abgewiesen worden wäre.
In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung brachte der Bw. vor, dass er die Weitergewährung der mit Bescheid vom bewilligten Stundung des Gesamtbetrages von € 37.739,03 bis zur Erledigung zweier noch anhängiger Aussetzungsanträge (Aussetzungszinsen und Umsatz- sowie Einkommensteuer 1990-1994) beantrage. Die tatsächlichen Verhältnisse, die für die Erlassung des Zahlungserleichterungsbewilligungsbescheides vom maßgeblich gewesen wären, hätten sich insofern nicht geändert, als am Berufung gegen den Bescheid vom über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung vom erhoben worden wäre und er die Aussetzung des Streitwertes beantragt hätte.
Abschließend beantragte der Bw. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Berufungssenat.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung ebenfalls ab und führte begründend aus, dass der Bw. in seiner Berufung nicht auf die Bescheidbegründung eingehe, sondern sie mit der unerledigten Berufung gegen den Ablauf der Aussetzung der Einhebung begründe. Diese Begründung liege aber dem gleichzeitig eingebrachten weiteren Zahlungserleichterungsansuchen, das mit gesondertem Bescheid gleichzeitig abgewiesen werde, bereits zu Grunde.
Mit Schreiben vom beantragte der Bw. die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte ergänzend vor, dass mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/13/0108, der Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0368-W/07, RV/0369-W/07, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1990-1994 wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben worden wäre, weshalb es den angefochtenen Bescheiden an der Rechtsgrundlage mangle.
Abschließend beantragte der Bw. erneut die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Berufungssenat.
In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass seitens der Abgabenbehörde erster Instanz sämtliche Abgabenvorschreibungen samt Nebengebühren am Abgabenkonto aufgehoben worden wären und derzeit kein Abgabenrückstand bestehe. Das Verfahren befinde sich in dem Verfahrensstand und in der Lage, in der es vor Erlassung der Berufungsentscheidung gestanden wäre.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229 BAO) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
Eine Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft, durch die Abgabenbehörde ist gemäß § 294 Abs. 1 lit. a BAO - soweit nicht Widerruf oder Bedingungen vorbehalten sind - nur zulässig, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind.
Mit dem Zahlungserleichterungsansuchen vom wurde die Stundung des Abgabenrückstandes bis zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof beantragt, ohne die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zahlungserleichterung gemäß § 212 Abs. 1 BAO, nämlich dass die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird, zu bescheinigen.
Ungeachtet dieser mangelnden Begründung bewilligte das Finanzamt mit Bescheid vom die Stundung der aushaftenden Abgaben bis .
Gemäß § 294 Abs. 1 lit. a BAO ist ein Widerruf einer bewilligten Zahlungserleichterung dann zulässig, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind. Verhältnisse, die für die Erlassung eines Stundungsbescheides maßgeblich sind, können nur die beiden bereits genannten Voraussetzungen für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung sein. Aus der Aktenlage sind keine Feststellungen zu entnehmen, dass diese Verhältnisse bei Bewilligung überprüft worden wären, und auch nicht dahingehend, dass sie sich später geändert hätten.
Nicht unter die im § 294 Abs. 1 lit. a BAO normierten Verhältnisse fällt somit der Umstand, dass der , dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattgab, weshalb aus diesem Grund ein Widerruf der bewilligten Stundung nicht zulässig war.
Da jedoch gemäß § 280 BAO auf neue Tatsachen, die der Abgabenbehörde im Laufe des Berufungsverfahrens zur Kenntnis gelangen, Bedacht zu nehmen ist, durfte der Umstand, dass durch das den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0368-W/07, RV/0369-W/07, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1990-1994 aufhebende Erkenntnis des , die Aussetzung der Einhebung weiterhin aufrecht ist (vgl. ) und parallel nebeneinander keine Zahlungserleichterung und Aussetzung bestehen kann, nicht unberücksichtigt bleiben.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt nämlich der Aussetzung der Einhebung der Vorrang gegenüber der Stundung zu, weil eine Stundung nach § 212 Abs. 1 BAO von vornherein nur für solche Abgaben im Einklang mit dem Gesetz steht, hinsichtlich derer Einbringungsmaßnahmen in Betracht kommen, an welcher Voraussetzung es nach § 212a Abs. 1 BAO für eine Abgabe fehlt, deren Einhebung der im § 212a Abs. 5 erster Satz BAO normierten Wirkung des Zahlungsaufschubes ausgesetzt ist ().
Da darüber hinaus nach Rückgängigmachung der zu Unrecht erfolgten Buchungen sowie Verfügung der Aussetzung der Einhebung derzeit kein Rückstand besteht, der gestundet werden könnte, kommt eine Stundung nicht in Betracht, zumal ohnedies der beantragte Zeitpunkt, bis zu dem die Stundung erfolgen sollte (Entscheidung des VwGH über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bereits vom , AW 2012/13/0034), ohnedies schon verstrichen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 294 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30 Abs. 2 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 280 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at