Ist das NeuFöG bei einem Zusammenschluss von zwei Rechtsanwälten in Form einer Regiegemeinschaft anzuwenden?
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A., Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Rückerstattung der entrichteten Gebühren für die Strafregisterbescheinigung und die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Aus Anlass der Berufung wird der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt geändert: "Der Rückerstattungsantrag vom betreffend die entrichteten Gebühren für die Strafregisterbescheinigung und die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte wird hinsichtlich der darin enthaltenen Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von € 2,10, der Kundmachungsgebühr in Höhe von € 70,40 und der Kosten für den Ausweis in Höhe von € 4,30 mangels Zuständigkeit zurückgewiesen und hinsichtlich der Gebühren gemäß § 14 TP 2 und 6 GebG abgewiesen."
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom beantragte Herr A. (Bw.) die Rückerstattung der für die Strafregisterbescheinigung und die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte entrichteten Gebühren.
Er sei am in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen worden.
Die zeitgleich mit Herrn Rechtsanwalt Mag.B., X-Straße9/6, ., gegründete Rechtsanwaltsregiegemeinschaft sei eine Mehrheit von Rechtsanwälten.
Bei der gegenständlichen Rechtsanwaltsregiegemeinschaft handle es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nämlich eine Mehrheit von Rechtsanwälten.
Die im Rahmen des NeuFÖG erstattungsfähigen Kosten für das polizeiliche Führungszeugnis sowie der Eintragungsgebühr bei der Rechtsanwaltskammer Wien seien unter Vorbehalt der Anwendung des NeuFÖG geleistet worden.
Mit dem an die Rechtsanwaltskammer Wien gerichteten Vorhalt vom ersuchte die Abgabenbehörde erster Instanz um Übersendung sämtlicher im Zusammenhang mit der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte stehenden Schriften betreffend den Bw.
Mit Antwortschreiben vom übermittelte die Rechtsanwaltskammer Wien die Unterlagen und führte ergänzend aus, dass der Bw. am in die Liste der Rechtanwälte der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen worden sei. Per sei die Mag.B. und A. Rechtsanwälte (GesbR) gegründet und in die Liste der Rechtsanwaltsgesellschaften der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen worden.
Es werde darauf hingewiesen, dass die Rechtsanwaltskammer Wien und der Österreichische Rechtsanwaltskammertag grundsätzlich der Ansicht seien, dass bei Rechtsanwaltsgesellschaften bürgerlichen Rechts im Regelfall von einem losen Zusammenschluss von Einzelbetrieben auszugehen sei. Der Beitritt eines Rechtsanwaltes zu einer schon bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei daher aus dieser Sicht für die Anwendbarkeit des NeuFÖG unschädlich und könne nicht zu einer Nachzahlungsverpflichtung führen. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag habe dies in seiner Stellungnahme zum Entwurf der NeuFÖR ausgeführt.
Der Entwurf der NeuFöR enthalte allerdings keine Erläuterungen zu einem solchen Fall und es sei daher die Beratung am mit dem Vermerk, dass die Anwendbarkeit des NeuFöG durch die Behörden zu beurteilen sei, bestätigt und der Bw. angeleitet worden, die betroffenen Gebührenzahlungen unter Vorbehalt zu tätigen und beim Finanzamt einen Rückerstattungsantrag zu stellen. Die Vorgangsweise sei im Wesentlichen mit einem Referenten des BMF abgestimmt worden, um eine Entscheidung durch das zuständige Finanzamt zu erlangen.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Rückerstattungsantrag mit der Begründung ab, dass sich aus den NeuFö-Richtlinien ergebe, dass die Stempelgebühren für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte unter § 1 Z 1 NeuFöG fallen würde, wenn gleichzeitig mit der Eintragung in die Liste eine Betriebsneugründung als selbständiger Rechtsanwalt erfolge und die übrigen Voraussetzungen des NeuFöG vorlägen.
Nach Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung und Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte müsse eine selbständige Tätigkeit aufgenommen und eine neue betriebliche Struktur geschaffen werden.
Eine neue betriebliche Struktur werde geschaffen, wenn der neu eingetragene Rechtsanwalt für seine eigenständige Tätigkeit Betriebsmittel anschaffe (eigene Handbibliothek, Notebook..) oder über eigene Arbeitsräume außerhalb der Kanzlei verfüge.
Eine Betriebsneueröffnung liege vor, wenn für den konkreten Betrieb wesentliche Grundlagen neu geschaffen würden. Bei Einkünften aus selbständiger Arbeit seien Z.B. der Kundenstock oder eine besondere Geschäftsausstattung als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen.
Der Zusammenschluss mehrerer Rechtsanwälte nach der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte zu einer Gesellschaft bürgerliches Rechts falle dann unter § 1 Z 1 NeuFöG, wenn sich noch keiner in vergleichbarer Art betätigt habe.
Wenn die Rechtsanwaltskammer in ihrer an das Finanzamt gerichteten Stellungnahme vom die Ansicht vertrete, dass bei Rechtsanwaltsgesellschaften bürgerlichen Rechts im Regelfall von einem losen Zusammenschluss von Einzelbetrieben auszugehen sei, sei dem entgegenzuhalten, dass das Wesensmerkmal der GesbR der gemeinsame Nutzen bzw. der gemeinsame Zweck sei. Die Vertragspartner müssten sich zur Errichtung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben. Für die Annahme einer GesbR müsse eine Organisation zum gemeinsamen wirtschaftlichen Betrieb vorhanden sein.
Nach Ansicht des Finanzamtes liege eine Betriebsneugründung im Sinne des NeuFöG erst durch die Gründung der GesbR vor. Die anlässlich der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte angefallenen Gebühren stünden in keinem direkten Zusammenhang mit der Neugründung. Die Begünstigung des NeuFöG sei daher nicht anzuwenden.
In der dagegen frist- und formgerecht eingebrachten Berufung führte der Bw. aus, dass der Bescheid an Rechtswidrigkeit des Inhaltes leide, weil die Erstbehörde die von ihr angewendete Bestimmung (§ 1 Z 1 NeuFöG) unrichtig ausgelegt und demnach unrichtig angewendet habe.
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, nämlich dass der Bw. nach Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung und Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte sich mit einem bereits etablierten Berufskollegen zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zusammengeschlossen habe, sich nicht ableiten lasse, dass für den Bw. nicht die Begünstigungen des § 1 Z 1 NeuFöG eintreten würden.
Infolge Verkennung der Rechtslage habe die Erstbehörde auch maßgebliche Feststellungen in diesem Zusammenhang unterlassen.
Jedoch schon ausgehend von den Feststellungen, nämlich dass sich der Bw. mit einem bereits bestehenden Rechtsanwalt zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zusammengeschlossen habe, lasse sich nicht ableiten, dass keine neue betriebliche Struktur geschaffen worden sei.
Im Gegenteil, durch die Neueintragung des Bw. als Rechtsanwalt in die Liste der Rechtsanwaltskammer Wien und den Zusammenschluss mit dem bereits tätigen Rechtsanwalt Mag.B. setze eben die Gründung einer GesbR, sohin zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks zusammen, der eben für den Bw. in der Schaffung einer neuen Struktur, nämlich die Schaffung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bestehe.
Auf Basis dieser Umstände hätte daher die Erstbehörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Angelegenheit ableiten müssen, dass der Zusammenschluss des Bw. infolge der Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung und Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte mit dem Zusammenschluss eines vorher bereits eingetragenen Kollegen zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter die Bestimmung des § 1 Z 1 NeuFöG falle, weshalb dem Rückerstattungsantrag des Bw. vom stattgegeben hätte werden müssen.
Die Erstbehörde wäre gemäß §§ 37 iVm 39 AVG verpflichtet gewesen, den gegenständlichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln.
Die Erstbehörde habe den Sachverhalt überhaupt nicht ermittelt, sondern lediglich festgestellt, dass keine Schaffung einer neuen betrieblichen Struktur vorliege.
Infolge Verkennung der Rechtslage habe die Erstbehörde daher unterlassen, überhaupt Erhebungen dahingehend vorzunehmen, ob sich der Bw. für sich im Rahmen seiner eigenständigen Tätigkeit Betriebsmittel angeschafft habe und über eigene Arbeitsräumlichkeiten außerhalb der Kanzlei verfüge.
Die Erstbehörde habe zu diesen Abgrenzungsvoraussetzungen der Anwendbarkeit des § 1 Z 1 NeuFöG überhaupt keine Erhebungen durchgeführt bzw. den Bw. (nicht) zur weiteren Mitteilung von Gegebenheiten in diesem Zusammenhang aufgefordert.
Diese Erwägungen wären rechtlich wesentlich gewesen, weil sich daraus abgeleitete hätte, dass sehr wohl eine Betriebsneugründung im Sinne des NeuFöG vorliege.
Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der Zusammenschluss zu einer GesbR von zwei Anwälten lediglich zur Kostenersparnis im Rahmen einer Regiegemeinschaft führe und sehr wohl demnach eine Betriebsneugründung, allerdings nur für den Bw., vorliege.
Es werde daher beantragt, dem Antrag auf Rückerstattung der Gebühren für die Strafregisterbescheinigung und die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte Folge zu geben und jedenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Aufgrund eines Telefonates teilte der Bw. dem Unabhängigen Finanzsenat mit, dass kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag mit dem Kollegen Mag.B. vorliege.
Am erließ der Unabhängige Finanzsenat einen Vorhalt mit nachstehendem Inhalt:
"Am haben Sie mitgeteilt, dass ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag mit Ihrem Kollegen RA Mag.B. nicht vorliegt.
Sie werden daher ersucht, den Inhalt des mündlichen Gesellschaftsvertrages sowie allfälliger Nachträge offenzulegen.
Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt bei Begünstigungstatbeständen die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann ().
Im Hinblick auf diese Rechtsprechung werden Sie weiters ersucht, darzutun, aus welchen konkreten Gründen die Befreiung nach dem NeuFöG gegeben wäre, sowie den Sachverhalt offenzulegen und nachzuweisen."
Nach erfolgtem Ansuchen um Bewilligung einer Fristverlängerung zur Beantwortung des Vorhaltes teilte der Bw. in der Stellungnahme vom mit, dass er im Zuge seiner schriftlichen Berufung im Detail dargelegt habe, weshalb er das NEUFÖG in Anspruch genommen habe.
Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag liege nicht vor.
Der Bw. sei gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Mag.B. im Zuge einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes vergesellschaftet und habe zu diesem Zweck einen neuen Betrieb insoweit gegründet, als nach Eintragung des Bw. in die Liste der Rechtsanwaltskammer Wien eine Kanzleiverlegung von der Adresse X-Straße 9/6, ., in eine größere Einheit in X-Straße 9/8, ., vorgenommen worden sei.
Der Bw. habe ansonsten seiner ursprünglichen Berufung, sowie des Antrages nichts hinzuzufügen.
Am erging seitens des Unabhängigen Finanzsenates eine Ladung zu der am anberaumten mündlichen Berufungsverhandlung. Gleichzeitig wurde der Bw. aufgefordert, den Mietvertrag betreffend X-Straße 9/8, ., als Beweismittel mitzubringen.
Mit Schreiben vom gab der Bw. bekannt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde. Der Mietvertrag wurde nicht vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Beantragt wurde die Rückzahlung von € 15,30 für die Strafregisterbescheinigung und von € 351,30 für die Eintragungsgebühr.
Die Kosten für die Strafregisterbescheinigung setzen sich wie folgt zusammen:
€13,20 gemäß § 14 TP 6 GebG und € 2,10 Bundesverwaltungsabgabe.
Die Eintragungsgebühr setzt sich laut tel. Auskunft der Rechtsanwaltskammer vom zusammen aus
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€ 263,40 | gemäß
§ 14 TP 2 GebG |
€ 13,20 | gemäß
§ 14 TP 6 GebG |
€ 70,40 | Kundmachungsgebühr und |
€ 4,30 | Kosten für Ausweis |
Für die Rückerstattung von Bundesverwaltungsabgaben ist jene Behörde zuständig, bei der diese angefallen sind. Für die Rückerstattung von Stempelgebühren (feste Gebühren nach dem GebG) ist das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel bundesweit zuständig.
Hinsichtlich der Bundesverwaltungsabgabe, Kundmachungsgebühr und Kosten für den Ausweis wäre der Erstattungsantrag daher von der Abgabenbehörde erster Instanz mangels Zuständigkeit (da diese beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel nicht angefallen sind) zurückzuweisen gewesen.
Eine Neugründung eines Betriebes liegt nach § 2. NeuFÖG unter folgenden Voraussetzungen vor: 1. Es wird durch Schaffung einer bisher nicht vorhandenen betrieblichen Struktur ein Betrieb neu eröffnet, der der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 dient. 2. Die die Betriebsführung beherrschende Person (Betriebsinhaber) hat sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt. 3. Es liegt keine bloße Änderung der Rechtsform in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb vor. 4. Es liegt kein bloßer Wechsel in der Person des Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes vor. 5. Es wird im Kalendermonat der Neugründung und in den folgenden elf Kalendermonaten die geschaffene betriebliche Struktur nicht durch Erweiterung um bereits bestehende andere Betriebe oder Teilbetriebe verändert.
Der Begriff der "Neueröffnung" in § 2 Z 1 NeuFöG ist daher auszulegen. Abgestellt wird auf die Neueröffnung des Betriebes, nicht der Gesellschaft (vgl. GZ.RV/0894-L/07).
Alleine die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gleichzeitig mit der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte bewirkt daher nicht die Begünstigung.
Die Verordnung zum Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz - NEUFÖG) BGBl. II Nr. 278/1999 legt in § 2 Abs 1 fest, dass unter einem Betrieb im Sinne des § 2 Z 1 NEUFÖG die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Betriebsmittel in einer organisatorischen Einheit zu verstehen ist. Ein Betrieb wird neu eröffnet, wenn die für den konkreten Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen neu geschaffen werden. Der Betrieb muss der Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Einkünften aus selbständiger Arbeit (einschließlich Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit) oder von Einkünften aus Gewerbebetrieb dienen.
Beim Zusammenschluss mehrerer Rechtsanwälte zu einer Kanzleigemeinschaft sind verschiedene Gestaltungen möglich: Es kann eine völlige Gemeinschaft mehrerer Rechtsanwälte in der Weise bestehen, dass der Erfolg der Tätigkeit aller der Gesellschaft angehörenden Rechtsanwälte der Gesellschaft voll zufließen soll, dass alle gemeinsam arbeiten, dass alle gemeinsam alle Spesen tragen und dass alle am Gesamtgewinn oder allfälligen Gesamtverlust beteiligt sind. Es kann aber auch nur eine teilweise Gemeinschaft bestehen, dass also jeder Gesellschafter "eigene Fälle" hat, deren Erfolg nur ihm zufließen soll, während nur gewisse Einnahmen der Gemeinschaft angerechnet werden. Schließlich kann auch nur eine Wohnungs- oder Regiegemeinschaft bestehen, indem nur gewisse Kanzleikosten gemeinsam (oder nach einem gewissen Schlüssel) getragen werden (Lohsing, Österr. Anwaltsrecht 2 32, 33; Wahle in Klang 2 V 506; vgl. auch Eibofner NJW 1963/2009 besonders 2010, 2011 oder Soergel-Mühl 11 Rdz 42 vor § 705 BGB mit dem Terminus der sogenannten schlicht kooperativen Gesellschaft).
Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt bei Begünstigungstatbeständen die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann ().
Der Bw. hat im erstinstanzlichen Verfahren dargetan, dass es sich bei der vorliegenden Gesellschaft um eine Regiegemeinschaft handle, ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht vorliege. Dem Bw. ist zwar zuzustimmen, dass eine Schriftlichkeit nicht notwendiger Weise gesetzlich vorgeschrieben ist, jedoch wäre es an ihm gelegen, den Inhalt der mündlichen Vereinbarung offenzulegen. Eine solche Offenlegung ist trotz Aufforderung mittels Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates vom nicht erfolgt.
Weiters wurde der Bw. mit dem genannten Vorhalt ersucht darzutun, aus welchen konkreten Gründen die Befreiung nach dem NeuFöG gegeben wäre, sowie den Sachverhalt offenzulegen und nachzuweisen.
Im Anwortschreiben verwies der Bw. darauf, dass die Kanzlei von der Adresse X-Straße9/6,., in eine größere Einheit inX-Straße9/8, ., vorgenommen worden sei.
Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehören, bestimmt der jeweilige Betriebstypus. Bei freien Berufen ist in Rechnung zu stellen, dass dort der Geschäftserfolg in aller Regel vom Vertrauen des Kunden (Klienten, Patienten) zum Angehörigen des freien Berufes abhängt. Dementsprechend bildet der Kundenstock (Klientenstock, Patientenstock) regelmäßig die wesentliche Grundlage des Betriebes ().
Abgesehen davon, dass der Mietvertrag trotz Aufforderung nicht vorgelegt wurde, der Sachverhalt somit nicht festgestellt werden kann (wer ist der Mieter, Datum des Vertrages..etc) kann aus einer bloßen Übersiedelung noch nicht auf die Neuschaffung eines Betriebes geschlossen werden. Dass Anschaffungen getätigt wurden wurde vom Bw. nicht dargetan.
Aus der Verlegung der Rechtsanwaltskanzlei in größere Betriebsräumlichkeiten kann im vorliegenden Fall nicht auf die Neueröffnung eines Betriebes geschlossen werden, zumal dadurch alleine noch keine neue Betriebsstruktur geschaffen wird.
Weder aus der Berufung noch aus dem Antrag ist erkennbar, welche für den konkreten Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen neu geschaffen wurden.
Durch die Gründung einer GesnbR wird noch nicht zwingend eine neue betriebliche Struktur geschaffen. Im vorliegenden Fall erfolgte der Zusammenschluss zu einer GesbR mit einem bereits seit Jahren tätigen Rechtsanwalt, sodass eine entsprechende betriebliche Struktur bereits vorhanden war. Der Bw. war vor Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung in der Kanzlei des nunmehrigen Partners angestellt.
Der Unabhängige Finanzsenat vertritt die Ansicht, dass die Begünstigungen des NeuFöG nur dann gewährt werden können, wenn alle Betriebsinhaber die Voraussetzungen erfüllen. Eine Neugründung erfordert eine Schaffung einer bisher nicht vorhanden gewesenen Struktur. Wird ein bereits bestehender Betrieb bloß unter einer neuen Rechtsform geführt, liegt keine Neugründung vor.
Der Bw. hat in der Berufung selbst zugestanden, dass für den Partner keine Betriebsneugründung vorliegt.
Weitere Gründe für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung nach dem NeuFöG wurden vom Bw. trotz konkreter Aufforderung nicht dargetan.
Mangels Vorliegens bzw. Nachweises des Vorliegens einer Neugründung iSd § 2 NeuFöG kommen die Befreiungsbestimmungen nicht zur Anwendung.
Dem Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz vom lastet daher keine Rechtswidrigkeit an, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Z 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 § 14 TP 6 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 2 Z 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at