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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 19.07.2011, RV/1927-W/10

Veranlassung von Bürgschaftszahlungen durch das Gesellschaftsverhältnis

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/1927-W/10-RS1
wie RV/2232-W/02-RS1
Die nicht fremdübliche Gestaltung einer Bürgschaftsübernahme eines Gesellschafters für die Kapitalgesellschaft hat nach ihrem inneren Gehalt ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis und nicht in einer schuldrechtlichen Beziehung. Sie ist daher als Gesellschaftereinlage zu werten und kann daher nicht in Betriebsausgaben des Gesellschafters umgedeutet werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Christian Lenneis und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Pavlik, Mag. Martin Saringer und KomzlR. Edith Corrieri im Beisein der Schriftführerin FOI Ingrid Pavlik über die Berufung des Bw., vertreten durch Intercura Treuhand- und Revisions GmbH, 1010 Wien, Bösendorferstraße 2, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, vertreten durch ADir. RR Elisabeth Gürschka, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2007 und 2008 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ging im Rahmen seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer eine Bürgschaft für die C-GmbH. ein.

Die Bürgschaft wurde schlagend; der Bw. setzte in den Jahren 2007 und 2008 € 38.000,-- sowie € 36.651,19 als Betriebsausgaben aus selbständiger Arbeit ab.

Beim Bw. fand auch für die Streitjahre eine Außenprüfung gemäß § 147 ff BAO statt. Dem darüber gemäß § 150 BAO erstellten Bericht sowie der Niederschrift ist Folgendes zu entnehmen:

"Tz 3 Bürgschaftszahlungen 2007, 2008

Das Eingehen einer Bürgschaft im Rahmen der Stellung als Dienstnehmer wird von Literatur und Rechtsprechung abgelehnt. Es ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht üblich, dass ein Arbeitnehmer einem in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen oder mangelnde Bonität aufweisenden Arbeitgeber als Bürge beitritt.

Die Zahlung von Schulden der CGmbH resultiert aus der Stellung als Gesellschafter und nicht aus der Stellung als Geschäftsführer. Diese Zahlungen erhöhen die steuerlichen Anschaffungskosten der Beteiligung..."

In der dagegen gerichteten Berufung brachte die steuerliche Vertretung des Bw. Folgendes vor:

"...Entgegen der Begründung der Betriebsprüfung in Tz 3 der Niederschrift hat der Steuerpflichtige die Bürgschaften nicht aus der Gesellschafterstellung übernommen. Der Steuerpflichtige hat nach sehr langer Tätigkeit im T-Konzern jahrelang keine adäquate Beschäftigung gefunden und hat daher die Bürgschaftsverpflichtung übernommen, um eine adäquate Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer eines traditionellen mittelständischen Unternehmens erlangen zu können.

Leider ist das jahrelange Engagement des Steuerpflichtigen unbelohnt geblieben, da das Unternehmen letztlich Konkurs anmelden musste, wodurch die Bürgschaft schlagend wurde und zu den Betriebsausgaben der Jahre 2007 und 2008 führte. Da zwischenzeitlich das ursprünglich befristet in Aussicht gestellte Dienstverhältnis mit P. glücklicherweise immer wieder verlängert wurde, war unser Mandant in der Lage, seinen Verpflichtungen aus der Inanspruchnahme der Bürgschaft in Raten nachzukommen..."

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt:

Dr. Wagner:

Strittig ist im Berufungsfall, ob die Bürgschaftszahlungen durch die Stellung meines Mandanten als Geschäftsführer oder aber als Gesellschafter der Fa. C. Gesellschaft mbH bedingt waren. Hinweisen möchte ich darauf, dass mein Mandant die Geschäftsanteile nicht auf eigenes Betreiben erworben hat, sondern über Betreiben des Herrn R.; er hat die Anteile um 1 Schilling erworben.

Bw:

Ich war bis 1999 in einer führenden Position im T-Konzern tätig; so war ich etwa zwei Mal Vorstand von Tochtergesellschaften. In diesem Jahr - ich war damals 46 Jahre alt - bekam ich das Angebot bzw. bis zu einem gewissen Grad die Aufforderung, mein Dienstverhältnis mit T zu beenden. Auf Grund meiner wirtschaftlich guten Lage hat damals meine Frau zu arbeiten aufgehört; ich hatte überdies zwei minderjährige Kinder im Haushalt.

So habe ich danach überlegt, auf welche Weise ich weiter eine Berufstätigkeit ausüben könne. Ich habe sodann im Jahr 2001 mit der Fa. C. Kontakt aufgenommen und Herr R. hat mir angeboten, dort Geschäftsführer zu werden. Ich war ab dem Geschäftsführer der C. Gesellschaft mbH.

Im Jahr 2003 gab es wirtschaftliche Schwierigkeiten dergestalt, dass zwei Großkunden ausgefallen sind, was einen Schaden von rund 150.000 Euro verursacht hat. Im gleichen Jahr haben wir überdies die Bank gewechselt, die als Besicherung für die eingeräumten und nunmehr erhöhten Kredite eine Bürgschaft von mir verlangt hat, die ich sodann auch eingegangen bin.

Im gleichen Jahr habe ich ... an einem Projekt mitwirken können, wobei hierzu allerdings auszuführen ist, dass auf Grund der politischen Entwicklungen unsicher war, ob das Projekt von langer Dauer sein wird. Überdies wurde dieses mehrfach vorübergehend gestoppt.

Im Jahr 2007 kam es dann zur Konkurseröffnung über die Fa. C., die Anteile an der Firma hatte ich bereits zwei Monate davor an die Fa. D. Beteiligungs GesmbH verkauft. Dies ebenfalls zum Erinnerungswert von € 1,--.

Durch die Konkurseröffnung wurde die Bürgschaftsverpflichtung schlagend, weshalb ich in den beiden Streitjahren die in Rede stehenden Beträge leisten musste.

Ich habe nunmehr den Vorteil, in einem festen Dienstverhältnis zu stehen; dies war aber, wie gesagt, zu einem früheren Zeitpunkt keineswegs absehbar.

Frau Gürschka:

Nach Aktenlage war Bw bereits ab 2001 Geschäftsführer der Fa. C., ist jedoch erst 2003 die Bürgschaftsverpflichtung eingegangen. In welcher Höhe haben Sie als Bürge und Zahler gehaftet?

Bw:

Ich habe für 150.000 Euro gehaftet. Hinzufügen möchte ich, dass ich bei Beginn meines Engagements bei der Fa. C. damit gerechnet habe, die Firma wieder in die Gewinnzone zu bringen; die Firma hatte einen sehr guten Namen. In den Jahren ab 1999 war ich bis zu meinem Eingehen der Geschäftsführerfunktion als Unternehmensberater tätig, in dieser Eigenschaft habe ich dann auch die Kontakte zu C. geknüpft. Ich hatte im Jahr 2000 hieraus geringfügige Einnahmen von etwas mehr als 1.500 Euro.

Frau Gürschka:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen entschieden, dies zuletzt auch im Jahr 2010 ( ), dass Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers regelmäßig durch die Gesellschafterstellung und nicht durch die Geschäftsführerbezüge veranlasst sind. In dem zitierten VwGH-Erkenntnis war sogar das Beteiligungsverhältnis nicht wesentlich, nämlich nur 15 %. Es ist daher kein Grund einzusehen, warum der Berufungsfall anders behandelt werden sollte.

Dr. Wagner:

Es ist zwar zutreffend, dass der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen wie dargelegt entschieden hat. Allerdings hat er regelmäßig in den Vordergrund seiner Entscheidungen gestellt, ob die Bürgschaftszahlung de facto durch Einkünfte aus Kapitalvermögen oder aber durch das Dienstverhältnis veranlasst ist.

Im vorliegenden Berufungsfall ist meiner Ansicht nach jedenfalls die Motivationslage des Herrn Bw entscheidend; er hat sich keineswegs zum Eingehen von Bürgschaftsverpflichtungen entschieden, weil er Gesellschafter war, sondern nur deshalb, um seine Bezüge als Geschäftsführer zu sichern. Diese haben vereinbarungsgemäß monatlich 3.000 Euro betragen, wobei allerdings durch die geschilderten Schwierigkeiten zuletzt ein geringerer Betrag zugeflossen ist. In den Jahren der Beteiligung haben auch nie Gewinnausschüttungen stattgefunden, was ein weiteres Indiz dafür ist, dass die Veranlassung der Bürgschaftsverpflichtung rein durch die Geschäftsführertätigkeit gegeben war."

Aus der Aktenlage ist weiters ersichtlich, dass der Bw. ab zu 26% und ab zu 50% an der Fa. C. beteiligt war. Die letzte Einnahme als Geschäftsführer ist dem Bw. Ende 2006 zugeflossen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb, das heißt im Berufungsfall durch die sonstige selbständige Tätigkeit des Bw. als Geschäftsführer der C.-GmbH veranlasst sind.

Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers sind nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und entziehen sich einem Abzug als Betriebsausgaben (Werbungskosten) bei den Geschäftsführereinkünften (siehe Jakom/Lenneis EStG, 2011, § 4 Rz 330 "Bürgschaftsaufwendungen"; Doralt, EStG11, § 4, Tz 330, "Bürgschaften", Doralt, EStG13, § 16 Tz, 220, "Bürgschaften", ebenso: Zorn, Besteuerung der Geschäftsführung, Wien 1992, 73, und etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes ; , 2003/14/0076; , 2004/13/0021).

Auch in seinem vor kurzem ergangenen Erkenntnis , auf das die Amtspartei zu Recht hingewiesen hat, hat der Gerichtshof dies wiederum bestätigt.

Im Einzelnen hat er dazu ausgeführt:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und entziehen sich einem Abzug als Betriebsausgaben (Werbungskosten) bei den Geschäftsführereinkünften. Die Sicherung allfälliger Geschäftsführerbezüge ist erst eine weitere Folge des Fortbestandes der Gesellschaft und tritt daher gegenüber dem primären Zweck der Einlage in den Hintergrund (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2005/15/0041). Geht ein Arbeitnehmer einer Kapitalgesellschaft, an der er selbst beteiligt ist, zu Gunsten dieser Gesellschaft eine Bürgschaft ein, so ist zu prüfen, ob die Bürgschaftsübernahme im Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Wenn dies der Fall ist, wovon im Allgemeinen auszugehen ist, dann sind die Aufwendungen auf Grund des Schlagendwerdens der Bürgschaft nicht als Werbungskosten anzusehen."

In dieser Judikatur kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass es in erster Linie Sache der Gesellschafter einer in ihrer Existenz gefährdeten Kapitalgesellschaft ist, den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern, und erst in weiterer Folge dadurch Geschäftsführerbezüge gesichert werden (sh. ).

In , hat der Gerichtshof in gleicher Weise die Beschwerde eines zu 50% beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers abgewiesen.

Auch die Höhe der eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung spricht gegen den Standpunkt des Bw.; es ist nach den Erfahrungen des täglichen Lebens völlig auszuschließen, dass ein (fremder) Geschäftsführer einer GmbH bereit gewesen wäre, bei einem Monatsbezug von bloß 3.000 € ein Haftungsobligo von 150.000 € einzugehen. Dies ist nur dadurch erklärbar, dass der Bw. zugleich Gesellschafter der Fa. C. war, die er - wie er selbst ausführt - wieder in die Gewinnzone bringen wollte, wovon er primär durch Gewinnausschüttungen sowie durch Wertsteigerungen der GmbH-Anteile profitiert hätte.

Somit liegt kein Fall vor, bei dem - ausnahmsweise - von einer Veranlassung der Bürgschaftszahlungen durch die Tätigkeit als Geschäftsführer ausgegangen werden könnte.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at