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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.11.2010, RV/2530-W/09

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe bei nicht rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., W.,S-Straße, vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt, 1060 Wien, Gumpendorferstraße 71, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Abweisung des Antrags auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Kinder E.Z., geb. am xx.xx.xxxx, E.K., geb. am yy.yy.yyyy, E.E., geb. am cc.cc.cccc, ab September 2008 und betreffend Abweisung des Antrags auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind E.M., geb. am vv.vv.vvvv ab November 2008 entschieden:

Die Berufung wird hinsichtlich des Zeitraumes September 2008 bis November 2009 als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe wird für die Kinder E.Z., E.K. und E.E. für die Monate September 2008 bis November 2009 und für das Kind E.M. für die Monate November 2008 bis November 2009 abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ist türkischer Staatsbürger und beantragte für seine vier Kinder Familienbeihilfe ab September bzw. November 2008.

Mit Bescheid vom wurden diese Anträge als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, die abverlangten Unterlagen hinsichtlich des rechtmäßigen Aufenthaltes seien nicht beigebracht worden.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Bw. vor, der Bw. sei legal in Österreich, gehe einer regelmäßigen Arbeit nach und bezahle Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben. Der Aufenthaltstitel des Bw. sei nachgewiesen worden.

In Ergänzung der Berufung wurde mitgeteilt, dass der Asylgerichtshof mit Erkenntnissen vom das Aufenthaltsrecht der Kinder mit Beginn des Aufenthaltes in Österreich bestätigt habe.

In weiterer Folge wurde der Bw. ersucht, für sich selbst den rechtmäßigen Aufenthalt ab nachzuweisen, bekanntzugeben, ob hinsichtlich seiner Person ein Asylverfahren anhängig ist und aufgefordert, die im Berufungsschreiben angeführten Erkenntnisse des Asylgerichtshofes beizubringen.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Die Ermittlungen des Unabhängigen Finanzsenates beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, brachten folgendes Ergebnis:

Dem Bw. wurde eine quotenfreie Aufenthaltsbewilligung "humanitäre Gründe", gültig von bis , erteilt. Am stellte er rechtzeitig einen Verlängerungsantrag und wurde ihm der Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt", gültig vom bis erteilt.

Die Asylverfahren seiner Kinder wurden mit Erkenntnissen vom beendet und die Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesasylamtes als unbegründet abgewiesen. Am wurde für die Kinder ein Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" gestellt; eine solche wurde mit Gültigkeit vom bis (bzw. hinsichtlich der Kinder E.K. und E.Z. bis ) erteilt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Behörde nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der Bw. stellte einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für seine vier Kinder wie folgt:


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E.E.
ab September 2008
E.K.
ab September 2008
E.M.
ab November 2008
E.Z.
ab September 2008

Der Bw. hält sich seit als Asylwerber in Österreich auf. Am wurde sein Asylantrag in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen. Am wurde dem Bw. erstmals ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen bis gewährt. Am stellte er einen Verlängerungsantrag. Nach einer Belehrung zur geänderten Rechtslage änderte er seinen Antrag dahingehend ab, als er die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" gemäß § 43 Abs. 2 NAG beantragte. Eine derartige Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt wurde ihm erteilt und weist diese eine Gültigkeitsdauer vom bis auf. Am stellte er einen Verlängerungsantrag, über den bis dato noch nicht abgesprochen ist.

Alle vier Kinder, für die der Bw. einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab September 2008 bzw. hinsichtlich des Sohnes E.M. ab November 2008 stellte, beantragten, vertreten durch ihre Mutter, im Jahr 2003 beim Bundesasylamt - Außenstelle Wien ein Familienverfahren. Das Bundesasylamt wies die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erkannte den Kindern weder den Status von Asylberechtigten noch den Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs.1. Z 1 AsylG 2005 in Bezug auf die Türkei zu.

Mit Erkenntnissen vom wurden die gegen die abweisenden Bescheide des Bundesasylamtes erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Lediglich hinsichtlich des Spruchpunktes, wonach die Kinder aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen wurden, wurden die Bescheide des Bundesasylamtes ersatzlos behoben.

Am stellten die Kinder Anträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen "unbeschränkt" gemäß § 43 Abs. 2 NAG, derartige Niederlassungsbewilligungen wurde hinsichtlich der vier Kinder erteilt. Die Gültigkeitsdauer der Aufenthaltstitel umfasst folgende Zeiträume:


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E.E.
-
E.K.
-
E.M.
-
E.Z.
-

Dieser Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt des Aktes der Magistratsabteilung 35, Einwanderung, auf die von der MA 35 erteilten Auskünfte und ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Nach Absatz 2 leg. cit. besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Den Ermittlungen der Behörde zu Folge hatte der Bw. ab zunächst einen Aufenthaltstitel "humanitäre Gründe", gültig bis . Am stellte er einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "unbeschränkt" gemäß § 43 Abs. 2 NAG. Der Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" hatte eine Gültigkeitsdauer von bis .

Gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz NAG in der ab gültigen Fassung ist der Antragsteller nach Stellung eines Verlängerungsantrages, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Nach § 8 Abs. 1 NAG werden Aufenthaltstitel erteilt als: 1.... 2.... 3.... 4.... 5. "Aufenthaltsbewilligung" für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck (§§ 58 bis 69 und § 72) mit der Möglichkeit, anschließend eine Niederlassungsbewilligung zu erlangen, sofern dies in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

Gemäß § 72 Abs. 1 NAG kann die Behörde im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses (§ 11 Abs. 1), ausgenommen bei Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes (§ 11 Abs. 1 Z 1 und 2), in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen.

Der Bw. hatte somit ab einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 8 NAG. Fraglich könnte sein, ob sich der Bw. in der Zeit nach Ablauf der Gültigkeitsdauer seines Aufenthaltstitels bis zur Entscheidung über seinen rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit gestellten Verlängerungsantrag rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Aus der Verwendung des Wortes "weiterhin" in § 24 Abs. 2 letzter Satz NAG 2005 ist auf eine Kontinuität des solcherart vorläufig verlängerten Aufenthaltstitels zu schließen, was bedeutet, dass dem Antragsteller bis zur Entscheidung über seinen Verlängerungsantrag dieselbe Rechtsposition eingeräumt werden soll, die er nach dem Inhalt des letzten Aufenthaltstitels innehatte (). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich der Bw. auf Grund seines rechtzeitig (am ) gestellten Verlängerungsantrages bis zur Entscheidung darüber weiterhin rechtmäßig im Sinne des § 8 NAG im Bundesgebiet aufhielt.

Der Aufenthaltstitel im Sinne des § 8 NAG des Bw. allein reicht jedoch in Anbetracht der Bestimmung des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 nicht aus, um den Anspruch auf Familienbeihilfe zu gewährleisten. Es ist darüber hinaus notwendig, dass auch die Kinder einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 8 NAG besitzen.

Die Asylverfahren der Kinder wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom dahingehend beendet, als die Beschwerde gegen die abweisenden Bescheide des Bundesasylamtes als unbegründet abgewiesen wurden. Die Kinder waren als Asylwerber lediglich im Besitz von Aufenthaltsberechtigungskarten gemäß § 51 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. gemäß § 36 b AsylG 1997. Dabei handelte es nicht um gültige Aufenthaltstitel im Sinne des § 8 NAG.

Am wurden hinsichtlich aller 4 Kinder Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "unbeschränkt" gemäß § 43 Abs. 2 NAG gestellt, die in weiterer Folge positiv erledigt wurden. Die Gültigkeitsdauer der Aufenthaltstitel beginnt mit .

In Anbetracht der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen, nach denen sich sowohl der Bw. als auch seine Kinder rechtmäßig im Sinne der §§ 8 und 9 NAG im Bundesgebiet aufhalten müssen, um einen Anspruch auf Familienbeihilfe zu haben, ist anzumerken, dass diese Voraussetzungen erst ab erfüllt wurden. In den Monaten von September 2008 bis November 2009 hielten sich die Kinder nicht rechtmäßig im Sinne der §§ 8 und 9 NAG im Bundesgebiet auf, weshalb die Berufung hinsichtlich dieses Zeitraumes und der Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für die Kinder E.Z., E.K. und E.E. für den Zeitraum von September 2008 bis November 2009 und für das Kind E.M. für den Zeitraum von November 2008 bis November 2009 als unbegründet abzuweisen waren.

Gemäß § 13 FLAG 1967 ist ein Bescheid nur insoweit zu erlassen, als einem Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist.

Da das Ermittlungsverfahren ergab, dass ab Dezember 2009 die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe vorliegen, war in Anwendung der Bestimmung des § 13 FLAG 1967 für den Zeitraum ab Dezember 2009 kein Bescheid zu erlassen. Der angefochtene Bescheid war daher auf die im Spruch angeführten Zeiträume einzuschränken. Ein neuerlicher Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Dezember 2009 kann im Hinblick auf die geänderten tatsächlichen Verhältnisse eingebracht werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
FAAAD-29370