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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 05.09.2012, RV/2242-W/12

Großes Pendlerpauschale bei einer Wegzeit von über 2 bzw. über 4 Stunden

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/2242-W/12-RS1
wie RV/0665-W/12-RS6
Ist die Sache entscheidungsreif und die Ausfertigung einer Berufungsentscheidung mit keinem besonderen Aufwand verbunden, verbietet somit die Prozessökonomie eine Entscheidung in der Sache nicht, ist von einer Aussetzung der Entscheidung über die Berufung Abstand zu nehmen, wenn für ein Zuwarten lediglich das - mögliche - Interesse der Amtspartei spricht, nicht mit dem Aufwand einer - allfälligen - Amtsbeschwerde belastet zu sein und dem das Interesse der Partei (§ 78 BAO) an einer zeitnahen Berufungserledigung entgegensteht.
RV/2242-W/12-RS2
wie RV/1060-W/10-RS3
Die Benützung von Massenverkehrsmitteln ist beim Pendlerpauschale jedenfalls dann unzumutbar, wenn die Fahrt mit diesen einerseits 90 Minuten überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln (allenfalls mit dem PKW in Form von „Park and Ride“ kombiniert) mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW (vgl. ; ; Doralt, EStG, 9. Auflage, § 16 Tz. 105).
RV/2242-W/12-RS3
wie RV/1060-W/10-RS4
Das „große“ Pendlerpauschale steht bei Vorliegen der Voraussetzungen unabhängig vom tatsächlich benutzten Verkehrsmittel zu, etwa, wenn trotz Unzumutbarkeit des Massenverkehrsmittels dennoch dieses benützt wird (vgl. ; ; Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke [Hrsg], MSA EStG [], § 16 Anm. 82; gegenteilige Ansicht: ; RV/0447-I/08). Es liegt im Wesen einer Pauschalierung, dass von den tatsächlichen Kosten abweichende Beträge im Sinne der Verwaltungsvereinfachung steuerlich berücksichtigt werden. Dies ist gerade beim Pendlerpauschale der Fall, das vielfach unter den tatsächlichen Kosten liegt. Solcherart kommt es auf die konkreten, den Steuerpflichtigen im Einzelfall treffenden Kosten zur Erreichung der Arbeitsstätte nicht an (vgl. ; ).
RV/2242-W/12-RS4
wie RV/1060-W/10-RS6
Überschreitet die Zeit für den Arbeitsweg unter überwiegender Nutzung des öffentlichen Verkehrs für Hin- und Rückweg zusammen drei Stunden, ist die Benutzung von Massenverkehrsmitteln im Allgemeinen unzumutbar und steht das „große“ Pendlerpauschale zu (i.d.S. auch Doralt, EStG, 13. Auflage, § 16 Tz. 107; RV/0031-G/08 - dazu Demal, UFSjournal 2009, 12, und SWK 2009, K 8 - und RV/0311-G/08). Hierbei ist eine Gesamtbetrachtung der Tageswegzeit gegenüber einer isolierten Betrachtung jeweils des Hin- und des Rückweges sachgerechter, da auf diese Weise ein allfälliger längerer Weg in eine Richtung durch einen allfällig kürzeren Weg in die andere Richtung ausgeglichen werden kann. § 9 Abs. 2 AlVG hält einen Arbeitsweg von ¼ der Normalarbeitszeit (8 Stunden) bei Vollzeitbeschäftigung zumutbar, also einen Arbeitsweg von i.d.R. einer Stunde je Richtung. Ein Pendler muss in Niederösterreich durchschnittlich ½ Stunde für seinen Arbeitsweg aufwenden. Die vom UFS in seinen vorgenannten Entscheidungen herangezogene Zumutbarkeitsgrenze von 1 ½ Stunden entspricht der dreifachen durchschnittlichen Pendelzeit in Niederösterreich und soll eine derartige Wegzeit etwa nach den Materialien zum Arbeitsmarktreformgesetz 2004 nur bei „Vorliegen besonderer Umstände zumutbar“ sein. Eine darüber hinausgehende Wegzeit – also mehr als drei Stunden für den Hin- und Rückweg - ist daher grundsätzlich nicht zumutbar, auch wenn auf Grund des fehlenden adäquaten Arbeitsplatzangebots in der näheren Wohnumgebung oder im gesamten Bundesland Menschen gezwungen sind, eine noch längere Wegzeit in Kauf nehmen zu müssen.
RV/2242-W/12-RS5
wie RV/0311-G/08-RS1
Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf dem täglichen Dienstweg ist das Verhältnis zwischen der Tageswegzeit und der täglichen Normalarbeitszeit miteinzubeziehen. Für Dienstnehmer in Vollzeitbeschäftigung stellt eine tägliche Wegzeit von drei Stunden pro Tag einen entfernungsunabhängigen Richtwert für eine Zumutbarkeitsobergrenze dar.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw_Adr, vom gegen den Bescheid des Bruck Eisenstadt Oberwart, vertreten durch Fachexpertin Amtsdirektorin Eva Hoffmann, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 und 2008 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) wohnt in Sch***** in der Gemeinde O***** und arbeitet im rund 120 km entfernten Wien.

Der Bw beantragte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008 unter anderem jeweils das "große" Pendlerpauschale von 2.797,50 € (2007) bzw. 3.151,50 € (2008). Laut Lohnzetteln hat der Arbeitgeber jeweils das "kleine" Pendlerpauschale für eine Strecke von über 60 km gewährt, im Jahr 2008 allerdings nur 1.426,00 €.

Das Finanzamt versagte in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2007 und 2008 vom das "große" Pendlerpauschale mit der Begründung, der Arbeitgeber habe bereits bei der Lohnverrechnung ein Pendlerpauschale berücksichtigt.

Gegen diese Bescheide vom erhob der Bw mit Eingabe vom - verbessert am - Berufung:

"...Meine Berufung richtet sich gegen die Nichtanerkennung des Pendlerpauschales im Jahr 2007 und 2008 in der beantragten Höhe.

Begründung:

Wie in ihrer Bescheidbegründung angeführt, wurde das Pendlerpauschale in der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt, jedoch nicht in der korrekten Höhe.

Für meinen täglichen Arbeitsweg von Sch***** nach Wien steht mir das große Pendlerpauschale ab 60km zu, dies wurde aber in der laufenden Lohnverrechnung nicht in der zustehenden Höhe berücksichtigt.

Ergänzend gab der Bw am bekannt:

"...Ich wohne nach wie vor in meinem Elternhaus in Sch***** und habe zu keiner Zeit eine andere Wohnung innegehabt oder bewohnt.

Warum auf meinem Lohnzettel die Pendlerpauschale nicht in korrekter Höhe berücksichtigt wurde, kann ich mir selbst nicht erklären.

Ich habe aus Unkenntnis die mir zustehende Pendlerpauschale in einigen Jahren nicht in vollem Umfang geltend gemacht und somit aufgrund der Verjährung auf mir zustehendes Geld verzichtet...."

Ein Vorhalt des Finanzamtes wurde am wie folgt beantwortet:

"...Ich wohne nach wie vor in meinem Elternhaus in ... O*****, Sch***** ... und habe zu keiner Zeit eine andere Wohnung innegehabt oder bewohnt. Mein Arbeitgeber im fraglichen Zeitraum bis dato ist die Firma ...

Mein täglicher Arbeitsweg ist mit dem Auto von Sch***** nach P***** (ca. 18 km/25 Min.), dann mit dem Bus nach Wien (ca. 110 km/1 Stunde 15 Min.) und von dort mit der Straßenbahn bzw. zu Fuß in die Firma (ca. 15 km/30 Min). ..."

Mit Berufungsvorentscheidungen vom (laut Finanzamtsakt sowohl für das Jahr 2007 als auch für das Jahr 2008) wurde die Berufung vom als unbegründet abgewiesen:

"...Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar} wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt. Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten, aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert wie die Fahrzeit mit dem Kfz (vgl. 2006/15/0001 ; RV/0223-G/09 ; , RV/0076-F/11 ). Die Berufung war aus diesem Grund abzuweisen."

Hiergegen wurde mit Eingabe vom , beim Finanzamt eingelangt am , Vorlageantrag erhoben:

"...Hiermit ersuche ich um Entscheidung über meiner Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 vom durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Begründung:

Ihren Ausführungen in ihrer BVE vom möchte ich folgendes entgegensetzen.

Es gibt von Sch***** aus keinerlei annehmbare Verbindung mit einem öffentlichen Verkehrsmittel, welches mir auch nur annähernd die Möglichkeit geben würde, zu einer annehmbaren Uhrzeit in Wien an meinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Selbiges gilt für die Rückfahrt und in den Schulferien gibt es gar keine Verbindung.

Da die BVE nicht über das Jahr 2008 abspricht, obwohl dort der gleiche Sachverhalt vorliegt und die Berufung für beide Jahre eingebracht wurde, ersuche ich hiermit beide Jahre (2007 und 2008) zu bearbeiten..."

Das Finanzamt richtete hierauf am folgenden Vorhalt an den Bw:

"...in Ihrer Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 begehren Sie die Anerkennung der Pendlerpauschale mit Unzumutbarkeit der Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels.

Dazu wird Ihnen folgendes mitgeteilt:

Hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benutzung eines Massenbeförderungsmittels gilt:

  • Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt.

  • Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt.

  • Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert als die Fahrzeit mit dem KFZ (vgl. 2006/15/0001 ; RV/0223-G/09 ; RV/0076-F/11 ).

Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen.

Darüber hinaus ist eine optimale Kombinatian zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB "Park and Ride") zu unterstellen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird. Unter Fahrtstrecke ist bei Benützung eines KFZ jene kürzeste Strecke zu verstehen, die ein Arbeitnehmer für tägliche Fahrten vernünftigerweise wählt, um die auf Grund bestehender Geschwindigkeitsbeschränkungen zeitaufwändige Befahrung von Ortsdurchfahrten (verkehrsberuhigte Zonen) zu vermeiden ( 96/14/0002 ,96/14/0003).

Im Falle des Bestehens einer gleitenden Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit des Verkehrsmittels. Liegen Wohnort und Arbeitsstätte innerhalb eines Verkehrsverbundes (zB 'Verkehrsverbund Ostregion"), wird Unzumutbarkeit infolge langer Reisedauer im Allgemeinen nicht gegeben sein.

Sie selbst geben in Ihrer Stellungnahme vom , eingelangt am an, dass die mit dem PKW nach P***** fahren und danach mit Bus und Straßenbahn zu Ihrer Arbeitsstätte gelangen.

Nach Ihren eigenen Ausführungen benötigen Sie für die gesamte Strecke: 25 min mit dem PKW von Sch***** nach P*****, mit dem Bus nach Wien 75 min sowie in Wien 30 min bis zur Firma. Dies ergibt eine Gesamtzeit von 130 min, dies sind zwei Stunden und 10 min. für eine Strecke, jedenfalls deutlich kürzer als die geforderten mehr als 2,5 Stunden in eine Richtung.

Die Pendlerpauschale mit Unzumutbarkeit der Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels steht daher nicht zu..."

Der Bw replizierte hierauf am :

"...Wie ihnen entgangen sein dürfte, wurde meine Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 bereits mit BVE abgewiesen (aber nicht für 2008 !!!).

Aus diesem Grunde habe ich bereits einen Vorlageantrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt (siehe Beiblatt).

Zur besseren Verständlichkeit führe ich ihnen hier nochmal die Begründung dafür an:

"Begründung:

Ihren Ausführungen in ihrer BVE vom mochte ich folgendes entgegensetzen. Es gibt von Sch***** aus keinerlei annehmbare Verbindung mit einem öffentlichen Verkehrsmittel, welches mir auch nur annähernd die Möglichkeit geben würde, zu einer annehmbaren Uhrzeit in Wien an meinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Selbiges gilt für die Rückfahrt und in den Schulferien gibt es gar keine Verbindung..

Da die BVE nicht über das Jahr 2008 abspricht obwohl dort der gleiche Sachverhalt vorliegt und die Berufung für beide Jahre eingebracht wurde, ersuche ich hiermit beide Jahre (2007 und 2008) zu bearbeiten."..."

Mit Bericht vom , eingelangt am , legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor. Bei Verwendung von Park and ride sei eine Fahrzeit in eine Richtung von weniger als zweieinhalb Stunden gegeben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zwischen den Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens ist unstrittig, dass der Bw den rund 120 km langen Arbeitsweg in der Form zurücklegt, dass er von seiner Wohnung in Sch***** rund 25 Minuten mit dem PKW nach P***** fährt, von dort mit dem Bus nach Wien 75 Minuten braucht sowie in Wien weitere 30 Minuten bis zu seiner Arbeitsstätte, was eine Gesamtwegzeit in eine Richtung von 130 Minuten, also 2 Stunden 10 Minuten ergibt.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich bestimmte Pauschbeträge als ("kleines") Pendlerpauschale berücksichtigt. Diese betrugen im Jahr 2007 bei einer Fahrtstrecke von über 60 km 1.540,50 € und im Jahr 2008 1.735,50 € jährlich (die Pauschbeträge wurden jeweils unterjährig geändert).

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden höhere Pauschbeträge als ("großes") Pendlerpauschale berücksichtigt, und zwar im Jahr 2007 bei einer Fahrtstrecke von über 60 km 2.797,50 € und im Jahr 2008 3.151,50 €.

Zu Recht unstrittig ist, dass das "große" Pendlerpauschale auch dann zusteht, wenn tatsächlich nicht für den gesamten Arbeitsweg ein PKW verwendet wird, sondern wenn der Steuerpflichtige auch oder ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel verwendet (vgl. , mit Darstellung des Meinungsstandes).

Zur Unzumutbarkeit der Zurücklegung des mehr als 60 km umfassenden Arbeitsweges (teilweise) mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn die Wegzeit in eine Richtung mehr als zwei Stunden beträgt, hat der UFS etwa in seiner (mit Amtsbeschwerde beim VwGH angefochtenen) Berufungsentscheidung , unter anderem ausgeführt:

"... Die Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens gehen mit der Verwaltungspraxis und einem Teil der Entscheidungspraxis des UFS übereinstimmend davon aus, dass für den etwas über 60 km in eine Richtung betragenden Arbeitsweg eine Wegzeit von bis zu 2,5 Stunden in eine Richtung, also insgesamt von bis zu 5 Stunden, zumutbar i. S. d. Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 sei.

Der UFS hat in seiner oben zitierten Entscheidung ( RV/1060-W/10 ) durch den gesamten Berufungssenat auch zu dieser Frage Stellung genommen und wie folgt ausgeführt (auch diese Auffassung wurde vor dem VwGH nicht bekämpft):

"4.4.5. Zumutbarkeitsgrenze drei Stunden für den gesamten täglichen Arbeitsweg

Fraglich ist allerdings, ob eine Wegzeit bei (theoretischer) Verwendung von "Park and Ride" von jeweils rund 1 ¾ Stunde je Richtung (insgesamt rund 3 ½ Stunden) und einer täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden im gegenständlichen Fall überhaupt zumutbar ist.

Hierzu gibt es ebenfalls keine Judikatur des VwGH.

Der Unabhängige Finanzsenat hat sich in seinen Entscheidungen RV/0031-G/08 (siehe dazu auch Demal, UFSjournal 2009, 12, und SWK 2009, K 8) und RV/0311-G/08 , ausführlich mit der Frage der zeitlichen Zumutbarkeit der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel auseinandergesetzt und - abweichend von der überwiegenden Spruchpraxis des UFS - in der letztgenannten Entscheidung dazu unter anderem ausgeführt:

,Aus § 16 Abs.1 Z.6 lit. a und b EStG ergibt sich, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Verwendung von Kfz, sondern die Inanspruchnahme des öffentlichen Verkehrsangebots steuerlich berücksichtigt wissen will. Nur wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs.1 Z.6 lit. c EStG die Kosten des Individualverkehrs zum Ansatz kommen (z.B. 2006/15/0001 ).

Was unter dem Begriff der Zumutbarkeit iSd lit. c der zitierten Bestimmung zu verstehen ist, lässt der Gesetzestext offen. Nach Lehre und Rechtsprechung liegt Unzumutbarkeit jedenfalls (auch und vor allem) dann vor, wenn Massenbeförderungsmittel für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte entweder gar nicht oder nicht zu den erforderlichen Zeiten zur Verfügung stehen. Im Übrigen zieht der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seiner Judikatur zur Auslegung des Begriffs der Zumutbarkeit iSd. § 16 Abs.1 Z.6 lit. c EStG die Gesetzesmaterialien heran (z.B. 2006/15/0319 und 2006/15/0001 ).

Die Amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs.1 Z.6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75) führen diesbezüglich aus:

,,Unzumutbar' sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massebeförderungsmitteln als mit dem eigenen Kfz; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen.'

Ausgehend von der Entscheidung des Gesetzgebers, das Pendlerpauschale als ein Instrument zur Förderung des öffentlichen Verkehrs auszugestalten, ist somit eine spürbar längere Wegzeit für die Fahrt zum/vom Dienstort bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel gegenüber jener im Individualverkehr vom Zweck der Bestimmung grundsätzlich getragen.

Die Grenze bildet die Zumutbarkeit für den einzelnen Dienstnehmer beim Erfordernis einer zweimaligen Zurücklegung der Wegstrecke an den überwiegenden Arbeitstagen unter Annahme einer prinzipiell täglichen Dienstverrichtung.

Der Gesetzgeber geht in den Amtlichen Erläuterungen auf zwei Zumutbarkeitskriterien näher ein. Dass es sich dabei nicht um eine abschließende Anführung der möglichen Kriterien handelt, ergibt sich allein aus dem Fehlen eines Hinweises auf gesundheitliche Beeinträchtigungen, etwa eine Gehbehinderung, als weiteren Anknüpfungspunkt bei einer Zumutbarkeitsbeurteilung.

Jedenfalls Kriterien bei einer Feststellung der Zumutbarkeit stellen nach den Gesetzesmaterialien einerseits das Verhältnis zwischen den Wegzeiten im Individualverkehr bzw. bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und anderseits die Dauer der Wegzeit als solche dar.

In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass die Frage der Zumutbarkeit der Wegzeit unabhängig von der Entfernung - und daher in dieser Hinsicht für alle Dienstnehmer gleich - zu beurteilen ist. Vor dem Hintergrund der Amtlichen Erläuterungen resultiert aus diesem Standpunkt die grundsätzliche Zumutbarkeit einer Fahrtdauer von bis zu 90 Minuten für die einfache Wegstrecke nicht nur im Nahbereich sondern generell (vgl. in diesem Sinne Doralt, EStG, § 16 Tz. 107. Der VwGH hat diese Überlegung im Erkenntnis 2007/15/0053 aufgegriffen. Auch in der Judikatur des UFS hat der Gedanke bereits seinen Niederschlag gefunden, z.B. RV/0394-I/09 ; RV/0501-I/09 ; RV/0031-G/08 ; RV/2256-W/06 ).

Ab welchen (absoluten) Wegzeiten die Zurücklegung des täglichen/regelmäßigen Dienstweges - sei es im Individualverkehr oder mittels öffentlicher Verkehrsmittel und unabhängig von der Entfernung - für alle Dienstnehmer gleichermaßen unzumutbar erscheint, ist weder dem Gesetz noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen.

In der Entscheidung RV/0031-G/08 hat sich der UFS ausführlich mit den zitierten Amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs.1 Z.6 EStG auseinandergesetzt und ist - insbesondere aufgrund vergleichender Betrachtung mit anderen einkommensteuerlichen Bestimmungen mit ähnlichem Regelungsbereich - zum Ergebnis gekommen, dass eine Wegzeit von 90 Minuten je Fahrtrichtung unabhängig von der Entfernung als allgemeine Zumutbarkeitsobergrenze anzunehmen ist.

In der angesprochenen Entscheidung führt der UFS zum Verständnis der Amtlichen Erläuterungen aus:

Aus Sicht des UFS bedeutet die Nennung der 90-Minuten-Grenze im Zusammenhang mit dem Nahbereich von 25 Kilometern keineswegs, dass ihr nur in diesem Bereich Bedeutung zukommt. Die Erwähnung im Zusammenhang mit dem Nahbereich dient der Vermeidung einer nicht gewollten, unsachlichen Bevorzugung von Entfernungen bis 25 Kilometern. Dies macht der Verweis auf die Erfahrungswerte über die durchschnittliche Fahrdauer deutlich. Ohne diese Klarstellung hätte etwa bereits eine Fahrzeit von 35 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Vergleich zu einer PKW-Fahrt von 10 Minuten einen Anspruch auf das ,große' Pendlerpauschale vermittelt. Dass damit der Nahbereich in unsachlicher Weise bevorzugt gewesen wäre, liegt auf der Hand. Mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Maßgeblichkeit der für eine tägliche Rückkehr allgemein geltenden Zumutbarkeitsobergrenze von 90 Minuten auch im Nahbereich von 25 Kilometer, wurde dieses Ergebnis vermieden.

Diesem Verständnis steht auch der erste Satz der Amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z.6 EStG nicht entgegen, wird in diesem doch lediglich festgestellt, dass bei mehr als dreimal so langer Wegzeit eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel jedenfalls unzumutbar ist. Daraus rein schematisch eine bis zu dreimal so lange Fahrzeit für jedenfalls zumutbar zu halten, hieße den gleichen Fehler zu begehen, wie bei der Annahme der Festlegung einer 120 Kilometer Entfernungsgrenze durch Rz 342 LStR.

In Übereinstimmung mit Doralt geht der UFS davon aus, dass die Zeitspanne von 90 Minuten zur Gewährleistung einer sachgerechten Zumutbarkeitsregelung grundsätzlich in gleicher Weise für alle Dienstnehmer zu gelten hat. Dies verlangt der § 16 Abs.1 Z.6 EStG zu Grunde liegende Regelungsbereich der täglichen/regelmäßigen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. ....

Wenn die Amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs.1 Z.6 EStG diese Grenze mit 90 Minuten je Fahrtrichtung angeben, so ist daraus zu ersehen, dass der Gesetzgeber eine tägliche Gesamtwegzeit von drei Stunden grundsätzlich für zumutbar hielt. Dass nach Ansicht des Gesetzgebers darüber hinausgehende Wegzeiten (zweimal täglich) ebenfalls noch vertretbar sind, lässt sich weder aus dem Gesetzestext noch aus den -materialien ableiten. Der Ansicht von Doralt, der eine Wegzeit von zwei Stunden bereits für gelegentlich zurückzulegende Strecken als unzumutbar erachtet, ist daher zumindest in Bezug auf tägliche Wegstrecken je Fahrtrichtung zuzustimmen.

Zeitspannen von mehr als 90 Minuten je Fahrtrichtung, wie sie Rz 255 LStR für Entfernungen ab 20 Kilometern zu entnehmen sind, entbehren somit einer gesetzlichen Grundlage. Die in den Richtlinien angegebenen Gesamtwegzeiten erweisen sich als Ergebnis rein schematischer Rechenoperationen im Sinne des ersten Satzes der Amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs.1 Z.6 EStG (durchschnittliche Kfz-Fahrzeit für die Wegstrecke multipliziert mit 3). Mit dem Urteil gerecht und billig denkender Menschen ist eine tägliche (!) Gesamtwegzeit von bis zu fünf Stunden (bei einer durchschnittlichen Normalarbeitszeit von acht Stunden) nicht zu vereinbaren. Aber auch der Gesetzestext bzw. die -materialien zu § 16 Abs.1 Z.6 EStG geben dazu, wie dargestellt wurde, keinen Anlass. ....'

In weiterer Folge hält der UFS in dieser Entscheidung zur Zumutbarkeit einer täglichen Anfahrtsdauer aus der Sicht gerecht und billig denkender und deshalb vernünftig handelnder Menschen fest: Dabei kommt etwa dem Umstand der täglich (zum Unterscheid von fallweise) zurückzulegenden Strecke, aber auch dem Verhältnis zwischen täglicher Gesamtwegzeit und täglicher (Normal-) Arbeitszeit eine wesentliche Bedeutung zu. Eine Wegzeit von täglich drei Stunden zur Verrichtung einer Arbeitszeit von acht Stunden stellt hier zweifellos einen realistischen Grenzwert dar. Auch unter diesem Aspekt zeigt sich, dass die Beurteilung einer zumutbaren Dauer für den täglichen Weg zur Arbeit eine einheitliche Grenze für alle (vollzeitbeschäftigten) Dienstnehmer verlangt.

Einen Blick auf das Verhältnis zwischen der täglichen Wegzeit und der Tagesarbeitszeit zu werfen, legt nicht nur das Urteil gerecht und billig denkender Menschen nahe. Der Aspekt findet sich etwa seit einiger Zeit im Bereich des Arbeitslosenversicherungsrechts. Auch hier geht der Gesetzgeber im Übrigen von einem einheitlichen, entfernungsunabhängigen Zumutbarkeitsbegriff für die regelmäßige Wegzeit zur Arbeitsstelle aus.

Nachdem bis 2004 die Wegzeit zum Dienstort kein Kriterium für die Zumutbarkeit der Annahme einer angebotenen Arbeitsstelle gewesen war, bezieht § 9 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 ( AlVG ) seit dem Arbeitsmarktreformgesetz 2004 (BGBl. I Nr.77/2004) diesen Aspekt mit ein. In der dzt. geltenden Fassung des BGBl I Nr. 104/2007 lautet die entsprechende Bestimmung:

Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

Den Gesetzesmaterialien zum Arbeitsmarktreformgesetz 2004 ist zu entnehmen:

Im Hinblick auf die unterschiedlichen regionalen und persönlichen Umstände soll von der starren Festlegung einer Grenze im Gesetz abgesehen werden. Die Beurteilung der Angemessenheit der Wegzeit soll unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der Wegzeit und der durchschnittlichen täglichen Normalarbeitszeit erfolgen. Als durchschnittliche tägliche Wegzeit soll die in der Regel täglich zurück zu legende Wegzeit gelten. Die Wegzeit (von der Wohnung zum Arbeitsplatz und zurück) soll im Allgemeinen ein Viertel der durchschnittlichen täglichen Normalarbeitszeit nicht wesentlich überschreiten. Bei unterschiedlicher Verteilung der Wochenarbeitszeit ist auf die durchschnittliche Arbeitszeit an den Beschäftigungstagen abzustellen. Wenn die Wegzeit, etwa auf Grund der Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel, geringfügig (zB eine Viertelstunde) über der Richtwertzeit liegt, wird die Angemessenheit noch nicht in Frage zu stellen sein. Da die Kollektivverträge zum Teil unterschiedliche, von der gesetzlichen Normalarbeitszeit abweichende, Normalarbeitszeiten vorsehen (zB 37,5 oder 38,5 Stunden) wird, um aufwändige Nachforschungen und Streitigkeiten zu vermeiden, im Sinne einer praktikablen Lösung klar gestellt, dass zwei Stunden Wegzeit täglich bei einer Vollzeitbeschäftigung immer zumutbar sind. Eine wesentlich längere Wegzeit, also zB drei Stunden bei einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden, soll nur bei Vorliegen besonderer Umstände zumutbar sein (464 BlgNR XXII. GP, 4).

Zwar vermögen die Überlegungen des Gesetzgebers zu Normen anderer Rechtsgebiete keine Verbindlichkeit für den Bereich des § 16 Abs.1 Z.6 EStG zu schaffen, doch lassen sich aus Sicht des UFS daraus, in Hinblick auf die Vergleichbarkeit der betroffenen Sachverhalte (zumutbare tägliche Wegzeit zum Dienstort) doch zumindest Anhaltspunkte für eine sachgerechte Lösung des unbestimmten Gesetzesbegriffs der "Unzumutbarkeit" im Bereich des Pendlerpauschales finden.

Wenn der Gesetzgeber beim Arbeitslosenversicherungsrecht im Jahr 2004 eine tägliche Wegzeit von drei Stunden bei einer Vollzeitbeschäftigung generell nur mehr bei Vorliegen besonderer Umstände für zumutbar erachtet hat, so erscheint es jedenfalls verfehlt, dem ESt-Gesetzgeber des Jahres 1988, als die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt im Vergleich zu 2004 noch merklich weniger ausgeprägt war, für den Bereich des § 16 Abs.1 Z.6 EStG die Vorstellung einer allgemein zumutbaren, regelmäßigen Wegzeit von spürbar mehr als drei Stunden (2 x 90 Minuten) zu unterstellen.

Der UFS versteht die in den Amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs.1 Z.6 EStG angeführte Wegzeit von 90 Minuten je Fahrtrichtung daher in Bezug auf Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse als Richtwert für eine generelle Zumutbarkeitsobergrenze bei der täglichen/regelmäßigen Wegzeit zum/vom Dienstort..."

Der erkennende Senat folgt grundsätzlich dieser Auffassung. Überschreitet die Zeit für den Arbeitsweg unter überwiegender Nutzung des öffentlichen Verkehrs insgesamt drei Stunden zusammen für Hin- und Rückweg, ist die Benutzung von Massenverkehrsmitteln im Allgemeinen unzumutbar und steht das "große" Pendlerpauschale zu.

Gerade der vorliegende Fall mit einer Tagesarbeitszeit von fünf Stunden zeigt, dass nach der Verwaltungspraxis die Bw. mehr Zeit für ihren Arbeitsweg aufbringen müsste als überhaupt ihrer Tagesarbeitszeit entspricht, um in den Genuss des "großen" Pendlerpauschales zu kommen. Dies kann nicht im Sinne des Gesetzes sein.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass - wie festgestellt (Punkt 2) - ein Pendler in Niederösterreich durchschnittlich ½ Stunde je Richtung für seinen Arbeitsweg von durchschnittlich 20,9 km aufwenden muss. Dies entspricht bei einer Normalarbeitszeit von 8 Stunden 12,5 % der Normalarbeitszeit. Hält man einen Arbeitsweg von ¼ der Normalarbeitszeit bei Vollzeitbeschäftigung zumutbar (vgl. § 9 Abs. 2 AlVG ), ergibt dies einen doppelt so langen, einstündigen Arbeitsweg. Bei Teilzeitbeschäftigung - wie hier - zieht § 9 Abs. 2 AlVG i. d. g. F. die Grenze grundsätzlich bereits bei einer ¾ Stunde (nach der Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 , die den heutigen letzten Satz des § 9 Abs. 2 ALVG noch nicht enthielt: bei einer Stunde, siehe 2006/08/0157 ) Arbeitsweg je Richtung: Die Bw. würde selbst mit "Park and Ride" dagegen mehr als die doppelte der vom AlVG als zumutbar erachteten Zeit benötigen.

Die vom UFS in seinen Entscheidungen RV/0031-G/08 , und RV/0311-G/08 , herangezogene Zumutbarkeitsgrenze von 1 ½ Stunden entspricht der dreifachen durchschnittlichen Pendelzeit und soll eine derartige Wegzeit etwa nach den Materialien zum Arbeitsmarktreformgesetz 2004 nur bei "Vorliegen besonderer Umstände zumutbar" sein. Dagegen hält die Verwaltungspraxis bei einem Arbeitsweg von über 20 km (entspricht dem durchschnittlichen Arbeitsweg beim Pendeln) eine Wegzeit von zwei Stunden, also dem Vierfachen der durchschnittlichen Pendelzeit für einen derartigen Arbeitsweg (und bei einem Arbeitsweg von über 40 km eine Wegzeit von zweieinhalb Stunden, also dem fünffachen der durchschnittlichen Pendelzeit), noch für zumutbar.

Darüber hinaus haben - siehe auch hierzu die getroffenen Feststellungen (Punkt 2) - nach den letzten statistischen Daten 540.021 von insgesamt 603.387 Auspendlern in Niederösterreich, deren Arbeitswegzeit bekannt ist, einen Arbeitsweg, der in bis zu einer Stunde je Richtung zurückgelegt werden kann. Über 89 % aller Pendler in diesem Bundesland benötigen also weniger als eine Stunde, um zur Arbeit zu kommen. Nur rund 11 % haben eine Wegzeit von mehr als einer Stunde, wobei statistische Daten für eine weitere Aufschlüsselung nicht ersichtlich sind. Von den Auspendlern im Wohnbezirk der Bw. benötigten im übrigen nur 9 % länger als eine Stunde für ihren Arbeitsweg (Volkszählung 2001 Hauptergebnisse II Niederösterreich, Statistik Austria 2004, 311).

Da viele Niederösterreicher nach Wien pendeln, liegt der Anteil der Erwerbstätigen mit Wegzeiten von jeweils mehr als einer Stunde in diesem Bundesland weit über dem Österreichschnitt (5,1%) und wird nur noch von den burgenländischen Pendlern (11,4% mit jeweils mehr als einer Stunde Wegzeit) übertroffen (Volkszählung 2001 Hauptergebnisse II Niederösterreich, Statistik Austria 2004, 23). Österreichweit benötigen somit fast 95% aller Pendler weniger als eine Stunde für ihren Weg zur Arbeit.

Auch hieraus ergibt sich, dass eine Wegzeit für den Arbeitsweg von 1 ½ Stunden je Richtung bereits außergewöhnlich lang ist.

Eine darüber regelmäßig (an der überwiegenden Zahl der Arbeitstage) hinausgehende Wegzeit - also mehr als drei Stunden für den Hin- und Rückweg - ist daher im Allgemeinen nicht zumutbar, auch wenn auf Grund des fehlenden adäquaten Arbeitsplatzangebots in der näheren Wohnumgebung oder im gesamten Bundesland (in Niederösterreich wohnen 700.500 Erwerbstätige, das Bundesland verfügt aber nur über 595.000 Arbeitsplätze; Volkszählung 2001 Hauptergebnisse II Niederösterreich, Statistik Austria 2004, 23) Menschen - wie hier die Bw. - gezwungen sind, eine noch längere Wegzeit in Kauf nehmen zu müssen.

Hierbei hält der erkennende Senat eine Gesamtbetrachtung der Tageswegzeit gegenüber einer isolierten Betrachtung jeweils des Hin- und des Rückweges für sachgerechter, da auf diese Weise ein allfälliger längerer Weg in eine Richtung durch einen allfällig kürzeren Weg in die andere Richtung ausgeglichen werden kann.

Schließlich ist darauf zu verweisen, dass bei Vollzeitbeschäftigten zwar die Normalarbeitszeit 8 Stunden am Tag beträgt ( § 3 AZG ), Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung aber eine tägliche Normalarbeitszeit von bis zu 10 Stunden vorsehen können ( § 4 AZG , vgl. Drs, Arbeits- und Sozialrecht [2009], 109 ff.). Außerdem ist nach § 11 AZG mindestens eine halbstündige Ruhepause einzuhalten, wobei in den Betrieben häufig längere (unbezahlte) Mittagspausen vorgesehen sind.

Nun hat arbeitsrechtlich zwischen zwei Tagesarbeitszeiten grundsätzlich eine tägliche Mindestruhezeit von 11 Stunden zu liegen ( § 12 AZG ), damit sich der Arbeitnehmer auch entsprechend erholen kann. Legt man dies auf die steuerliche Zumutbarkeit um und geht davon aus, dass dem Arbeitnehmer wenigstens 11 Stunden geschlossen zur Regenerierung und für sein Privatleben verbleiben sollten, so läge Unzumutbarkeit jedenfalls beim Überschreiten der Summe aus Arbeitswegzeit und der im Betrieb (am Arbeitsort) zu verbringenden Zeit von 13 Stunden vor.

Schon bei einer Normalarbeitszeit von 8 Stunden am Tag kann unter Einschluss (bloß) der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestpause von einer halben Stunde ein Arbeitnehmer nach der Verwaltungspraxis länger als 13 Stunden am Tag (2 ½ Stunden + 8 ½ Stunden + 2 ½ Stunden) auf Grund seiner Arbeit von zu Hause weg sein, ohne dass dies unzumutbar sein soll. Bei erweiterter Normalarbeitszeit, bei längeren Pausen, bei Vor- und Nachläufen (etwa Umkleiden des Arbeitnehmers vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende) wären nach der Verwaltungspraxis noch längere Abwesenheitszeiten zumutbar.

Auch dies kann nicht im Sinn des Gesetzes sein.

Ergänzend ist noch auf die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes , BGBl. Nr. 624/1995 , i. d. g. F zu verweisen, wonach die die tägliche Hin- und Rückfahrt (auch für junge Erwachsene) zum und vom Ausbildungsort zeitlich noch zumutbar ist, wenn die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort - nach den Grundsätzen des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 , BGBl. Nr. 305 - unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr als je eine Stunde beträgt. Unter Einrechnung der bei dieser Berechnung außer Acht zu lassenden innerörtlichen Verkehrswege (vgl. etwa Wanke in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke [Hrsg.], MSA EStG [], § 34 Anm. 72; 2006/15/0114 ) ergibt sich auch hier in der Praxis meist eine Höchstwegzeit von etwa 1 ½ Stunden, die als zumutbar angesehen wird (allerdings geht der VwGH - 2007/15/0306 - in Bezug auf § 34 Abs. 8 EStG 1988 von einer abstrakten typisierenden Betrachtungsweise losgelöst von den konkret verwendbaren Verkehrsverbindungen aus, die nicht auf das Pendlerpauschale übertragbar ist).

Im gegenständlichen Fall ist bei einer täglichen Arbeitszeit von fünf Stunden ein Arbeitsweg bei Nutzung von "Park and Ride" und überwiegender Verwendung von Massenverkehrsmitteln von insgesamt rund dreieinhalb Stunden je Arbeitstag unzumutbar. Es steht der Bw. daher das ,große' Pendlerpauschale zu.'

Die zunächst in den Entscheidungen RV/0031-G/08 , und RV/0311-G/08 , vom Referenten und dann in der Entscheidung RV/1060-W/10 durch den gesamten Berufungssenat bekräftige Auffassung, dass auch bei optimaler (theoretischer oder tatsächlicher) Kombination von Individual- und Massenverkehrsmitteln eine tägliche regelmäßige Gesamtwegzeit für den Arbeitsweg von über 3 Stunden im Allgemeinen - unabhängig von der Entfernung - als unzumutbar anzusehen sein wird und somit eine Fahrzeit von mehr als etwa 90 Minuten je Fahrtrichtung als generelle Zumutbarkeitsobergrenze für die tägliche Rückkehr zum Wohnort anzunehmen sei, hat der UFS in weiterer Folge mehrfach - von der jeweiligen Amtspartei nicht vor dem VwGH angefochten - wiederholt ( RV/3242-W/09 ; RV/0147-S/10 ; RV/3236-W/10 ; RV/0681-L/10 ).

Soweit in anderen Entscheidungen - RV/0771-L/08 ; RV/0076-L/10 ; RV/0582-G/10 ; RV/0817-I/10 ; RV/1394-L/09 ; GZ RV/0683-L/09 - auf die Verwaltungspraxis Bezug genommen wurde, stellte sich dort die Frage auf Grund einer tatsächlich unter 3 Stunden gelegenen Gesamtwegzeit nicht.

In weiteren Entscheidungen wird - unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, wonach sei die Fahrt mit dem Massenverkehrsmittel insbesondere dann unzumutbar sei, wenn sie mehr als dreimal so lange dauere wie mit dem eigenen Kfz - die Auffassung vertreten, für die Unzumutbarkeit sei zusätzlich zur Überschreitung der - sich ebenfalls aus den Gesetzesmaterialien (für den "Nahebereich von bis zu 25 km") ergebenden - Wegzeit von 90 Minuten in eine Richtung erforderlich, dass die Fahrtzeit mit dem Auto 3x so lang sei wie jene mit öffentlichen Verkehrsmitteln ( RV/0223-G/09 , wonach auch Wegzeiten mit dem öffentlichen Verkehr von rund 2 Stunden 20 Minuten je Richtung zumutbar seien, wenn die Fahrzeit mit dem Auto "nur" etwa über 50 Minuten je Richtung geringer wäre; RV/0076-F/11 zu Fahrzeiten mit dem öffentlichen Verkehr von 109 bzw. 129 Minuten gegenüber 31 Minuten mit dem Auto).

Es ergehen aber weiterhin auch Entscheidungen, in denen der UFS - ohne nähere Begründung - auf die Zeitstaffel der LStR 2002 Rz 255 abstellt (UFS 10, 9. 2010, RV/0160-W/10 , RV/0159-W/10 und RV/0424-I/10 ).

Es liegt somit eine divergierende Entscheidungspraxis des UFS vor (zum Meinungsstand siehe auch Jakom/Lenneis, EStG 2011, § 16 Rz 28, oder Wallner, Aktuelle Streitfragen rund um das Pendlerpauschale, AFS 2011, 39). Eine Befassung des gesamten Berufungssenates ( § 282 Abs. 1 Z 2 BAO ) würde auch zu keiner Vereinheitlichung führen, zumal der Referent jenem Senat angehört, der auch die Entscheidung RV/1060-W/10 , getroffen hat.

Eine höchstgerichtliche Aussage hierzu besteht nach wie vor nicht.

Der Referent folgt der in den Entscheidungen RV/0031-G/08 , RV/0311-G/08 , und RV/1060-W/10 - sowie in den oben zitierten Folgeentscheidungen und der von Doralt, EStG13, § 16 Tz. 107 - vertretenen Ansicht.

Das teilweise aufgestellte zusätzliche Erfordernis, dass für die Unzumutbarkeit der Verwendung des öffentlichen Verkehrs die Fahrt mit Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW, hält der Referent für nicht allgemein anwendbar, da etwa der Fall RV/0223-G/09 , zeigt, dass dieses Kriterium dazu führt, eine Gesamtwegzeit mit Massenverkehrsmitteln von rund von 4 ½ Stunden als zumutbar zu erachten, wenn die Gesamtwegzeit mit dem Auto "nur" rund 3 Stunden beträgt.

Nach Feststellung des Finanzamts (E-Mail vom ) beträgt die Wegzeit in eine Richtung unter Verwendung von "Park and Ride" zwischen 2 Stunden 1 Minute und 2 Stunden 17 Minuten.

Mit dem Auto würde die Fahrt (unter Einschluss eines Zeitaufwands von 5 Minuten für Fußweg und Parkplatzsuche) nach dem Routenplaner www.anachb.at derzeit 47 Minuten betragen (vor der Fertigstellung der A 5 wohl rund 15 Minuten länger).

Auch wenn die Fahrtzeit mit dem PKW somit nicht drei Mal kürzer als jene im kombinierten öffentlichen und Individualverkehr ist, liegt es auf der Hand, dass es auch bei Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs nicht sein kann, eine Gesamtwegzeit mit Massenverkehrsmitteln von rund von 4 bis 4 ½ Stunden als zumutbar zu erachten, wenn die Gesamtwegzeit mit dem Auto weniger als bzw. knapp über 2 Stunden, also etwa halb so viel beträgt.

Bei einer nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Bw. (Schreiben vom 22. Feber 2011) täglichen Gesamtarbeitszeit von durchschnittlich 10 Stunden macht es einen nicht unwesentlichen Unterschied, ob der Bw. - unter Einschluss der Mittagspause - an der Mehrzahl der Arbeitstage (Montag bis Donnerstag, Freitag Frühschluss) mehr als 12 Stunden (mit dem Auto) oder mehr als 14 Stunden (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) von zu Hause weg ist. Zur Regeneration zu Hause verbliebe bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel eine Zeit von weniger als 10 Stunden; der (mutatis mutandis i. d. Z. wohl auch als Maßstab für eine Ruhezeit i. w. S., also sowohl von der Arbeit selbst als auch von der Belastung durch den Arbeitsweg heranziehbare) § 12 AZG sieht demgegenüber etwa eine Mindestruhezeit von 11 Stunden vor.

Eine Wegzeit von etwa zwei Stunden wird allgemein als unzumutbar empfunden, auch wenn sie gelegentlich in Kauf genommen werden muss (Doralt, EStG13, § 16 Tz. 107 ).

Eine vier Stunden (zwei Stunden je Richtung) übersteigende Wegzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist im vorliegenden Fall gegeben. Dies ist nach Ansicht des Referenten unzumutbar."

Der UFS hat in seiner Berufungsentscheidung , den Meinungsstand in Sachen betreffend Zumutbarkeit der Verwendung des öffentlichen Verkehrs in Zusammenhang mit dem Pendlerpauschale wie folgt dargestellt (siehe auch Wanke/Borgmann, "Großes" Pendlerpauschale: Iudex non calculat, UFSjournal 2012, 140):

"Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt (lit. a leg. cit.), dass diese Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich - soweit nicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar ist - durch den Verkehrsabsetzbetrag ( § 33 Abs. 5 EStG 1988 ) abgegolten sind.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 zusätzlich bestimmte Pauschbeträge (so genanntes "kleines" Pendlerpauschale) berücksichtigt...

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 anstelle der vorstehend angeführten Pauschbeträge folgende Pauschbeträge ("großes" Pendlerpauschale) berücksichtigt...

Das Gesetz verlangt, dass ,im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist'...

Die Verwendung eines Massenbeförderungsmittels muss ,zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar' sein, um das ,große' Pendlerpauschale zu vermitteln. Verkehrt auf dem kleineren Teil der Fahrtstrecke kein Massenbeförderungsmittel oder ist dessen Benutzung unzumutbar, zieht dieser Umstand nicht das ,große' Pendlerpauschale nach sich, wenn auf dem größeren Teil der Fahrtstrecke zumutbarerweise öffentliche Verkehrsmittel verwendet werden können.

In diesem Zusammenhang ist soweit möglich von einer optimalen Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (z. B. ,Park and Ride') auszugehen (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 16 Anm. 81).

Auch nach der Judikatur des VwGH ist die Möglichkeit der kombinierten Benützung privater und öffentlicher Verkehrsmittel bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Verwendung von Massenverkehrsmitteln mit einzubeziehen (vgl. 2006/15/0319 ).

Im gegenständlichen Fall ist daher das Finanzamt im Recht, wenn es davon ausgeht, dass die Bw mit ihrem PKW von ihrer Wohnung zum Bahnhof in G und von dort weiter mit Massenbeförderungsmitteln fahren könnte (,Park and Ride').

Fraglich - und Gegenstand zahlreicher Verfahren vor dem UFS - ist, wann die Verwendung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist.

Die Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens gehen mit der Verwaltungspraxis und einem Teil der Entscheidungspraxis des UFS übereinstimmend davon aus, dass für den etwas über 25 km in eine Richtung betragenden Arbeitsweg eine Wegzeit von bis zu 2 Stunden in eine Richtung, also insgesamt von bis zu 4 Stunden, zumutbar i. S. d. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 sei.

Nach der für den Berufungszeitraum zunächst maßgebenden Verwaltungspraxis ( LStR 2002 Rz 257 a.F.) sahen die Finanzämter die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels als nicht zumutbar an, wenn folgende Wegzeiten überschritten werden:

Einfache Wegstrecke unter 20 Kilometer: Zumutbare Wegzeit: 1,5 Stunden.

Einfache Wegstrecke ab 20 Kilometer: Zumutbare Wegzeit: 2 Stunden.

Einfache Wegstrecke ab 40 Kilometer: Zumutbare Wegzeit: 2,5 Stunden.

Die Verwaltungspraxis geht nunmehr in LStR 2002 Rz 255 anstelle der bisherigen kilometerabhängigen Wegzeitregelung von folgender Unzumutbarkeitsregelung aus, die laut Erlass BMF-010222/0229-VI/7/2011 , unter anderem (von den Finanzämtern) auf offene Veranlagungsfälle anzuwenden ist, sofern keine günstigeren Regelungen ,Gültigkeit hatten':

,Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt.

Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt.

Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert als die Fahrzeit mit dem KFZ (vgl. 2006/15/0001 ; RV/0223-G/09 ; RV/0076-F/11 ).'

,Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB "Park and Ride") zu unterstellen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird..." ( LStR 2002 Rz 257 ).

Der Unabhängige Finanzsenat ist an die Ansicht der Lohnsteuerrichtlinien nicht gebunden.

Der UFS hat in jüngerer Zeit in einer Reihe von Entscheidungen - ausgehend von den Berufungsentscheidungen RV/0031-G/08 (siehe dazu auch Demal, Die Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr von der Arbeitsstätte zum Familienwohnsitz, UFSjournal 2009, 12) und RV/0311-G/08 - die Ansicht vertreten, eine Gesamtwegzeit (hin und zurück) von mehr als rund 3 Stunden sei in der Regel nicht mehr zumutbar (vgl. RV/0920-W/11 mit einer ausführlichen Darstellung des Meinungsstandes), jedenfalls - wie hier der Fall - bei Teilzeitbeschäftigten (vgl. RV/1060-W/10 ).

In einer Reihe von Entscheidungen wird - siehe die Lohnsteuerrichtlinien - die auf die Gesetzesmaterialien (RV 620 BlgNR XVII. GP, 75) gestützte Ansicht vertreten, mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit dem Massenbeförderungsmittel als mit dem eigenen KFZ seien ,jedenfalls' als unzumutbar anzusehen.

,Zumutbarkeit' bzw. ,Unzumutbarkeit' ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff (vgl. Lang in Tippke/Lang, Steuerrecht19, § 5 Rz 49).

Es ist Aufgabe juristischer Auslegung, einen unbestimmten Gesetzesbegriff zu konkretisieren.

Während etwa die Anwendung des Einkommensteuertarifs ( § 33 EStG 1988 ) teilweise unter Zuhilfenahme mathematischer Grundsätze durch Anwendung der in § 33 Abs. 1 EStG 1988 angeführten mathematischen Formeln auf das zu versteuernde Einkommen (und in weiterer Folge Berücksichtigung von Absetzbeträgen und Rundungsbestimmungen) vorgenommen werden kann, ist genau dies bei der Auslegung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes nicht möglich.

Bereits die Ermittlung der maßgebenden Gesamtwegzeit ist mit einer latenten Unsicherheit, die jeder Schätzung zugrunde liegt, verbunden.

Die Fahrzeiten mit dem Auto können verkehrsbedingt variieren, ebenso die Zeit für die Parkplatzsuche. Ein Fußweg wird einmal ein wenig rascher, einmal ein weniger langsamer zurückgelegt werden. Öffentliche Verkehrsmittel halten nicht immer ihre Fahrpläne ein. Schließlich spielt das Wetter eine nicht unwesentliche Rolle.

Schon diese sich zwangsläufig gegebene Unschärfe verbietet es nach Ansicht des Referenten, minutenexakte Unzumutbarkeitsgrenzen zu ziehen. Eine Wegzeit von X Minuten kann nicht jedenfalls zumutbar sein, eine Wegzeit von X+1 Minuten jedenfalls unzumutbar.

Zeitstaffeln oder mathematische Gleichungen mögen den Vollzug vereinfachen, können aber nicht - gleichsam unumstößlich - allein zur Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 herangezogen werden.

Es sind daher schon angesichts der mit jeder Schätzung der Gesamtwegzeit verbundenen Unschärfe die in Lehre, Rechtsprechung, Entscheidungspraxis des UFS und der Verwaltungspraxis der Finanzämter verschiedentlich genannten Zeiten nicht im mathematisch-exakten Sinn zu verstehen, sondern es ist bei der Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit jeweils auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen.

Die Interpretation eines unbestimmten Gesetzesbegriffes kann sich nicht auf die Lösung einer Rechenaufgabe beschränken, sondern muss versuchen, den Intentionen des Gesetzgebers möglichst gerecht zu werden. Wollte der Gesetzgeber die Zuerkennung des ,großen' Pendlerpauschales von einer mathematischen Gleichung abhängig machen, hätte er dies ausdrücklich normiert.

Einhelligkeit besteht in Verwaltungspraxis, Spruchpraxis des UFS, Judikatur des VwGH und in der Literatur weitestgehend darin, dass eine Gesamtwegzeit (hin und zurück) von rund 3 Stunden bzw. eine Einzelwegzeit (in eine Richtung) von rund 1 1/2 Stunden - auch unter Heranziehung einer Kombination von Individualverkehr und öffentlichem Verkehr (,Park and Ride') - als einem Pendler jedenfalls zumutbar erachtet wird.

Doralt, EStG13, § 16 Tz. 107, sieht eine Einzelwegzeit von etwa zwei Stunden (in eine Richtung) ,allgemein als unzumutbar' an.

Der UFS hat in seiner Entscheidung RV/0920-W/11 (mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes) ebenfalls eine vier Stunden (zwei Stunden je Richtung) übersteigende Tagesgesamtwegzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln als unzumutbar erachtet.

Andererseits hat der UFS zuletzt (mit ausführlichen Hinweisen auf Vorentscheidungen) in seiner Entscheidung RV/3401-W/09 , (unter anderem) eine Wegzeit von insgesamt mehr als 3 Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Fall einer Diensthundeführerin mit einer Dienstzeit im Schichtdienst von 12 Stunden als unzumutbar angesehen.

Nach Ansicht des Referenten ist innerhalb dieser Bandbreite - also einer Zeitspanne für den gesamten Tagesarbeitsweg einschließlich Wartezeiten (hin und zurück) zwischen drei und vier Stunden - die Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln individuell an Hand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen...."

Diese Auffassung wurde etwa von bekräftigt.

Im Sinne dieser Ausführungen ist daher eine Gesamtwegzeit von wie hier deutlich über 2 Stunden (in eine Richtung) bzw. deutlich über 4 Stunden (in beide Richtungen) jedenfalls unzumutbar im Sinne von § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988.

Dem Bw steht daher das "große" Pendlerpauschale für eine Entfernung von über 60 km zu, also im Jahr 2007 von 2.797,50 € und im Jahr 2008 von 3.151,50 € (im Berechnungsblatt für 2007 wird nur die Differenz zu dem bereits vom Arbeitgeber berücksichtigten Betrag als "Pendlerpauschale" ausgewiesen, im Berechnungsblatt für 2008 ist der vom Arbeitgeber berücksichtigte Betrag gesondert angeführt).

Bemerkt wird, dass andere neuere Entscheidungen von einer generellen Zumutbarkeitsgrenze hinsichtlich der Gesamttagesarbeitswegzeit bereits von mehr als eineinhalb bzw. drei Stunden ausgehen (etwa RV/0031-G/08; ; ; ; ).

Gemäß § 281 BAO kann die Abgabenbehörde die Entscheidung über die Berufung aussetzen, wenn wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig ist oder sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren schwebt, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, und nicht überwiegende Interessen der Partei (§ 78 BAO) entgegenstehen.

Die Prozessökonomie verbietet eine Entscheidung in der Sache durch den UFS nicht, da die Sache entscheidungsreif ist und die Ausfertigung einer Berufungsentscheidung mit keinem besonderen Aufwand verbunden ist, der ein Zuwarten rechtfertigen würde. Insbesondere sind keinerlei Ermittlungen zur tatsächlichen Wegzeit mehr vorzunehmen.

Im gegenständlichen Fall wiegt das mögliche Interesse der Amtspartei, sich den Aufwand für eine allfällige Amtsbeschwerde zu sparen, geringer als das Interesse des Bw an einer Erledigung seiner Berufung, verbunden mit einer Gesamtgutschrift von über 1.100,00 € (vgl. nochmals - mit ausführlicher Begründung, auf die verwiesen wird [die Entscheidung ist in der Findok veröffentlicht] - ).

Der Berufung war daher Folge zu geben.

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 281 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
VwGH, 2006/15/0001
UFS, RV/0223-G/09
UFS, RV/0076-F/11

RV/0223-G/09
RV/0076-F/11

UFS, RV/0920-W/11
UFS, RV/1060-W/10
UFS, RV/0031-G/08
UFS, RV/0311-G/08
VwGH, 2006/15/0319
VwGH, 2007/15/0053
UFS, RV/0394-I/09
UFS, RV/0501-I/09
UFS, RV/2256-W/06
VwGH, 2006/08/0157
VwGH, 2006/15/0114
VwGH, 2007/15/0306
UFS, RV/3242-W/09
UFS, RV/0147-S/10
UFS, RV/3236-W/10
UFS, RV/0681-L/10
LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 255
UFS, RV/2234-W/11
LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 257
BMF, BMF-010222/0229-VI/7/2011
UFS, RV/3401-W/09
UFS, RV/0665-W/12
UFS, RV/1068-W/07

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at