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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.11.2010, RV/3329-W/10

Kammerumlage

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0184 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch RA, gegen den Bescheid des FA betreffend Festsetzung der Kammerumlage gemäß § 122 Wirtschaftskammergesetz für 4-6/2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt setzte die Kammerumlage 1 (§ 122 Abs. 1 Wirtschaftskammergesetz) für 4-6/2010 (2. Quartal 2010) in Höhe von Euro 52.276,01 mit Bescheid fest. Gegen den oben stehenden Bescheid wurde seitens der Vertreterin der Berufungswerberin (Bw.), einer Rechtsanwälte GmbH, das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und beantragt, die Kammerumlage 1 für 4-6/2010 (2. Quartal 2010) mit Euro 0,00 festzusetzen. Die gegenständliche Rechtsanwälte GmbH beruft sich in der Berufungsschrift auf die erteilte Vollmacht, "auch zum Empfang von Zustellungen".

In der Berufungsschrift wird zusammenfassend Folgendes ausgeführt:

Gemäß § 122 WKG sei die Umlage in einem Tausendsatz von jenen Beträgen zu berechnen, die

a) auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden,

b) als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen ist,

c) auf Grund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitglieds oder auf Grund des innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen des Kammermitglieds vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden.

Die Bw. sei eine Steuerpflichtige im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ("MWSt-Systemrichtlinie"). Nach Art. 168 MWSt-Systemrichtlinie sei ein Steuerpflichtiger berechtigt, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

b) die Mehrwertsteuer, die für Umsätze geschuldet wird, die der Lieferung von Gegenständen beziehungsweise dem Erbringen von Dienstleistungen gemäß Artikel 18 Buchstabe a MWSt-Systemrichtlinie sowie Artikel 27 MWSt-Systemrichtlinie gleichgestellt sind;

c) die Mehrwertsteuer, die für den innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i MWSt-Systemrichtlinie geschuldet wird;

d) die Mehrwertsteuer, die für dem innergemeinschaftlichen Erwerb gleichgestellte Umsätze gemäß den Artikeln 21 und 22 MWSt-Systemrichtlinie geschuldet wird;

e) die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitgliedstaat geschuldet wird oder entrichtet worden ist.

Die Bestimmung des Art 168 MWSt-Systemrichtlinie sei eindeutig, genau und unbedingt und erfülle daher die Voraussetzungen dafür, dass sich ein Einzelner vor den nationalen Behörden und Gerichten auf diese Bestimmung berufen könne. Wie der EuGH in ständiger Rechtsprechung ausführe, folge aus dem Mehrwertsteuersystem, dass die Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der gesamten Steuerbelastung sofort ausüben dürften, sofern es keine Vorschrift gebe, die den Mitgliedstaaten eine Einschränkung dieses Rechts gestatte. Da derartige Einschränkungen in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten müssen, seien Ausnahmen nur in den in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig.

Der Verstoß von § 122 WKG gegen Art. 168 MWSt-Systemrichtlinie liege darin, dass Art. 168 MWSt-Systemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsehe, während Art 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterziehe und somit den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränke, die nach der MWSt-Systemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zur Bedeckung der in den genehmigten Jahresvoranschlägen vorgesehenen und durch sonstige Erträge nicht gedeckten Aufwendungen der Landeskammern und der Bundeskammer kann nach § 122 Abs. 1 Wirtschaftskammergesetz (WKG) von den Kammermitgliedern eine Umlage nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eingehoben werden; die Verhältnismäßigkeit ist auch an dem Verhältnis zwischen den Umlagebeträgen und der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen zu messen. Ist an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Kammermitglied, dem für die im Rahmen der Gesellschaft ausgeübten Tätigkeiten keine Unternehmereigenschaft im Sinne der Umsatzsteuer zukommt, gemeinsam mit einer oder mehreren physischen oder juristischen Personen beteiligt, so gelten die Bemessungsgrundlagen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Bemessungsgrundlage für die Umlage; diesfalls kann die Erhebung der Umlage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgen. Die Umlage ist in einem Tausendsatz zu berechnen von jenen Beträgen, die

1. auf Grund der an das Kammermitglied für dessen inländische Unternehmensteile von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden,

2. als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen ist,

3. auf Grund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitglieds oder auf Grund des innergemeinschaftlichen Erwerbs für das Unternehmen des Kammermitglieds vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden.

Der Tausendsatz beträgt für die Bundeskammer 1,3 vT und für alle Landeskammern einheitlich 1,9 vT der Bemessungsgrundlagen gemäß Z 1 bis 3. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann jeweils geringere Tausendsätze beschließen.

Der Unabhängige Finanzsenat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Kammerumlage 1 (§ 122 Wirtschaftskammergesetz) gemeinschaftsrechtskonform ist (vgl. u.a. ; ; ; ). Der Unabhängige Finanzsenat kam in seinen Entscheidungen zum Schluss, dass die Einforderung der Umlage keine "Rückgängigmachung" der gemäß Art 168 MWSt-Systemrichtlinie gewährten Vorsteuer darstellt, dass ein Verstoß gegen Art 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie (neu Art 401) nicht gegeben ist, weil die Kammerumlage keine der Mehrwertsteuer ähnliche Abgabe ist und dass auch die Niederlassungsfreiheit und das Beihilfenrecht durch das WKG in diesem Zusammenhang nicht verletzt werden.

Die nunmehrigen Berufungsvorbringen gleichen den Vorbringen der bereits entschiedenen Verfahren, nämlich, dass § 122 WKG gegen Art 168 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (vormals Art 17 der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie) verstoße, wobei der Verstoß darin liege, dass Art 168 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (bzw. Art 17 der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie) einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsehe, während Art 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterziehe und somit den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränke, die nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen sei.

In seinen Entscheidungen hat der Unabhängige Finanzsenat zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes ausgeführt (vgl. dazu auch Laudacher in SWK 2009, T 145, und die dort zitierte Lehre und EuGH-Rechtsprechung).

"2.1. Regelung der Kammerumlage

Mit Bundesgesetz vom , BGBl Nr 661/1994, wurde die Kammerumlage (KU 1) nach dem Auslaufen des Gewerbesteuergesetzes in § 57 Abs 1 bis 8 Handelskammergesetz (HKG) neu geregelt. Die Kammerumlagen sind seither Abgaben iSd § 3 BAO, deren Erhebung dem Bund obliegt. Mit trat das Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG), BGBl I Nr 103/1998, in Kraft; das Handelskammergesetz, BGBl Nr 182/1946, trat außer Kraft. In § 2 Abs 1 WKG ist die Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer geregelt. § 122 Abs 1 WKG normiert die Erhebung einer Umlage (KU 1), die von jenen Beträgen berechnet wird, die

- aufgrund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen aufgrund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden (Z 1);

- aufgrund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitgliedes oder aufgrund des innergemeinschaftlichen Erwerbes für das Unternehmen des Kammermitgliedes vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden (Z 2).

Der Tausendsatz beträgt für die Bundeskammer 2,2 vT und für alle Landeskammern einheitlich 2,1 vT der Bemessungsgrundlagen (gem Z 1 und 2). Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann jeweils geringere Tausendsätze beschließen. Für einzelne Gruppen von Kammermitgliedern können abweichende Bemessungsgrundlagen bestimmt oder Teile der Bemessungsgrundlagen außer Ansatz gelassen werden.

Gemäß § 122 Abs 5 WKG sind die für die Umsatzsteuer geltenden Abgabenvorschriften sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 126 Abs 2 WKG sind Kammerumlagen Abgaben iSd BAO, deren Verfahrensvorschriften insoweit anzuwenden sind, als das WKG nichts Abweichendes normiert.

2.2. Vergleich zwischen der 6. MwSt-RL und der MwStSyst-RL

Aus einem Vergleich zwischen der 6. MwSt-RL und der MwStSyst-RL ergibt sich Folgendes: Art 17 Abs 2 wurde durch Art 168 und Art 33 Abs 1 durch Art 401 ersetzt. Ein Wortvergleich der bezeichneten Bestimmungen zeigt auf, dass jeweils nur einzelne Worte ersetzt, der Sprachgehalt verbessert und teilweise die Reihenfolge der Absätze geändert wurde, der Sinngehalt jedoch gleichgeblieben ist. Ebenso besteht zwischen § 57 HKG und § 122 WKG kein inhaltlicher Unterschied.

2.3. Zuständigkeit bei Berufungen

Die Regelung des § 122 Abs 5 Z 5 WKG zur Zuständigkeit bei Berufungen ist praktisch wortident mit der ursprünglichen Regelung in § 57 Abs 1 Z 3 HKG. Wie im Erkenntnis des , ausgeführt wird, war § 57 Abs 1 Z 3 HKG so zu verstehen, dass Rechtsmittel über die persönliche Umlagepflicht in die Zuständigkeit des Präsidenten der Landeskammer fallen (Rechtsmittel im Zusammenhang mit der Frage der Kammerzugehörigkeit und der daraus abgeleiteten Umlagepflicht an sich), also Rechtsmittel, mit denen bestritten wird, dass eine bestimmte Tätigkeit die Kammermitgliedschaft dem Grunde nach oder im angenommenen Umfang begründet hat. Dies gilt nicht für Rechtsmittel, die sich auf eine behauptete Verfassungswidrigkeit der Kammerumlage stützen; in diesen Fällen wird die Festsetzung der Abgabe bestritten. Auch bei Geltendmachung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Kammerumlage ist die Finanzbehörde zuständig.

2.4. Prüfung des Vorliegens einer umsatzsteuerähnlichen Abgabe: Art 33 der 6. MwSt-RL bzw Art 401 der MwStSyst-RL

2.4.1. Zulässigkeit anderer Abgaben/Steuern neben der Mehrwertsteuer

Die bezeichneten Artikel regeln die Zulässigkeit anderer Abgaben und Steuern neben der Mehrwertsteuer. Ein Mitgliedstaat kann Steuern, Abgaben und Gebühren beibehalten oder einführen, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, sofern diese im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind. Die KU 1 ist keine Abgabe iSd Finanzverfassung, weil die Wirtschaftskammer keine Gebietskörperschaft ist. Da eine Prüfung der österreichischen Kammerumlage am Maßstab des Art 33 bereits mit , Spar, erfolgte, geht der UFS davon aus, dass derartige Geldleistungen von Art 33 der 6. MwSt-RL (bzw Art 401 der MwStSyst-RL) auch miterfasst werden. Mit der Mehrwertsteuer konkurrierende Regelungen sind grundsätzlich zulässig, nationale Gerichte prüfen Verstöße gegen Art 33.

2.4.2. Vier charakteristische Merkmale

Der EuGH hat in zahlreichen Entscheidungen klargestellt, in welcher Form der Umsatzsteuercharakter nationaler Abgaben, Steuern und Gebühren zu untersuchen ist. Er unterscheidet vier wesentliche Merkmale, die charakteristisch für eine der Mehrwertsteuer gleiche Abgabe oder Steuer sind:

- eine allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte;

- die Festsetzung der Höhe der Steuer proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung erhält;

- die Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe;

- der Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer (dh Bezug auf den Mehrwert und die Belastung des Verbrauchers).

Schon das Fehlen zweier Merkmale kann dazu führen, dass ein Verstoß gegen Art 33 der 6. MwSt-RL nicht vorliegt. Seine Judikaturlinie hat der EuGH in weiteren grundlegenden Judikaten bestätigt. Die KU 1 weist mehrere dieser wesentlichen Merkmale nicht auf: Weder wird sie von den Umsätzen der Gegenstände und Dienstleistungen des umlageverpflichteten Kammermitglieds bemessen, noch kann eine proportionale Zuordnung zum Preis von Gegenständen und Dienstleistungen vorgenommen werden. Die Abgabe wird auch nicht auf der Einzelhandelsstufe erhoben und belastet nicht den (Letzt-)Verbraucher. Diese Einstufung entspricht der bereits vom EuGH getroffenen Einschätzung zur Kammerumlage.

2.4.3. Gesamtbetrachtung

Anzustellen ist - neben der Prüfung der vier Merkmale - auch eine Gesamtbetrachtung. Auch diese führt nicht zur Auffassung einer mehrwertsteuergleichen Abgabe. Die Belastungskonzeption der Kammerumlage zielt nicht - wie dies eindeutige Intention der 6. MwSt-RL bzw der MwStSyst-RL ist - auf den Letztverbraucher. Auch die Besteuerungstechnik der Bemessung von den an das Unternehmen erbrachten Umsätzen weist nicht auf eine von Art 33 der 6. MwSt-RL verbotene Abgabe hin. Soweit darauf einzugehen ist, ob die Kammermitglieder durch die Abgabe Nachteile im gemeinsamen Markt haben, ist darauf zu verweisen, dass die Dienstleistungen der Kammer sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Kammermitglieder auswirken und auch in anderen EuGH-Verfahren ähnliche (angebliche) Wettbewerbsnachteile verneint wurden. Die Abgabe wird zudem auch in anderen Ländern erhoben, sodass eine das Funktionieren des Binnenmarktes beschränkende Belastung nicht erkennbar ist.

2.4.4. Kein Verstoß gegen Art 33 der 6. MwSt-RL bzw Art 401 der MwStSyst-RL

Da die Abgabe auch nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden ist, verstößt die Kammerumlage nicht gegen Art 33 der 6. MwSt-RL. Da Art 33 unverändert in Art 401 der MwStSyst-RL übernommen wurde, gelten die Ausführungen betreffend 2002 bis 2006 auch für das Jahr 2007.

2.5. Verstoß gegen Art 17 Abs 2 der 6. MwSt-RL bzw Art 168 der MwStSyst-RL?

Die Berufungswerberin geht infolge der Umlageverpflichtung von einer "Einschränkung des Vorsteuerabzuges" aus und hat damit Teile der Argumentation des VwGH aus dem Vorlagebeschluss zur Kammerumlage übernommen. Der EuGH hat in seiner Entscheidung zur Rs Spar den Aspekt der Beeinträchtigung des Mehrwertsteuersystems nicht direkt aufgegriffen und eine von Art 33 getrennte Betrachtung des Art 17 der 6. MwSt-RL abgelehnt. Dem Urteil des EuGH kann nach Ansicht des UFS entnommen werden, dass eine Abgabe nicht per se zu einer Einschränkung des Vorsteuerabzuges nach Art 17 der 6. MwSt-RL (Art 168 der MwStSyst-RL) führen kann, sondern diese Frage nur dann einen Sinn erhält, wenn gleichzeitig Art 33 (Art 401 der MwStSyst-RL) geprüft und bejaht wird. Weist eine Abgabe die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer nicht auf, so zieht sie auch keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach sich. Weist sie diese Merkmale nicht auf, kann von vorneherein keine Einschränkung des Vorsteuerabzugs iSd Art 17 der 6. MwSt-RL (Art 168 der MwStSyst-RL) vorliegen.

2.6. Kumulierung mehrerer Steuern

Soweit die Kritik der Lehre und die Argumente der Berufung darauf abstellen, dass ein Belastungscocktail mehrerer Steuern einen Verstoß gegen das Mehrwertsteuersystem darstellen könnte, dh Umsatzsteuer und Kammerumlage und eventuell weitere Abgaben im Gesamten betrachtet werden sollten, so hat der EuGH mehrfach klargestellt, dass eine gehäufte Belastung durch mehrere Steuern zulässig ist. Auf die Frage der Wettbewerbsverzerrung durch die zusätzliche Steuer ging der EuGH dabei idR nicht ein.

2.7. Funktionsbeeinträchtigung des Mehrwertsteuersystems und Einheitlichkeit der Rechtsordnung

Die in der Vorabentscheidung zur Kammerumlage intendierte Einheitsbetrachtung der Umsatzsteuer auch mit nicht mehrwertsteuerähnlichen Abgaben und Steuern kommt nach Ansicht des UFS nicht in Betracht, ist doch Ziel der Mehrwertsteuerrichtlinie die Harmonisierung der Umsatzsteuern, Verbrauchsteuern und indirekten Steuern. Der EuGH ist einer solchen Auffassung bisher nicht nähergetreten. Sie würde auch einen erhöhten Prüfungsmaßstab bedingen, der über die bisher in der Rechtsprechung des EuGH angewandten Maßstäbe - wesentliche Merkmale und Gesamtbetrachtung - weit hinausgehen würde. Für die Notwendigkeit eines solchen erhöhten Prüfungsmaßstabs sind aber keine Gründe erkennbar.

2.8. Sonstige unmittelbar anwendbare Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts

Aufgrund des Prinzips des Vorrangs des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts hatte der UFS auch sonstige mögliche Verstöße gegen das EU-Recht zu prüfen.

2.8.1. Keine Verletzung der Niederlassungsfreiheit

Er kommt dabei zum Schluss, dass die Niederlassungsfreiheit nicht verletzt sein kann, da auf die Nationalität der Unternehmen im WKG nicht abgestellt wird. Die Zahlungsverpflichtung betrifft Mitglieder der Wirtschaftskammer bzw Unternehmen, die der Gewerbeordnung unterliegen oder in der Anlage zum WKG angeführt sind. Ausländische Unternehmen werden nicht schlechter gestellt als inländische.

2.8.2. Keine Verletzung des Beihilfenrechts

Das Beihilfenrecht ist nicht verletzt. Der UFS untersucht auch diesen Aspekt und geht in Bezug auf die Kammerumlage (siehe dazu auch Klage der Strabag SE vor der Wettbewerbsbehörde vom , allerdings zur Zwangsmitgliedschaft) grundsätzlich von einer Altbeihilfe aus, da die Kammerumlage unverändert in § 122 WKG übernommen wurde, sodass sich die Berufungswerberin nicht auf Art 87 EGV berufen kann.

3. Anmerkungen

3.1. Keine Änderung der Rechtsfolgen gegenüber der bisherigen EuGH-Rechtsprechung

Der UFS kommt zum Schluss, dass die von der Berufungswerberin eingewendete Gemeinschaftsrechtswidrigkeit nicht vorliegt, da Art 17 der 6. MwSt-RL (Art 168 der MwStSyst-RL) nur im Zusammenhang mit Art 33 (Art 401) geprüft werden kann und schon die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur Rs Spar diesbezüglich Klarheit geschaffen hat. Da eine Änderung der Rechtslage weder im System der MwSt-RL noch beim Übergang vom HKG zum WKG eingetreten ist, haben auch die Rechtsfolgen keine Veränderung erfahren ...."

Der Referent schließt sich der obigen Rechtsauffassung an.

Der VwGH sah sich nicht veranlasst, einen weiteren Antrag auf Vorabentscheidung an den EuGH zur Gemeinschaftswidrigkeit der Kammerumlage I zu stellen (vgl. Rechtssatz des VwGH zum Erkenntnis vom , GZ. 99/15/0183: "Im , kommt ua zum Ausdruck, dass die Vorschreibung von Kammerumlage I das Mehrwertsteuersystem als solches und damit den durch das UStG 1994 eingeräumten Vorsteuerabzug nicht beeinträchtigt. Von einem "Unterlaufen des in Art 17 Abs 2 der 6. EG-Richtlinie verankerten Anspruches auf Vorsteuerabzug" durch die Kammerumlage I kann daher nicht gesprochen werden."

Mit Beschluß vom (B 1454/09, B 1455/09, B 1492/09, B 1510/09, B 1518/09) hat der VfGH die Behandlung von mehreren Beschwerden betreffend die Kammerumlage in nichtöffentlicher Sitzung abgelehnt.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 122 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at