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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 04.09.2012, RV/2176-W/06

Erbschaftssteuerpflicht eines gesetzlichen Vorausvermächtnisses

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Weinberger & Höchtl, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsges. OEG, 3100 St. Pölten, Mariazeller Straße 150, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) war auf Grund des Testamentes zur Alleinerbin nach ihrem im Februar 2005 verstorbenen Ehemann berufen, doch hatte sie sich ihres Erbrechtes vorbehaltlos und unwiderruflich entschlagen, wohl aber erklärte sie das gesetzliche Vorausvermächtnis, das Recht in der Ehewohnung weiter zu wohnen und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, soweit sie zu dessen Fortführung entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen erforderlich sind, gemäß § 758 ABGB in Anspruch zu nehmen.

Diesbezüglich schloss die Bw. auch eine Vereinbarung mit den erbl. Söhnen, mit der diese die Einwilligung zur grundbücherlichen Sicherstellung des Wohnungs- und Gebrauchsrechtes erteilten.

Darüberhinaus war die Bw. Bezugsberechtigte hinsichtlich von Versicherungserlösen im Gesamtbetrag von € 66.118,23.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die Erbschaftssteuer letztlich in Höhe von € 6.291,54 unter Einbeziehung des kapitalisierten Wohnrechtes, das gemäß § 16 BewG mit € 40.941,59 ermittelt wurde, fest.

Dagegen wurde Berufung erhoben und ausgeführt, dass es sich bei dem Vorausvermächtnis nach § 758 ABGB um das Recht handle die bisherige Ehewohnung weiter zu bewohnen und dass die Vereinbarung lediglich der grundbücherlichen Sicherstellung des Wohnrechtes diene, dem Vorgang fehle es am Zuwendungscharakter. Das Wohnrecht sei weder vom verstorbenen Ehegatten noch von den Söhnen zugewendet worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die Berufung mit folgender Begründung ab: "Gemäß § 2(2)4 ErbStG gilt als vom Erblasser zugewendet, was als Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt wird.Die erbl. Witwe beanspruchte im gegenständlichen Fall das Wohnrecht in der bisherigen Wohnung. Am wurde mit den erbl. Söhnen eine Vereinbarung getroffen, die der grundbücherlichen Sicherstellung des Wohnrechtes dienen soll.§ 758 ABGB gewährt dem überlebenden Ehegatten nur einen obligatorischen Anspruch, der Schuldner ist daher nicht gehalten, ein dingliches Wohnrecht einzuräumen.Die aus dem Familienrecht erfließende Berechtigung zur Benützung der Ehewohnung kann nicht dem dinglichen Recht des Wohnungsgebrauches gleichgesetzt werden, da dieses über die Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses hinausgeht. Es trifft daher nicht zu, dass mit der Vereinbarung ein der Berufungswerberin zustehendes Recht nur "bekräftigt und 'verdinglicht" wurde.Durch diesen Vorgang wurde die Abgabepflichtige in ihrem Vermögen bereichert, während das Vermögen der erbl. Kinder durch die Belastung der Liegenschaft mit einer Dienstbarkeit entsprechend geschmälert wird.Somit ist der Steuertatbestand erfüllt und die Vorschreibung erfolgte zu Recht."

Die Abweisung der Berufung durch das Finanzamt führte in der Folge zum Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im Berufungsfall besteht ausschließlich Streit darüber, ob das Finanzamt zu Recht das als gesetzliches Vorausvermächtnis von der Bw. in Anspruch genommene (grundbücherlich sichergestellte) Wohnungsrecht als Erwerb von Todes wegen versteuert hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG unterliegt der Steuer nach diesem Bundesgesetz der Erwerb von Todes wegen.

Nach § 2 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen

1. der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches;

3. der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.

Nach Abs. 2 Z. 4 leg.cit gilt als vom Erblasser zugewendet auch was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt wird;

Es besteht kein Streit darüber, dass der Bw. als überlebender Ehegattin an der Ehewohnung ein gesetzliches Vorausvermächtnis gemäß § 758 ABGB gebührt und es hat die Bw. dieses ihr zustehende Wohnrecht wie schon aus dem Abhandlungsprotokoll hervorgeht auch tatsächlich in Anspruch genommen.

Nun ist dieses Recht im Sinne des § 758 ABGB, in der Wohnung weiter zu wohnen, ein gesetzliches Vorausvermächtnis mit Pflichtteilcharakter und unterliegt grundsätzlich den Regeln des Vermächtnisrechtes (siehe ). Das bisher gegenüber dem Ehegatten zustehende Benützungsrecht (§ 97 ABGB) setzt sich als Anspruch gegen Erben bzw. Legatschuldner fort. Der "gesetzliche Voraus" ist dem im Familienrecht begründeten Wohnrecht vergleichbar - es besteht lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch gegen die Erben und es sollen nur diese Personen - und nicht jeder Dritte - mit dem Weiterbenutzungsrecht der Witwe belastet sein (siehe ). Es besteht in Lehre und Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass zwischen dem überlebenden Ehegatten als Gläubiger und den Erben (bzw. der Verlassenschaft) auf Grund des § 758 ABGB ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht (siehe ).

Der "gesetzliche Voraus" ist kein Recht mit dinglicher Wirkung, sodass einem grundsätzlich berechtigten Ehegatten kein Recht gegenüber Dritten zusteht.

Nach der steuerlichen Lehre (siehe Dorazil, ErbStG, Handkommentar, 3. Auflage, Rz. 19.4 zu § 2 ErbStG und Dorazil - Taucher, ErbStG, Rz. 5.29 und 5.30 zu § 2 ErbStG) bildet alleine das Vorausvermächtnis des überlebenden Ehegatten einen "anderen Erwerb" im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 ErbStG.

Im gegenständlichen Fall hat die Bw. jedoch durch die Vereinbarung mit den Erben betreffend Verdinglichung dieses Rechtes einen Vermögenswert erhalten, den sie gegenüber jedem Dritten geltend machen kann und der ihr sogar abzulösen wäre.

Bei der Entscheidung des vorliegenden Berufungsfalles war unbedenklich davon auszugehen, dass jedenfalls schon durch die Vereinbarung der grundbücherlichen Sicherstellung des Vorausvermächtnisses ein Tatbestand des § 2 Abs. ErbStG erfüllt und damit ein Erwerb von Todes verwirklicht worden war.

In seinem Erkenntnis vom , Zl. 2008/16/0040 hat auch der Verwaltungsgerichtshof die Erbschaftssteuerpflicht eines angenommenen Vorausvermächtnisses bekräftigt und ausgeführt:"............Aus dieser rechtlichen Gestaltung ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer durch die Annahme des Vorausvermächtnisses den Anspruch auf ein durchaus anderes, nämlich umfassenderes Wohnungsrecht erworben hat, als er vorher als Miteigentümer besessen hat.Es ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, dass er bisher bereits einen Nutzungsanspruch nach § 833 ABGB auf Grund seiner Miteigentümerstellung hatte, er übersieht jedoch, dass ihm durch das Vorausvermächtnis diese Benutzungsmöglichkeit kraft eines anderen Rechtsgrundes mit umfangreicherer oder weniger eingeschränkter Nutzungsmöglichkeit zukommt.Der belangten Behörde ist daher nicht vorzuwerfen, wenn sie in der Annahme des Vorausvermächtnisses den Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall ErbStG erfüllt gesehen und den - in der Beschwerde nicht bekämpften - Wert des auf die ererbte Miteigentumshälfte entfallenden Wohnrechtes der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftssteuer hinzugerechnet hat."

Für den Berufungsfall bedeutet dies, dass das Finanzamt zu Recht das in Frage stehende von der Bw. als gesetzliches Voraus beanspruchte Wohnrecht als Erwerb von Todes wegen versteuert hat.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at