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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 02.11.2010, RV/0237-I/10

Liegenschaftsübergabe, Vertrag zugunsten Dritter: Die im selben Vertrag vereinbarte Bargeldzuwendung an den Übernehmer ist keine Leistung iSd § 5 Abs. 3 Z 2 GrEStG

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der E, Adr, vertreten durch Notar, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Grunderwerbsteuer wird mit 2 v. H. von € 74.215,29, sohin im Betrag von € 1.484,31, festgesetzt.

Entscheidungsgründe

In dem am abgeschlossenen Schenkungsvertrag wurde vereinbart, dass A seiner Tochter I den ihm gehörigen 2/3-Anteil an der Liegenschaft in EZ1 (unbebautes Grundstück, Fläche 1.060 m²) im Schenkungswege als anrechenbaren Erb- und Pflichtteilsvorausempfang übergibt (Punkt Zweitens). Laut Punkt Drittens schenkt I ihrer Schwester E (= Berufungswerberin, Bw) die ihr gehörigen insgesamt 252/2566-Miteigentumsanteile an der Liegenschaft in EZ2, diese verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung W 2 und Garage G 2. Die Übergabe der Schenkungsobjekte erfolgt jeweils mit Vertragsunterfertigung. An den ihr geschenkten Liegenschaftsanteilen (W 2 und G 2) räumt die Bw dem Vater wiederum das Belastungs- und Veräußerungsverbot ein. Im Anschluss an die Aufsandungserklärung wird unter Punkt Zehntens vereinbart, dass A der Tochter I bis zudem den Geldbetrag von € 250.000 schenkt.

Das Finanzamt hat daraufhin der Bw mit Bescheid vom , StrNr, hinsichtlich des Erwerbes von der Schwester I und ausgehend vom Kaufpreis € 250.000 eine 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 8.750 vorgeschrieben und begründend ausgeführt: "Gemäß § 5 Abs. 3 Z 2 GrEStG gehören Leistungen, die ein anderer als der Erwerber des Grundstückes dem Veräusserer als Gegenleistung dafür gewährt, dass der Veräusserer dem Erwerber das Grundstück überlässt, zur Gegenleistung. Die Zahlung ihres Vaters an ihre Schwester in Höhe von € 250.000 ist eine solche Leistung Dritter und unterliegt daher der Grunderwerbsteuer."

In der dagegen erhobenen Berufung wird vorgebracht, mit der Geldschenkung habe der Vater der Schwester I den Kauf einer Wohnung in X (deren Wohnort) ermöglichen wollen, nachdem ihm aus einem Grundverkauf Bargeld zur Verfügung gestanden habe. Für die Geldschenkung sei daher die geschwisterliche Anteilsübertragung nicht der maßgebliche Grund gewesen. Bei der Wohnung W 2 handle es sich lt. beiliegendem Foto um einen unausgebauten Dachboden mit dem Ertragswert Null. Der Bemessung sei daher der dreifache Einheitswert der erworbenen Liegenschaftsanteile in Höhe von € 74.215,29 zugrunde zu legen.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde im Wesentlichen dahin begründet, dass neben einer Schenkung (Liegenschaft und Bargeld) vom Vater an die Schwester zusätzlich ein Kaufvertrag zwischen der Bw und der Schwester vorliege, wobei den Kaufpreis der Vater entrichte.

Im Vorlageantrag wurde eingewendet, gegenständlich sei seitens der Bw keine Gegenleistung an die Schwester zu erbringen gewesen, da der Wert der von ihr erworbenen Liegenschaft (unausgebautes Dachgeschoß, belastet mit Belastungs- und Veräußerungsverbot für den Vater) erheblich unter jenem Liegenschaftswert liege, den die Schwester erhalte. Deren Baugrundstück habe einen Verkehrswert von ca. € 250.000. Die Geldschenkung sei gesondert zu betrachten und stehe mit der Liegenschaftsübertragung in keinem Zusammenhang, weshalb aufgrund der Vereinbarung in ein und demselben Vertrag noch keine Gegenleistung konstruiert werden könne.

Der zuletzt zum festgestellte Einheitswert der Liegenschaft EZ2 beträgt gesamt (erhöht) € 251.900.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Nach § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer (grundsätzlich) vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG ist die Steuer dagegen dann vom Wert des Grundstückes (= dreifacher Einheitswert) zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes.

Der Gegenleistung sind nach § 5 Abs. 3 Z 2 GrEStG Leistungen hinzuzurechnen, die ein anderer als der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer als Gegenleistung dafür gewährt, dass der Veräußerer dem Erwerber das Grundstück überläßt. Die Hinzurechnung nach § 5 Abs. 3 Z 2 GrEStG hat nur zu erfolgen, wenn der unmittelbare und aus der Vertragsgestaltung erkennbare Hauptzweck der vereinbarten Leistung des Dritten (= andere Person als der Erwerber) die Überlassung des Grundstückes ist und sohin wesentliche Bedingung für die Leistung des Geldbetrages die Übertragung der Liegenschaft war. Eine Zahlungsverpflichtung, die ein Dritter eingeht, ist dann in die Gegenleistung einzubeziehen, wenn sie zu dem Übergang des Grundstückes in einer solchen Wechselbeziehung steht, dass der Veräußerer ohne diese Zahlungsverpflichtung das Grundstück nicht veräußert hätte und sich der Verpflichtete (Dritte) nur unter der Voraussetzung des Kaufabschlusses zur Zahlung verpflichtet hat (vgl. , ecolex 2004, 142).

Im Gegenstandsfalle ist nach Ansicht des UFS die Übertragung der Liegenschaftsanteile aus EZ2 an die Bw nur unter der Bedingung, dass hiefür der Vater an die Schwester I den Geldbetrag leistet, nicht als Hauptzweck des Vertrages vom erkennbar. Im Vordergrund steht nach der Vertragsgestaltung vielmehr, dass der Vater seiner Tochter I jeweils als Erb- und Pflichtteilsvorausempfang den überwiegenden Anteil an einem Baugrundstück sowie einen Bargeldbetrag zuwendet. Gleichzeitig verpflichtet sich diese - und zwar in unmittelbarem und ausschließlichen Konnex zu ihrem Liegenschaftserwerb - unter Punkt Drittens zur Schenkung der ihr gehörigen Liegenschaftsanteile an die Bw. Abgesehen davon, dass eine Wechselbeziehung zwischen der vereinbarten Geldzuwendung des Vaters an die Schwester und deren Liegenschaftsschenkung an die Bw im Zuge des Berufungsverfahrens vehement in Abrede gestellt wird, ist eine solche auch dem Vertragsinhalt nicht zu entnehmen. Darüberhinaus erscheint auch die Argumentation, dass aufgrund der geringerwertigen Liegenschaft, welche die Bw erhalten habe und bei welcher es sich nachweislich um einen Dachboden im Rohbau handelt, keinerlei Veranlassung für die Zahlung eines "Kaufpreises" an die Schwester in Höhe von € 250.000 bestanden habe, durchaus plausibel. Entgegen dem Dafürhalten des Finanzamtes ist daher die Leistung des Geldbetrages nicht unter die Bestimmung nach § 5 Abs. 3 Z 2 GrEStG zu subsumieren.

Die Liegenschaftsübergabe an die Schwester, welche "uno actu" mit der Liegenschaftsschenkung an die Bw erfolgt, stellt dagegen einen "Vertrag zugunsten Dritter" dar. Verträge zugunsten Dritter (§ 881 ABGB) fallen grundsätzlich dann unter das Grunderwerbsteuergesetz, wenn der Empfänger des Versprechens (Übergeber) oder der begünstigte Dritte einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes erlangt. Bei den im § 881 Abs. 3 ABGB geregelten Übergabsverträgen, welche einen Anwendungsfall eines echten Vertrages zugunsten Dritter darstellen, handelt es sich um Verträge eigener Art mit erb- und familienrechtlichen Elementen, wodurch der Übergeber in Absicht einer verfrühten Erbfolge und lebzeitigen Vermögensabhandlung ua. sein Vermögen einem Angehörigen als Übernehmer abtritt (vgl. ; ). Bei einer solchen Gutsübergabe treten neben Leistungen an den Übergeber vielfach auch Leistungen an Dritte, insbesondere Abfindungen an weichende potentielle Erben. Die Leistung an den Dritten kann an Stelle einer finanziellen Abfindung (Entfertigungsbetrag) auch in Grundstücken bestehen; der Übernehmer ist dann verpflichtet, entweder von dem übergebenen Gut ein Grundstück abzutreten oder zB ein eigenes Grundstück zu übereignen. Die in den Verträgen zugunsten Dritter meist enthaltenen unentgeltlichen Zuwendungen an den Dritten erfüllen damit, wenn es sich bei dieser Zuwendung um ein Grundstück handelt, den Tatbestand iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG (vgl. zu vor: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rzn. 206-208 zu § 1).

Wenn daher gegenständlich der Vater Liegenschaftsvermögen an die Tochter I übergibt und diese offenkundig unmittelbar im Gegenzug (uno actu) ein eigenes Grundstück an die Bw als begünstigte Dritte unentgeltlich zuwendet bzw. zuzuwenden hat, so ist hierin ein Vertrag zugunsten Dritter zu erblicken, wodurch der grunderwerbsteuerpflichtige Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht wird. Diesfalls bemißt sich die Grunderwerbsteuer, da von einer vom Übergeber (Vater) als Gegenleistung von I ausbedungenen unentgeltlichen Zuwendung an die Bw auszugehen ist, gemäß § 7 Z 1 GrEStG mit dem Steuersatz von 2 % vom Wert der Liegenschaft, di. der anteilige dreifache Einheitswert der 252/2566-Miteigentumsanteile in Höhe von € 74.215,29, und sohin im Betrag von € 1.484,31.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Vertrag zugunsten Dritter
Gegenleistung
Abfindung
Übergabsvertrag
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at