Eingangsabgabenschuld bei verspäteter Ankunftsanzeige durch den zugelassenen Empfänger
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Miterledigte GZ: |
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ZRV/0157-Z2L/09 |
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/16/0191 eingebracht. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/5200224/2013 erledigt.
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Rechtssätze | |
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Folgerechtssätze | |
ZRV/0156-Z2L/09-RS1 | wie ZRV/0040-Z2L/07-RS1 Übernimmt ein zugelassener Empfänger (Art 406 ZK-DVO) eine im gemeinschaftlichen Versandverfahren angelieferte Ware, so unterliegt diese weiterhin der zollamtlichen Überwachung. Wird im Anschluss die Ware entladen und in ein anderes Zollverfahren überführt, bevor die Zollbehörde vom zugelassenen Empfänger mittels Ankunftsanzeige (Art. 407 ff ZK-DVO) vom Eintreffen der Ware in Kenntnis gesetzt wird, entsteht die Zollschuld gem. Art. 203 ZK. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde der Bf., vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes A. vom , Zl. 0000, betreffend Eingangsabgaben und Nebengebühren entschieden:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) hat am die vom Versandschein 111 erfassten Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen. Gemäß Artikel 203 Abs. 1 und Abs. 3 erster Anstrich Zollkodex (ZK) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) ist dadurch für die Bf. die Eingangsabgabenschuld entstanden. Die Höhe der vorgeschriebenen Eingangsabgaben sowie jene Spruchteile, die die Abgabenerhöhung (§ 108 Abs. 1 ZollR-DG), die buchmäßige Erfassung, Mitteilung und Fälligkeit der Eingangsabgaben betreffen, bleiben unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diesen Bescheid ist gemäß § 85c Abs. 8 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) in Verbindung mit § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht der Beschwerdeführerin das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieses Bescheides eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) eingebracht werden.
Gemäß § 85c Abs. 7 ZollR-DG steht der Berufungsbehörde der ersten Stufe das Recht zu, gegen diesen Bescheid innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Mit Abgabenbescheid vom setzte das Zollamt A. gegenüber der Bf. einen Abgabenbetrag inklusive Abgabenerhöhung in Höhe von insgesamt 4.815,14 € (Zoll 997,36 €, EUSt 3.804,65 €, Abgabenerhöhung 13,13 €) fest. Die Vorschreibung der Eingangsabgaben stützt das Zollamt dabei auf Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a) ZK iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG. Begründend führt darin die Abgabenbehörde in ihrer Entscheidung sinngemäß aus, dass die Bf. im Rahmen des Informatikverfahrens die Ankunft der Versandscheinwaren (111) erst am der Zollbehörde gemeldet habe, während die in diesem Überwachungsdokument bestimmte Gestellungsfrist mit festgelegt worden sei. Als Warenort habe die Bf. "B." angegeben. Die weiteren zollamtlichen Ermittlungen hätten jedoch ergeben, dass die betreffenden Waren am (richtig offensichtlich ) sich nicht am vorgenannten, von der Bf. bezeichneten Warenort befunden haben. Vielmehr sei für die gegenständlichen, vom genannten Versandschein erfassten Ware bereits am unter Erklärung des bereits zuvor genannten Warenortes eine Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung (Feld 37 Code 4200) abgegeben worden, ohne dass zuvor eine Erledigung des Versandscheines erfolgt wäre. Laut der schriftlichen Mitteilung der Bf. an das Zollamt sei am auf Grund technischer Probleme keine Möglichkeit gewesen, eine elektronische Ankunftsanzeige für den vorgenannten Versandschein der Behörde zu übermitteln. Diesbezüglich entgegnet das Zollamt, dass der Bf. der Status eines zugelassenen Empfängers im NCTS-Verfahren bewilligt worden sei. Nach den Anordnungen in dieser Bewilligung ergebe sich für die Bewilligungsinhaberin somit die Pflicht, sofern eine elektronische Übermittlung der Ankunftsanzeige nicht möglich wäre, unverzüglich der Zollstelle das Versandpapier mittels Telefax zu übersenden. Diesen Auflagen in der Bewilligung hätte die Bf. nicht entsprochen. Diese Vorgangsweise stelle demnach eine grobe Fahrlässigkeit dar, sodass im gegenständlichen Fall im Sinne des Art. 204 Abs. 1 ZK iVm Art. 859 ZK-DVO eine Verfehlung vorliege, welche sich auf das betreffend Zollverfahren auch ausgewirkt hätte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der Bf. eingebrachte Berufung vom . Zusammengefasst wendet sie darin ein, dass es am wiederholt durch das Einspielen von Updates zu IT-Systemabstürzen im e-zoll Bereich gekommen sei. Dass solche Systemausfälle bei laufendem Kundenverkehr zu einer erhöhten Stresssituation bei den mit der e-zoll-Verfahrensabwicklung betrauten Mitarbeitern führe, liege wohl auf der Hand. Gerade diese EDV-Ausfälle hätten im vorliegenden Verfahren dazu geführt, dass eine Übermittlung einer papiermäßigen Ankunftsanzeige (Fallback) an die Zollbehörde verabsäumt worden sei. Im Gegensatz zum NCTS-Modul habe jedoch das Modul "Zollanmeldung Einfuhr" funktioniert. Am sei demnach eine Importzollanmeldung abgegeben worden und unter der 2222 von der Zollbehörde angenommen, und nach zollamtlicher Prüfung der Daten die angemeldeten Waren auch der Bf. überlassen worden. Die Zollschuld sei daher im vorliegenden Fall durch die Annahme der Zollanmeldung am gem. Art. 201 ZK entstanden. Die Zollschuld entstehe somit erst mit vollendeter Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr, demnach mit ihrer Überlassung. Komme es zur Überlassung, sei der Statuswechsel vollzogen und die Zollschuld nach Art. 201 Abs. 1 lit a) ZK entstanden. Das "offene" Versandverfahren habe der zuständige Sachbearbeiter durch die nachträgliche elektronische Meldung des Versandscheins am beenden wollen. Die betreffende Ware sei jedoch bereits seit durch Überlassung und Statuswechsel im zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft, wodurch auch keine Überlegungen im Betrieb der Bf. angestellt worden wären, dass eine nachträgliche elektronische Ankunftsanzeige zu zollschuldrechtlichen Konsequenzen führen könne.
Die Zollbehörde habe - infolge der nachträglich von der Bf. ihr übermittelten Ankunftsanzeige - zwar durch Sichtung festgestellt, dass sich die gegenständliche Ware nicht mehr an dem, der Zollbehörde gemeldeten zugelassenen Ort befunden hätte, die Ware sei jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits eine vom Zollamt überlassene Gemeinschaftsware gewesen. Die erstinstanzliche Abgabenbehörde habe den gegebenen Sachverhalt dem Tatbestand nach Art. 204 ZK untergeordnet und im Verhalten, welches zur Zollschuldentstehung geführt habe, das Vorliegen einer "groben Fahrlässigkeit" erkannt. Von der Bf. wird in diesem Zusammenhang auch auf die, der Zollbehörde mitgeteilten Vorbringen in der Vorhaltsbeantwortung vom verwiesen. Darin führte die Bf. bereits aus, dass entgegen der Rechtsansicht des Zollamtes die vom Versandschein erfassten Waren fristgerecht der Behörde gestellt worden seien. Unter Gestellung sei nämlich die Mitteilung an die Zollbehörde zu verstehen, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von der Zollbehörde bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden würden. Grundsätzlich gehe mit der Gestellung eine summarische Anmeldung anher, auf deren Abgabe jedoch verzichtet werden könne, wenn vom Anmelder/Vertreter an deren Stelle eine Zollanmeldung abgegeben werde. Am sei für die gegenständliche Sendung eine Zollanmeldung abgegeben, von der Zollbehörde angenommen und die Waren auch an diesem Tage vom Zollamt überlassen worden. Im anhängigen Verfahren sei demnach die Zollschuld durch Annahme der betreffenden Einfuhrzollanmeldung durch das Zollamt entstanden. Die im elektronischen NCTS-Verfahren der Zollbehörde zu übermittelnde Ankunftsanzeige sei keine Gestellungsmitteilung. Dadurch liege auch keine Pflichtverletzung vor, welche eine Zollschuldentstehung nach Art. 204 Abs. 1 ZK nach sich gezogen hätte. Zum gegenständlichen Zeitpunkt - somit am - an dem die Bf. nachträglich der Zollbehörde eine Ankunftsanzeige bezüglich des genannten Versandscheins übermittelte - habe sich die streitverfangene Ware bereits im "freien Verkehr" der Gemeinschaft befunden.
Diese Berufung wies das Zollamt mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Nach Darstellung des festgestellten Sachverhalts führt das Zollamt nach Zitierung der maßgeblichen Gesetzesgrundlagen in der Begründung dieser Entscheidung im Wesentlichen aus, dass der Bf. von der Zollbehörde der Status des "zugelassenen Empfängers im NCTS-Verfahren" bewilligt worden sei. In der Anlage zu dieser Bewilligung sei im Punkt 4a u.a. auch jene Anordnung festgelegt, dass der zugelassene Empfänger bei Eintreffen von Waren, welche von einem Versandschein begleitet würden, die Ankunft dieser der Zollstelle mittels elektronischer Ankunftsanzeige mitzuteilen habe. Sei eine solche Übermittlung auf Grund von technischen Problemen nicht möglich, habe dies vom Bewilligungsinhaber per Telefax unverzüglich zu erfolgen.
Im anhängigen Verfahren sei unbestritten, dass den vorstehenden Anordnungen die Bf. nicht entsprochen habe. Dadurch liege für die Bf. eine Verfehlung vor, welche iS des Art. 204 Abs. 1 ZK zur Abgabenschuldentstehung geführt habe und sie gem. Abs. 3 leg cit auch Abgabenschuldnerin sei. Zwar seien Verfehlungen nach Art. 204 Abs. 1 ZK sanierbar, sofern sich diese auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt hätten, dabei dürfe es sich jedoch nicht um den Versuch gehandelt haben, die Waren der zollamtlichen Überwachung zu entziehen und keine grobe Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegen. Weiter müssten alle notwendigen Förmlichkeiten erfüllt werden, um die Situation der Ware zu bereinigen. Das Nichttätigwerden bei der Beendigung des Versandverfahrens lasse im gegenständlichen Verfahren auf einen Mangel der Sorgfalt schließen, da für die Bf. aus der bereits genannten Bewilligung die Vorgehensweise auch bei einem etwaigen Systemausfall klar vorgegeben wäre. Im Übrigen habe sich der Systemausfall während der Amtsstunden des Zollamtes zugetragen, wodurch es auch für den zuständigen Sachbearbeiter der Bf. möglich und auch zumutbar gewesen wäre, sich mit der Behörde in Verbindung zu setzen und die weitere Vorgangsweise abzusprechen. Auch habe es die Bf. gänzlich unterlassen, zu der nachträglich am dem Zollamt übermittelten Ankunftsanzeige darauf zu verweisen, dass keine ordnungsgemäße Beendigung des gegenständlichen Versandverfahrens mehr vorgelegen wäre. In einer Gesamtschau handle es sich bei den vorstehenden Handlungen der Bf. um keinen tolerierbaren Arbeitsfehler sondern um eine grobe Fahrlässigkeit, welche bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt und bei sachgerechter Organisation vermieden hätte werden können.
Gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes vom richtet sich die mit Schreiben vom datierte Beschwerde gem. Art. 243 ZK iVm § 85 c) ZollR-DG. Zusammengefasst führt die Bf. darin aus, dass sie am beim Zollamt den Antrag auf Überführung der hier gegenständlichen Versandscheinware in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung (Code 4200/000 im Feld 37 der Anmeldung) eingebracht habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich die vom Versandschein bzw. der Verzollungsanmeldung erfassten Waren auch am zugelassenen Warenort "B." befunden. Trotz Fehlens einer Ankunftsanzeige im Versandverfahren habe das Zollamt die Einfuhranmeldung angenommen und die Waren antragsgemäß
überlassen. Die Zollschuld sei folglich nach Art. 201 ZK entstanden, wobei ein mehrmaliges Entstehen dieser im Gemeinschaftsgebiet nicht vorgesehen wäre. Zum Zeitpunkt der von der Bf. nachträglich erfolgten Ankunftsanzeige am wäre demnach die gegenständliche Nichtgemeinschaftsware vom Zollamt bereits überlassen worden und der Statuswechsel vollzogen gewesen. Die am erfolgte Mitteilung an das Zollamt habe lediglich dazu gedient das noch "offene" Versandverfahren zu schließen. Dies sei durch technische Probleme am nicht möglich gewesen.
Weiters bringt die Bf. wiederholend vor, dass unter Gestellung die Mitteilung an die Zollbehörde zu verstehen sei, dass sich die Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von der Zollbehörde bezeichneten oder zugelassenen Ort befinde. Grundsätzlich gehe mit der Gestellung eine summarische Anmeldung anher. Auf die Abgabe einer summarischen Anmeldung könne jedoch verzichtet werden, wenn vom Anmelder/Vertreter anstelle dieser eine Zollanmeldung abgegeben werde. Ein Nullum der Einfuhrzollanmeldung vom liege nicht vor, da diese vom Zollamt angenommen und die Ware auch dem Anmelder bzw. Vertreter überlassen worden sei. Das Zollamt habe in seiner Berufungsvorentscheidung nicht gewürdigt, dass die "Ankunftsanzeige" im Rahmen des NCTS keine Gestellungsmitteilung darstelle. Auf Grund des Art. 406 Abs. 2 ZK-DVO iVm Art. 96 Abs. 1 lit a) ZK sei klargestellt, dass ein Versandverfahren durch Übergabe der Ware mit den Versandscheinpapieren an den zugelassenen Empfänger als beendet gilt. Daraus ergebe sich als Umkehrschluss, dass dieser Prozessvorgang keiner Gestellung entspreche. Diese habe vielmehr durch Abgabe einer summarischen Anmeldung oder einer Zollanmeldung zu erfolgen. Im vorliegenden Fall habe die Bf. keine summarische Anmeldung abgegeben sondern vielmehr am eine Zollanmeldung zur Überführung von Waren in den freien Verkehr mit innergemeinschaftlicher Anschlusslieferung. Auch liege im vorliegenden Fall keine Entfernung der Ware aus der vorübergehenden Verwahrung vor, da die Gestellung durch die Zollanmeldung am erfolgt und die Ware der Anmelderin auch überlassen worden sei. Die streitgegenständliche Ware habe sich somit am ohne Zweifel bereits im freien Verkehr der Gemeinschaft befunden. Zu den Ausführungen des Zollamtes, dass die Verfehlung auf ein grob fahrlässiges Verhalten der Bf. zurückzuführen sei, bringt diese vor, dass dies bedeuten würde, dass die Mitarbeiter des Zollamtes regelmäßig grob fahrlässig handeln würden, da es sonst keine Erklärung dafür gebe, dass anlässlich unzähliger Abfertigungen auf Amtsplätzen ebenfalls die Versandverfahren nicht beendet worden seien und die "nachträgliche" Beendigung erst durch eingeleitete Suchverfahren von Abgangs- und Bestimmungsstellen erfolgt wären. Gerade deshalb würden auch die ebenfalls anhängigen Anträge auf Erlass/Erstattung gem. Art. 236 und 239 ZK aufrechterhalten.
Das Zollamt habe auch dem Antrag nach Art. 244 ZK nicht entsprochen. Auch dagegen richte sich die gegenständliche Beschwerde, da nach Ansicht der Bf. berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. Den vorgeschriebenen Abgabenbetrag müsste die Bf. durch einen Kredit zwischenfinanzieren, wodurch angesichts der daraus resultierenden Kosten von einem im Verhältnis zum Erlös unersetzbaren Schaden auszugehen sei, zumal der Bf. bei einer stattgebenden Entscheidung dieser Finanzierungsschaden von keiner Seite ersetzt werden würde.
Außerdem habe am das Zollamt die Bf. völlig zu Unrecht aufgefordert zur Einfuhranmeldung vom (2222) einen Antrag auf Ungültigkeitserklärung einzubringen. Diesem Antrag fehle jede Rechtsgrundlage da eine Ungültigkeitserklärung nach Überlassung der Ware ausdrücklich nicht vorgesehen sei. Lediglich in bestimmten Irrtumsfällen komme diese Maßnahme in Betracht wobei im gegenständlichen Verfahren ein solcher Fall nicht vorgelegen sei.
Beantragt wurde von der Bf. abschließend in diesem Schriftsatz die angefochtene Berufungsvorentscheidung vom wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Vollziehung der Entscheidung gem. Art. 244 ZK bis zur endgültigen Entscheidung ohne Leistung einer Sicherheit auszusetzen. Sofern eine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit nicht entsprochen werde, möge dem Zollamt aufgetragen werden, einen Erlass nach Art. 236 bzw. Art. 239 ZK zu gewähren.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
An Sachverhalt steht im gegenständlichen Fall fest, dass der Bf. die im Versandverfahren befindlichen Waren (111) am an einem ihr bewilligten zugelassenen Warenort angeliefert wurden. Eine Mitteilung über den Eingang dieser Waren an das Zollamt erfolgte durch die Bf. bis zur e-zoll Anmeldung zur Überführung der gegenständlichen Waren in den freien Verkehr weder im Wege des Informatikverfahrens noch im sogenannten Notfallverfahren. Erst mit - zu diesem Zeitpunkt befand sich die Ware nicht mehr am zugelassenen Warenort - übermittelte die Bf. dem Zollamt eine Ankunftsmitteilung über die vom vorstehend genannten Versandschein erfassten Waren.
Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich unstrittig durch die Aktenlage und den Ausführungen des Zollamtes in den hier zugrunde liegenden Bescheiden. Der Geschehensablauf steht im Übrigen in keinem Widerspruch zu den Vorbringen der Bf.
Die im gegenständlichen Verfahren anzuwendenden maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten wie folgt:
Art. 37 ZK:
(1) Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach dem geltenden Recht zollamtlich geprüft werden.
(2) Sie bleiben so lange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist, und, im Fall von Nichtgemeinschaftswaren unbeschadet des Artikels 82 Absatz 1, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wiederausgeführt oder nach Artikel 182 vernichtet oder zerstört werden
Art. 203 ZK:
(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,
- wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.
(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.
(3) Zollschuldner sind:
- die Person, welche die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen hat;
- die Personen, die an dieser Entziehung beteiligt waren, obwohl sie wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass sie die Ware der zollamtlichen Überwachung entziehen;
- die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass diese der zollamtlichen Überwachung entzogen worden war;
- gegebenenfalls die Person, welche die Verpflichtungen einzuhalten hatte, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben.
Die Bf. war im hier maßgeblichen Zeitraum Inhaberin einer Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren gem. § 55 ZollR-DG sowie der Gestellung und Abfertigung an zugelassenen Warenorten gem. § 11 Abs. 7 ZollR-DG. Weiters verfügte sie über den Status eines zugelassenen Empfängers (Bescheid im hier maßgeblichen Zeitraum des Zollamtes vom , Zl.: 333) im New Computerised Transit System (NCTS).
Die im Versandverfahren angelieferten Waren wurden von der Bf. - somit einem zugelassenen Empfänger - am entgegengenommen. Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen gemäß Art. 37 Abs. 1 ZK vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach dem geltenden Recht zollamtlich geprüft werden. Sie bleiben nach Art. 37 Abs. 2 ZK solange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist, und, im Fall von Nichtgemeinschaftswaren unbeschadet des Artikels 82 Absatz 1, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wieder ausgeführt oder nach Artikel 182 vernichtet oder zerstört werden.
Gemäß Art. 91 Abs. 1 Buchstabe a) ZK können im externen Versandverfahren Nichtgemeinschaftswaren zwischen zwei innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Orten befördert werden, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben, anderen Abgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen. Das externe Versandverfahren endet gemäß Art. 92 Abs. 1 ZK und die Verpflichtungen des Inhabers sind erfüllt, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren und die erforderlichen Dokumente entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden. Nach Art. 40 ZK sind Waren, die nach Maßgabe des Artikels 38 Abs. 1 Buchstabe a) bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort eintreffen, von der Person zu gestellen, welche die Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat oder die gegebenenfalls die Beförderung der Waren nach dem Verbringen übernimmt. Einer Person, die im gemeinschaftlichen Versandverfahren beförderte Waren in ihrem Betrieb oder an einem anderen festgelegten Ort in Empfang nehmen möchte, ohne dass der Bestimmungsstelle die Waren gestellt oder die Exemplare Nrn. 4 und 5 der Versandanmeldung vorgelegt werden, kann gemäß Art. 406 Abs. 1 ZK-DVO der Status eines zugelassenen Empfängers bewilligt werden. Gemäß Art. 406 Abs. 2 ZK-DVO hat der Hauptverpflichtete seine Pflichten nach Artikel 96 Absatz 1 Buchstabe a) des ZK erfüllt und das gemeinschaftliche Versandverfahren ist beendet, sobald die Waren zusammen mit den Exemplaren Nrn. 4 und 5 der Versandanmeldung, die die Sendung begleitet haben, dem zugelassenen Empfänger innerhalb der vorgeschriebenen Frist unverändert in seinem Betrieb oder an dem in der Bewilligung näher bestimmten Ort übergeben und die zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen beachtet worden sind.
In der Anlage zur Bewilligung zum zugelassenen Empfänger in der hier gültigen Fassung wird im Punkt 7 auf Basis des Art. 407 Abs. 1 ZK-DVO festgelegt, dass eine Überlassung der Waren mittels entsprechender Freigabenachricht und zwar "Freigabe von Versand" oder durch einen entsprechenden Vermerk auf den bei Anwendung eines Notfallverfahrens vorgesehenen Unterlagen erfolgt. Auch aus der Anlage 2 findet sich der Hinweis, dass das Versandverfahren erst nach dem Erhalt dieser Nachricht von der Zollbehörde beendet ist. Die am festgelegten Warenort angekommenen Waren unterlagen im Beschwerdefall gemäß Art. 37 ZK auch noch nach der Übernahme durch den zugelassenen Empfänger der zollamtlichen Überwachung. Die Bf. hatte als zugelassener Empfänger zwar nicht die Verpflichtung zur Gestellung der im Versandverfahren an den festgelegten Warenort verbrachten Waren, aber auf Grund der Bestimmungen der ZK-DVO über die Bewilligung des Status des zugelassenen Empfängers die Verpflichtung zur Mitteilung des Eingangs der Waren durch Ankunftsanzeige. Erst danach - d.h. nach Rückmeldung durch das Zollamt "Freigabe von Versand" - durfte die Bf. als zugelassene Empfängerin diese in ein anderes Zollverfahren überführen. Die Zollbehörde wird durch die Ankunftsanzeige von der Ankunft der Ware beim zugelassenen Empfänger in Kenntnis gesetzt und kann in der Folge entscheiden, ob sie ihre Kontrollrechte konkret durch eine Kontrolle auch ausübt. Erfolgt keine Mitteilung über die Ankunft der Waren dann wird der Zollbehörde die Möglichkeit der Ausübung der Zollkontrolle genommen.
Der Begriff der Entziehung einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung umfasst jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird. Es kommt nicht darauf an, ob die Zollbehörde tatsächlich eine solche Prüfung durchzuführen beabsichtigt und ob der Beteiligte die Ware der Zollbehörde zu einer solchen Prüfung zur Verfügung stellen könnte. Entscheidend ist allein, dass die Zollbehörde - wenn auch nur vorübergehend - objektiv nicht in der Lage ist, die zollamtliche Überwachung sicherzustellen (vgl. das Urteil des BFH vom , VII R 21/04). Durch die Nichtmitteilung des Eingangs der Waren wurde die Zollbehörde an der Möglichkeit der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfung der unter zollamtlicher Überwachung stehenden Waren gehindert. Diese wurden dadurch der zollamtlichen Überwachung entzogen wodurch für die Bf. die Zollschuld nach Art. 203 ZK (vgl. auch Erkenntnis des ) entstanden ist.
Zur Abänderung des Tatbestandes durch den Unabhängigen Finanzsenat (kurz UFS) von Art. 204 ZK auf Art. 203 leg cit ist auszuführen, dass der Abgabenbehörde II. Instanz nach § 289 Abs. 2 BAO u.a. jene Befugnis zukommt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Entscheidung der Abgabenbehörde II. Instanz ist lediglich auf die Sache beschränkt, welche Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens erster Instanz war. Im anhängigen Verfahren geht somit durch das Vorliegen einer Entziehung einer einfurabgabenpflichtigen Ware aus der zollamtlichen Überwachung die Bestimmung des Art. 203 ZK jener des Art. 204 ZK (vgl. auch Witte, Zollkodex Kommentar, 4. Aufl., Art. 204, Rz. 72) vor. Durch diese Tatbestandsänderung treten im Übrigen weder Änderungen in der Person des Abgabenschuldners noch hinsichtlich des Zeitpunktes der Abgabenschuldentstehung zu den bisherigen Feststellungen der Zollbehörde ein.
Mit dem Einwand im Schriftsatz vom , dass im gegenständlichen Fall durch die vom Zollamt am erfolgte Überlassung der Waren nach Antragstellung auf Überführung dieser in den freien Verkehr, keine Zollschuldentstehung durch die von ihr erst am der Zollbehörde übermittelte Ankunftsanzeige eintreten habe können, da zuvor bereits die Zollschuld nach Art. 201 ZK entstanden sei, übersieht die Bf., dass bereits die Abgabenbehörde I. Instanz das zollschuldauslösende Handeln der Bf. mit der Unterlassung der Ankunftsanzeige am angesehen hat. Völlig zu Recht führt demnach das Zollamt in seiner Berufungsvorentscheidung diesbezüglich aus, dass diese Verfehlung der Bf. zeitlich vor der Überführung der gegenständlichen Waren in den freien Verkehr stattgefunden habe und dieser Zeitpunkt einem späteren vorgehe (vgl. auch Witte, Kommentar zum Zollkodex, 4. Auflage, Vorbemerkungen zu Art. 201 Rz 5).
Auch erübrigt sich für den UFS ein Eingehen auf die Vorbringen der Bf., dass nach ihrer Beurteilung kein grob fahrlässiges Verhalten zur vorliegenden Verfehlung geführt habe, da die Entstehung einer Abgabenschuld - wie nunmehr festgestellt - nach Art. 203 ZK ausschließlich an objektive Voraussetzungen knüpft. Zu allen übrigen Ausführungen der Bf. in ihrer Beschwerdeeingabe ist anzumerken, dass den Gegenstand des bei der Abgabenbehörde II. Instanz anhängigen Verfahrens der Spruch der angefochtenen Berufungsvorentscheidung vom , Zl. 0000 bildet. Mit dieser wies das Zollamt die Berufung der Bf. vom als unbegründet ab. Diese abweisende Entscheidung des Zollamtes ist so zu werten, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem angefochtenen (erstinstanzlichen) Bescheid im Spruch übereinstimmende Entscheidung erlassen hätte, die fortan an die Stelle des angefochtenen Bescheides tritt. Sache des vor dem UFS angefochtenen Bescheides bildet demnach der Spruch des erstinstanzlichen Abgabenbescheides mit dem eine Abgabenfestsetzung nach Art. 204 Abs. 1 lit a) ZK iVm §§ 2 Abs. 1 und 108 Abs. 1 ZollR-DG unter Zugrundelegung des vorliegenden Sachverhalts erfolgte. Jene zusätzlichen Vorbringen der Bf. in ihrer Eingabe vom , welche sich inhaltlich ausschließlich auf ein Erstattungs- bzw. Erlassverfahren nach den Art. 236 und 239 ZK, auf eine Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK beziehen, sowie die Einwendungen hinsichtlich des Geschehensablaufes betreffend die Ungültigkeitserklärung der dem Zollamt übermittelten Anmeldung zur Überführung der gegenständlichen Waren in den freien Verkehr nach den Bestimmungen des Art. 66 ZK mit sind demnach nicht Gegenstand des vor dem UFS anhängigen Rechtsmittelverfahrens, wodurch ein Eingehen auf diese Ausführungen in dieser Berufungsentscheidung unberbleiben kann. Der Vollständigkeit halber ist jedoch zu den sinngemäßen Anträgen der Bf. "der UFS möge dem Zollamt die Gewährung eines Erlasses bzw. einer Erstattung der Abgaben auftragen" anzumerken, dass der Abgabenbehörde II. Instanz ohnedies kein Weisungrecht über die erstinstanzliche Behörde zukommt.
Auf Grund der vorstehenden Ausführungen war daher - wie im Spruch ausgeführt - zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 203 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 203 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 204 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 406 Abs. 2 ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1 |
Schlagworte | Pflichtverletzung Zollschuld Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung zugelassener Empfänger Ankunftsanzeige |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
UAAAD-29284