Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 04.09.2012, RV/1678-W/11

Schätzung Lohnaufwand (Taxifahrer)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom , gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 6/7/15 vom betreffend Haftung zur Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für das Kalenderjahr 2007, Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Kalenderjahre 2007, 2008 und 2009 wie folgt entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge: Bw.), ein Taxiunternehmer, hat in den berufungsgegenständlichen Kalenderjahren zwei Taxifahrer beschäftigt.

Im Zuge einer vom Finanzamt Wien 4/5/10 am durchgeführten Kontrolle hat das Kontrollorgan in einem (auf den Bw. zugelassenen) Taxi (den österreichischen Staatsbürger) TX1 als Lenker angetroffen. In dem als "TAXI - Kontrollblatt" bezeichneten, sowohl vom Kontrollorgan als auch von TX1 unterschriebenen Vordruck sind zu der (vorgedruckten) Frage nach der Losungs- bzw. Einnahmenabrechnung mit dem Unternehmen und der (vorgedruckten) Frage, falls in Prozenten vom Umsatz abgerechnet werde, wie hoch der Prozentsatz ist, (handschriftlich) 40% angegeben.

Diese Ermittlungsergebnisse wurden vom Finanzamt Wien 4/5/10 an das (für den Bw. zuständige) Finanzamt Wien 6/7/15 mit dem Vermerk, dass der Verdacht der nicht ordnungsgemäßen Führung von Lohnkonten bestehe, da zuletzt im Juni 2009 Lohnabgaben abgeführt worden seien, weitergeleitet. Das (nunmehr bescheiderlassende) Finanzamt Wien 6/7/15 hat daher in weiterer Folge eine Lohnsteuerprüfung durchgeführt. In dem der Berufungsbehörde vorliegenden Steuerakt befindet sich eine undatierte - offensichtlich im Zuge des Prüfungsverfahrens - mit dem Bw. aufgenommene Niederschrift, in der dieser angegeben hat, dass er eine wöchentliche Abrechnung gemacht und dabei einen Umsatz von € 400-500 pro Fahrer erwartet habe. Um die Fahrzeiten der Fahrer habe er sich nicht gekümmert. Die Fahrer hätten die Fahrzeuge zu Hause gehabt mit der Auflage, diese nicht übermäßig privat zu nutzen. Fahrtenbücher seien nicht geführt worden. Seit März 2010 seien die beiden Lenker laut Kollektivvertrag vollangestellt. Die Umsätze seien seit der Umstellung auf Vollzeit gleich geblieben.

Das Prüfungsorgan hat in weiterer Folge nicht nur hinsichtlich des bei der am durchgeführten Kontrollhandlung angetroffenen Lenkers, TX1, sondern auch hinsichtlich des zweiten beim Bw. beschäftigten Lenkers, TX2, die Lohnsteuer und den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag (neu) berechnet. Als Bemessungsgrundlage für die Nachversteuerung hat das Prüfungsorgan (für beide Lenker) 40% vom Umsatz zuzüglich eines Sachbezuges (für die Privatnutzung der Fahrzeuge) herangezogen.

Mit den angefochtenen Bescheiden ist das Finanzamt der (Neu)Berechnung des Prüfungsorgans (vollinhaltlich) gefolgt. Zur Begründung dieser Bescheide wurde auf den Bericht vom verwiesen. In diesem Bericht wird (als Begründung) ausgeführt, dass bei der Kontrolle am der Dienstnehmer TX1 angegeben habe, dass er mit 40% vom Umsatz entlohnt werde. Es sei beiden Dienstnehmern ein voller Sachbezug für die Benutzung des Kraftfahrzeuges hinzugerechnet worden. Der Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag seien auf Basis von 40% des Umsatzes plus dem Sachbezug errechnet worden. Die Lohnsteuer errechne sich aus dem Jännerbezug 2007 des Dienstnehmers TX1 unter Hinzurechnung des Sachbezuges.

Seine dagegen eingebrachte Berufung hat der Bw. wie folgt begründet. Die den Bescheiden zu Grunde liegende Annahme (Sachverhaltsdarstellung im Bericht vom ) entbehre jeder Grundlage. Sein Dienstnehmer TX1 habe niemals angegeben, auf irgendeiner prozentuellen Anteilsbasis vom Umsatz entlohnt zu werden - aus einem einfachen Grund, weil es auch niemals irgendeine Prozentvereinbarung gegeben habe. Weder bei TX1 noch bei irgendeinem anderen bei ihm beschäftigten Fahrer. Wie es zu der Notiz anlässlich einer Kontrolle am gekommen sei, lasse sich nur vermuten. TX1 habe ihm damals - im Jänner - bereits von dieser Kontrolle berichtet. Polizei und Kontrollpersonen, viel Hektik und Aufregung. Kontrolle der Papiere und Taxiausstattung (insgesamt fünf bis sechs unterschiedliche Papiere und Dokumente). Die Frage nach der Entlohnung bzw. "Prozente vom Umsatz?", auf das "Nein" von TX1 nochmals die Frage "Na irgendwelche Prozente werden Sie doch bekommen, 30 oder 40 oder 50?" Das neuerliche Nein sei vom Fragesteller nicht mehr aufgenommen worden, weil während dieses Gespräches ein Polizist unterbrochen und den Fragesteller zu einem anderen Wagen geholt habe. Die behauptete "Umsatzäußerung" sei also nie gemacht worden, offensichtlich sei in der großen Hektik dieser Überprüfung eine Notiz irrtümlich gemacht worden. Das könne bei einer Gegenüberstellung der betroffenen Personen sicher geklärt werden.

Der Berufung hat der Bw. eine (unterschriebenen) Erklärung des TX1 folgenden Inhaltes angeschlossen: er erkläre hiermit verbindlich, dass er beim Unternehmen des Bw. Anfang 2007 mit ein viertel und von Anfang 2008 bis Anfang 2010 mit halber Kollektivvertrags-Beschäftigung tätig gewesen sei. Die Umsätze (2008/09) sollten zwischen € 400-500 wöchentlich liegen. Eine Absprache über Umsatzbeteiligung ("Prozente") habe es zu keiner Zeit gegeben.

Mit Bescheid (Berufungsvorentscheidung) vom hat das Finanzamt die Berufung abgewiesen und diese Entscheidung wie folgt begründet: Die Aussagen des TX1 seien im Rahmen einer offiziellen Amtshandlung festgehalten und von diesem Dienstnehmer auch unterschreiben worden. Dieser Dienstnehmer habe unter anderem auch angegeben, prozentmässig (40) entlohnt zu werden. Abrechnungen bzw. Auszahlungsbelege seien nicht vorgelegt worden. Im ersten Monat des Prüfungszeitraumes (Anmerkung der Berufungsbehörde: das war der Jänner 2007) sei dieser Dienstnehmer mit einem Vollzeitlohn von € 879,10 beschäftigt gewesen, in der Folge habe er (2007) nur mehr € 227,25 (monatlich) erhalten. Ansonsten habe dieser Dienstnehmer während seiner gesamten Dienstzeit beim Bw. keine anderen offiziellen Einkünfte erhalten. Davon habe dieser Dienstnehmer den Unterhalt für seine Frau, seine Kinder und sich selbst bestreiten müssen. Der Bw. behaupte auch, dass er nur Umsatzvorgaben von € 400-500 wöchentlich an seine beiden Fahrer gemacht habe und sich ansonsten nicht darum gekümmert habe, wie viel die beiden tatsächlich eingenommen hätten und wie viel sie gefahren seien. Dies widerspräche, wie die anderen oben genannten Punkte, den Erfahrungen des täglichen Lebens. Zusätzlich müsse noch festgehalten werden, dass der Taxibetrieb des Bw. hohe Fixkosten habe und dass es bei einem offiziellen Verlust wider jegliche kaufmännische Vernunft wäre, über zwei Autos mit Fahrern zu verfügen, diese aber nur in geringem Ausmaße zu nutzen. Weiters habe der Bw. angegeben, dass seit der Vollbeschäftigung seiner beiden Fahrer, die kurz nach der Kontrolle am erfolgt sei, die Umsätze ungefähr gleich geblieben seien. Die Erklärungsversuche des Bw. würden jeder wirtschaftlichen Vernunft entbehren und seien mit den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht in Einklang zu bringen. Aus diesen Gründen und da auch keine Zeitaufzeichnungen vorhanden gewesen seien, habe ein Recht auf Schätzung gemäß § 184 BAO (auf Basis der Niederschrift vom ) bestanden. Die Berufung sei daher abzuweisen gewesen.

Diesen Ausführungen ist der Bw. im Vorlageantrag vom wie folgt entgegen getreten: TX1 sei weder vom Prüfer noch vom Vorentscheider befragt worden. Seine schriftliche Erklärung sei ignoriert worden. Statt dessen werde die "offizielle Amtshandlung" erwähnt. Diese habe, wie in seiner Berufung beschrieben, stattgefunden. Dass ein Schwarzafrikaner, dessen Muttersprache nicht deutsch sei, nach Aufforderung durch offizielle Organe/Polizei etwas unterschreibe, ohne sich eine halbe Stunde Zeit zum Durchlesen zu nehmen, entspräche wohl am ehesten den (in der Vorentscheidung zitierten) "Erfahrungen des täglichen Lebens". Die wöchentlichen Abrechnungen mit den Fahrern seien sehr wohl als Bestandteil der Buchhaltung vorgelegt worden. In weiterer Folge hat der Bw. ausgeführt, welche Unglücksfälle er mit seinen Fahrzeugen gehabt habe und dass daraus seine Verluste resultieren würden. Weiters hat der Bw. ausgeführt, dass die von ihm angeregte Überprüfung tatsächlicher Einsatzzeiten seiner Fahrer durch Aufzeichnungen der Taxifunkzentrale nicht weiter beachtet worden sei. Die eigenen Aufzeichnungen - so der Bw. weiter in seinen Ausführungen - des letzten Jahres seit der GPLA Entscheidung würden für TX1 bis zur Abmeldung am eine Durchschnitts-Stundenanzahl von 34,12 Stunden bei voller Anmeldung ergeben (Und selbstverständlich habe TX1 seine Fahrleistung nicht absichtlich zurückgenommen). Da erscheine dem Bw. eine Schätzung auf volle Arbeitszeit (bei halbem Beschäftigungsverhältnis) als vollkommen irreal. Dementsprechend sei auch die Umsatzvorgabe nach Auffassung des Bw. durchaus realistisch. Seine Fahrer könnten diese Vorgabe jedenfalls eidesstattlich bestätigen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Unstrittig ist, dass weder Fahrtenbücher geführt worden sind und auch keine Aufzeichnungen über die (tatsächlichen) Arbeitszeiten der beiden Taxifahrer existieren. Unstrittig ist weiters, dass auch keine Aufzeichnungen darüber existieren, welche Beträge an die beiden Taxifahrer (tatsächlich) ausbezahlt worden sind. Aus den vom Bw. im Vorlageantrag angesprochenen - der Berufungsbehörde ebenfalls (beispielhaft) vorliegenden - "Abrechnungen" geht nur hervor, ob bzw. an welchen Wochentagen abgerechnet worden ist. Dem Vorbringen des Bw., seine eigenen Aufzeichnungen seit der GPLA würden eine Durchschnitts-Stundenanzahl von 34,12 Stunden ergeben ist entgegenzuhalten, dass dieser Zeitraum nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Zum Einwand des Bw., dass die von ihm angeregte Überprüfung der Einsatzzeiten seiner beiden Fahrer durch Aufzeichnungen der Taxifunkzentrale nicht weiter beachtet worden sei: abgesehen davon, dass eine diesbezügliche "Anregung" des Bw. dem der Berufungsbehörde vorliegenden Verwaltungsakt des Finanzamtes nicht zu entnehmen ist, so könnten bei der Taxifunkzentrale allenfalls Aufzeichnungen darüber vorliegen, wann Aufträge an die Bw. (bzw. die beiden Taxifahrer) weitergegeben worden sind, nicht jedoch Aufzeichnungen über die (tatsächliche) gesamte Arbeitszeit der beiden Taxifahrer.

Unstrittig ist damit, dass weder Nachweise über das Ausmaß der tatsächlichen Arbeitszeit, noch Nachweise darüber, welche Beträge an die beiden Taxifahrer tatsächlich ausbezahlt worden sind, existieren. Das Finanzamt war daher nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen (§ 184 Abs. 1 BAO). Als Grundlage für die Schätzung hat das Finanzamt 40% des Umsatzes herangezogen und diesen Prozentsatz damit begründet, dass der Taxifahrer TX1 bei seiner Befragung am diesen Prozentsatz angegeben habe. Dass der Taxifahrer - wie vom Bw. behauptet - diese Aussage nicht gemacht haben soll, vermag sich die Berufungsbehörde nicht anzuschließen. Es entspricht nämlich der Erfahrung, dass die ersten Angaben in einem Verfahren der Wahrheit am Nächsten kommen bzw. eine höhere Verlässlichkeit haben (so auch: Zl. 2005/15/0147, und vom , Zl. 2002/08/0222). Die (offensichtlich: vom Bw. vorgefertigte und vom Taxifahrer unterschriebene) Erklärung vom ist daher nach Auffassung der Berufungsbehörde so zu verstehen, dass die am getätigte Aussage des Taxifahrers "der Kenntnis ihrer abgabenrechtlichen Wirkung entsprechend gestaltet" worden ist ( Zl. 2008/15/0052).

Zum Einwand des Bw., dass ihm die (gegenständliche) Schätzung auf volle Arbeitszeit als "vollkommen irreal" erscheine: wie bereits ausgeführt worden ist, existieren keine Nachweise über das tatsächliche Ausmaß der Beschäftigung. Hat ein Abgabepflichtiger - wie im gegenständlichen Fall der Bw. - die gebotene Dokumentation des Ausmaßes der Beschäftigung unterlassen, welche es ihm ermöglicht hätte, das behauptete Ausmaß einer geringeren als von der Abgabenbehörde angenommenen Beschäftigung der beiden Taxifahrer zu erweisen, dann muss er es hinnehmen, dass die nachteiligen Folgen seiner Handlungsweise mit den von der Abgabenbehörde gefundenen Schätzungsergebnissen auf ihn zurückfallen. Wer - wie der Bw. - zur Schätzung Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit auch dann hinnehmen, wenn er sich im Bestreben der Verheimlichung eines abgabepflichtigen Sachverhaltes vor der Abgabenbehörde der Möglichkeit zu nachträglicher Mitwirkung an der Sachverhaltsermittlung mangels Beweisvorsorge selbst begeben hat ( Zl. 2000/13/0089).

Die Berufungsbehörde schließt sich somit der - zu Recht erfolgten - Schätzung des Finanzamtes, der der Bw. nicht substantiiert entgegen getreten ist, vollinhaltlich an.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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