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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.12.2009, RV/0708-W/09

Kein Gewinnfreibetrag bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0708-W/09-RS1
Das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 12% der Umsätze nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 übersteigt meist die Erfahrungswerte und wirkt dann wie eine undifferenzierte Steuerbegünstigung (Doralt, Einkommensteuerkommentar, 11. Aufl., § 17 Tz 5). Der Bw. hätte bei (normaler) Ermittlung seines Gewinnes nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 (Verzicht auf die Basispauschalierung) den Freibetrag für investierte Gewinne lukrieren können. Die vom Bw. angestrebte kumulative Beanspruchung beider Begünstigungen - Basispauschalierung und Freibetrag für investierte Gewinne - scheint mit dem das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band I, 9. Auflage, S 17 Rz 22) auch nicht mehr vereinbar.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. durch Moore Stephens Unicons GmbH Wth-Stb., 5020 Salzburg, Innsbrucker Bundesstr. 71, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob der Bw. iR seiner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (Branchenkennzahl 900; Einkünfte gem. § 22 Z 2 und 4 EStG 1988 idgF) neben der Basispauschalierung gem. § 17 Abs. 1 EStG 1988 den Gewinnfreibetrag iSd § 10 EStG 1988 idgF iHv € 5.981,95 für den Ankauf von Wertpapieren lt. elektronisch eingebrachter Abgabenerklärung in Anspruch nehmen kann. Der Bw. legte folgende Aufstellung vor:


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Summe FBiG körperliche WG
0,00
Summe FBiG Wertpapiere
6.000,00
Summe Neubildung
6.000,00
Summe Abgang körp. WG
0,00
Summe Abgang WP
0,00
Übertragung WP auf neue WG
0,00
Summe steuerpflichtige Auflösung
0,00

Im Zuge der Veranlagung anerkannte das Finanzamt (FA) den Freibetrag nicht und begründete dies wie folgt: Bei Inanspruchnahme der gesetzlichen Basispauschalierung sei lt. FA ein Freibetrag für investierte Gewinne nicht zulässig.

Der Bw. ersuchte daraufhin um Nachreichung der fehlenden Begründung und um die Bekanntgabe der steuerrechtlichen Grundlagen, auf die sich die Abweichungen von der Steuererklärung stützten. Nachdem die Gesetzeslage äußerst divergierend diskutiert werde, sei durchaus mit einer im Sinne des Steuerpflichtigen liegenden Entscheidung der Höchstgerichte zu rechnen. Daraufhin urgierte der Bw. nochmals eine aus dem Einkommensteuergesetz abgeleitete Begründung, welche abgabenrechtlichen Tatbestände durch den in der Begründung angeführte Sachverhalt für gegeben erachtet werden würden. Eine Begründung habe lt. Bw. in der Weise zu erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag finde, sowohl für die Partei als auch für die Höchstgerichte nachvollziehbar sei. Die Basispauschalierung gem. § 17 Abs. 1 sei wie erklärt in Anspruch genommen worden.

Das Finanzamt reichte daraufhin folgende Begründung nach: Die Erledigung weiche vom Begehren des Bw. aus folgenden Gründen ab: In der elektronisch eingebrachten Einkommensteuererklärung 2007 seien sowohl die Basispauschalierung gem. § 17 Abs. 1 EStG 1988 als auch einen Freibetrag für investierte Gewinne (kurz: FBiG) gem. § 10 EStG 1988 in Höhe von € 5.981,95 beantragt worden. Dieser FBiG sei mit der Begründung nicht gewährt worden, dass beides nicht zulässig sei. Nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Finanzen werde diese Begründung auf Antrag des Bw. hin wie folgt ergänzt: Aus der Textierung des § 17 Abs. 1 EStG 1988 sei die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, neben den pauschalierten Betriebsausgaben nur die dort taxativ aufgezählten Ausgaben als gewinnmindernde Posten zuzulassen (vgl. /10019; UFS Linz, RV 0575-1108 vom , UFS Linz, RV/0671-L/08 vom ). Dass bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 kein Freibetrag für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG 1988 zustehe, werde auch überwiegend von der Fachliteratur vertreten (Jakom/Kanduth-Kristen EStG § 10 Rz 8, Zorn, aaO, § 10 Tz 3; Heinreich, aaO, § 10 Tz 14, Atzmüller in SWK 2006, S 864). Das Finanzamt schließe sich dieser Rechtsansicht an und anerkenne den geltend gemachten Freibetrag für investierte Gewinne nicht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im § 10 Einkommensteuergesetz, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 99/2007 wie folgt geregelt:

§ 10 (1) Natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, können bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10 % des Gewinnes, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), höchstens jedoch 100 000 Euro gewinnmindernd geltend machen. Der Höchstbetrag von 100 000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr nur einmal zu. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden und ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt.

(2) Bei Gesellschaften, ...

(3) Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, in dem 1. im Falle der Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Anlagegüter diese

a) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben und

b) in einer Betriebsstätte im Inland oder im übrigen EU/EWR-Raum verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend außerhalb des EU/EWR-Raumes eingesetzt werden, nicht als in einer Betriebsstätte im EU/EWR-Raum verwendet.

2. im Falle der Anschaffung von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 diese dem Anlagevermögen ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden, vorbehaltlich Abs. 5 Z 2.

(4) Für folgende Wirtschaftsgüter kann ein Freibetrag für investierte Gewinne nicht gewinnmindernd geltend gemacht werden:

- Gebäude und Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude.

- Personen- und Kombinationskraftfahrzeuge, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % der gewerblichen Personenbeförderung dienen.

- Luftfahrzeuge.

- Geringwertige Wirtschaftgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.

- Gebrauchte Wirtschaftsgüter.

- Wirtschaftsgüter, die von einem Unternehmen erworben werden, das unter beherrschendem Einfluss des Steuerpflichtigen steht.

- Wirtschaftsgüter, für die der Forschungsfreibetrag gemäß § 4 Abs. 4 Z 4 oder Z 4b oder die Forschungsprämie gemäß § 108c in Anspruch genommen wurde.

(5) Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der Freibetrag für investierte Gewinne geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden in eine Betriebsstätte außerhalb des EU/EWR-Raumes verbracht, gilt Folgendes: ...

(6) Im Falle der Übertragung eines Betriebes ist ...

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne sind:

1. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird in der Steuererklärung an der dafür vorgesehenen Stelle getrennt hinsichtlich körperlicher Wirtschaftsgüter und Wertpapiere ausgewiesen. Eine Berichtigung einer unrichtigen oder unterlassenen Eintragung ist bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung) möglich.

2. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im Anlageverzeichnis (§ 7 Abs. 3) bei den jeweiligen Wirtschaftsgütern ausgewiesen. Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4, für die ein Freibetrag in Anspruch genommen wird, sind in ein gesondertes Verzeichnis aufzunehmen, das der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen ist.

Im gegenständlichen Fall ist allein die Rechtsfrage strittig, ob der vom Bw. geltend gemachte Freibetrag für investierte Gewinne von dem von ihm im Rahmen der Basispauschalierung ermittelten "Gewinn" abgezogen werden kann, was das Finanzamt im Erstbescheid versagt hat.

Die so genannte Basispauschalierung wird in den Absätzen 1 bis 4 des mit der Überschrift "Durchschnittssätze" versehenen § 17 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 100/2006 wie folgt geregelt:

§ 17. (1) Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt

- bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, höchstens jedoch 13 200 €,

- sonst 12%, höchstens jedoch 26 400 €,

der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung.

Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten) und für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1.

§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz ist anzuwenden.

(2) Die Anwendung des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 setzt voraus, dass

1. keine Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 ermöglichen,

2. die Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung des vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht mehr als 220 000 Euro betragen,

3. aus der Steuererklärung hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht.

(3) Geht der Steuerpflichtige von der Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 auf die Geltendmachung der Betriebsausgaben nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften über, so ist eine erneute Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 frühestens nach Ablauf von fünf Wirtschaftsjahren zulässig.

Aus dem ersten Satz des eben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 ergibt sich zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber die Basispauschalierung ausdrücklich als Möglichkeit der "Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3" mit Pauschalierung der Betriebsausgaben anbietet. Demnach kommt die Gewährung des Freibetrages für investierte Gewinne nach dem Wortlaut des oben zitierten § 10 EStG 1988 in Betracht. Diese Begünstigung für Einnahmen-Ausgaben-Rechner soll der Stärkung der kleinen und mittleren Unternehmen durch Freistellung von 10% des Gewinnes (gedeckelt mit 100.000,00 €) dienen.

Der vorletzte Satz des oben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 lässt neben dem Betriebsausgabenpauschale von 12 bzw. 6 % nur die Absetzung der dort taxativ aufgezählten Ausgaben als Betriebsausgaben zu ("Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: ..."). Der vom Bw. begehrte Freibetrag für investierte Gewinne hins. den Ankauf von Wertpapieren stellt zweifellos keine Ausgabe für Löhne, Fremdlöhne, Sozialversicherungsbeiträge sowie keine sonstigen Ausgaben iSd o.a. im Gesetz taxativ aufgezählten Ausgaben, die neben der Basispauschalierung gewinnmindernd abgezogen werden können, dar.

Für die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ist demnach entscheidend, ob der nach § 10 EStG 1988 von der Einkommensteuer freigestellte Freibetrag für investierte Gewinne als (sonstige) Betriebsausgabe iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 idgF, die neben dem Betriebsausgabenpauschale anzuerkennen ist, anzusehen ist.

§ 4 Abs. 1, 3 und 4 EStG 1988 enthalten zur Gewinnermittlung folgende Aussagen: (1) Gewinn ist der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. ...

(3) Der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. ...

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:

...

4. Ein Forschungsfreibetrag in Höhe von 25% für Aufwendungen (Ausgaben) zur Forschung und experimentellen Entwicklung, ...

...

8. und 10. Ein Bildungsfreibetrag von höchstens 20% der Aufwendungen, ...

Im Zuge der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 werden demnach nicht nur tatsächliche Ausgaben als Betriebsausgaben gewinnmindernd abgesetzt, sondern auch durch den Gesetzgeber als steuerliche Begünstigung zuerkannte Freibeträge (Bildungsfreibetrag, Forschungsfreibetrag, Lehrlingsfreibetrag gemäß § 124b Z 31 EStG 1988). Diese rein rechnerischen Größen und als "fiktive Betriebsausgaben" bezeichneten Beträge stellen zweifellos ebenfalls Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 3 EStG 1988 und folglich auch des § 17 Abs. 1 EStG 1988 idgF dar.

Es bleibt daher die Frage übrig, ob auch der Freibetrag für investierte Gewinne eine derartige fiktive Betriebsausgabe darstellt. Die oben genannten Freibeträge für Forschung und Bildung vermitteln zusätzliche fiktive Betriebsausgaben, die rechnerisch durch Anwendung eines Prozentsatzes auf tatsächliche Aufwendungen ermittelt werden. Der oben erwähnte Lehrlingsfreibetrag war hingegen mit 1.460,00 € betraglich fixiert.

Die Begünstigungsbestimmung des § 10 EStG 1988 spricht im ersten Absatz (vgl. Abs. 4) hingegen von der Möglichkeit ("können") "...einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10% des Gewinnes, ...gewinnmindernd geltend machen." bzw. im dritten Absatz "Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, ...". Aus diesen Formulierungen ergibt sich, dass zunächst der vorläufige Gewinn grundsätzlich durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln ist.Von diesem Zwischenwert können über Antrag dann noch maximal 10% abgezogen werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde stellt diese letzte Abzugspost funktionell ebenfalls eine fiktive Betriebsausgabe dar. Diese Rechtsauffassung teilen auch Zorn (in Hofstätter-Reichel, § 10 Tz 2), nach dessen eindeutiger Formulierung "Dieser FBiG stellt eine fiktive Betriebsausgabe dar, die zusätzlich gewinnmindernd berücksichtigt wird." und Heinrich, in Doralt/Heinrich, EStG, §10 Tz 16: "Aufwandseitige Freibeträge, die zum Zwecke der Investitionsförderung gewährt werden, stellen Betriebsausgaben dar ..."

Damit erweist sich die beispielsweise auf Hödl (vgl. Beiser in, SWK 2006, S 905) gestützte Rechtsansicht, der Freibetrag für investierte Gewinne sei keine Betriebsausgabe, sondern eine Investitionsbegünstigung, als verfehlt.

Es bedarf vielmehr laut Ansicht des UFS einer Analyse, welche Pauschalierungen systematisch die Berücksichtigung eines Freibetrages zulassen.

Pauschalierungen im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, die systematisch eine Vollpauschalierung darstellen, wie etwa die Pauschalierung für Lebensmitteleinzel- und Gemischtwarenhändler oder die Gaststättenpauschalierung lassen keinen Raum für die Berücksichtigung eines Freibetrag es, da der Gewinn selbst pauschal ermittelt wird. Gleiches gilt für jene Teilpauschalierung en, die den gesonderten Ansatz des Freibetrag es deswegen nicht zulassen, weil ein Freibetrag vom Betriebsausgabenpauschale erfasst wäre. Dies trifft beispielsweise bei der gesetzlichen Basispauschalierung iSd § 17 EStG 1988 idgF zu, da das Betriebsausgabenpauschale sämtliche Betriebsausgaben mit Ausnahme der ausdrücklich genannten (z. B. Sozialversicherungsbeiträge , Wareneinkauf) abdeckt. Dies ist berufungsgegenständlich der Fall. Damit ist eine Berücksichtigung des Freibetrag es nur in jenen Fällen möglich, in denen eine Betriebsausgabenpauschalierung den Freibetrag nicht mitumfasst und damit den gesonderten Ansatz des Freibetrag es zulässt, was jedoch berufungsgegenständlich nicht zutrifft (vgl. § 17 Abs. 1 EStG 1988 idgF).

Der Gesetzeswortlaut des § 10 EStG i. d. F. des KMU-Förderungsgesetzes gibt keine Auskunft darüber, ob Einnahmen-Ausgaben-Rechner, die eine Pauschalierung in Anspruch nehmen, einen Freibetrag für investierte Gewinne in Anspruch nehmen können. Ein genereller Ausschluss steht mit dem Wortlaut und der gesetzlichen Zielsetzung des § 10 EStG nicht in Einklang. Davon ausgehend muss daher für jede Pauschalierung geprüft werden, ob die Systematik der jeweiligen Pauschalierung den gesonderten Ansatz eines Freibetrages zulässt. Vollpauschalierungen stehen der Berücksichtigung eines Freibetrag es grundsätzlich entgegen, Teilpauschalierung en nur dann nicht, wenn das Betriebsausgabenpauschale den Freibetrag nicht erfasst.

Dass bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 kein Freibetrag für investierte Gewinn gemäß § 10 EStG 1988 zusteht, wird auch überwiegend von der Fachliteratur vertreten (Jakom, Baldauf/Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis u.a., EStG 1988, Linde, 1. Aufl., § 10 Rz 8, mwN., Atzmüller, Freibetrag für investierte Gewinne und Pauschalierung, in SWK 2006, S 864).

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist jedoch auch aus der Textierung des § 17 Abs. 1 EStG 1988 idgF die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, neben den pauschaliertenBetriebsausgaben nur die dort taxativ aufgezählten Ausgaben als gewinnmindernde Posten zuzulassen (vgl. ). Das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 12% der Umsätze nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 übersteigt meist die Erfahrungswerte und wirkt dann wie eine undifferenzierte Steuerbegünstigung (Doralt, Einkommensteuerkommentar, WUV-Verlag, 10. Aufl., §17 Tz 5). Der Bw. hätte bei (normaler) Ermittlung seines Gewinnes nach § 4 Abs. 3EStG 1988 (Verzicht auf die Basispauschalierung) den Freibetrag für investierte Gewinnelukrieren können. Die vom Bw. angestrebte kumulative Beanspruchung beiderBegünstigungen - Basispauschalierung und Freibetrag für investierte Gewinne - scheint mit dem das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band I, 9. Auflage, S 17 Rz 22) auch nicht mehr vereinbar (Atzmüller, SWK 1996, S 863, Freibetrag für investierte Gewinne und Pauschalierung).

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at