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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 13.07.2011, RV/0297-K/07

Haftung des Geschäftsführers einer GmbH

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des I.K, K, vertreten durch Dr. R Unternehmensberatung Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Steuerberatungskanzlei, K, P.Str 9, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes K., vertreten durch ADir. S.O., vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der Haftungsbetrag auf € 75.299,16 eingeschränkt. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber I.K (im Folgenden: Bw.) war handelsrechtlicher, vertretungsbefugter Geschäftsführer der Fa. C BaugesellschaftmbH mit Sitz in K..

Am wurde über das Unternehmen beim Landesgericht K. der Konkurs eröffnet. Das Finanzamt meldete Abgabenforderungen iHv ATS 4,893.260,00 zum Konkurs an (Anmeldungsverzeichnis vom ). Diese Konkursforderungen setzten sich ua. aus der Umsatzsteuern der Jahre 1995 bis 1997 in Höhe von ATS 2,280.555,00; der Umsatzsteuer gemäß § 16 UStG 1997 iHv. ATS 1,200.000,00, der Lohnsteuer der Jahre 1996 - 1997 iHv ATS 690.427,00 sowie Dienstgeberbeiträgen in Höhe von ATS 301.608,00 zusammen.

Die gesamten angemeldeten und anerkannten Konkursforderungen betrugen laut Schlussrechnung und Verteilungsentwurf des Masseverwalters vom ATS 33,565.720,00 (€ 2,439.316,00). Der zur Verteilung an die Konkursgläubiger zur Verfügung stehende Betrag betrug € 52.660,31; die ursprüngliche Konkursquote 2,16%.

Nachdem das Anmeldungsverzeichnis ergänzt wurde, reduzierte sich der auf die Konkursgläubiger zu verteilende Betrag auf € 50.379,39 und wurde die endgültige Konkursquote in Höhe von 2,1223 % errechnet (berichtigter Verteilungsentwurf des Masseverwalters vom ). Die vom Finanzamt angemeldeten Forderungen in Höhe von ATS 4,893.260,00 wurden im Verfahren vorerst bestritten, später jedoch anerkannt.

Der größte Gläubiger war die Hausbank mit einer Forderung in Höhe von ATS 10,430.557,20. Diese hat etwa acht Monate vor Konkurseröffnung am ein Höchstbetragspfandrecht in Höhe von ATS 23,000.000,00 an der Betriebsliegenschaft der GmbH und der Liegenschaft des Bw. im Wege der Simultanhaftung erworben (Beschluss des BG K. vom ).

Das Bauunternehmen beschäftigte zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung etwa 40 Arbeitnehmer.

Nach Beendigung des Konkursverfahrens ersuchte das Finanzamt mit Schriftsatz vom 5. Feber 2002 den Bw. um genaue Darlegung der Gründe, weshalb die Gesellschaft die unberichtigt aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten in Höhe von € 392.316,24 (ATS 5,398.389, 16) nicht bis zum gesetzlichen Fälligkeitstag entrichtet hat. Unter Hinweis auf die qualifizierte Mitwirkungspflicht als selbständig vertretungsbefugter Gesellschaftergeschäftsführer wurde der Bw. aufgefordert das Fehlen ausreichender Mittel im Zeitpunkt der Fälligkeiten der Abgabenschuldigkeiten darzulegen. Konkret wurde der Bw. um Darstellung der liquiden Mittel der Mittelverwendung der GmbH zwischen und (KO-Eröffnung) sowie um Darstellung und Bezahlung der anderen Verbindlichkeiten (Bank- Lieferantenverbindlichkeiten und Lohnzahlungsverpflichtungen) ersucht. Um Übermittlung zweckdienlicher Unterlagen, wie Kassabücher, Bilanzen, Saldenlisten, Kontoauszügen wurde ersucht.

Mit Schriftsatz vom teilte der Bw. mit, dass die E.Bank der Hauptgläubiger der GmbH gewesen ist. Hinsichtlich der Betriebsmittelkredite habe es Besicherungen zu Gunsten der Bank gegeben, welche jedoch etliche Jahre vor dem Konkursantrag erlangt worden wären. In den letzten beiden Jahren habe die Bank jedoch keine Sicherheiten mehr erhalten. Der Bw. gab an, er habe alle Gläubiger gleich behandelt. Dementsprechend haben nicht nur die Dienstnehmer ihr Gehalt nicht mehr erhalten, sondern auch die Geschäftsführer. Mitte Mai 1997 habe sich die Pflicht zur Stellung des Konkursantrages ergeben, nachdem die Gesellschaft aus einem Bauauftrag über ATS 2,2 Mio. lediglich ATS 300.000,00 erhalten habe. Diese Forderungsausfälle bewirkten, dass liquide Mittel zur Zahlung und Überweisung der Erlagscheine nicht mehr vorhanden waren. Genau so wurden der Rechtsanwalt und Steuerberater nicht mehr bezahlt, sodass deren Forderungen als Konkursforderungen angemeldet werden mussten.

Weitere Unterlagen würden nachgereicht werden. Um Fristverlängerung wurde ersucht.

Das Finanzamt gewährte die Fristverlängerung bis zum .

Nachdem [entgegen der Ankündigung] keine weiteren Unterlagen nachgereicht wurden, zog das Finanzamt den Bw. mit Bescheid vom zur Haftung für aushaftende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 220.177,74 heran.

Begründend wurde darauf verwiesen, dass die Abgaben bei der Primärschuldnerin uneinbringlich wären und er als Geschäftsführer der GmbH für die rechtzeitige Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten verantwortlich gewesen sei. Die Abgabenschuldigkeiten wurden tabellarisch wie folgt dargestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Abgabenart
Betrag in Euro
1995 -1997
Umsatzsteuer
135.647,94
1996 -1997
Lohnsteuer
50.175,29
1996 -1997
Dienstgeberbeitrag
21.918,70
1996 -1997
Zuschlag zum DG
2,435,35
1996 -1997
Straßenbenützungsabgabe
981,10
1-3/1997
Kraftfahrzeugsteuer
207,26
1-3/1997
Kammerumlage
88,52
1996 - 1997
Säumniszuschlag
3.457,49
1996
Stundungszinsen
4.176,00
1-6/1997
Körperschaftsteuer
1.090,09
SUMME
220.177,74

In der Berufung vom wies der Bw. darauf hin, dass die Abgabenentrichtung mangels vorhandener liquider Mitteln nicht erfolgt sei und sämtliche Gläubiger gleich behandelt worden wären.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt neuerlich unter Hinweis auf die qualifizierte Mitwirkungspflicht des Bw. um genaue konkrete Darlegung der Gründe, welche zur Nichtentrichtung der Abgabenschuldigkeiten geführt haben. Ersucht wurde, die Mittelverwendung bis zur Konkurseröffnung darzustellen.

In der Vorhaltsbeantwortung vom wies der Bw. darauf hin, dass mangels konkreter Darstellung der Abgabenschuldigkeiten und deren Fälligkeiten es für den Bw. nicht möglich sei, eine Stellungnahme abzugeben, weil die Abgaben lediglich aufsummiert in einem Betrag über mehrere Jahre (1995 bis 1997) dargestellt worden wären. Es sei nicht ersichtlich wie diese zustande gekommen sind und wie sich diese zusammensetzen.

Schließlich beinhalte der Haftungsbescheid auch Abgaben, welche nicht selbst zu berechnen wären und sei eine Haftung dafür ausgeschlossen. Auch werde lediglich eine Pflichtverletzung behauptet, ohne diese tatsächlich nachzuweisen. Der Bw. habe alle Gläubiger gleich behandelt. Die Bankschulden bei der Hausbank sind ab stetig angestiegen und sei die Zahlungsunfähigkeit durch Forderungsausfälle und den Umstand, dass eine Wohnbaugenossenschaft Forderungen iHv. ATS 2,2 Mio. lediglich in Höhe von ATS 300.000,00 anerkannt und bezahlt hat, ausgelöst worden. Auch sei die Konkursquote zu Gunsten des Bw. zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Entwicklung seit übermittelte der Bw. Bankkontenauszüge, ein Kassabuch und führte wie folgt aus:

Die Bankschulden sind vom bis von ATS 10,240.104,38 auf ATS 11,720.289,17 gestiegen. In diesem Zeitraum sind ATS 1,285.617,00 dem Finanzamt überwiesen worden. Folgende Beträge wurden in diesem Zeitraum bezahlt:

Gebietskrankenkasse: ATS 2,002.496,79, Bauarbeiter-Urlaubskasse: ATS 355.368,00, Mitarbeiter: ATS 1,523.959,00, Material: ATS 2,130.075,00,

Insgesamt wurden etwa ATS 43,000.000,00 Millionen an Konkursforderungen angemeldet. Die Finanzamtsforderungen iHv. ATS 5,685.499,00 betragen davon 13,22%. Setze man den Haftungsbetrag in Relation zu den Gesamtschulden ergäbe sich ein Betrag in Höhe von etwa 7%. Daraus schließe der Bw., dass er lediglich 13,22% aller verfügbaren Mittel zwischen 1.1. und zu entrichten gehabt hätte.

Ausgehend von Einnahmen vom 1.1.bis in Höhe von ATS 5,301.121,21 zzgl. der Umsatzsteuer iHv. ATS 1,125.257,33 hatte die GmbH ATS 6,751.543,90 zur Verfügung. Rechne man zu diesem Verfügungsbetrag die Beträge vom Firmenkonto hinzu, welche den Schuldsaldo erhöhten, hatte die Primärschuldnerin und der Bw. insgesamt ATS 8,301.121,51 zur Verfügung. Somit hätte der Berufungswerber im Jahre 1997 dem Finanzamt ATS 892.554,10, anstatt der tatsächlich gezahlten ATS 1,285.617,00, zukommen lassen müssen. Daher werde die ersatzlose Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt.

An Beilagen übermittelte der Bw. einen Auszug aus dem Bankkonto, dass Kassabuch, Saldenlisten und Buchhaltungskonten betreffend den Zeitraum 1.1. bis .

Daraus ergibt sich, dass die Primärschuldnerin laufende Miet-, Leasingraten, Kilometergelder Personalaufwendungen, und Materialkosten (Zement, Betonplatten, Werkzeug, Pflastersteine, etc.), bedient hat und sich der Kreditsaldo bei der Hausbank auf ATS 11,800.000,00 erhöht hat.

Das Finanzamt verringerte unter Berücksichtigung des Berufungsbegehrens mit Berufungsvorentscheidung vom den Haftungsbetrag um jene Abgabenschuldigkeiten, welche unmittelbar vor der Konkurseröffnung am fällig wurden und reduzierte den Haftungsbetrag um € 25.062,18 auf € 195.115,56. Begründend führte das Finanzamt aus, dass damit das Vorbringen, man sei durch Forderungsausfälle im Jahre 1997 zahlungsunfähig geworden, ausreichend berücksichtigt werde.

Hinsichtlich des Einwandes, es handle sich bei den verfahrensgegenständlichen Abgabenschulden um keine Selbstbemessungsabgaben führte das Finanzamt aus, es sei unerheblich, ob die Umsatzsteuervorauszahlungsbeträge selbst berechnet oder nachträglich mittels Festsetzungsbescheid festgesetzt wurden. Hinsichtlich der Zusammensetzung des Haftungsbetrages wurde auf die in der Beilage (Rückstandsausweis) dargestellten Abgabenschuldigkeiten verwiesen.

Der Bw. wurde sohin für nachfolgend tabellarisch dargestellten Abgabenschuldigkeiten zur Haftung herangezogen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in Euro
Umsatzsteuer
12/1995
36.644,50
Säumniszuschlag 1
1996
3.421,15
Stundungszinsen
1996
4.176,00
Körperschaftsteuer
01-03/1997
908,41
Säumniszuschlag 1
1997
18,17
Lohnsteuer
09/1996
7.701,21
Dienstgeberbeitrag
09/1996
4.368,07
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
09/1996
485,31
Straßenbenützungsabgabe
09/1996
196,22
Lohnsteuer
11/1996
13.848,75
Dienstgeberbeitrag
11/1996
7.697,36
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
11/1996
855,29
Straßenbenützungsabgabe
11/1996
196,22
Lohnsteuer
12/1996
11.668,93
Dienstgeberbeitrag
12/1996
4.045,48
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
12/1996
449,48
Straßenbenützungsabgabe
12/1996
196,22
Lohnsteuer
03/1997
7.129,57
Dienstgeberbeitrag
03/1997
2.744,56
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
03/1997
303,94
Straßenbenützungsgebühr
03/1997
196,22
Umsatzsteuer
02/1997
23.397,60
Lohnsteuer
1996
1.068,15
Umsatzsteuer
12/1995
62.671,31
Umsatzsteuer
1996
726,44
195.115,56

Im Vorlageantrag an die Abgabenbehörde II. Instanz vom weist der Bw. darauf hin, dass die Primärschuldnerin aufgrund von Forderungsausfällen ab Dezember 1995 nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihren abgabenrechtlichen Pflichten nachzukommen.

Das Finanzamt gehe trotz vorliegender Bankkontoauszüge, Kassabücher und Saldenlisten zu Unrecht davon aus, dass der Bw. den Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung nicht erbracht hat. Das Nichteingehen auf die vorgelegten zahlenmäßigen Nachweise führe zu dieser unzutreffenden Feststellung.

Dem Bw. sei es bislang nicht möglich gewesen, auf die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten einzugehen, da diese ihm erstmals detailliert mit Berufungsvorentscheidung vom bekannt gegeben worden sind.

Zur wirtschaftlichen und steuerlichen Situation der Primärschuldnerin ergibt sich aus der Aktenlage Folgendes:

Am erstattete die Primärschuldnerin eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG, weil 1992 -1993 Bauvorhaben nicht endgültig abgerechnet wurden und daher für das Jahr 1993 Mehrwertsteuern iHv ATS 2,333.334,00 nicht bekanntgegeben und abgeführt wurden.

Die Primärschuldnerin hatte im Jahre 1995 Abgabenschulden beim Finanzamt in Höhe von ATS 3,018.792,00 (Stand Abgabenkonto zum ). Diese setzten sich vor allem aus den Umsatzsteuernachforderungen der Jahre 1992 iHv. ATS 490,484,00 und 1993 in Höhe von ATS 2,375.908,00 zusammen.

Aufgrund dieser Situation erließ das Finanzamt am einen Sicherstellungsauftrag und beantragte in weiterer Folge am beim Bezirksgericht K. die Einverleibung der Vormerkung eines Pfandrechtes gemäß § 38 lit. c GBG 1955 ob der der Primärschuldnerin gehörenden Liegenschaft in Höhe von ATS 3,031.931,00. Das Pfandrecht wurde mit Löschungserklärung vom gegen einen Zug um Zug Zahlung von ATS 1,5 Mio. aufgegeben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können (§ 9 Abs. 1 BAO).

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden (§ 80 Abs. 1 BAO).

Aufgrund der Aktenlage steht fest, dass der Bw. vertretungsbefugter Geschäftsführer der GmbH war. Nach ständiger Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat der Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, die der GmbH obliegen. Bei schuldhafter Verletzung haftet er für die Abgaben der GmbH (vgl. ; ).

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (§ 20 BAO).

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Haftung eines Vertreters - im gegenständlichen Verfahren eines Vertreters einer juristischen Person - sind:

- Abgabenforderung(en) gegen den Vertretenen,

- die Stellung als Vertreter der juristischen Person,

- die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung(en) beim Vertretenen,

- eine Pflichtverletzung des Vertreters der juristischen Person,

- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und

- die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Im gegenständlichen Verfahren ist unbestritten, dass der Berufungswerber im (haftungs-) gegenständlichen Zeitraum als Geschäftsführer der GmbH zum Kreis der Vertreter im Sinne des § 80 Abs. 1 BAO zählte und daher für die uneinbringlichen Abgaben herangezogen werden kann. Weiters ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass die Primärschuldnerin ihre Abgabenschuldigkeiten weder zum Zeitpunkt deren Fälligkeiten entrichtet hat und diese bis heute nicht entrichtet wurden. Der Bw. war für deren Entrichtung verantwortlich.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Vertreters (Geschäftsführers), darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat, insbesondere nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben im Fälligkeitszeitpunkt entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter (Geschäftsführer) schuldhaft seine Pflicht für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, verletzt, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (siehe für viele das Erkenntnis vom , 99/13/0032, mwN).

Der Vertreter (Geschäftsführer) haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (siehe für viele das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0218, mwN).

Im gegenständlichen Verfahren wäre eine Haftung des Berufungswerbers für die offenen Abgabenschulden der Primärschuldnerin allenfalls dann nicht zum Tragen gekommen, wenn der Primärschuldnerin überhaupt keine liquiden Mittel zur Tilgung zur Verfügung gestanden wären, die offenen Schulden zu tilgen bzw. bei der Verteilung der zur Verfügung gestandenen Mittel alle Gläubiger gleich behandelt worden wären (Gleichbehandlungsgrundsatz).

Im Verwaltungsverfahren wurde der Bw. aufgefordert (2 Schriftsätze) durch Erstellung einer Liquiditätsaufstellung seiner Nachweispflicht nachzukommen, dass im Haftungszeitraum keine Mittel zur Bezahlung der Verbindlichkeiten vorhanden waren und auch keine Ungleichbehandlung der Gläubiger in der Befriedigung ihrer Forderungen stattgefunden hat (). Der Berufungswerber ist dieser Aufforderung nur teilweise nachgekommen.

Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Diesen Nachweis hat der Bw. trotz ausdrücklichen Ersuchens nur zum Teil erbracht. Nur der Geschäftsführer wäre hiezu in der Lage, weil er den Einblick in die geschäftliche Gebarung hat.

Der Bw. hat zwar entsprechend seiner qualifizierten Mitwirkungspflicht im Haftungsverfahren für den Zeitraum - (KO-Eröffnung) Kassabücher, Saldenlisten und Bankkontenauszüge vorgelegt, nicht jedoch für die verfahrensgegenständlichen Zeiträume im Jahr 1996.

Aus den vorliegenden Unterlagen lassen sich die Überweisungen und Zahlungen des Jahres 1997 ableiten, nicht jedoch des Jahres 1996. Insofern ist die Schlussfolgerung des Bw., er habe sämtliche Unterlagen vorgelegt nicht richtig und stichhältig, weil sein Vorbringen lediglich die Geschäftsgebarung unmittelbar vor der Konkurseröffnung im Jahr 1997 betrifft. Diesen Umstand hat das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung entsprechend berücksichtigt und den Haftungsbetrag entsprechend reduziert.

Aus den vorgelegten Unterlagen des Jahres 1997 leitet sich jedoch schlüssig ab, dass Materialeinkäufe, Mieten für Büroausstattung (Computer) und Leasingraten (sog. "Zug um Zug" Leistungen) durchaus noch getätigt und bezahlt wurden, andererseits Abgabenverbindlichkeiten und andere nicht mehr entsprechend bedient wurden.

Aufgrund der Konkurseröffnung am 16.5.1997und der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit gelangt der Referent - in Übereinstimmung mit dem Finanzamt - zu der Schlussfolgerung, dass der Bw. hinsichtlich jener Abgabenschuldigkeiten, welche unmittelbar vor der Konkurseröffnung am fällig wurden nicht mehr zur Haftung herangezogen werden kann, weil das Vorbringen, man habe zu dieser Fälligkeit über keine liquiden Mittel mehr verfügt nachvollziehbar und glaubhaft ist.

Soweit der Bw. meint, ihm wären im Haftungsverfahren die jeweiligen Abgabenschuldigkeiten nicht ausreichend konkret bekannt gewesen, sodass er zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeiten keine gesonderten Nachweis seiner liquiden Situation erbringen habe können, ist er auf die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes zu verweisen, mit welcher ihm die jeweiligen Abgabenschuldigkeiten datailliert dargestellt wurden.

Es wäre an ihm gelegen den Nachweis der finanziellen Mittel und deren Verwendung im Jahre 1996 zu erbringen.

Der Bw. hat somit hinsichtlich jener Abgabenschuldigkeiten, welche im Jahre 1996 fällig waren trotz ausdrücklichen Ersuchens (Auskunftsersuchens) der Abgabenbehörde keine Unterlagen beigebracht, aus welchen sich konkret die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft zu den maßgeblichen Fälligkeitszeitpunkten im Jahre 1996, insbesondere am 15. Feber 1996, ableiten ließe. Die Abgabenbehörde durfte somit von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen. Eine nachvollziehbare Darstellung der schlechten Vermögenslage und gegebenen Zahlungsunfähigkeit der im haftungsgegenständlichen Zeitraum fälligen Abgabenschulden wurde für das Jahr 1996 nicht beigebracht, sodass die Abgabenbehörde erster Instanz auch nicht verhalten war, allenfalls weitere Präzisierungen und Beweise vom Berufungswerber abzufordern. Auf die "qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungspflicht" wurde der Bw. zwei Mal hingewiesen.

Der Referent ist auf Grund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Überzeugung gelangt, dass der Berufungswerber durch die Außerachtlassung und Benachteiligung des Abgabengläubigers seiner Abgabenzahlungspflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist und daher für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden der Gesellschaft zur Haftung heranzuziehen ist (vgl. Erkenntnis des ).

Schließlich hat die Primärschuldnerin im Jahre 1997 noch jene Zug um Zug Geschäfte getätigt, welche zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes unbedingt notwendig waren.

Das Finanzamt konnte somit hinsichtlich der nachstehend angeführten Abgabenschuldigkeiten zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen, weil der Bw. seiner qualifizierten Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist.


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Abgabenschuldigkeiten

Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in Euro
Umsatzsteuer
12/1995
36.644,50
Lohnsteuer
09/1996
7.701,21
Lohnsteuer
11/1996
13.848,75
Lohnsteuer
12/1996
11.668,93
Lohnsteuer
03/1997
7.129,57
SUMME 76.992,96

Dem Vorbringen des Bw. auch die Bank sei nicht besser gestellt gewesen als das Finanzamt ist zu entgegnen, dass zu Gunsten der Bank mit Beschluss des BG K vom ein Höchstbetragspfandrecht in Höhe von ATS 23 Mio. ob der Betriebsliegenschaft und der damaligen Privatliegenschaft des Bw. (Simultanhaftung) grundbücherlich einverleibt worden ist. Richtig ist, dass vom bis auch die Bankverbindlichkeiten auf ATS 11,7 Mio. angestiegen sind.

Auch die Finanzamtsverbindlichkeiten stiegen vom bis von etwa ATS 3,521.000,00 Mio. auf ATS 4,878.562,00 an. Eine Gläubigerbevorzugung zu Gunsten des Finanzamtes erscheint damit ausgeschlossen. Eine Gleichbehandlung mit den erfolgten "Zug um Zug Zahlungen" im Jahre 1997 liegt ebenfalls nicht vor, weil diese zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes notwendigen Zahlungen vollständig erfolgten.

Daraus ergibt sich, dass der Bw. hinsichtlich der Besicherung von Gläubigern durchaus im August 1996 [circa 8 Monate vor Konkurseröffnung] eine Differenzierung vorgenommen hat. Gläubiger wurden ungleich behandelt. Diese Ungleichbehandlung führte dazu, dass der Abgabengläubiger und andere Gläubiger keine vollständige Befriedigung hinsichtlich der zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung vorhandenen Forderungen erlangen konnten.

Der Referent des UFS gelangt auf Grund der Aktenlage zur Überzeugung, dass der Berufungswerber auch auf Grund der Missachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aller Gläubiger durch die Benachteiligung des Abgabengläubigers der Abgabenzahlungspflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist und daher für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden der Gesellschaft zur Haftung herangezogen werden kann (vgl. Erkenntnis des ).

Bei der Verletzung von abgabenrechtlichen Zahlungspflichten bedarf es - anders als bei der Verletzung sonstiger abgabenrechtlicher Pflichten - keiner näheren Begründung der Kausalität der Pflichtverletzung für die eingetretene Uneinbringlichkeit der Abgaben (vgl ). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang ().

Soweit der Bw. meint, die haftungsgegenständliche Umsatzsteuervorauszahlung für den Vorauszahlungszeitraum Dezember 1995 sei ihm nicht bekannt gewesen, wird darauf hingewiesen, dass diese ohnehin erklärungsgemäß festgesetzt wurde.

Hinsichtlich der im Jahre 1997 festgesetzten Umsatzsteuervorauszahlungsbeträge und Umsatzsteuernachforderungen wird von einer Heranziehung zur Haftung zu Gunsten des Bw. deshalb Abstand genommen, weil sich auch das Finanzamt durch Abgabe der Löschungserklärungvom 9. August 1996gegen eine Zug um Zug Zahlung von ATS 1,5 Mio. hinsichtlich einer wichtigen pfandrechtlichen Besicherung in Höhe von ATS 3,000.000,00 begeben hatte.

Diesbezüglich ist nämlich davon auszugehen, dass der mögliche Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bereits im Zeitpunkt der anschließenden Einverleibung des Höchstbetragspfandrechtes zu Gunsten der Hausbank am iHv. ATS 23 Mio. erkennbar war.

Von der Beachtung dieses Gleichbehandlungsgebotes sind die haftungsgegenständlichen Lohnsteuern nicht betroffen.

Gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1988 hat nämlich der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen. Wird Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen (). Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 91/13/0037, 0038, VwSlg 7038 F/1995, ausdrücklich aufrecht erhaltenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fällt es nämlich einem Vertreter im Sinne der §§ 80 ff BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet. Es stellt somit jede Zahlung voller vereinbarter Löhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel für die darauf entfallende Lohnsteuer nicht ausreichen, eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten dar (§ 78 Abs. 3 EStG).

Soweit der Berufungswerber meint, es liege eine schuldhafte Verletzung von Pflichten nicht vor, ist ihm unter Hinweis auf die dargestellte Rechtslage zu entgegnen, dass eben gerade die Bezahlung von Löhnen bei gleichzeitiger Nichtentrichtung der Lohnabgaben einen krassen Verstoß gegen § 78 Abs.3 EStG darstellt und daher als schuldhafte Pflichtverletzung infolge der Ungleichbehandlung von Zahlungspflichten zu behandeln ist.

Soweit der Bw. Einwendungen gegen die Abgabenfestsetzung erhebt, ist ihm zu entgegnen, dass Gutschriften bereits gegenverrechnet wurden und Einwendungen gegen die Festsetzung der Abgaben im Abgabenfestsetzungsverfahren zu erheben gewesen wären. Im Berufungsverfahren gegen den Haftungsbescheid können daher grundsätzlich Einwendungen gegen die Richtigkeit einer Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben werden (/15/0125).

Die Geltendmachung einer Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt ( unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , 94/17/0122). Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens. Der angefochtene Bescheid bzw. die Berufungsvorentscheidung enthalten zum Teil nur eine "standardisierte" Begründung für die Ermessensübung.

Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (vgl. Erkenntnis des Zl. 89/15/0067). Vom Bw. wurden hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Abgaben keine ausreichenden, stichhältigen Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können. Es ist auch keineswegs ausgeschlossen, dass nicht wenigstens ein Teil des erlittenen Schadens einbringlich gemacht werden kann.

Die Abgabenbehörde erster Instanz hat ermessenskonform gehandelt, jedoch bei der Inanspruchnahme der Haftung die Zahlung der Konkursquote nicht berücksichtigt. Berücksichtig man die Konkursquote iHv. ca. 2,2% und rechnet diesen Betrag von der Haftungssumme heraus, so verringert sich der Haftungsbetrag iHv. € 76.992,96 um € 1.693,80 auf € 75.299,16.

Zusammenfassend ist daher fest zu stellen, dass auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO die Inanspruchnahme des Berufungswerber für die im Bescheid angeführte Abgabenschuldigkeiten, die hinsichtlich ihrer Höhe zu verringern war, zu Recht erfolgt ist.

Der Berufung war daher teilweise statt zu geben.

Klagenfurt, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at