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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.08.2012, RV/0317-W/12

Säumniszuschlag, keine ausnahmsweise Säumnis, wenn innerhalb der letzten sechs Monate wiederholt Säumnis eingetreten ist.

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0317-W/12-RS1
wie RV/4408-W/02-RS1
Wenn innerhalb der letzten sechs Monate bereits eine Säumnis eingetreten ist, liegt bei neuerlicher Nichtentrichtung von Abgabenschuldigkeiten ein Wiederholungsfall vor, weswegen die Ausnahmebestimmung des § 217 Abs. 5 BAO nicht anzuwenden und ein Säumniszuschlag zu verhängen ist.
RV/0317-W/12-RS2
wie RV/2215-W/07-RS1
Für das Vorliegen einer ausnahmsweisen Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO ist es grundsätzlich unbeachtlich, ob die Nichteinhaltung der Zahlungsfrist zur Verhängung eines Säumniszuschlages führte.
RV/0317-W/12-RS3
wie RV/3585-W/08-RS1
Für die Höhe des Säumniszuschlages ist die Dauer des Zahlungsverzuges unmaßgeblich.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung von Herrn L.L., H., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom wurde über L.L. (in weiterer Folge: Bw.) ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 1.514,41 festgesetzt, da die Umsatzsteuer 09/2011 in Höhe von € 75.720,51 nicht fristgerecht bis entrichtet worden sei.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung vom wurde ausgeführt, dass der Antrag auf Übertragung der Steuergutschrift von € 78.400,04 von der Firma Z., StNr. 001, durch FinanzOnline am eingereicht worden sei. Wegen Steuernachschau sei zurzeit nicht veranlagt worden. Es werde um Abbuchung des Säumniszuschlages ersucht.

Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und darauf hingewiesen, dass der Säumniszuschlag als objektive Säumnisfolge zu betrachten sei, die Verhängung desselben nicht im Ermessen der Abgabenbehörde liege.

Der Begründung ist zu entnehmen, dass die Überrechnung des Guthabens auf StNr. 001 erst mit Entrichtungstag durchgeführt worden sei, da zu diesem Termin erst der entsprechende Antrag gestellt und die Umsatzsteuervoranmeldung auf StNr. 001 eingebracht worden sei (was in der Berufung auch bestätigt werde). Dies hätte an sich keine Auswirkungen gehabt, wären alle Abgabenschuldigkeiten der letzten 6 Monate termingerecht entrichtet worden. Da dies jedoch nicht der Fall gewesen sei und ständig verspätete Zahlungen geleistet worden seien, seien die Bestimmungen des § 217 Abs. 5 BAO nicht mehr zum Tragen gekommen und ein Säumniszuschlag festzusetzen gewesen.

Im Vorlageantrag vom verweist der Bw. darauf, dass die Firma L.L. das Vermögen auf die Firma Z. übertragen habe. Das sollte beim Finanzamt ausgeglichen werden. D.h. die Steuerschulden seien mit Steuerguthaben gleichzeitig entstanden.

Für die Übertragung der Steuergutschrift von € 78.400,04 hätte der Bw. die Steuernummer der Firma Z. gebraucht. Diese habe er erst im November 2011 erhalten. Die Steuerübertragung sei erst nach der Steuernachschau am erledigt worden.

Laut § 217 BAO gebe es bei der Säumnis eine Schonfrist von 5 Tagen. Der Antrag auf Übertragung der Steuergutschrift von € 78.400,04 von der Firma Z., StNr. 001, durch FinanzOnline sei am eingereicht worden. Die Steuer sollte am entrichtet werden. Die Säumnis wäre nur 3 Tage. Es werde ersucht, den Säumniszuschlag abzubuchen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

§ 211 Abs. 1 lit. g BAO : Abgaben gelten in nachstehend angeführten Fällen als entrichtet: bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben (§ 215) eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten desselben Abgabepflichtigen am Tag der Entstehung der Guthaben, auf Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen am Tag der nachweislichen Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung der Guthaben.

Zunächst ist - wie von der Abgabenbehörde erster Instanz richtig dargestellt - festzuhalten, dass die Festsetzung eines Säumniszuschlages eine objektive Rechtsfolge der Nichtentrichtung einer fälligen Abgabenverbindlichkeit ist (). Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (). Im Zusammenhang mit der Verhängung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 1 BAO kommt es allein auf den Zeitpunkt der Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlung an. Die Abgabenbehörden sind bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale zur Vorschreibung des Säumniszuschlages unter Ausschluss jedweden Ermessens verpflichtet, wobei die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages entsteht ().

Der Bw. gibt in der Berufung selbst zu, dass der Antrag auf Übertragung der Steuergutschrift von € 78.400,04 nicht am Fälligkeitstag, sondern verspätet von der Firma Z. durch FinanzOnline am gestellt wurde. Damit steht jedoch außer Streit, dass die Umsatzsteuer 09/2011 in Höhe von € 75.720,51 nicht fristgerecht bis zum Fälligkeitstag am entrichtet wurde.

Der Bw. vermeint im Vorlageantrag, dass ihm laut § 217 BAO bei der Säumnis eine Schonfrist von 5 Tagen zustehen würde und die Säumnis nur drei Tage betragen habe.

Eine Anwendung der Bestimmung über die ausnahmsweise Säumnis gemäß § 217 Abs. 5 BAO setzt voraus, dass die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate nicht säumig gewesen ist. Für das Berufungsverfahren ist die Begünstigung der ausnahmsweisen Säumnis deshalb nicht möglich, da zwar die gegenständliche Säumnis innerhalb der geforderten fünf Tage (hier sogar nur drei Tage) liegt, es jedoch innerhalb der letzten sechs Monate zu wiederholtem Zahlungsverzug gekommen ist. So wurde die Umsatzsteuervorauszahlung 08/2011 (fällig am ) mit einem Teilbetrag von € 929,95 erst am entrichtet, die Lohnabgaben 7/2011 und Umsatzsteuervorauszahlung 6/2011 (fällig am ) wurden erst am entrichtet bzw. wurden die Lohnabgaben 6/2011 (fällig am ) erst am entrichtet.

Wenn innerhalb der letzten sechs Monate bereits eine Säumnis eingetreten ist, liegt bei neuerlicher Nichtentrichtung von Abgabenschuldigkeiten ein Wiederholungsfall vor, weswegen die Ausnahmebestimmung des § 217 Abs. 5 BAO nicht anzuwenden und ein Säumniszuschlag zu verhängen ist (). Dabei ist es für das Vorliegen einer ausnahmsweisen Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO grundsätzlich unbeachtlich, ob die Nichteinhaltung der Zahlungsfrist (vor der aktuellen Säumnis) zur Festsetzung eines Säumniszuschlages führte (). Zudem ist für die Höhe des Säumniszuschlages die Dauer des Zahlungsverzuges unmaßgeblich (; ).

Da somit von beiden notwendigen Voraussetzungen für die ausnahmsweise Säumnis nur die Frist von fünf Tagen erfüllt ist, nicht jedoch die säumnisfreie Zeit von sechs Monaten, konnte die Begünstigung des § 217 Abs. 5 BAO keine Anwendung finden, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

Abschließend ist festzuhalten, dass der in den Eingaben jeweils angegebene Vertreter laut Auskunft der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als selbständiger Buchhalter/Bilanzbuchhalter tätig ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 Bilanzbuchhaltungsgesetz, BGBl. I Nr. 161/2006, ist es den zur selbständigen Ausübung des Berufes Bilanzbuchhalter Berechtigten vorbehalten, die Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben, ausgenommen die Vertretung vor den Abgabenbehörden des Bundes, den Unabhängigen Verwaltungssenaten, dem Unabhängigen Finanzsenat und dem Verwaltungsgerichtshof auszuüben.

Unabhängig davon, dass dem genannten Vertreter L.H. eine Befugnis zur Vertretung des Bw. im Rechtsmittelverfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat nicht zugestanden ist, ändert dies nicht an der offensichtlich bestehenden Zustellvollmacht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at