Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.07.2011, RV/0874-W/11

Geschäftsführerhaftung, Vorbringen der Strafbefreiung irrelevant

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Rechtsanwalt, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Haftung für nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 95.649,41 (statt bisher € 140.283,52) eingeschränkt:


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Kapitalertragsteuer 2005
2.572,51
Umsatzsteuer 07/2007
2.837,27
Umsatzsteuer 08/2007
5.293,95
Säumniszuschlag 2007
61,61
Umsatzsteuer 09/2007
5.133,19
Säumniszuschlag 2007
79,90
Säumniszuschlag 2007
105,88
Umsatzsteuer 10/2007
3.666,08
Lohnsteuer 11/2007
598,00
Dienstgeberbeitrag 11/2007
1.041,81
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2007
92,61
Umsatzsteuer 11/2007
4.262,45
Säumniszuschlag 2007
102,66
Umsatzsteuer 12/2007
1.586,28
Lohnsteuer 01/2008
417,32
Säumniszuschlag 2007
73,33
Säumniszuschlag 2005
51,45
Umsatzsteuer 01/2008
5.178,21
Säumniszuschlag 2007
52,94
Säumniszuschlag 2008
85,25
Verspätungszuschlag 06/2007
888,10
Umsatzsteuer 02/2008
4.401,51
Säumniszuschlag 2007
222,03
Säumniszuschlag 2007
51,33
Säumniszuschlag 2008
101,58
Umsatzsteuer 03/2008
4.269,30
Säumniszuschlag 2007
111,01
Säumniszuschlag 2008
103,56
Umsatzsteuer 04/2008
5.208,57
Säumniszuschlag 2007
111,01
Säumniszuschlag 2007
52,94
Säumniszuschlag 2008
88,03
Umsatzsteuer 05/2008
4.496,37
Säumniszuschlag 2007
51,33
Säumniszuschlag 2008
50,79
Säumniszuschlag 2008
85,39
Säumniszuschlag 2008
51,78
Säumniszuschlag 2008
104,17
Umsatzsteuer 06/2008
6.874,62
Säumniszuschlag 2008
89,93
Säumniszuschlag 2008
50,79
Säumniszuschlag 2008
137,49
Säumniszuschlag 2008
51,78
Säumniszuschlag 2008
52,08
Umsatzsteuer 10/2008
6.232,99
Säumniszuschlag 2008
68,75
Säumniszuschlag 2008
132,04
Säumniszuschlag 2008
52,08
Säumniszuschlag 2008
127,20
Säumniszuschlag 2009
53,97
Umsatzsteuer 01/2009
3.804,96
Säumniszuschlag 2008
68,75
Säumniszuschlag 2008
63,60
Säumniszuschlag 2009
76,10
Umsatzsteuer 04/2009
2.877,94
Dienstgeberbeitrag 05/2009
515,72
Säumniszuschlag 2009
61,34
Säumniszuschlag 2009
83,96
Säumniszuschlag 2008
63,60
Säumniszuschlag 2009
57,56
Körperschaftsteuer 07-09/2009
401,50
Umsatzsteuer 06/2009
6.065,60
Säumniszuschlag 2009
80,48
Säumniszuschlag 2009
121,31
Pfändungsgebühr 2009
473,08
Barauslagen 2009
2,94
Barauslagen 2009
2,94
Umsatzsteuer 10/2009
3.333,20
Dienstgeberbeitrag 11/2009
341,10
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2009
29,91
Umsatzsteuer 11/2009
2.579,33
Säumniszuschlag 2009
60,66
Säumniszuschlag 2009
109,93
Körperschaftsteuer 01-03/2010
401,50
Umsatzsteuer 12/2009
3.316,29
Lohnsteuer 01/2010
17,53
Dienstgeberbeitrag 01/2010
270,48
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2010
24,04
Säumniszuschlag 2009
66,66
Umsatzsteuer 02/2010
1.285,62
Lohnsteuer 03/2010
74,71
Dienstgeberbeitrag 03/2010
238,79
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2010
21,21
Säumniszuschlag 2009
60,66
Säumniszuschlag 2009
47,79
Säumniszuschlag 2010
66,32
Körperschaftsteuer 04-06/2010
401,50
Lohnsteuer 04/2010
95,88
Dienstgeberbeitrag 04/2020
298,89
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2010
20,81

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde über das Vermögen der B-GmbH das Konkursverfahren eröffnet.

Daraufhin wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes XY vom über das Vermögen des Berufungswerbers (Bw.) das Schuldenregulierungsverfahren mit Eigenverwaltung des Gemeinschuldners eröffnet.

Mit Bescheid vom wurde der Bw. gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als Geschäftsführer der genannten GmbH für deren aushaftenden Abgaben in der Höhe von € 140.283,52, nämlich


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Abgabe
Betrag
Fälligkeit
Kapitalertragsteuer 2005
2.800,00
Umsatzsteuer 07/2007
4.332,78
Umsatzsteuer 08/2007
5.762,10
Säumniszuschlag 2007
67,06
Umsatzsteuer 09/2007
5.587,12
Säumniszuschlag 2007
86,97
Säumniszuschlag 2007
115,24
Umsatzsteuer 10/2007
3.990,27
Lohnsteuer 11/2007
650,88
Dienstgeberbeitrag 11/2007
1.133,94
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2007
100,80
Umsatzsteuer 11/2007
4.639,38
Säumniszuschlag 2007
111,74
Umsatzsteuer 12/2007
1.726,55
Lohnsteuer 01/2008
454,22
Säumniszuschlag 2007
79,81
Säumniszuschlag 2005
56,00
Umsatzsteuer 01/2008
5.636,12
Säumniszuschlag 2007
57,62
Säumniszuschlag 2008
92,79
Verspätungszuschlag 06/2007
966,64
Umsatzsteuer 02/2008
4.790,74
Säumniszuschlag 2007
241,66
Säumniszuschlag 2007
55,87
Säumniszuschlag 2008
110,56
Umsatzsteuer 03/2008
4.646,83
Säumniszuschlag 2007
120,83
Säumniszuschlag 2008
112,72
Umsatzsteuer 04/2008
5.669,16
Säumniszuschlag 2007
120,83
Säumniszuschlag 2007
57,62
Säumniszuschlag 2008
95,81
Umsatzsteuer 05/2008
4.893,98
Säumniszuschlag 2007
55,87
Säumniszuschlag 2008
55,28
Säumniszuschlag 2008
92,94
Säumniszuschlag 2008
56,36
Säumniszuschlag 2008
113,38
Umsatzsteuer 06/2008
7.482,54
Säumniszuschlag 2008
97,88
Säumniszuschlag 2008
55,28
Säumniszuschlag 2008
149,65
Säumniszuschlag 2008
56,36
Säumniszuschlag 2008
56,69
Umsatzsteuer 10/2008
6.784,18
Säumniszuschlag 2008
74,83
Säumniszuschlag 2008
143,72
Säumniszuschlag 2008
56,69
Säumniszuschlag 2008
138,45
Säumniszuschlag 2009
58,74
Umsatzsteuer 01/2009
4.141,43
Säumniszuschlag 2008
74,83
Säumniszuschlag 2008
69,23
Säumniszuschlag 2009
82,83
Umsatzsteuer 04/2009
3.132,44
Dienstgeberbeitrag 05/2009
561,32
Säumniszuschlag 2009
66,76
Säumniszuschlag 2009
91,38
Säumniszuschlag 2008
69,23
Säumniszuschlag 2009
62,65
Körperschaftsteuer 07-09/2009
437,00
Umsatzsteuer 06/2009
6.601,98
Säumniszuschlag 2009
87,63
Säumniszuschlag 2009
132,04
Pfändungsgebühr 2009
514,92
Barauslagen 2009
3,20
Barauslagen 2009
3,20
Umsatzsteuer 10/2009
3.627,96
Dienstgeberbeitrag 11/2009
371,26
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2009
32,56
Umsatzsteuer 11/2009
2.807,42
Säumniszuschlag 2009
66,02
Säumniszuschlag 2009
119,65
Körperschaftsteuer 01-03/2010
437,00
Umsatzsteuer 12/2009
3.609,55
Lohnsteuer 01/2010
19,08
Dienstgeberbeitrag 01/2010
294,40
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2010
26,17
Säumniszuschlag 2009
72,56
Umsatzsteuer 02/2010
1.399,31
Lohnsteuer 03/2010
81,32
Dienstgeberbeitrag 03/2010
259,91
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2010
23,09
Säumniszuschlag 2009
66,02
Säumniszuschlag 2009
55,91
Säumniszuschlag 2010
72,19
Körperschaftsteuer 04-06/2010
437,00
Lohnsteuer 04/2010
104,36
Dienstgeberbeitrag 04/2020
325,32
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2010
28,93
Lohnsteuer 05/2010
339,00
Dienstgeberbeitrag 05/2010
468,23
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 05/2020
41,62
Umsatzsteuer 04/2010
2.737,19
Säumniszuschlag 2010
60,81
Säumniszuschlag 2010
87,29
Lohnsteuer 01-06/2010
67,59
Dienstgeberbeitrag 01-06/2010
229,76
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01-06/2010
20,41
Umsatzsteuer 05/2010
4.432,08
Körperschaftsteuer 07-09/2010
284,84
19 (diverse)
26.000,00
diverse
19 (diverse)
152,16
diverse

zur Haftung herangezogen, da diese durch die schuldhafte Verletzung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Bw. ein, dass die am erfolgte Konkurseröffnung durch Eigenantrag der Gemeinschuldnerin erfolgt wäre, da die Umsätze nicht mehr ausreichend gewesen wären, um die laufenden Verbindlichkeiten wie auch die Altlasten zur Gänze zu bezahlen. Der Bw. wäre daher auf Grund der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft seiner Pflicht zur Stellung eines Eigenkonkursantrages nachgekommen.

Mit letztem Bericht des Masseverwalters vom Dezember 2010 werde nunmehr eine Konkursquote von 8,124568 % an die Gläubiger ausbezahlt, weshalb jedenfalls bereits durch diese Zahlung der Haftungsrückstand einzuschränken sein werde. Dies wäre jedoch von der Behörde im Haftungsbescheid völlig unberücksichtigt geblieben.

Zur Haftung für Umsatzsteuer brachte der Bw. vor, dass jedenfalls keine schuldhafte Pflichtverletzung vorliege, da er im gegenständlichen Zeitraum entweder rechtzeitig eine Umsatzsteuervoranmeldung durchgeführt oder teilweise Zahlungen geleistet hätte. Da die noch vorzulegenden Unterlagen sich beim Masseverwalter befänden, würden diese unverzüglich nach Erhalt und nach Akteneinsicht der Berufungsbehörde vorgelegt.

Desweiteren werde gerügt, dass die Behörde keine detaillierte Aufgliederung der einzelnen Umsatzsteuerbeträge durchgeführt hätte, da sie selbst in ihrem Bescheid anführe, dass teilweise Umsatzsteuermeldungen bezahlt worden wären. Deswegen bestehe jedenfalls keine Pauschalhaftung des Geschäftsführers. Bis drei Monate vor Konkurseröffnung bestehe mangels Umsatzes und auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen Straffreiheit, weshalb für diesen Zeitraum ebenfalls keine Haftung bestehe. Es werde diesbezüglich um Fristeinräumung zwecks Vorlage der steuergegenständlichen Unterlagen bis ersucht.

Hinsichtlich der Haftung für Lohnsteuer werde vorgebracht, dass auf Grund der im Haftungszeitraum beauftragten Steuerberatungskanzlei die Lohnsteuerbeträge errechnet worden wären. Es entziehe sich der Kenntnis des Bw., ob die Lohnsteuer bezahlt worden wäre, da es sich um einen lange zurückliegenden Zeitraum handle und sämtliche Bilanzunterlagen der GmbH in Händen des Masseverwalters wären, die wie bereits ausgeführt noch rechtzeitig beigeschafft werden würden zwecks Vorlage an die Berufungsbehörde.

Betreffend Haftung zur Kapitalertragsteuer werde festgehalten, dass der Bw. keineswegs Kapitalerträge einbehalten hätte. Er hätte lediglich als Geschäftsführer einen Lohn ausbezahlt erhalten, wobei auch die letzten Monate vor Konkurseröffnung mangels Zahlungsliquidität kein Lohn mehr ausbezahlt worden wäre. Auch aus diesem Grund bestehe keine Haftung für die Abführung der Lohnsteuer. Im Übrigen wäre auch die Lohnsteuer für den einzelnen Arbeitnehmer nicht aufgegliedert und damit weder dem Grunde noch der Höhe nach nachvollziehbar. Es liege deshalb keinerlei grob fahrlässiges Verschulden des Bw. vor, weshalb auch aus diesem Grunde keine Haftung bestehe. Es werde erneut der Antrag auf Fristerstreckung hinsichtlich Urkundenvorlage der Gesellschaftsbilanz bis gestellt.

Abschließend beantragte der Bw. in eventu die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung, in der die noch vorzulegenden Urkunden der Behörde detailliert erklärt werden könnten.

Am legte der Bw. folgende Urkunden vor:

Beilagen zu den Umsatzsteuererklärungen 2007-2010 samt Übermittlungsprotokollen der Steuerberatungs- und Buchführungskanzleien

Bericht Außenprüfung vom

Jahresabschlüsse 2007 und 2008

Meldungen der Lohnabgaben 2007-2010

Weiters brachte der Bw. vor, dass er stets steuerrechtlich vertreten gewesen wäre und die ihm vom Steuerberater aufgetragenen Meldungen im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit, sofern nicht vom Steuerberater selbst durchgeführt, auch erledigt hätte. Aus diesen vorgelegten Urkunden ergebe sich, dass sehr wohl rechtzeitig - wenn auch ohne Zahlungen - Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgt wären. Der Bw. hätte als verantwortungsvoller Geschäftsführer sehr wohl auch teilweise pauschal Akontozahlungen je nach Zahlungseingang auf dem Firmenkonto an das Finanzamt mit Pauschalwidmungen überwiesen.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde der über das Vermögen der B-GmbH am eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 8,124568 % aufgehoben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BAO . Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d BAO insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gemäß § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit in Höhe von 91,87432 % fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom der über das Vermögen der B-GmbH am eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 8,124568 % aufgehoben wurde.

Somit waren sowohl die erst nach Konkurseröffnung fälligen Abgaben (mangels schuldhafter Pflichtverletzung) aus der Haftung zu nehmen als auch die verbleibenden um die erzielte Konkursquote zu kürzen.

Darüber hinaus waren auch die im Haftungsbescheid enthalten Abgabenrückstände "19", die sich aus mehreren Abgaben zusammensetzen, auszuscheiden, da diese zum Einen nicht dem Bestimmtheitsgebot der im Haftungsbescheid nach Abgabenarten und -zeiträumen aufzugliedernden Abgaben entsprechen bzw. deren Fälligkeiten nicht eruierbar sind und zum Anderen die Nichtentrichtung von ursprünglich getilgten Abgaben dem Geschäftsführer nicht als schuldhafte Pflichtverletzung zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn bereits getilgte Abgabenschuldigkeiten infolge Anfechtung einer Zahlung durch den Masseverwalter und Rückzahlung des Betrages an die Konkursmasse wieder aufleben (siehe Vergleichsanbot vom durch die Finanzprokuratur zur Zahlung von € 26.000,00 an den Masseverwalter).

Unbestritten ist, dass dem Bw. als Geschäftsführer der B-GmbH die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Aus dem Vorbringen des Bw., dass er seiner Pflicht zur Stellung eines Konkursantrages nachgekommen wäre, lässt sich nichts gewinnen, weil es für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft () und darüber hinaus die Konkursantragsstellungsverpflichtung lediglich eine gesellschaftsrechtliche, jedoch keine abgabenrechtliche Pflicht darstellt.

Auch geht der Einwand des Bw., er hätte die Meldungen für Umsatzsteuer und Lohnabgaben rechtzeitig erstattet, ins Leere, da es sich beim gegenständlichen Haftungsverfahren nach § 9 BAO nicht um ein Finanzstrafverfahren nach § 49 FinStrG handelt, bei dem die Meldung der Selbstbemessungsabgaben die Straffreiheit bewirkt. Im Haftungsverfahren wäre es zwar auch eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung, wenn nicht einmal Voranmeldungen abgegeben worden wären, allerdings ist diese Meldung nicht ausreichend, um den Verpflichtungen zu genügen, weil eben auch die Nichtentrichtung der gemeldeten Abgaben eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung darstellt.

Wenn der Bw. moniert, dass die Behörde keine detaillierte Aufgliederung der einzelnen Umsatzsteuer- und Lohnabgabenbeträge durchgeführt hätte, muss ihm entgegnet werden dass die erforderliche Aufgliederung nach Abgabenarten und Abgabenzeiträumen sehr wohl erfolgte und eine weitere Aufgliederung nicht vorgesehen und auch nicht möglich ist, zumal die Beträge exakt den vom Bw. selbst vorangemeldeten Beträgen entsprechen. Die vom Bw. gerügte "Pauschalhaftung" entbehrt daher jeglicher Grundlage.

Hinsichtlich des Einwandes des Bw., dass er die letzten Monate vor Konkurseröffnung an sich selbst als Geschäftsführer keinen Lohn mehr ausbezahlt hätte, ist ihm zu erwidern, dass ein Geschäftsführer, der auch zu 100 % Gesellschafter der Primärschuldnerin war, keine unselbstständigen Lohneinkünfte erhält, sondern Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, die auf seinem Abgabenkonto zu versteuern sind. Eine Kürzung der gemeldeten Lohnabgaben kommt daher nicht in Frage, zumal im haftungsgegenständlichen Zeitraum 2007-2010 die Gesellschaft noch eine Reihe von Arbeitnehmern beschäftigte (2007: 31, 2008: 22, 2009: 27, 2010: 13).

Dem Vorbringen des Bw., dass er keine Kapitalerträge einbehalten hätte, muss entgegengehalten werden, dass Einwendungen gegen den Abgabenanspruch im Falle bereits bescheidmäßig festgesetzter Abgaben - die Kapitalertragsteuer 2005 wurde mit Bescheid vom festgesetzt, die Fälligkeit bleibt aber mit bestehen, da sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (); bei Selbstbemessungsabgaben ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird () - nicht mit Erfolg im Haftungsverfahren vorgebracht werden können, sondern ausschließlich im Berufungsverfahren gemäß § 248 BAO betreffend Bescheide über den Abgabenanspruch, zumal nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch die nach § 9 BAO erforderliche Verschuldensprüfung von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen () hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Aus dem Einwand, dass bis drei Monate vor Konkurseröffnung mangels Umsatzes und "auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen" "Straffreiheit" bestehe, lässt sich nichts gewinnen, weil zum Einen der Bw. selbst Umsätze erklärte (Umsatzsteuer 04/2010 € 2.737,19, Umsatzsteuer 05/2010 € 4.432,08) und zum Anderen im Zeitraum März bis Juni 2010 Zahlungen in Höhe von rund € 40.000,00 auf das Abgabenkonto der Gesellschaft eingingen. Liquide Mittel waren daher vorhanden.

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall bringt der Bw. jedoch keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass dem Bw. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären.

Seitens des Bw. wurde nicht vorgebracht, dass die Primärschuldnerin im haftungsgegenständlichen Zeitraum über keine finanziellen Mitteln mehr verfügt hätte bzw. wurde auch nicht behauptet, es seien sämtliche Gläubiger gleich behandelt worden. Für eine völlige Vermögenslosigkeit der Primärschuldnerin ergeben sich auch nach Aktenlage wie bereits ausgeführt keine Anhaltspunkte. Was eine allfällige Gleichbehandlung der Gläubiger betrifft, so wäre dies vom Bw. zu behaupten und zu beweisen gewesen.

Am Bw., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bw. jedoch nicht aufgestellt.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung der Bw. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten aber ohnedies Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

Wäre die Lohnsteuer unter Berücksichtigung der (ohnedies) zur Verfügung stehenden Mittel ordnungsgemäß einbehalten und abgeführt worden, hätte ein uneinbringlicher Rückstand an Lohnsteuer erst gar nicht entstehen können. Eine Verschuldensentkräftigung ist aus dieser Sicht logisch ausgeschlossen (vgl. Stoll, BAO, 129). Die Nichtabfuhr der Lohnsteuer - Gleiches gilt auch für die Kapitalertragsteuer - kann daher nicht mit dem Hinweis auf das Fehlen dafür ausreichender Mittel gerechtfertigt werden.

Da die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen als Einhebungsmaßnahme unter anderem voraussetzt, dass nach dem Grundsatz der materiellen Akzessorietät eine Abgabenschuld entstanden, aber noch nicht erloschen ist (, 0440), worauf auch noch im Rechtsmittelverfahren Bedacht zu nehmen ist (), war die Umsatzsteuer 07/2007 auf den nunmehr aushaftenden Betrag von € 3.088,17 zu beschränken.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtiger für die nachstehenden Abgabenschuldigkeiten der B-GmbH im Ausmaß von nunmehr € 95.649,41 zu Recht:


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Abgabe
Betrag
Abzüglich Konkursquote
Kapitalertragsteuer 2005
2.800,00
2.572,51
Umsatzsteuer 07/2007
3.088,17
2.837,27
Umsatzsteuer 08/2007
5.762,10
5.293,95
Säumniszuschlag 2007
67,06
61,61
Umsatzsteuer 09/2007
5.587,12
5.133,19
Säumniszuschlag 2007
86,97
79,90
Säumniszuschlag 2007
115,24
105,88
Umsatzsteuer 10/2007
3.990,27
3.666,08
Lohnsteuer 11/2007
650,88
598,00
Dienstgeberbeitrag 11/2007
1.133,94
1.041,81
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2007
100,80
92,61
Umsatzsteuer 11/2007
4.639,38
4.262,45
Säumniszuschlag 2007
111,74
102,66
Umsatzsteuer 12/2007
1.726,55
1.586,28
Lohnsteuer 01/2008
454,22
417,32
Säumniszuschlag 2007
79,81
73,33
Säumniszuschlag 2005
56,00
51,45
Umsatzsteuer 01/2008
5.636,12
5.178,21
Säumniszuschlag 2007
57,62
52,94
Säumniszuschlag 2008
92,79
85,25
Verspätungszuschlag 06/2007
966,64
888,10
Umsatzsteuer 02/2008
4.790,74
4.401,51
Säumniszuschlag 2007
241,66
222,03
Säumniszuschlag 2007
55,87
51,33
Säumniszuschlag 2008
110,56
101,58
Umsatzsteuer 03/2008
4.646,83
4.269,30
Säumniszuschlag 2007
120,83
111,01
Säumniszuschlag 2008
112,72
103,56
Umsatzsteuer 04/2008
5.669,16
5.208,57
Säumniszuschlag 2007
120,83
111,01
Säumniszuschlag 2007
57,62
52,94
Säumniszuschlag 2008
95,81
88,03
Umsatzsteuer 05/2008
4.893,98
4.496,37
Säumniszuschlag 2007
55,87
51,33
Säumniszuschlag 2008
55,28
50,79
Säumniszuschlag 2008
92,94
85,39
Säumniszuschlag 2008
56,36
51,78
Säumniszuschlag 2008
113,38
104,17
Umsatzsteuer 06/2008
7.482,54
6.874,62
Säumniszuschlag 2008
97,88
89,93
Säumniszuschlag 2008
55,28
50,79
Säumniszuschlag 2008
149,65
137,49
Säumniszuschlag 2008
56,36
51,78
Säumniszuschlag 2008
56,69
52,08
Umsatzsteuer 10/2008
6.784,18
6.232,99
Säumniszuschlag 2008
74,83
68,75
Säumniszuschlag 2008
143,72
132,04
Säumniszuschlag 2008
56,69
52,08
Säumniszuschlag 2008
138,45
127,20
Säumniszuschlag 2009
58,74
53,97
Umsatzsteuer 01/2009
4.141,43
3.804,96
Säumniszuschlag 2008
74,83
68,75
Säumniszuschlag 2008
69,23
63,60
Säumniszuschlag 2009
82,83
76,10
Umsatzsteuer 04/2009
3.132,44
2.877,94
Dienstgeberbeitrag 05/2009
561,32
515,72
Säumniszuschlag 2009
66,76
61,34
Säumniszuschlag 2009
91,38
83,96
Säumniszuschlag 2008
69,23
63,60
Säumniszuschlag 2009
62,65
57,56
Körperschaftsteuer 07-09/2009
437,00
401,50
Umsatzsteuer 06/2009
6.601,98
6.065,60
Säumniszuschlag 2009
87,63
80,48
Säumniszuschlag 2009
132,04
121,31
Pfändungsgebühr 2009
514,92
473,08
Barauslagen 2009
3,20
2,94
Barauslagen 2009
3,20
2,94
Umsatzsteuer 10/2009
3.627,96
3.333,20
Dienstgeberbeitrag 11/2009
371,26
341,10
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2009
32,56
29,91
Umsatzsteuer 11/2009
2.807,42
2.579,33
Säumniszuschlag 2009
66,02
60,66
Säumniszuschlag 2009
119,65
109,93
Körperschaftsteuer 01-03/2010
437,00
401,50
Umsatzsteuer 12/2009
3.609,55
3.316,29
Lohnsteuer 01/2010
19,08
17,53
Dienstgeberbeitrag 01/2010
294,40
270,48
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 01/2010
26,17
24,04
Säumniszuschlag 2009
72,56
66,66
Umsatzsteuer 02/2010
1.399,31
1.285,62
Lohnsteuer 03/2010
81,32
74,71
Dienstgeberbeitrag 03/2010
259,91
238,79
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2010
23,09
21,21
Säumniszuschlag 2009
66,02
60,66
Säumniszuschlag 2009
55,91
47,79
Säumniszuschlag 2010
72,19
66,32
Körperschaftsteuer 04-06/2010
437,00
401,50
Lohnsteuer 04/2010
104,36
95,88
Dienstgeberbeitrag 04/2020
325,32
298,89
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2010
28,93
20,81
gesamt
104.117,93
95.649,41

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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