Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 17.12.2009, RV/3425-W/09

Zurückweisung eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 258/10 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Mitglieder Hofrätin Mag. Anna Mechtler-Höger, Helmut Tomek und KomzlR KR Oswald Heimhilcher über die Berufung des Bw., W,E-Platz, vertreten durch TRUST Treuhand- und Steuerberatung GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, 1020 Wien, Praterstraße 38, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtstraße Wien, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom , im Finanzamt eingelangt am , stellte der Berufungswerber (Bw.) einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO betreffend den gemäß § 295 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid vom .

Begründend führte er aus, mit Bescheid vom sei festgestellt worden, dass der dem Einkommensteuerbescheid 1989 zu Grunde liegende Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung gemäß § 188 BAO vom mangels eines gültigen Bescheidadressaten ein Nichtbescheid sei, welcher keine Rechtswirkung entfalte.

Die Qualifizierung des Grundlagenbescheides als Nichtbescheid stelle eine, als tauglichen Wiederaufnahmegrund hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 1989 anzusehende, neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 Abs. 1 lit b BAO dar. Die Unkenntnis der bescheiderlassenden Behörde über den fehlenden Bescheidcharakter bewirke, dass diese Tatsache im Verhältnis zum Rechtsunterworfenen nur als "neu hervorgekommen" gelten könne, wobei den Bw. an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes kein grobes Verschulden treffe. Diese Rechtsansicht werde vom Bundesministerium für Finanzen im Schreiben vom geteilt.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens führe zu einem im Spruch abgeänderten Einkommensteuerbescheid.

Mit Grundlagenbescheid vom (richtig aber ) seien für das Jahr 1989 anteilige Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich festgestellt und dem Bw. zugewiesen worden.

Im Anschluss an eine im Jahr 1993 stattgefundene, die Jahre 1989 bis 1991 umfassende Betriebsprüfung sei mit Grundlagenbescheid vom für das Jahr 1989 eine abweichende Feststellung getroffen worden.

Gegen den Bescheid vom sei fristgerecht berufen worden. Mit Berufungsentscheidung vom sei der Grundlagenbescheid vom bestätigt und die Berufung als unbegründet abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei mit Beschluss vom zurückgewiesen worden. Mit Bescheid des Finanzamtes 6/7/15 vom sei die Berufung gegen den Bescheid vom als unzulässig zurückgewiesen worden, da der angefochtene Bescheid mangels eines gültigen Bescheidadressaten ein Nichtbescheid sei.

In weiterer Folge sei auf Grund des oben erwähnten Nichtbescheides der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid 1989 gemäß § 295 BAO durch den Einkommensteuerbescheid 1989 vom ersetzt worden. Diese auf Basis eines Nichtbescheides erfolgte Abänderung entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen.

Die Abänderung eines Bescheides gemäß § 295 BAO sei nur dann zulässig, wenn der betreffende Bescheid von einem Grundlagenbescheid abzuleiten sei. Im vorliegenden Fall fehle jedoch ein tauglicher Feststellungsbescheid. Da der abgeleitete Einkommensteuerbescheid 1989 vom rechtswidrig erlassen worden und dieser Mangel auch nicht durch einen nachträglich rechtswirksam erlassenen Grundlagenbescheid geheilt werden könne, sei dem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben. Da jener Rechtszustand herzustellen sei, der ohne Abänderung gemäß § 295 BAO vorgelegen sei, sei der Einkommensteuerbescheid in der Fassung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides zu erlassen.

Hinzuweisen sei darauf, dass im Gegensatz zum Feststellungsbescheid abgeleitete Abgabenbescheide der Verjährung unterlägen und damit dem Rechtsunterworfenen ein Rechtsverlust drohe. Die beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens ermögliche es dem Steuerpflichtigen, seine Ansprüche innerhalb der Verjährung geltend zu machen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurückgewiesen und begründend ausgeführt, die Eingabe sei nicht fristgerecht eingebracht worden. Die Frist zur Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens (erg. betreffend Einkommensteuer 1989) sei unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 208 BAO mit Ablauf des Kalenderjahres 2002 abgelaufen.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung wurde unter Hinweis auf die Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Finanzen vom ausgeführt, die Wiederaufnahme sei auch dann zu bewilligen, wenn die Bemessungsverjährung der Erlassung eines - dem zwischenzeitig erlassenen Grundlagenbescheid berücksichtigenden - neuerlichen Änderungsbescheides entgegenstehe.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im vorliegenden Fall gegeben seien, da die Nichtexistenz des Grundlagenbescheides im Verfahren gemäß § 295 BAO der zuständigen Abgabenbehörde nicht bekannt gewesen sei. Der Umstand, dass es sich um einen Nichtbescheid gehandelt habe, sei eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 BAO. Den Wiederaufnahmewerber treffe auch kein grobes Verschulden, da er darauf vertrauen habe können, dass das Finanzamt keinen Bescheid erlasse, wenn die erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.

Die Berufung gegen den Bescheid, mit dem der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurückgewiesen wurde, wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Die am antragsgemäß durchgeführte mündlichen Berufungsverhandlung fand wegen Nichterscheinens des Bw. in seiner Abwesenheit statt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Mit Feststellungsbescheid vom wurden dem Bw. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer atypisch stillen Beteiligen an der K-GmbH (Rechtsnachfolgerin K-AG, nunmehr L-GmbH) zugerechnet.

Auf Grund einer bei der genannten Gesellschaft durchgeführten, die Jahre 1989 bis 1991 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt einen mit datierten geänderten Grundlagenbescheid für 1989. Davon abgeleitet erging ein mit datierter, den Bw. betreffender, gemäß § 295 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid für 1989, der in formeller Rechtskraft erwuchs.

Die gegen den Grundlagenbescheid vom erhobene Berufung wurde mit Berufungsentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Eine dagegen gerichtete Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde am eingebracht. Darin stellte der Bw. (= Beschwerdeführer Nr. ***) ua durch seinen ausgewiesenen Vertreter dar, dass der Feststellungsbescheid 1989 vom falsch adressiert sei.

Wörtlich wurde ausgeführt: "Wie oben nachgewiesen, sind die Feststellungsbescheide [....], die infolge der Betriebsprüfung der Jahre 1989 bis 1991 erlassen wurden, nicht rechtswirksam ergangen, da die Voraussetzung des § 93 Abs. 2 BAO hinsichtlich der korrekten Benennung des Bescheidadressaten nicht erfüllt ist."

Mit Beschluss vom , 2002/13/0224, wurde die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen. In weiterer Folge wies das für die Erlassung des Grundlagenbescheides zuständige Finanzamt 6/7/15 die gegen den Feststellungsbescheid 1989 vom eingebrachte Berufung mit Bescheid vom als unzulässig zurück, weil der Erledigung mangels eines gültigen Bescheidadressaten kein Bescheidcharakter zukomme. Die als Bescheid bezeichnete und im Antrag auf Wiederaufnahme angesprochene Erledigung vom enthielt keinen Hinweis auf die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO und entfaltete somit keine Wirkung.

Mit dem rechtswirksam am ergangenen Zurückweisungsbescheid bestätigte das Finanzamt lediglich einen, dem Bw. bzw. seinem Vertreter spätestens am bekannten und bewussten Mangel.

Ein Wiederaufnahmeantrag hinsichtlich Einkommensteuer 1989 wurde vom Bw. vor dem streitgegenständlichen Antrag vom nicht gestellt.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die Angaben des Bw., auf die Ausführungen in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde vom und auf die aktenkundigen Unterlagen.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 304 lit. a BAO ist nach Eintritt der Verjährung eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein innerhalb des Zeitraumes, bis zu dessen Ablauf die Wiederaufnahme von Amts wegen unter der Annahme einer Verjährungsfrist (§§ 207 bis 209 Abs. 2) von sieben Jahren zulässig wäre, eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 BAO zugrunde liegt.

Gemäß § 304 lit. b BAO ist nach Eintritt der Verjährung eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein vor dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 zugrunde liegt.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag hinsichtlich Einkommensteuer 1989 ist von den zitierten Ausnahmen abgesehen nur dann zulässig, wenn für dieses Verfahren nicht bereits Verjährung eingetreten ist.

Nach § 209 Abs. 3 BAO idgF verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 4 BAO). Der Abgabenanspruch der veranlagten Einkommensteuer entsteht nach § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO insbesondere mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach § 4 Abs. 2 lit. a Z 1 BAO schon früher entstanden ist, oder wenn die Abgabenpflicht im Lauf eines Veranlagungszeitraumes erlischt, mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Abgabenpflicht.

Bei der veranlagten Einkommensteuer für 1989 trat mit Ablauf des Jahres 1999 die absolute Festsetzungsverjährung ein. Am Eintritt der absoluten Verjährung ändert auch der Umstand nichts, dass die absolute Verjährungsfrist erst mit Steuerreformgesetz 2005 BGBl. I 2004/57 ab von fünfzehn auf zehn Jahre verkürzt wurde, trat doch die absolute Verjährung der Einkommensteuer 1989 selbst nach Maßgabe einer fünfzehnjährigen absoluten Verjährungsfrist jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2004 - und damit jedenfalls vor Antragstellung auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO - ein.

Dem Hinweis auf die Anfragebeantwortung des ist zu erwidern, dass die darin vertretene Rechtsansicht, wonach die Wiederaufnahme auch dann zu bewilligen ist, wenn die Bemessungsverjährung der Erlassung eines neuerlichen Änderungsbescheides entgegensteht, gemäß § 6 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Unabhängigen Finanzsenat (UFSG) für den Unabhängigen Finanzsenat nicht bindend ist und aus diesem Grunde die Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfragen ausschließlich anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen hat.

Für die Bewilligung einer beantragten Wiederaufnahme sieht - wie oben angeführt - § 304 BAO Ausnahmen von der grundsätzlich maßgebenden Befristung durch die Verjährung vor.

Die Siebenjahresfrist des § 304 lit. a BAO ist unterbrechbar (bzw. ab 2005 verlängerbar) und hemmbar. Die absolute Verjährungsfrist (§ 209 Abs. 3 BAO) begrenzt auch die Frist des § 304 lit. a BAO (Ritz, BAO³, § 304, Tz 5, mwN).

Für den gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag vom ist ausschlaggebend, dass dieser nicht vor Eintritt der absoluten Verjährung, welche mit (jedenfalls aber mit ) eingetreten ist, eingebracht wurde. Aus diesem Grund ist die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO aufgrund des Antrages vom nach § 304 lit. a BAO nicht zulässig.

Bei der Fünfjahresfrist des § 304 lit. b BAO ist unter Rechtskraft die formelle Rechtskraft zu verstehen (Ritz, ÖStZ 1995, 120; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 304 Anm. 5). Diese Frist ist vor allem bedeutsam, wenn die Frist des § 304 lit. a BAO im Zeitpunkt der Stellung des Wiederaufnahmeantrages bereits abgelaufen ist (somit insbesondere für nach Ablauf der absoluten Verjährungsfrist des § 209 Abs. 3 BAO gestellte Wiederaufnahmeanträge).

Im gegenständlichen Fall wurde nicht bestritten, dass die formelle Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides 1989 vom bereits im Jahr 1997 eingetreten ist. Daraus ergibt sich, dass der nunmehr mit datierte Wiederaufnahmeantrag nicht innerhalb der Fünfjahresfrist des § 304 lit. b BAO eingebracht wurde.

Damit ist der Abgabenbehörde 1. Instanz zuzustimmen, wenn aus diesem Grund der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag zurückgewiesen wurde.

Wäre der Wiederaufnahmeantrag als rechtzeitig iSd § 304 lit b BAO anzusehen, wäre anhand der Kriterien des § 303 Abs. 1 BAO die Rechtmäßigkeit zu prüfen.

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO - worauf sich der strittige Antrag in seiner Begründung ausdrücklich stützt - ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß Abs. 2 leg. cit. binnen einer Frist von 3 Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Die oben zitierte Frist von drei Monaten beginnt mit Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes und nicht erst mit dessen Beweisbarkeit zu laufen und ist nicht verlängerbar (Ritz, BAO³, § 303 Tz 27f unter Verweis auf ). Der Bw. hat sich dabei auch die Kenntnis seines Vertreters zurechnen zu lassen. Er hat gegenüber der Abgabenbehörde nämlich nicht nur seine eigenen Handlungen und Unterlassungen, sondern auch die derjenigen Personen zu vertreten, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient ().

Ein verspäteter Antrag auf Wiederaufnahme ist zurückzuweisen (Ritz, BAO³, § 303 Tz 28 und die dort angeführte Judikatur und Literatur).

Im Antrag auf Wiederaufnahme vom beruft sich der Bw. ausdrücklich darauf, dass die Qualifizierung des Grundlagenbescheides als Nichtbescheid eine neu hervorgekommene Tatsache darstelle. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa ) ausgesprochen, dass Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände seien, also Elemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften.

Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - gleichgültig, ob diese späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden - sind demnach keine neuen Tatsachen.

Nur neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel - das sind solche, die schon vor Erlassung des das wieder aufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden haben, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt wurden (nova reperta) - kommen als taugliche Wiederaufnahmegründe im Sinne des Neuerungstatbestandes gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO in Betracht. Erst nach Erlassung des das wieder aufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides entstandene Tatsachen oder Beweismittel (nova producta) sind daher keine tauglichen Wiederaufnahmegründe.

Die Entscheidung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache stellt weder eine neue Tatsache (, mwN), noch ein neu hervorgekommenes Beweismittel im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO dar, sondern basiert vielmehr selbst auf Tatsachen bzw. Beweismitteln (). Damit kann zusammenfassend festgestellt werden, dass im Rahmen des Neuerungstatbestandes im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO nicht - wie vom Bw. ins Treffen geführt - die Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung, sondern ausschließlich die Tatsachen und Beweismittel zu beurteilen sind, die zu dieser Entscheidung geführt haben ().

Die Entscheidung selbst kann schon deshalb nicht herangezogen werden, da es sich bei ihr um ein nach Erlassung des letztgültigen Einkommensteuerbescheides neu entstandenes Faktum (novum productum) handelt. Die Tatsache der Falschadressierung des Feststellungsbescheides vom sowie die Gründe dafür wurden vom Bw. jedenfalls im Rahmen seiner VwGH-Beschwerde vom vorgebracht. Die Tatsache und die entsprechenden Beweismittel waren dem Bw. daher spätestens an diesem Tag bekannt und bewusst.

Der strittige Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO betreffend die Einkommensteuer 1989, datiert vom , wurde damit mehr als fünf Jahre nach der nachweislichen Kenntniserlangung der dafür behaupteten Gründe eingebracht, womit dieses Anbringen aus Sicht des Neuerungstatbestandes gemäß § 303 BAO jedenfalls als verspätet zu werten ist.

Der Wiederaufnahmeantrag vom war daher im Hinblick auf die obigen Ausführungen von der Abgabenbehörde 1. Instanz zu Recht zurückgewiesen worden.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 304 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Wiederaufnahme
Zurückweisung
Feststellungsbescheid
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at