Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 29.08.2012, RV/0418-G/07

Gemischt genutztes Gebäude - Kein Vorsteuerabzug für privat genutzte Gebäudeteile (Rechtslage ab 1. Jänner 2004)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Tabakfachgeschäft, K., vertreten durch Mag. P. Russold SteuerberatungsGmbH, Wirtschaftstreuhandgesellschaft, 8605 Kapfenberg, Grazer Straße 21, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Leoben Mürzzuschlag vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat bezüglich der im Streitjahr 2004 geltend gemachten Vorsteuern aus den Errichtungskosten des gemischt genutzten Einfamilienhauses lediglich die auf den unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes (7,53% - Büro und Lager für Tabakfachgeschäft) entfallenden Vorsteuern in Höhe von € 1.546,49 anerkannt und die auf den privat genutzten Teil des Gebäudes (92,47%) entfallenden Vorsteuern in Höhe von € 18.991,23 mit der Begründung, dass Österreich von der Ausnahmeregelung des Art. 17 Abs. 6 zweiter Unterabsatz der 6. EG-RL Gebrauch gemacht habe, gekürzt. Demnach könne ein Mitgliedstaat die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. EG-RL (das sei für Österreich der Zeitpunkt des Beitrittes am ) bestehenden innerstaatlichen Vorsteuerausschlüsse beibehalten (vgl. Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , Tz 1).

Gegen den auf dieser Grundlage im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO erlassenen Umsatzsteuerbescheid hat die Berufungswerberin (Bw.) mit im Wesentlichen folgender Begründung das Rechtsmittel der Berufung erhoben:

Aus den von der Judikatur des EuGH stets betonten Grundprinzipien der Wettbewerbsneutralität, der engen Auslegung von Ausnahmebestimmungen und der weiten Auslegung von Vorsteuerabzugsberechtigungen ergebe sich, dass der Bestimmung des Art. 6 Abs. 2 zweiter Satz der 6. EG-RL nicht die Bedeutung zugemessen werden könne, dass gemischt genutzte Gebäude hinsichtlich des Eigenverbrauches von der Besteuerung ausgenommen werden könnten, jedenfalls dann nicht, wenn untrennbar verbunden der Vorsteuerabzug versagt werde.

Die durch BGBl. I Nr. 27/2004 eingeführten Bestimmungen der §§ 3a Abs. 1a und 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 würden vom Schrifttum als ebenso unionsrechtswidrig wie die unechte Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 bis zum BGBl. I Nr. 134/2003 angesehen.

Nachdem aber in der Zeit von 1. Jänner bis die Vorsteuerabzugsmöglichkeit gegeben gewesen sei könne ein Vorsteuerabzugsverbot jedenfalls nicht auf Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL gestützt werden. Von der Beibehaltung eines Vorsteuerabzugsverbotes könne keine Rede sein. Eine Ausnahmebestimmung nach Art. 17 Abs. 7 wäre auch nicht gegeben, da allein schon die in Art. 29 vorgesehene Konsultation nicht stattgefunden habe.

Es ergebe sich daher zusammenfassend, dass sich der nach österreichischer Rechtslage vorgesehene nicht steuerbare Eigenverbrauch für die private Verwendung eines gemischt genutzten Gebäudes, das zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet ist, als nicht mit den Vorgaben des Unionsrechtes vereinbar erweise, da die Ausnahmebestimmung des Art. 6 Abs. 2 zweiter Satz der 6. EG-RL keine taugliche Basis bilde. Somit sei auch das korrespondierende Vorsteuerabzugsverbot unionsrechtswidrig, da - als Ausfluss der Entscheidung Seeling - der Eigenverbrauch somit steuerpflichtig zu behandeln und der Vorsteuerabzug zu gewähren sei. Sohin sei aber das Recht auf Vorsteuerabzug hinsichtlich des dem Unternehmen zugeordneten, aber nicht unternehmerisch genutzten Gebäudeteils zu Unrecht verwehrt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Streitfrage im abweisenden Erkenntnis vom , 2009/15/0222, betreffend die Streitjahre 2003 bis 2007 Nachstehendes zu Recht erkannt:

"Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 sind, als nicht für das Unternehmen ausgeführt. Dieselbe Regelung fand sich in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1972.

§ 20 Abs. 1 EStG 1988 erfasst in Z 1 "die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge" und in Z 2 lit. a "Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung". Aufwendungen des Unternehmers für die seinen privaten Wohnzwecken dienende Wohnung stellen nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung dar. Werden wie im Beschwerdefall einzelne Räume eines Gebäudes unternehmerisch und andere Räume für eigene Wohnzwecke genutzt, richtet sich die Ermittlung des zu nicht abziehbaren Aufwendungen führenden Anteils grundsätzlich nach der anteiligen Nutzfläche (vgl. näher zur Berechnung das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0100). Der Anordnung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 iVm § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 zufolge sind daher in Bezug auf ein Gebäude, bei welchem einzelne Bereiche überwiegend Wohnzwecken des Unternehmers gewidmet sind, die Umsatzsteuern, welche auf eben diese Räume entfallen, vom Vorsteuerausschluss erfasst.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , 2009/15/0100, ausgesprochen hat, ist § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 unabhängig von § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 autonom anwendbar. Soweit die gemischte Nutzung eines Gebäudes darauf zurückzuführen ist, dass ein Gebäude als private Wohnung des Unternehmers Verwendung findet, ergibt sich der anteilige Vorsteuerausschluss daher aus § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994. Einer Bezugnahme auf § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 bedarf es nicht, womit die Änderung der nationalen Rechtsordnung hinsichtlich § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 für die Anwendbarkeit des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 unerheblich ist (vgl. , Puffer Rz 95f).

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ist in seinem Normenbestand demgegenüber unverändert geblieben. Eine Änderung bestehender Rechtsvorschriften durch den nationalen Gesetzgeber hat diesbezüglich nicht stattgefunden.

Wenn der Beschwerdeführer nun meint, das Beibehaltungswahlrecht des Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) sei ab dem Jahre 2004 aufgrund einer kurzzeitigen Interpretationsaussage des Bundesministeriums für Finanzen in den Umsatzsteuerrichtlinien (AÖF 206/2004) hinsichtlich § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 durch die Verwaltungspraxis aufgegeben worden, so ist der Beschwerde zunächst entgegen zu halten, dass im Jahresumsatzsteuerbescheid 2004 entsprechend § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 von der Abgabenbehörde kein Vorsteuerabzug gewährt worden ist.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 nach der ständigen hg. Rechtsprechung nur jene Räume erfasst, die überwiegend privat genutzt sind (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0100 und den hg. Vorlagebeschluss vom , 2006/15/0056 = EU 2007/0008 sowie das darin verwiesene hg. Erkenntnis vom , 2005/14/0091). Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Interpretationsaussage des Bundesministeriums für Finanzen in den Umsatzsteuerrichtlinien stellt dagegen nicht auf überwiegend privat genutzte Einheiten ab, sondern betrifft lediglich eine private Nutzung bis 50% (vgl. das im AÖF 206/2004 unter Rz 2003 angeführte Beispiel mit einer 50%igen Privatnutzung). Eine Aufgabe des Vorsteuerausschlusses hinsichtlich überwiegend privat genutzter Räume gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 kann darin also auch aus diesem Grund nicht erblickt werden.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen."

Da demnach die im angefochtenen Bescheid bezüglich des privat genutzten Gebäudeteils - das Aufteilungsverhältnis ist unbestritten - vorgenommene Vorsteuerkürzung der ständigen, unter Bezugnahme auf das Unionsrecht ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 iVm § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 (vgl. zuletzt auch , betreffend die Streitjahre 2003 bis 2007 und , betreffend die Streitjahre 1999 bis 2001) und auch jener des Unabhängigen Finanzsenates (vgl. , betreffend die Streitjahre 2005 bis 2008 und -F/10, betreffend das Streitjahr 2007) entspricht, konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Gemischt genutztes Gebäude
Vorsteuerabzug
Vorsteuerausschluss
Vorsteuerkürzung
privat genutzter Gebäudeteil
Privatnutzung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at