Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 29.08.2012, RV/0765-L/12

Keine telefonische Beantragung des Erhöhungsbetrages iSd § 8 Abs. 4 FLAG

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Abweisung eines Antrages vom auf erhöhte Familienbeihilfe für das Kind K ab November 2011 entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

In einer Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: BSB-Bescheinigung) vom , der ein ärztliches Sachverständigengutachten vom zugrunde lag, war der Grad der Behinderung des Kindes des Berufungswerbers mit 50 % rückwirkend ab festgestellt worden. Der Berufungswerber bezog ab September 2005 erhöhte Familienbeihilfe für dieses Kind.

Am wurde eine ärztliche Nachuntersuchung durchgeführt. Im Gutachten vom wurde wiederum ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 % festgestellt (BSB-Bescheinigung vom ).

Eine weitere Nachuntersuchung wurde am vorgenommen. Dabei wurde der Grad der Behinderung in einem Gutachten vom jedoch (mit näherer Begründung) nur mehr mit 30 % festgestellt. Eine entsprechende BSB-Bescheinigung wurde am erstellt.

Aufgrund derselben wurde an den Berufungswerber ab November 2011 kein Erhöhungsbetrag im Sinne des § 8 Abs. 4 FLAG mehr ausbezahlt. Eine Berufung gegen die diesbezügliche Mitteilung, der kein Bescheidcharakter zukam, wurde zurückgewiesen.

Daraufhin ersuchte der Berufungswerber am telefonisch um Erlassung eines (rechtsmittelfähigen) Abweisungsbescheides betreffend erhöhte Familienbeihilfe.

Mit Bescheid vom selben Tag wies das Finanzamt den "Antrag vom " auf erhöhte Familienbeihilfe ab November 2011 unter Hinweis auf das ärztliche Gutachten vom ab.

Gegen diesen Bescheid wurde am Berufung erhoben und eine neuerliche Untersuchung des Kindes beantragt.

Diese Untersuchung wurde am durchgeführt. Im ärztlichen Gutachten vom wurde der Grad der Behinderung neuerlich mit 30 % festgestellt.

Das Finanzamt wies daraufhin die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom ab.

Im Vorlageantrag beantragte der Berufungswerber die neuerliche Untersuchung seines Kindes, die von einem Facharzt vorgenommen werden möge.

Diese Untersuchung erfolgte am . Dabei wurde neuerlich (innerhalb eines Jahres somit bereits zum dritten Mal) der Grad der Behinderung mit nur 30 % festgestellt. Eine Ausfertigung des ärztlichen Gutachtens vom , welche dem Berufungswerber laut Ausweis der vorgelegten Akten bisher noch nicht zur Kenntnis gebracht wurde, wird dieser Berufungsentscheidung angeschlossen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt. Die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind ist dabei besonders zu beantragen (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 10 Rz 1).

Gemäß § 2 lit. a Zif. 1 der Bundesabgabenordnung gelten deren Bestimmungen auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden des Bundes zuzuerkennenden bundesrechtlich geregelten Beihilfen aller Art. Dazu zählt auch die Familienbeihilfe (Ritz, BAO4, § 2 Tz 1 mit Judikaturnachweisen). Für die Stellung eines Antrages auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gelten daher insbesondere auch die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung über die Anbringen von Parteien (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 10 Tz 2).

Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind gemäß § 85 Abs. 1 BAO vorbehaltlich der Bestimmungen des § 85 Abs. 3 BAO schriftlich einzureichen.

Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen entgegenzunehmen, wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen (§ 85 Abs. 3 lit. a BAO), oder wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist (lit. b), oder wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann (lit. c).

Telefonische Anbringen sind jedoch keine mündlichen Anbringen im Sinne dieser Bestimmung (Ritz, BAO4, § 85 Tz 9 mit zahlreichen Judikaturnachweisen) und nur zulässig, wenn sie ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind (z.B. § 2 AuskunftspflichtG). Im FLAG findet sich jedoch keine Bestimmung, welche die telefonische Stellung eines Beihilfenantrages zulassen würde.

Da somit kein wirksamer Antrag auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe vorlag, die Gewährung der Familienbeihilfe jedoch ein antragsgebundener Verwaltungsakt ist, erweist sich der angefochtene Bescheid aus diesem Grund als rechtswidrig. Die Erlassung eines antragsbedürftigen Bescheides ohne Vorliegen eines wirksamen Antrages verletzt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Recht auf den gesetzlichen Richter (, mit Hinweis auf Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, Rz 1520 mit Judikaturnachweisen). Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben und somit spruchgemäß zu entscheiden.

Sofern im Hinblick darauf, dass nunmehr bereits drei ärztliche Gutachten vorliegen, in denen der Grad der Behinderung des Kindes nur mehr mit 30 % bestimmt wird, dennoch die Stellung eines Antrages auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe beabsichtig sein sollte, wird bemerkt, dass die zur Antragstellung von der Finanzverwaltung aufgelegten Vordrucke (Formular Beih 3) in den Infocentern der Finanzämter aufliegen oder über das Internet (www.bmf.gv.at - Tools - Formulare - zur Formulardatenbank, Suchbegriff: Beihilfen) bezogen werden können.

Beilage: Ärztliches Sachverständigengutachten vom

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at