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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 07.07.2011, RV/0273-L/09

Verzichtet der erbl. Sohn auf den Pflichtteil, nimmt jedoch das Vermächtnis an, entsteht die Steuerschuld mit dem Tod der Erblasserin

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des HG, Adr, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

In ihrem Testament vom hat LG folgendes Vermächtnis ausgesetzt: Mein Sohn HG erhält in Anrechnung auf seine Erb- und Pflichtteilsansprüche meine Liegenschaft EZ 168, GB F, meine ideellen Anteile an der Liegenschaft EZ 2315, GB S, sowie meine Liegenschaft EZ 149, GB M.

Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung nach der 2008 verstorbenen LG hat ihr erbl. Sohn HG am auf die Geltendmachung seines Pflichtteiles verzichtet, die ihm testamentarisch vermachten Liegenschaften jedoch angenommen.


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Legat
3-facher Einheitswert
EZ X
W 20
13.243,44 €
Abstellplatz
5.450,46 €
EZ Y
11.554,98 €
EZ Z
34.664,94 €
58.544,10

Für diesen Erwerb von Todes wegen hat das Finanzamt mit Bescheid vom dem erbl. Sohn HG Erbschaftssteuer in Höhe von 3.424,64 € vorgeschrieben.

Dagegen hat HG, nunmehriger Berufungswerber, =Bw, am Berufung erhoben, weil wegen seines Verzichtes auf den Pflichtteil am die Rechtslage nach dem gelte, sodass das Erbschaftssteuergesetz für ihn keine Anwendung finde. Mit Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt die Berufung als unbegründet abgewiesen. Daraufhin hat der Bw am die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz begehrt, weil nicht erkennbar gewesen sei, auf welche Rechtsgrundlage sich die Behörde bei der Bescheiderlassung gestützt habe. Zutreffend hätte § 12 Abs. 1 Zif. 1 lit. f BAO (gemeint ist offenbar das ErbStG) als lex specialis herangezogen werden müssen. Nirgendwo sei dem Gesetz das im Bescheid zitierte Rückwirkungsgebot zu entnehmen. In einem analogen Fall der Notariatskammer OÖ sei nicht der Tod der Erblasserin, sondern der Tag der Verzichtserklärung relevant gewesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Zif. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Erbschaftssteuer. Gemäß § 2 Abs. 1 Zif. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches. Gemäß § 12 Abs. 1 Zif. 1 ErbStG entsteht die Steuerschuld mit dem Tod des Erblassers.

Nach § 553 ABGB ist unter einem Vermächtnis (Legat) zu verstehen, dass jemandem kein Erbteil das sich auf den ganzen Nachlass bezieht, sondern nur eine einzelne Sache zugedacht wird. Der Vermächtnisnehmer leitet seinen Anspruch aufgrund der letztwilligen Verfügung direkt vom Erblasser ab, diese Berufung gibt ihm ein obligatorisches Forderungsrecht gegen den beschwerten Erben; der Erbe muss die vermachte Sache aber erst durch Erfüllungshandlung auf den Vermächtnisnehmer übertragen. Gemäß § 684 ABGB erwirbt der Legatar regelmäßig gleich nach dem Tod des Erblassers für sich und seine Nachfolger ein Recht auf das Vermächtnis. Dieses wird somit schon durch den Anfall ohne Rechtshandlung bzw. ohne besondere Erwerbshandlung des Vermächtnisnehmers erworben.

Ausgehend von diesen zivilrechtlichen Grundsätzen entsteht bei Erwerben von Todes wegen nach der grundsätzlichen Bestimmung des § 12 Abs. 1 Zif. 1 ErbStG die Steuerschuld mit dem Tod des Erblassers (soweit nicht einer der in den lit. a bis h angeführten Sondertatbestände in Betracht kommt).

Auch bei Vermächtnissen ist die Steuerschuld nach Grund und Betrag auf den Zeitpunkt des Erbfalles zurückzubeziehen. Zu besteuern ist somit der dem Vermächtnisnehmer angefallene und nicht ausgeschlagene Anspruch, von den Erben den vermachten Gegenstand zu fordern. Es kommt deshalb auch für die erbschaftssteuerliche Bewertung auf den Anspruch an, wie er mit dem Tode des Erblassers entstanden ist ().

Der Anspruch des Vermächtnisnehmers und auch die Steuerschuld entstehen grundsätzlich mit dem Tode des Erblassers, wenngleich der Gegenstand des Vermächtnisses dem Begünstigten erst später tatsächlich übergeben wird (siehe Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Rz. 35 zu § 2 ErbStG).

Lt. Protokoll vom über die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung hat der Bw auf die Geltendmachung seines Pflichtteiles verzichtet, das Vermächtnis lt. Testament vom jedoch angenommen.

Der Bw hat als Legatar die Einverleibung des Eigentumsrechtes beantragt. Die Parteien des Verlassenschaftsverfahrens haben bestätigt, dass die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Bw vorgenommen werden kann und haben den Gerichtskommissär mit der Verbücherung des Abhandlungsergebnisses beauftragt. In diesem Sinn lautet der gerichtliche Einantwortungsbeschluss vom auf Herstellung der Grundbuchsordnung aufgrund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung. Die Tatsache, dass dem Bw die von der Erblasserin als Legat vermachten Liegenschaften angefallen sind, steht somit außer Zweifel.

Dadurch ist aber der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Zif. 1 ErbStG, Erwerb von Todes wegen durch Vermächtnis, verwirklicht worden. In zeitlicher Hinsicht ist nach dem bisher Gesagten alleine auf Grund der Tatsache, dass der Bw das ihm zugedachte Vermächtnis angenommen hat, nach den Anordnungen des § 12 Abs. 1 Zif. 1 ErbStG die Steuerschuld mit dem Tod der Erblasserin 2008 entstanden. Da die am zu G 54/06 erfolgte Aufhebung des § 1 Abs. 1 Zif. 1 ErbStG durch den Verfassungsgerichtshof erst mit Ablauf des in Kraft tritt, ist auf den vorliegenden Sachverhalt das ErbStG weiterhin anzuwenden.

Die Grundregel für die Entstehung der Steuerschuld wird nur hinsichtlich der in den lit. a bis h des § 12 Abs. 1 Zif. 1 ErbStG ausdrücklich angeführten Sondertatbestände durchbrochen.

Soweit der Bw den § 12 Abs. 1 Zif. 1 lit. f ErbStG als zutreffend erachtet, ist ihm entgegenzuhalten, dass er nur auf Ausnahmefälle (Abfindungen von dritter Seite für den Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch, für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses gemäß § 2 Abs. 2 Zif. 4 ErbStG) Anwendung findet. Diese Fälle kommen zwar in wirtschaftlicher Hinsicht einem todeswegigen Erwerb gleich, dennoch handelt es sich zivilrechtlich nicht um einen Erwerb von Todes wegen. Deshalb wird steuerlich eine Zuwendung des Erblassers fingiert, ohne dass das zugewendete Vermögen zum Nachlass gehört hat. Der Bw hat aber die Grundstücke nicht von dritter Seite als Abfindung für seinen Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils erhalten, sondern hat die Erblasserin das Vermächtnis in ihrem Testament angeordnet. Nicht zuletzt bezieht sich das angesprochene Schreiben der Notariatskammer OÖ ausschließlich auf Sachverhalte mit Geltendmachung des Pflichtteils (§ 12 Abs. 1 Zif. 1 lit. b ErbStG), sodass auch dieser Sondertatbestand im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung kommt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at