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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 20.10.2010, RV/0809-L/04

Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/15/0202 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
Eine offensichtliche Unrichtigkeit iSd § 293b BAO liegt bereits dann vor, wenn der allenfalls zu berichtigende Bescheid aus der Sicht der Abgabenbehörde unzutreffend ist. Ob diese Ansicht der Abgabenbehörde zutreffend ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über folgende Berufungen der XX, gegen nachstehende Bescheide des Finanzamtes Linz wie folgt entschieden:

Die Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Umsatzsteuer für 2002 wird als unzulässig geworden zurückgewiesen (§ 273 Abs. 1 lit. a BAO).

Die Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Berichtigung nach § 293b BAO des Umsatzsteuerbescheides für 2002 vom wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

In der Umsatzsteuererklärung für 2002 machte die Berufungswerberin für ein Fahrzeug Opel Zafira den Vorsteuerabzug geltend. Die Veranlagung erfolgte erklärungskonform (Bescheid vom ). Am verfügte das Finanzamt die Wiederaufnahme des Verfahrens und versagte im neuen Umsatzsteuerbescheid 2002 den genannten Vorsteuerabzug. Gegen die zwei letztgenannten Bescheide wurde berufen.

Am gab das Finanzamt der Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens Folge und erließ am einen gemäß § 293b BAO berichtigten Umsatzsteuerbescheid 2002, in dem es den besagten Vorsteuerabzug nicht anerkannte.

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde ausgeführt, dass dem Bescheid jede Begründung betreffend die vom Gesetz geforderte offensichtliche Unrichtigkeit fehle.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung ab und verwies zur Begründung auf den Prüfungsbericht sowie darauf, dass ein behördliches Verschulden nicht gegen die Berichtigung spreche.

Dagegen wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Über die Berufungen wurde erwogen:

1) Berufung vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom :

Diese Berufung war zurückzuweisen, weil besagter Bescheid infolge Erlassung der stattgebenden Berufungsvorentscheidung betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist.

2) Berufung vom gegen den Berichtigungsbescheid nach § 293b BAO betreffend Umsatzsteuer 2002 vom :

Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

Fraglich ist, ob eine offensichtliche Unrichtigkeit dann auszuschließen ist, wenn mehr als eine Rechtsansicht mit sachlichen Argumenten vertretbar ist, oder ob eine offensichtliche Unrichtigkeit bereits dann vorliegt, wenn der allenfalls zu berichtigende Bescheid aus der Sicht der Abgabenbehörde unzutreffend ist.

Im Erkenntnis vom , 93/13/0277, hat der VwGH hiezu ausgeführt:

Wesentlich ist, dass für die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte. Der Auffassung der Beschwerdeführer, eine "vertretbare Rechtsansicht" könne niemals eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b BAO darstellen, kann nur insoweit zugestimmt werden, als die Vertretbarkeit der Rechtsansicht auch aus der Sicht der Abgabenbehörde gegeben wäre und es eines Aktes der Rechtsfindung bedürfte, um von zwei oder mehreren vertretbaren Rechtsansichten die dem Gesetz entsprechende zu erkennen. Bestünde hingegen behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht unrichtig ist, so läge auch der Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, auch wenn der Abgabepflichtige seine Rechtsansicht - was naheliegend ist - für vertretbar hielte.

Diese Ansicht hat der VwGH auch in Folgerkenntnissen vertreten (, 98/13/0180, , 2003/15/0110, , 2004/15/0043, , 2004/15/0126).

Nun hat der VwGH zwar nicht ausdrücklich ausgeführt, dass eine aus der Sicht der Abgabenbehörde vorliegende offensichtliche Unrichtigkeit eine solche im Sinn des § 293b BAO ist, er hat aber sämtliche Beschwerden, die damit begründet wurden, dass Letzteres zu verneinen sei, als unbegründet abgewiesen (siehe die oa. Erkenntnisse). Daraus ist zu schließen, dass eine offensichtliche Unrichtigkeit iSd § 293b BAO vorliegt, wenn der allenfalls zu berichtigende Bescheid aus der Sicht der Abgabenbehörde unrichtig ist. Ob die Rechtsansicht der Abgabenbehörde letztlich materiell richtig ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Für eine solche Beurteilung spricht auch Folgendes: Erlässt die Abgabenbehörde einen Erstbescheid, darf sie zweifellos ihre (wenn auch falsche) Rechtsansicht dem Bescheid zugrunde legen bzw. ist der Bescheid nicht deswegen unzulässig, weil er möglicherweise falsch ist. Ob der Bescheid materiell richtig ist, ist erst im Rechtsmittelverfahren abzuklären. Hat nun die Abgabenbehörde einen Bescheid erlassen, der (aus welchen Gründen immer) nicht ihrer Rechtsansicht entspricht, muss sie wohl auch den (aus ihrer Sicht falschen) Bescheid berichtigen dürfen. Rechte der Abgabepflichtigen werden dadurch nicht verkürzt, weil der Berichtigungsbescheid (ebenso wie ein Erstbescheid) materiell bekämpft werden kann.

Im Erkenntnis vom , 2003/15/0110, hat der VwGH hiezu noch ausgesprochen, dass es auf jene Rechtsansicht ankommt, die die Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides vertrat.

Den Ausführungen von Ritz, BAO3, § 293b Tz 2, wonach nicht entscheidend sei, für wen die Unrichtigkeit offensichtlich ist, sondern ob sie tatsächlich auf keiner oder einer unvertretbaren Rechtsansicht beruht, ist daher nicht zu folgen.

Wie das Finanzamt in der Begründung des Berichtgungsbescheides zutreffend (und unwidersprochen) ausgeführt hat, hat die Finanzverwaltung zu keinem Zeitpunkt die Ansicht vertrete, dass für eine Opel Zafira der Vorsteuerabzug zusteht. Der Bescheid vom ist daher "offensichtlich unrichtig".

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2010/06

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
MAAAD-28818