Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 06.09.2013, RV/1559-W/13

Familienbeihilfe bei Zuerkennung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1997

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der KM, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab April 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

KM, in der Folge mit Bw. bezeichnet, stellte am einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre drei Kinder Kd1, Kd2 und Kd3.

Das Finanzamt wies den Antrag ab April 2010 mit der Begründung ab, die Bw. sei ab diesem Zeitpunkt nicht vollzeitbeschäftigt. Außerdem beziehe sie seit November 2006 laufend Leistungen aus der Grundversorgung.

Gegen diesen Bescheid hat die Bw. Berufung erhoben und eingewendet, Sie sei nigerianische Staatsangehörige und Asylwerberin gemäß dem AsylG 1997. Sie habe ihren zweiten Asylantrag im Jahr 2005 gestellt und sei seitdem rechtmäßig in Österreich aufhältig. Auch dieses Asylverfahren sei nach den Regeln des AsylG 1997 geführt und auch der Status der Subsidiär Schutzberechtigten sei ihr daher jedenfalls für das erste Jahr gemäß § 15 AsylG 1997 zuerkannt worden. Aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Familienbeihilfe 2007/15/1270 (richtig: 2007/15/0170) vom komme auf die Bw. das FLAG in der Fassung des PensionsharmonisierungsG 2004 zur Anwendung. Demnach seien Personen anspruchsberechtigt, die mehr als drei Monate erwerbstätig oder länger als 5 Jahre in Österreich aufhältig oder aufgrund einer anderen Übereinkunft Österreichern gleichgestellt seien. Die Bw. sei seit mehr als 5 Jahre in Österreich aufhältig. Es werde beantragt, der Berufung stattzugeben und die Familienbeihilfe ab April 2010 bis zur ersten Verlängerung des Aufenthaltstitels, somit bis Juli 2010 zu gewähren.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung und erklärte, die Bw. und ihre Kinder verfügten über den Status von subsidiär Schutzberechtigten. Die Bw. beziehe seit 2006 bis laufend für die ganze Familie Leistungen aus der Grundversorgung und gehe in Österreich keiner Beschäftigung nach.

Die Bw. stellte einen Vorlageantrag.

Der Bw. wurde u.a. Folgendes vorgehalten:

"... dass der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis einen Sachverhalt beurteilt hat, in welchem ein nach dem AsylG 1997 eingeleitetes Asylverfahren noch nicht abgeschlossen war. In Ihrem Fall wurde das nach dem AsylG 1997 eingeleitete Asylverfahren mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes Gz. Zahl vom Datum abgeschlossen und erwuchs laut Auskunft des Asylgerichtshofes (siehe beiliegende Mail) am Rk-Datum in Rechtskraft. Das bedeutet, dass die vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Übergangsbestimmungen auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar sind und wegen des Bezuges von Leistungen aus der Grundversorgung kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat."

Die Bw. hat dazu nicht Stellung genommen.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) idF lautete vor Inkrafttreten des NAG wie folgt:

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

(2) Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde.

(3) Ist der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs. 1 oder 2 erfüllt.

Die Bestimmung lautet in der im Berufungszeitraum geltenden Fassung wie folgt:

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.

Nach den Übergangsbestimmungen sollten die früheren Bestimmungen des § 3 FLAG weiter gelten wie folgt:

§ 55. (1) Die §§ 2 Abs. 8 erster Satz und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2005, treten mit , nach Maßgabe der Übergangsbestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, sowie des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, in Kraft.

Die Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 enthalten folgende Regelungen:

§ 75. (1) Alle am anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

(6) Einem Fremden, dem am eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 oder des AsylG 1997 zugekommen ist, gilt der Status des subsidiär Schutzberechtigten als zuerkannt.

Zu diesen Regelungen hat der Verwaltungsgerichtshof in dem in der Berufung angeführten Erkenntnis ausgeführt wie folgt:

In den Übergangsbestimmungen des Asylgesetzes 2005 wird somit angeordnet, dass Asylverfahren, die am bereits anhängig waren, noch nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen sind (§ 75 Abs 1 Asylgesetz 2005). § 55 FLAG verknüpft das Inkrafttreten des § 3 FLAG in der Fassung des Fremdenrechtspaketes 2005 mit den Übergangsbestimmungen des NAG und jenen des Asylgesetzes 2005.

§ 55 FLAG ist dahingehend zu verstehen, dass § 3 FLAG in der Fassung des Fremdenrechtspaketes 2005 für Personen, denen gegenüber gemäß § 75 Asylgesetz 2005 das Asylverfahren noch nach dem AsylG 1997 abgeführt wird, auch für Zeiträume ab nicht anzuwenden ist. Für diesen Personenkreis kommt daher § 3 FLAG - unbeschadet der durch BGBl. I Nr. 168/2006, mit Wirkung ab vorgenommenen Änderungen - zunächst noch in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, zur Anwendung.

Im gegenständlichen Verfahren wurde das von der Bw. angestrebte Asylverfahren nach dem AsylG 1997 unstrittig bereits im August 2009 beendet.

Die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung vor dem führte lediglich dazu, dass aufgrund der Legalfiktion des § 75 Abs. 6 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach dem AsylG 2005 anerkannt wurde. Ab diesem Zeitpunkt wurden für Personen, denen eine subsidiäre Schutzberechtigung zukommt, entsprechende Karten gemäß § 52 AsylG 2005 ausgestellt. Solche Karten haben auch die Bw. und ihre Kinder erhalten.

In Verbindung mit der geltenden Regelung des § 3 Abs. 4 FLAG hatte die Bw. aber keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, weil sie die dort angeführten Voraussetzungen nicht erfüllt. Sie ist im Zeitraum von April 2010 bis August 2010 unstrittig keiner selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen und hat Leistungen aus der Grundversorgung bezogen.

Der Berufung konnte daher keine Folge gegeben werden.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at