Selbständigkeit eines Unternehmers wird nicht auf Grundlage der LVO gelöst
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0186 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
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Rechtssätze | |
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RV/0400-W/10-RS1 | Sowohl die Frage der Nachhaltigkeit als auch jene der Selbständigkeit sind direkt aufgrund des § 2 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 zu lösen, und nicht auf Grundlage der Liebhabereiverordnung. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der EK, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg betreffend Umsatzsteuer 2008 entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Umsatzsteuer für das Jahr 2008 wird nicht festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Zur Vorgeschichte wird insbesondere auf die zur Umsatz- und Einkommensteuer 2000 und 2001 ergangene Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates , sowie das diese Berufungsentscheidung inhaltlich bestätigende Erkenntnis , verwiesen. Demnach durfte der unabhängige Finanzsenat zu Recht davon ausgehen, dass die mit LP behaupteten Geschäfte steuerlich keine Relevanz haben, weil sie entweder nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt als absolute Scheingeschäfte zu beurteilen waren (§ 916 ABGB iVm § 23 Abs. 2 BAO), wie insbesondere der Ankauf und Verkauf und Rückkauf verschiedener Werknutzungsrechte, oder weil die behaupteten Geschäfte die Kriterien der Fremdüblichkeit nicht erfüllten, wie der mündliche Mietvertrag unbestimmten Inhalts.
Über diese beiden Geschäftsvarianten hinausgehend wurde eine weitere Geschäftsbeziehung zwischen der Berufungswerberin (Bw) und LP festgestellt, in der die Bw als Schriftstellerin anzusehen ist und LP als Buchhersteller. Die Bw hat nun einerseits zu den Einnahmen aus Buchverkäufen befragt in den die Vorjahre betreffenden Abgabenverfahren keine Angaben gemacht, und andererseits wurde festgestellt, dass die Bw die Bücher von LP ankaufen musste und selbst das Vertriebsrisiko zu tragen hatte (zB ihr Gedichtband "Peweh"). Ohne Angabe von Einnahmen war dieser Tätigkeit die steuerliche Anerkennung zu versagen. Da fallweise Einnahmen nicht auszuschließen sind, wurde diese Betätigung als Neigungstätigkeit iSd § 1 Abs. 1 Z 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. 1993/33, iVm § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1944 beurteilt.
Soweit LP Werke der Bw, die mit den zu Grunde liegenden Scheinrechnungen über Rechtserwerbe in Verbindung stehen, in Buchform hergestellt hat, blieben diese Bücher steuerlich unbeachtet. Sie wurden als nachgeschobene Beweismittel zu den Rechtserwerben beurteilt, hergestellt zu dem alleinigen Zweck, auf der Sachverhaltsebene nachträglich dartun zu wollen, dass die Rechtserwerbe (An- wie Verkäufe und Rückkäufe) zu Unrecht als nicht ernsthaft gemeint beurteilt worden waren. Hiezu zählt beispielsweise das Werk "Wie wilde Wörter würdevolle Würdenträger werden", dessen Rechte um ATS 1,8 Mio. übertragen worden sind. Neben anderen war konkret dieses Werk Gegenstand der Berufungsentscheidung RV/4498-W/02, weshalb zu weiteren Ausführungen und rechtlichen Beurteilung darauf verwiesen werden kann.
Steuerliche Anerkennung fand ausschließlich die für eine Tageszeitung und die für eine für diese Tageszeitung arbeitende Person (HK) erbrachten Leistungen rechnerischer Natur als Gewerbetrieb. In den Folgejahren 2002 bis 2005 wurden die Abgabenbescheide (sämtliche als Berufungsbescheide) auf Grundlage des obig dargestellten Sachverhalts erlassen, weil die Bw in keinem Verfahren vorgebracht hat, dass sich auf der Sachverhaltsebene Änderungen ergeben hätten.
Seit 2006 werden keine Einnahmen mehr von der Tageszeitung erzielt, weil HK in Pension gegangen ist und ihre Kolumne seither in einer anderen Zeitschrift erscheint. In den Jahren 2006 und 2007 wurden geringe Einnahmen von HK erzielt, und zwar im Jahr 2006 brutto € 250,00 und im Jahr 2007 brutto € 100,00. Zur Entwicklung der Einnahmen wurden in den diesbezüglich zur Umsatzsteuer für die Jahre 2006 und 2007 geführten Berufungsverfahren Erhebungen durchgeführt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen in Bezug auf Darstellung und rechtlicher Beurteilung dieses Gewerbetriebes auf die Berufungsentscheidung und RV/0227-W/09, verwiesen werden kann. Zusammengefasst wurden die geringen Einnahmen als nicht nachhaltig, sondern als nur gelegentlich beurteilt. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren wurde mit , eingestellt.
Zu den Monaten Jänner bis März 2008 hatte die Amtspartei einen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde vom , als unbegründet abgewiesen; auch dieses Beschwerdeverfahren wurde vom , eingestellt.
In der Umsatzsteuerjahreserklärung 2008 gab die Bw Umsätze in selber Höhe wie in den Umsatzsteuervoranmeldungen Jänner bis März 2008 an, und zwar insgesamt € 375,54. Demgegenüber machte sie als Vorsteuern einen Betrag von € 4.689,18 und weiters eine Gutschrift von € 4.639,99 geltend.
Abweichend von der Jahreserklärung setzte die Amtspartei die Umsatzsteuer für das Jahr 2008 mit Bescheid vom mit € Null fest und begründete die Entscheidung damit, dass die Umsätze aus Verwertungsrechten in den Jahren 2006 bis 2008 nur mehr in sehr geringer Höhe vorhanden seien. Andere Einnahmen würden seit Jahren nicht mehr vereinnahmt. Da diese Einnahmen typischerweise auf eine besondere in Ihrer Lebensführung begründeten Neigung zurückzuführen sind, sei von einer Liebhabereivermutung gem. § 1 Abs. 2 der Verordnung des BM f. Finanzen (veröffentlicht mit BGBl 1993/33) auszugehen. Die Umsatzsteuer 2008 werde also nicht festgesetzt. Im Übrigen wurde auf die Berufungsentscheidung RV/1315-W/08 und andere vom betreffend Umsatzsteuer 2006, 2007 und U 1-3/2008 verwiesen, wo über denselben Sachverhalt entschieden worden ist.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Berufung vom folgenden Inhalts:
1.) Die Liebhabereivermutung der Abgabenbehörde geht ins Leere und ist vollkommen bedeutungslos, da sie im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht und daher nicht mehr angewendet werden darf. Die in meiner Steuererklärung angefühlten Einnahmen, Ausgaben und Vorsteuern sind daher zu berücksichtigen. Der Umsatzsteuerbescheid vom für das Jahr 2008 ist daher rechtswidrig.
2.) Es besteht ein unlösbarer Widerspruch zwischen der Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2008 mit 0,00 Euro und der Begründung, dass die Umsatzsteuer 2008 nicht festgesetzt wird. Der Umsatzsteuerbescheid vom für das Jahr 2008 ist daher rechtswidrig.
3.) Zu der Berufungsentscheidung RV/1315-W/08 bezüglich der U 1-3/2008 nehme ich folgendermaßen Stellung: Wenn ich im Jänner 2008, Feber 2008 und März 2008 keine Einnahmen erzielt habe, ist das kein Beweis dafür, dass ich keine Einnahmen erzielen möchte, was die Referentin offensichtlich auf Seite 15 der gegenständlichen Berufungsentscheidung dartun möchte. Die Referentin will nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Unternehmereigenschaft gekennzeichnet ist durch die Absicht, Einnahmen zu erzielen und nicht durch tatsächlich erzielte Einnahmen und schon gar nicht durch erzielte Gewinne.Ich war seit Mai 1999 selbständige Unternehmerin und habe niemals etwas anderes behauptet. Die Behauptung, ich sei keine Unternehmerin, wird nur dann von der Abgabenbehörde aufgestellt, wenn es um Rückzahlung der Vorsteuern geht. Bezüglich der Unternehmereigenschaft beziehe ich mich auf meine Ausführungen bezüglich 2006. Die Behauptung der Referentin, dass ich nicht die Werke angeführt habe, an denen ich arbeite, ist aktenwidrig. Ich habe am persönlich dem UFS meine Stellungnahme vom überreicht und mitgeteilt, dass ich an folgenden eigenen Werken momentan arbeite 1.) Der Klon, 2.) Die Globalisierung, 3.) Ein Kalender, 4.) L und das Finanzamt, ferner an einer Nachdichtung eines Werkes von K und einer Bearbeitung eines Buches über Brot. Nähere Angaben darüber wurden von der Referentin nicht verlangt. Es ist nicht nachvollziehbar, was in einer von der Referentin erwähnten Berufungsentscheidung vom für das gegenständliche Verfahren relevant sein soll. Die Meinung der Referentin, dass die AKM Bücher verbreitet, ist absurd und zeigt mangelhafte Ermittlungen und Sachunkenntnis. Die Begründung isttatsachenwidrig und mangelhaft. Die Ausführungen der Referentin über die Dauerleistung gehen vollkommen ins Leere. Sie verwechselt das Eigentum an Werkstücken mit den Werknutzungsrechten und den Verzicht auf die Ausübung der Urheberrechte. Die Rechte bezüglich des Werkes ,,Die Bibel und die Astrologie" habe ich von Herrn LP gekauft. Auch die Rechte an dem Werke "Wie wilde Wörter würdevolle Würdenträger wurden" habe ich von Herrn LP gekauft. Beide Werke sind erschienen und zwar mit meinem Einverständnis. Herr LP hat daher die Werknutzungsrechte besessen und konnte mir diese verkaufen. Das Werk "Die Geburt Christi, Juda und die Astrologie" ist jetzt bereits erschienen. Die Referentin konnte vorher über die inhaltlichen Änderungen noch gar nichts wissen. Darüber hinaus ist das neue Werk "Die Geburt Christi, Juda und die Astrologie" nicht verfahrensgegenständlich, da ich erst am die Werknutzungsrechte an Herrn LP verkauft habe. Die Ausführungen der Referentin über Scheingeschäfte widersprechen der primitivsten menschlichen Logik. Ein Scheingeschäft kann nicht nichtig sein, da es gemäß BAO § 23 (1) ein Rechtsgeschäft ist und zwar ein steuerbares. Nur dann, wenn ein anderes Rechtsgeschäft durch das Scheingeschäft verdeckt wird, ist das andere Rechtsgeschäft steuerbar. BAO § 23 (2) normiert, dass ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder Gebot oder die guten Sitten die Erhebung der Abgaben nicht ausschließt. Deshalb ist auch der Schandlohn der Huren, die Einkünfte der Zuhälter und Bordellbetreiber, die von Anwälten und Treuhändern unterschlagenen Klientengelder, die Einkünfte der Hehler und Diebe usw. steuerbar. Mit der Feststellung der Referentin, dass zivilrechtlich gemäß § 916 ABGB weder die Werknutzungsrechte übergegangen noch eine Zahlungsverpflichtung eingetreten ist, überschreitet sie ihre Kompetenz und maßt sich die Entscheidungsmacht eines Zivilgerichtes und die Klagslegitimation eines Urhebers an. Im ABGB § 916 (1) kommt übrigens das Wort "Scheingeschäft" und "Scheinrechnung" nicht einmal vor.
Auf Seite17 letzter Absatz interpretiert die Referentin BAO §23 Abs. 1 falsch. Sie hat offensichtlich den zweiten Satz nicht gelesen, den ich daher zitiere: Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend.Daraus folgt logisch, dass nur ein Rechtsgeschäft ein Scheingeschäft sein kann und entweder das offene oder verdeckte Rechtsgeschäft steuerbar ist. Der von der Referentin ins Spiel gebrachte Begriff "absolutes Scheingeschäft" widerspricht der primitivsten menschlichen Logik: Es handelt sich dabei nämlich um eine contraditio in adiecto: Nach Ritz liegt ein absolutes Scheingeschäft vor, wenn überhaupt kein Rechtsgeschäft geplant ist. Nach BAO § 23 ist aber ein Scheingeschäft ein Rechtsgeschäft. Wenn nun kein Rechtsgeschäft geplant ist, liegt weder ein Scheingeschäft noch ein absolutes Scheingeschäft vor. Somit sind Scheingeschäfte steuerbar und die verfahrensgegenständliche Berufungsentscheidung ist rechtswidrig.
Die auf Seite 19 der gegenständlichen Berufungsentscheidung angestellten Überlegungen hinsichtlich der Frage, ob für die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges die Leistung bereits erbracht worden sein muss, ist unsachlich, da bei den verfahrensgegenständlichen Werken die Leistungen erbracht worden sind und ich mich nicht auf UStR Rz 2619 berufen habe.
Die Behauptung auf Seite 21 (rechtliche Beurteilung), dass ich mich mit der Aussage der HK nicht auseinandergesetzt habe, ist aktenwidrig. Ich habe mit meinem Schreiben vom der Referentin mitgeteilt, dass ich bestreite, dass Frau HK die zitierten Aussagen gemacht hat.
Die Ausführungen der Referentin auf Seite 27 über das Urheberrecht beruhen auf keinen Rechtsgrundlagen und lassen auch keinen Schluss über die Steuerbarkeit zu. Die verfahrensgegenständliche Berufungsentscheidung ist daher mangelhaft und unsachlich.
Wenn die Referentin auf Seite 28 behauptet, dass ich nach der Leistungsbeschreibung in der Rechnung vom für einen Gutteil meiner Arbeit oder Leistung nicht bezahlt wurde, so ist das eine unbewiesene Behauptung und zeigt die Voreingenommenheit der Referentin, die mich mit unsachlichen und unbegründeten Behauptungen diffamieren möchte.
Die Behauptung der Referentin auf Seite 28, dass zu einer Nachdichtung das Vorliegen eines fertigen Werkes verlangt wird, ist ein vollkommener Unsinn. Ein fertiges Werk kann man bearbeiten und verändern, das ist aber keine Nachdichtung. Nachdichten kann man mündliche Erzählungen und Fragmente im Sinne des Autors zu einem Werk zusammenfügen und seine Ideen dichterisch gestalten. Der Bescheid ist mangelhaft, da die Referentin zwar behauptet, dass ich Nachweise über die Art der erbrachten Leistung schuldig geblieben bin, aber nicht dartun kann, wie man beweisen soll, dass einem jemand etwas erzählt hat!! Die Referentin beweist mit ihrem Einwand, dass eine Buchauslieferung nicht in das Aufgabenfeld eines selbständigen Schriftstellers gehört, ihr volles Unverständnis für das Urheberrecht. Jeder Schriftsteller kann, wenn er Werkstücke seines Werkes besitzt, diese jedem Interessenten, so teuer wie er will, verkaufen. Ein freier, selbständiger Schriftsteller in einem demokratischen Land hat nur dann eine "Aufgabe", wenn er die Werknutzungsrechte vergeben hat. Dann ist er verpflichtet, auf die Ausübung seiner vergebenen Rechte zu verzichten. Aufgaben hat ein Schriftsteller allerdings in Diktaturen. Da muss er nämlich sein Plansoll in der Huldigung des Diktators und des Regimes erfüllen."
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Rechtsgrundlagen zur Unternehmereigenschaft:1.1.) Gemeinschaftsrecht, Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom (Mehrwertsteuersystemrichtlinie), Artikel 9:
Gemäß Artikel 9 Absatz 1 MwSt-SRl gilt als "Steuerpflichtiger", wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.
Als "wirtschaftliche Tätigkeit" gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.
1.2. Innerstaatliches Recht, Umsatzsteuergesetz 1994: Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen derart eingegliedert sind, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen, verpflichtet sind;
2. Literatur zur Unternehmereigenschaft:Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-Kommentar 1.07 § 2 Der Begriff der "Selbständigkeit" als Voraussetzung zur Erlangung der Unternehmereigenschaft ist im UStG nicht definiert. Er wird lediglich negativ abgegrenzt. Nichtselbständig tätig sind natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, die einem Unternehmen derart eingegliedert sind, dass sie den Weisungen eines Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Auch die Eingliederung in eine nicht-unternehmerische Organisation, etwa im öffentlichen Dienst, führt zur Unselbständigkeit der natürlichen Person (Rz 71).
Maßgeblich für die Beurteilung der Selbständigkeit ist nicht das Auftreten nach außen, sondern das Innenverhältnis. Die Weisungsgebundenheit und der Grad der Eingliederung in das Unternehmen werden zwischen der natürlichen Person und ihrem Auftraggeber im Innenverhältnis festgelegt (Rz 75).
3. Festgestellter Sachverhalt: Die einzig aufgrund der Berufungsentscheidung , als Gewerbetrieb (astrologische Berechnungen) anzuerkennende Einkunftsquelle der Bw mit den beiden Auftraggebern Tageszeitung und HK lag im Jahr 2008 nicht mehr vor.
Die Bw und LP führen seit Beginn ihrer Geschäftsbeziehung im Mai 1999 ein gemeinsames Kontokorrentkonto, mit dem sich der UFS bereits mit der Berufungsentscheidung RV/4498-W/02 ausführlich auseinandergesetzt hat. Im bezüglich Umsatzsteuer für die Jahre 2006, 2007 und Voranmeldungszeitraum Jänner bis März 2008 gemeinsam geführten Berufungsverfahren RV/1315-W/08, RV/00227-W/09 und RV/1736-W/08 kam erstmals zutage, dass dieses Kontokorrentkonto jedoch gemeinsam geführt wird.
Das für das ganze Jahr 2008 erklärte Entgelt von € 375,54 ist der Bw von LP mit Kontoüberweisung tatsächlich zugeflossen; der Zahlung liegt eine Abrechnung des LP über den Zeitraum vom bis zum Werk "Werk01" zu Grunde. Zu diesem Geschäftsfall liegen nach eigenen Angaben der Bw keine schriftlichen Verträge vor.
In der im Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren für die Monate Jänner bis März 2008 ergangenen Berufungsentscheidung wurde dieser Geschäftsfall als zur familienhaften Mithilfe zugehörig und die Bw dem LP gegenüber als weisungsgebunden angesehen. Der gegenständlich in Berufung gezogene Umsatzsteuerjahresbescheid 2008 führt die Berufungsentscheidung RV/1736-W/08 in seiner Begründung ins Treffen.
4. rechtliche Beurteilung: Der Bw ist aus zahlreichen Entscheidungen des UFS bekannt, dass die zu den Vorjahren ergangenen Entscheidungen in folgenden Abgabenverfahren, in welchen in rechtserheblicher Hinsicht derselbe Sachverhalt einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen ist, Vorhaltscharakter haben. Die Vorhaltscharaktereigenschaft muss umso mehr in Bezug auf die Berufungsentscheidung vom , UFS RV/1315-W/08, miterledigt, RV/0227-W/09, RV/1736-W/08, betreffend einen Voranmeldungszeitraum, der Teil des gegenständlichen Berufungsstreitjahres bildet, gelten. Die enge Verbindung zwischen Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren und Umsatzsteuerjahresverfahren ergibt sich auch aus § 274 BAO durch die Weitergeltung von Berufungen. Der Berufung kann daher bereits deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil sie sich mit den ausführlich begründeten Feststellungen und deren rechtlicher Beurteilung nicht auseinandersetzt.
Der Würdigung des mit der Berufungsentscheidung RV/1736-W/08 festgestellten Sachverhaltes dahingehend, dass die Bw den Weisungen des LP zu folgend verpflichtet ist, und bei ihr aus diesem Grund mangels Selbständigkeit keine Unternehmereigenschaft iSd § 2 UStG 1994 gegeben ist, hält die Bw in gegenständlicher Berufung nichts entgegen. Die Frage nach der Selbständigkeit eines Unternehmers wird weiters nicht anhand der Liebhabereiverordnung gelöst. Sowohl die Frage der Selbständigkeit als auch jene der Nachhaltigkeit sind vielmehr direkt aufgrund des § 2 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 zu lösen, sodass sich eine Auseinandersetzung mit den Berufungsausführungen zum Vorrang des Gemeinschaftsrechts und der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der LVO erübrigt.
Wesentlich für die Verneinung der Unternehmereigenschaft mangels Selbständigkeit in Bezug auf die Geschäfte mit LP war das erstmalige Hervorkommen der Tatsache, dass die Bw und LP ein gemeinsames Kontokorrentkonto führen, wodurch additiv zu weiteren Feststellungen sogar die wirtschaftliche Eingliederung der Bw in das Unternehmen des LP anzunehmen war. In diesem gemeinsamen Kontokorrentkonto manifestiert sich, dass die Bw und LP nicht als zwei selbständige, gleichberechtigte, von einander getrennte Unternehmen anzusehen sind, sondern dass vielmehr nur ein Unternehmen vorliegt, und zwar jenes des LP, in dem die Bw wirtschaftlich und organisatorisch derart eingegliedert ist, dass sie keine eigenen Entscheidungen zu treffen vermag. LP allein obliegen in diesem Unternehmen die Kontrolle und die Entscheidungen. So hat die Bw stets betont, dass LP der wichtigere von ihnen beiden ist und nur er in der Lage ist, den wahren Wert der Werknutzungsrechte zu erkennen. Dass Höchstrichter des Obersten Gerichtshofes im Straf- und Finanzstrafverfahren die vereinbarten Entgelte als Utopiezahlen und die Höchstrichter des Verwaltungsgerichtshofes in zahlreichen Abgabenverfahren die vereinbarten Entgelte als nicht tatsächlich vereinbartes Entgelt beurteilten, konnte bislang weder die Bw noch LP überzeugen.
Da im Jahr 2008 keine weiteren Einnahmen erklärt wurden, ist rechtserheblich von Sachverhaltsidentität zwischen der Berufungsentscheidung RV/1736-W/08 und dem Umsatzsteuerjahresverfahren 2008 auszugehen. Es reicht daher aus, zur weiteren rechtlichen Beurteilung auf die Berufungsentscheidung , zu verweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 2 Abs. 2 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Unternehmer Selbständigkeit Weisungsgebundenheit Eingliederung |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFS Newsletter 2010/06 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at