Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 14.10.2010, RV/0301-I/08

Betriebsveräußerung wegen Erwerbsunfähigkeit - Würdigung eines Sachverständigengutachtens

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Einkommensteuer 2005 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen: Einkommen 2005: 112.236,59 €, Einkommensteuer: 24.040,74 €.

Die Fälligkeit der Abgabe bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) betrieb ein Damenmodegeschäft in X. Zum veräußerte sie diesen Gewerbebetrieb. Für den Veräußerungsgewinn beantragte die Bw. in der Einkommensteuererklärung 2005 den Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 EStG 1988 wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgte zunächst mit dem (gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufigen) Bescheid vom erklärungsgemäß.

Bei einer Außenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, die Betriebsveräußerung sei nicht auf Grund einer Erwerbsunfähigkeit der Bw. erfolgt. Diese Beurteilung erfolge auf Basis des von der Bw. vorgelegten Gutachtens des Facharztes für Orthopädie Dr. WS vom . Das fachärztliche Gutachten enthalte ein "orthopädisches und zusammenfassendes Leistungskalkül" dahingehend, dass die Bw. (mit gewissen Einschränkungen) leichte und zur Hälfte mittelschwere körperliche Arbeiten ganztägig verrichten könne und der gegenwärtige Zustand durch zumutbare Therapien (Medikamente, Physiotherapien) innerhalb von sechs Monaten zu verbessern sei. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung hielt die Prüferin weiters fest, dass der Bw. laut Pensionsbescheid (vom ) ab eine Alterspension bei langer Versicherungsdauer gebühre.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2005 gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültig fest, wobei der Hälftesteuersatz für den (nunmehr um den Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 verminderten) Veräußerungsgewinn nicht mehr gewährt wurde.

Dagegen richtet sich die Berufung. Mit dem Berufungsschreiben vom legte der steuerliche Vertreter der Bw. ein Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr. MH vom vor, das (zusammengefasst) folgende Ausführungen enthält:

Psychiatrische Anamnese: Die psychiatrische Untersuchung habe am stattgefunden. An körperlichen Beschwerden habe die Probandin eine Osteoporose, Hüftschmerzen, Spannungskopfschmerz sowie eine Wirbelsäulenfehlhaltung mit diskretem Cervikal- und Lumbalsyndrom angegeben. Weiters habe sie angegeben, dass sie sich vom bis zu ihrer Pensionierung einer regelmäßigen psychiatrischen Behandlung unterzogen habe. Es sei eine Anpassungsstörung, verlängerte depressive Reaktion diagnostiziert worden. Auf Grund der Belastungen des Geschäftes und der bestehenden familiären Belastungen - der Sohn der Probandin sei drogenabhängig - sei ihr von ärztlicher Seite geraten worden, das Geschäft ehestmöglich zu schließen. Zu den in diesem Zeitraum aufgetretenen Beschwerden habe die Probandin berichtet, sie habe sich deprimiert gefühlt und keine Perspektiven mehr gehabt. Sie habe auch schlecht geschlafen. Im Geschäft habe sie sich ausgelaugt gefühlt. Sie habe jedoch versucht, sich zu verstellen, wenn Kunden eingetreten seien; dies habe sehr viel Energie gekostet. Sie sei tageweise im Krankenstand gewesen, habe jedoch wegen ungenügender Vertretungen immer wieder das Geschäft aufsuchen müssen. Auch eine Kurbehandlung sei deshalb nicht möglich gewesen. Die von ihr beantragte Erwerbsunfähigkeitspension sei in erster Instanz abgelehnt worden. Darauf hin habe sie beim Landesgericht Klage erhoben. Bei der Verhandlung sei dann festgestellt worden, dass sie auf Grund der langen Versicherungszeiten in Pension gehen könne. Psychopathologischer Befund: Zum Zeitpunkt der bestehenden Beeinträchtigungen habe sich psychopathologisch eine depressive Verstimmung, ausgeprägte Affektlabilität, vermehrtes Grübeln, eine Schlafstörung und insgesamt eine deutlich verminderte Belastungsfähigkeit gefunden. Zum Untersuchungszeitpunkt habe eine deutliche Besserung der Beschwerden festgestellt werden können. Z usammenfassende psychiatrische Beurteilung: Die Bw. habe zumindest seit Oktober 2004 an einer Anpassungsstörung, verlängerten depressiven Reaktion gelitten, die sich auf Grund einerseits familiärer Belastungen, andererseits auch vor allem beruflicher Belastungen entwickelt habe. Die Bw. habe deshalb einen Facharzt für Psychiatrie aufgesucht, wobei die Medikamente Cipralex und Zoldem verschrieben worden seien. Im Rahmen der psychiatrischen Behandlung sei der Bw. auch empfohlen worden, das Geschäft zu schließen, was sie ca. sechs Monate nach Behandlungsbeginn auch getan habe. Die Schließung des Geschäftes sei auf Grund der psychischen Beeinträchtigung erfolgt. Die Bw. sei in einem Ausmaß eingeschränkt gewesen, dass sie nicht mehr in der Lage gewesen wäre, den Betrieb ordnungsgemäß fortzuführen.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Nach Ansicht des Finanzamtes habe die Erwerbsunfähigkeit der Bw. zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe durch das vorgelegte Sachverständigengutachten vom nicht nachgewiesen werden können. Im Gutachten sei nämlich lediglich auf die seinerzeitige Empfehlung, dass die Bw. auf Grund der psychischen Beeinträchtigung das Geschäft schließe, hingewiesen worden.

Mit dem Vorlageantrag vom legte der steuerliche Vertreter der Bw. ein ergänzendes psychiatrisches Gutachten der Sachverständigen Dr. MH vom vor. Danach sei "schon im Gutachten vom eindeutig festgestellt worden, dass zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe Erwerbsunfähigkeit bestand". Die Bw. sei zum Zeitpunkt der Schließung des Geschäfts nicht mehr in der Lage gewesen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Das Finanzamt legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Im weiteren Verfahren wurde der Akt des Landesgerichtes betreffend die Sozialrechtssache Aktenzeichen xxx eingeholt. Aus dem Gerichtsakt ergibt sich, dass die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft den Antrag der Bw. vom auf Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension mit der Begründung abgelehnt hatte, die Antragstellerin sei nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung in der Lage, leichte und eingeschränkt auch mittelschwere Arbeiten im Stehen und Gehen zu verrichten. Ihre Erwerbsfähigkeit sei daher noch nicht so gemindert, dass sie nicht mehr imstande wäre, weiterhin einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. In der Klagsschrift vom hatte die Bw. dagegen vorgebracht, sie sei aus orthopädischen Gründen - Beckenschiefstand, Halswirbelsäulenbeschwerden, Coxalgie und Osteoporose - nicht mehr imstande, Verkaufstätigkeiten durchzuführen, da längeres Stehen unvermeidbar sei. Darüber hinaus sei sie psychisch in keinster Weise mehr belastbar. Aktenkundig ist weiters das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. WS vom (das dem Finanzamt bei der Außenprüfung vorgelegt worden war), sowie ein psychiatrisches Zusatzgutachten der Sachverständigen Dr. KT vom , die beide zu dem oben wiedergegebenen, der Beurteilung des Finanzamtes zu Grunde gelegten Leistungskalkül gelangen, dass der Bw. mittelschwere Arbeiten (mit Einschränkungen) möglich seien (vgl. die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ). Aus einem im Gerichtsakt befindlichen Arztbrief der Fachärztin Dr.MH vom ist auch zu ersehen, dass sich die Bw. seit Oktober 2004 bei ihr in regelmäßiger ambulanter Behandlung befunden hatte. Das Gerichtsverfahren endete damit, dass die Bw. ihre Klage in der mündlichen Verhandlung am zurückzog, weil ein Pensionsanspruch wegen langer Versicherungsdauer bestand.

Am übermittelte der steuerliche Vertreter der Bw. ein weiteres ergänzendes Gutachten der Sachverständigen Dr. MH, in dem ausgeführt wird, die Bw. habe sich seit dem Jahr 2004 einer ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung unterzogen. Trotz Therapie habe keine Besserung des Beschwerdebildes erreicht werden können, sondern es sei auf Grund der zahlreichen exogenen Faktoren vor allem mit dem Betrieb des Geschäftes zu einer Verschlechterung des psychischen Zustands gekommen. Es sei deshalb dringend anzuraten gewesen, das Geschäft abzugeben, da sonst eine schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten und mit einer Chronifizierung des Krankheitsverlaufes zu rechnen gewesen wäre.

Am gab die Sachverständige Dr. MH zu ihrem Gutachten mündlich folgende Erläuterungen:

Die Bw. leide (noch immer) an einer reaktiven Depression, die äußere Ursachen habe. Typische Merkmale einer Depression seien allgemein die Antriebsstörung, eine Reduktion der psychischen Belastbarkeit wie auch ein psychosozialer Rückzug; im Falle der Bw. habe sich dies besonders auf die Kundenkontakte ausgewirkt. Die Bw. habe an einer schweren Schlafstörung gelitten und sie sei - in der Zeit der Behandlung durch Frau Dr. MH von Oktober 2004 bis zur Gutachtenserstellung im April 2008 - suizidgefährdet gewesen. Eine Einweisung in eine Anstalt wäre jedoch nicht erforderlich gewesen. Die Bw. sei immer noch Patientin von Frau Dr. MH, brauche aber keine regelmäßige Behandlung mehr. Sie sei medikamentös gut eingestellt. Innerhalb einer Skala von leichter/mittlerer/schwerer Depression sei die Erkrankung der Bw. als eine mittlere bis schwere Depression einzustufen. Inzwischen habe sich ihr Zustand etwas gebessert; sie sei nicht mehr suizidgefährdet. Nach Einschätzung von Frau Dr. MH sei die Bw. nicht mehr in der Lage gewesen, den Betrieb weiterzuführen. Es sei höchste Zeit gewesen, dass sie ihren Betrieb aufgegeben habe, sonst wäre es zu einem Zusammenbruch gekommen und sicher eine stationäre Aufnahme notwendig geworden. Dass die Bw. trotzdem noch ins Geschäft gegangen sei, sei nur durch ihre Willensstärke möglich gewesen. Ein Zusammenbruch hätte jederzeit eintreten können.

Der steuerliche Vertreter der Bw. schilderte, die Bw. sei zum Schluss immer wieder längere Zeit im Betrieb ausgefallen. Auch die wöchentlichen Einkaufsfahrten nach München für ihre Boutique habe sie nicht mehr bewältigen können. Deswegen seien auch Stammkunden ausgeblieben. Bei einer Besprechung des vorläufigen Jahresergebnisses 2004 im März 2005 habe ihm die Bw. gesagt, dass sie seit Herbst 2004 in ärztlicher Behandlung sei, laufend Medikamente einnehmen müsse und ihr die behandelnde Ärztin dringend geraten habe, ihre Lebensumstände zu ändern, da sonst keine Besserung ihres Zustandes eintreten werde. Sie habe zunehmend keine Antriebskraft mehr, sie habe zB noch nicht einmal die Winterdekoration der Schaufenster ihres Geschäftes umgestellt. Sie habe unmotivierte Weinkrämpfe, sodass sie sich im Geschäft in ihr Büro zurückziehen müsse und sich vor ihren Kunden in diesem Zustand nicht mehr präsentieren könne. Wenn sie mittags nach Hause fahre, könne sie sich zunehmend erst am Abend wieder aufraffen, in das Geschäft zu kommen und das Nötigste zu erledigen. Der Geschäftserfolg sei aus diesen Gründen rückläufig gewesen (Niederschrift vom und EMail vom ).

Die im zweitinstanzlichen Verfahren aufgenommenen Beweise wurden dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung ermäßigt sich der Steuersatz u.a für außerordentliche Einkünfte (Abs. 5) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 zählen zu den außerordentliche Einkünften Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt: ... 2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. ...

Der Tatbestand des § 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988 stellt auf eine betriebsbezogene Erwerbsunfähigkeit ab. Demgegenüber kennt das GSVG drei verschiedene, nach dem Alter des Versicherten gestaffelte Begriffe der Erwerbsunfähigkeit. Für die am xx.xx.xxxx geborene Bw. war (nach dem Stichtag des Pensionsantrages) § 133 Abs. 2 GSVG maßgeblich. Danach gilt ein Versicherter, der a) das 50. Lebensjahr vollendet hat, und b) dessen persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war, als erwerbsunfähig, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte außerstande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordert, die der Versicherte zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, genießt der Versicherte zwar einen eingeschränkten Berufsschutz: Er darf - anders als nach § 133 Abs. 1 GSVG vor Vollendung des 50. Lebensjahres - nicht mehr auf jede andere (selbständige oder nichtselbständige) Erwerbstätigkeit verwiesen werden. Die Verweisung auf eine nichtselbständige Tätigkeit ist ausgeschlossen und im Bereich der selbständigen Tätigkeiten wird dem Versicherten nicht mehr zugemutet, völlig neue Kenntnisse zu erwerben (siehe dazu etwa Rieder, Der Begriff der Erwerbsunfähigkeit im EStG und im GSVG, ASoK 11/2004, 395). Ein auf die konkret ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit abstellender Tätigkeitsschutz ist gemäß § 133 Abs. 3 GSVG jedoch erst für Versicherte ab Vollendung des 57. Lebensjahres vorgesehen.

Die zur Erwerbsunfähigkeit im Sinne des GSVG erstatteten Gutachten der Gerichtssachverständigen Dr. WS und Dr. KT gehen auf die Frage, ob die Bw. zur Weiterführung ihrer tatsächlich ausgeübten beruflichen Tätigkeit in der Lage war, nicht ein. Auf den orthopädischen Befund hat die Bw. ihren Berufungsantrag ohnehin nicht gestützt.

Die Bw. beschäftigte in ihrem Modegeschäft zuletzt eine Verkäuferin (mit 17 Wochenstunden), eine Aushilfe (mit acht Wochenstunden) und einen Lehrling. Auf Dauer wäre die Aufrechterhaltung des Modegeschäftes ohne die (volle) persönliche Arbeitskraft der Bw. nicht möglich bzw. nicht rentabel gewesen. Bei Beurteilung der betriebsbezogenen Erwerbsunfähigkeit (im Sinne des § 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988) sind auch diese Umstände zu berücksichtigen. Der Jahresumsatz des Betriebes hatte in den Geschäftsjahren 2000 bis 2002 im Durchschnitt ca. 260.000 € betragen und ist ab 2003 auf rund 200.000 € gesunken. Im Jahr 2003 ist es auch zu einem Einbruch des Gewinnes (in den Vorjahren im Durchschnitt rund 35.000 €) um 40 % auf 20.464 € gekommen; im Jahr 2004 betrug der Gewinn nur mehr 16.279 € und für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Jänner bis ergab sich ein laufender Verlust von -9.420 €. Gegenüber der Gerichtssachverständigen Dr. KT hatte die Bw. am angegeben, dass es ihr seit zwei Jahren psychisch schlechter gegangen sei. Der Rückgang der Betriebsergebnisse fällt genau in diese Zeit.

Das Gutachten der Sachverständigen Dr. MH behandelt die Frage, ob die Bw. zum auf Grund von psychischen Beeinträchtigungen in einem Ausmaß erwerbsunfähig war, dass sie ihren Betrieb nicht mehr fortführen konnte (vgl. die Formulierung des Auftrages auf S. 1 des Gutachtens vom ). Es bezieht sich daher auf die betriebsbezogene Erwerbsunfähigkeit, die Tatbestandsmerkmal des § 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988 ist. Als behandelnde Ärztin der Bw. seit Oktober 2004 hatte die Gutachterin unmittelbare Kenntnis vom Krankheitsverlauf. Der späte Zeitpunkt der Gutachtenserstellung (April 2008) mindert dessen Beweiskraft - hinsichtlich des Ausmaßes der psychischen Beeinträchtigung der Bw. im Juni 2005 - daher nicht.

Ein Sachverständigengutachten unterliegt - wie jedes Beweismittel - der freien Beweiswürdigung durch die Abgabenbehörde (§ 167 Abs. 2 BAO). Dem Finanzamt ist einzuräumen, dass die gutachterliche Feststellung einer Erwerbsunfähigkeit der Bw. zum aus dem dargestellten Befund (auch unter Einbeziehung der beiden Ergänzungsgutachten) noch nicht schlüssig nachvollziehbar war. Auf Grund der mündlichen Erläuterungen der Sachverständigen (Niederschrift vom ) steht nun aber fest, dass die psychische Beeinträchtigung der Bw. im Juni 2005 trotz fachärztlicher Therapie ein Ausmaß erreicht hatte, das die Arbeit im Geschäft (Bedienung der Kunden) samt den notwendigen Einkaufsfahrten und damit die Weiterführung dieses Betriebes nicht mehr zuließ. In dieses Bild fügt sich auch die Schilderung des steuerlichen Vertreters betreffend das im März 2005 mit der Bw. geführte Gespräch.

Der Tatbestand des § 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988 war daher erfüllt. Der Veräußerungsgewinn (von 112.088,96 €, nach Ausgleich mit dem laufenden Verlust: 102.668,95 €) war erklärungsgemäß mit dem Häftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 zu versteuern.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Innsbruck, am

Ergeht auch an: Finanzamt Innsbruck als Amtspartei

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at