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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 04.07.2011, RV/0791-G/10

Zeit zwischen Reifeprüfung und Beginn des Präsenzdienstes

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0791-G/10-RS1
Die Zeit zwischen Ablegung der Reifeprüfung und Beginn des Präsenzdienstes kann schon deshalb nicht als Schulferien in Betracht kommen, weil Schulferien nur ein Kind haben kann, das sich in Schulausbildung befindet (siehe auch ).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn Dr. X in XY, vom gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber beantragte mit Schreiben vom die Familienbeihilfe für den Monat Oktober 2010. Begründet wurde der Antrag damit, dass sein Sohn erst mit zum Präsenzdienst einberufen wurde und daher in der Zeit von 1. bis 3. Oktober keinen Präsenzdienst geleistet habe und ihm deshalb die Familienbeihilfe gemäß § 10 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) zu gewähren sei.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab und verwies in seiner Begründung zusammenfassend auf den § 2 Abs. 1 lit. a, b, c, d und f. Weiters wurde ausgeführt, dass sich ein Anspruch auf Familienbeihilfe für den Monat Oktober aus dem § 10 Abs. 2 FLAG nicht ableiten lasse, da in diesem Monat weder eine (neue) Anspruchsvoraussetzung erfüllt wurde noch ein Ausschließungsgrund hinzugekommen ist. Der Ausschließungsgrund ist im September 2010 eingetreten.

Mit Schriftsatz vom wurde beim unabhängigen Finanzsenat das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und als Begründung Folgendes ausgeführt:

Wie bereits im Antrag vom ausgeführt, hat A am die Reifeprüfung abgelegt. Seit leistet er den Präsenzdienst ab. Gem. § 10 Abs. 2 FLAG wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Dies ist, nachdem der Bezug der Familienbeihilfe mit Ablauf des eingestellt wurde, der .

Mit Ablegung der Reifeprüfung ist die Berufsausbildung dann noch nicht abgeschlossen, wenn das Kind, wie dies bei A der Fall sein wird, nach Abschluss des Präsenzdienstes ein Studium beginnt. Nach Abschluss des Studiums wird die Behörde - sollte dann die derzeitige Rechtslage noch anwendbar sein - jedenfalls die Familienbeihilfe dem § 2 Abs. 1 Iit. d) FLAG entsprechend für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung gewähren. Da das Gesetz jedoch keine Handhabe für die zweimalige Anwendung des § 2 Abs. 1 Iit. d) FLAG bietet, ist es offensichtlich, dass die für die Monate Juli bis September 2010 für A. gewährte Familienbeihilfe nicht unter dem Titel des § 2 Abs. 1 Iit. d) FLAG gewährt worden sein kann. Eine Berufsausbildung kann meiner Ansicht nach jedoch nur einmal abgeschlossen werden. Allein der Umstand, dass die Familienbeihilfe nach Ablegung der Reifeprüfung für die Monate Juli bis September 2010 gewährt wurde und es sich dabei zufällig um einen Zeitraum von drei Monaten handelt, bedeutet noch nicht, dass A. mit Ablegung der Reifeprüfung am seine Berufsausbildung abgeschlossen hat. Vielmehr wird er diese erst mit Abschluss seines nach Beendigung des Präsenzdienstes beginnenden Studiums abgeschlossen haben. Sollte er wider Erwarten dennoch kein Studium beginnen, so bleibt es der Behörde unbenommen zurückzufordern.

Wenn auch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Iit. e) FLAG im konkreten Fall derzeit nicht anwendbar ist, so normiert sie doch ausdrücklich, dass die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird. Allein schon daraus ist eindeutig ableitbar, dass das Ablegen der Reifeprüfung keinen Abschluss der Berufsausbildung darstellt. Würde dies der Fall sein, so dürfte in Österreich für keinen einzigen Studenten Familienbeihilfe gewährt werden.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 98/13/0067 :

• Dass die Ableistung des Präsenzdienstes für den Gesetzgeber des Familienlastenausgleichsgesetzes eine Unterbrechung der Ausbildung des Kindes darstellt, die während dieser Zeit den Anspruch auf Familienbeihilfe beseitigt, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht nur in seinem Erkenntnis vom , 941/77, sondern in jüngster Zeit erneut auch in seinem Erkenntnis vom , 96/13/0060, unter Hinweis auf die maßgebenden Bestimmungen dieses Gesetzes im gegebenen Zusammenhang ausgesprochen, weshalb es gemäß § 43 Abs. 2 letzter Satz VwGG genügt, auf die Gründe dieses zuletzt genannten Erkenntnisses zu verweisen.

Wenn nun die Ableistung des von A mit begonnen Präsenzdienstes eine Unterbrechung der Ausbildung darstellt, so ergibt sich daraus unzweifelhaft, der Anspruch auf Familienbeihilfe gem. § 10 Abs. 2 letzter Satz FLAG mit Ablauf des Monats zu erlöschen hat, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Das ist der und nicht, wie von der Behörde zu Unrecht angenommen, der .

Die im angefochtenen Bescheid zitierte Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. f) FLAG ist insofern nicht anwendbar, als A nicht beabsichtigt unmittelbar nach Beendigung des Präsenzdienstes auf Arbeitssuche zu gehen. Vielmehr beabsichtigt er zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenzdienstes ein Studium zu beginnen. Demgemäß hat er auch nicht beabsichtigt, sich für die Zeit von 01. bis als Arbeitssuchender zu melden. Dazu kommt, dass der ein Freitag war und im Hinblick auf die üblicherweise als Freizeit geltenden Wochenendtage des 02. und es als nicht glaubwürdig zu betrachten gewesen wäre, wenn A sich angesichts des Einberufungstermins für einen einzigen Arbeitstag als Arbeitssuchender gemeldet hätte. Aus diesem Grunde erschien es ihm nicht nur nicht angebracht, sondern geradezu grotesk sich für den Zeitraum von 01. bis sich als Arbeitssuchender i. S. des § 2 Abs. 1 Iit. f sublit. bb) FLAG vormerken zu lassen.

Ich bin daher der Auffassung, dass die Familienbeihilfe für A für all jene Zeiträume zu gewähren ist, die vor Vollendung des seines 26. Lebensjahres liegen und in denen er in Ausbildung steht, sofern er nicht Präsenzdienst leistet, wobei auf Grund des§ 10 Abs. 2 FLAG am die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe vorliegen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 2 Abs 1 lit. f des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn sie

aa) weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten und

bb) bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice als Arbeitsuchende vorgemerkt sind und weder einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, haben noch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice erhalten; das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice nachzuweisen; dabei bleiben ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) sowie Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und Beihilfen durch das Arbeitsmarktservice im Sinne dieses Absatzes in einem Kalendermonat bis zur Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG außer Betracht,

Für die Entstehung des Familienbeihilfenanspruches nach dieser Norm ist sohin ausschließlich der Nachweis der Vormerkung beim Arbeitsmarktservice als Arbeit suchend maßgeblich. Aus dem Umstand, dass die Vormerkung durch eine Bestätigung des Arbeitsmarktservices nachzuweisen ist, ist eindeutig erkennbar, dass hier ein konstitutives Tatbestandselement vorliegt. Es kommt also nicht auf eine mögliche, sondern auf die tatsächliche Vormerkung an. Gründe, warum eine Vormerkung gegebenenfalls nicht erfolgte, müssen daher, ohne Einfluss auf die Entscheidung bleiben.

Der Sohn des Berufungswerbers hat am die Reifeprüfung abgelegt und leistet seit den Präsenzdienst ab.

Gemäß § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe (der Kinderabsetzbetrag) vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt, wobei gemäß § 10 Abs 4 FLAG 1967 für einen Monat Familienbeihilfe nur einmal gebührt, auch wenn Anspruch nach zwei oder mehreren Tatbeständen des FLAG 1967 für ein Monat bestünde.

Der Anspruch auf Familienbeihilfe (Kinderabsetzbetrag) für den Sohn des Berufungswerbers gemäß § 2 Abs 1 lit. b FLAG 1967 infolge Berufsausbildung erlosch, da die Berufsausbildung am beendet wurde, somit grundsätzlich mit Ablauf des Monats Juni 2010.

Allerdings bestand nach Abschluss der Berufsausbildung der Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag im Sinne des § 2 Abs 1 lit. d - alte Rechtslage (siehe Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke FLAG § 2 Rz 115 ff ) für einen Übergangszeitraum von bis zu drei Monaten wenn weder Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch der Zivildienst geleistet wurde.

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 sieht als wesentlichste Voraussetzung für die Vermittlung des Anspruches auf Familienbeihilfe, dass sich das volljährige Kind in Berufsausbildung befindet. Ist dies der Fall und sind auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt, besteht Familienbeihilfenanspruch bis zur Vollendung des 26. bzw. 27. Lebensjahres.

Wenn nun der Berufungswerber vermeint, dass die Familienbeihilfe deshalb zu gewähren ist, weil die Berufsausbildung noch gar nicht abgeschlossen worden ist, so irrt er sich. Der Anspruch auf Familienbeihilfe ist nämlich nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt (siehe ). Zur Auslegung des Begriffes "Schulferien" und "in Schulausbildung befindliches Kind" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG in der Fassung vor 2001 hat der VwGH in seinem Erkenntnis v. , 96/13/0060 Folgendes ausgeführt: ...Unterbricht der Präsenzdienst aber den Ausbildungsprozess, dann kommt eine Beurteilung des zwischen der Ablegung der Reifeprüfung und dem Beginn des Präsenzdienstes verstreichenden Zeitraumes als Schulferien im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d FLAG schon deswegen nicht in Betracht, weil Schulferien nach der genannten Bestimmung nur ein Kind haben kann, das sich in Schulausbildung befindet. Das dem Gesetz zu entnehmende Verständnis von der Unterbrechung der Ausbildung durch den Präsenzdienst erfasst damit aber notwendig auch den zwischen der Ablegung der Reifeprüfung und dem Antritt des Präsenzdienstes liegenden Zeitraum. Eine gleich gelagerte Entscheidung hat er VwGH in seinem Erkenntnis v. , 2002/13/0144 getroffen.

Im vorliegenden Fall ist aus den vorgelegten Unterlagen klar erkennbar, dass für den strittigen Zeitraum keine Berufsausbildung vorliegt. Ein Familienbeihilfenanspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist somit ex lege nicht gegeben.

Eine Meldung als Arbeit suchend ist unstrittigerweise ebenfalls nicht erfolgt, daher kann auch ein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe daraus nicht abgeleitet werden.

Somit besteht ab kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Auch der für diesen Zeitraum gewährte Kinderabsetzbetrag, welcher nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 nur zusteht, wenn Familienbeihilfe bezogen wird, teilt das Schicksal der Familienbeihilfe.

Über die Berufung war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

Graz, am

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