Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 29.08.2013, RV/0203-S/13

Zufluss von Nachzahlungen im Insolvenzverfahren.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom , StNR/SVNr., betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) hat im Kalenderjahr 2011 Arbeitslosengeld bezogen, war bei zwei Dienstgebern beschäftigt, wobei über das Vermögen des zweiten Arbeitgebers der Konkurs eröffnet worden ist. Die Bw hat in der Folge vom 28.7. bis vorläufig Notstandshilfe vom AMS bezogen. Mit Bescheid vom wurde der Bw vom Insolvenz-Entgelt-Fonds Insolvenz-Entgelt für denselben Zeitraum gewährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom , StNR/SVNr., wurde aufgrund des Lohnzettels des Insolvenz-Entgelt-Fonds die Einkommensteuer für das Jahr 2011 neu festgesetzt.

In der Berufung vom machte die Bw geltend, dass ein Betrag in Höhe von € 2.321,20, die vorläufig ausbezahlte Notstandshilfe, die vom Insolvenz-Entgelt-Fonds direkt an das AMS ausbezahlt worden ist, in die Kontrollrechnung einbezogen worden sei und damit doppelt besteuert worden sei.

In der Berufungsvorentscheidung vom , StNR/SVNr., wurde lediglich hinsichtlich des insolventen Dienstgebers der Bruttobetrag um € 119,00 korrigiert. Auf das eigentliche Berufungsvorbringen der Doppelbesteuerung der vorläufig zuerkannten Notstandshilfe in Höhe von € 2.321,20 wurde weder im Spruch noch in der Begründung eingegangen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 Z. 3 EStG ist der Steuerpflichtige zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und ihm im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7 oder 8 zugeflossen sind.

Gemäß § 69 Abs. 6 Z. 1 EStG hat die auszahlende Stelle bei der Auszahlung von Insolvenz-Entgelt durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds zur Berücksichtigung der Bezüge im Veranlagungsverfahren bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln.

Die Bw. hat unstrittig für das Jahr 2011 eine Auszahlung von Insolvenz-Entgelt durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds erhalten. Dieser hat einen Lohnzettel an das Finanzamt übermittelt. Es war daher eine Pflichtveranlagung durchzuführen.

Bei dieser Pflichtveranlagung waren folgende Grundsätze zu berücksichtigen:

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG gelten Nachzahlungen im Insolvenzverfahren in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht.

Ungeachtet der Auszahlung in einem Folgejahr gilt die gegenständliche Nachzahlung daher im Jahr 2011 als zugeflossen.

Gemäß § 41 Abs. 4 EStG bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Bezüge, die nach § 67 Abs. 1 oder 68 steuerfrei bleiben oder die mit dem festen Satz des § 67 oder mit den Pauschsätzen des § 69 Abs. 1 zu versteuern waren, außer Ansatz. Die Steuer, die auf sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 und 2 entfällt, ist aber neu zu berechnen, wenn das Jahressechstel 2100 Euro übersteigt. Die Bemessungsgrundlage sind die sonstigen Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 und 2 abzüglich der darauf entfallenden Beiträge gemäß § 62 Z 3, 4 und 5. Die Steuer beträgt 6 % der 620 Euro übersteigenden Bemessungsgrundlage, jedoch höchstens 30 % der 2000 Euro übersteigenden Bemessungsgrundlage. Ungeachtet des vorläufigen Steuerabzugs gemäß § 69 Abs. 2 und 3 gilt ein Siebentel dieser Bezüge als ein Bezug, der mit dem festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 zu versteuern war und von dem 6 % Lohnsteuer einbehalten wurde. Ein Siebentel der Bezüge gemäß § 69 Abs. 5 und 7 gilt als Bezug, der mit dem festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 zu versteuern ist.

Die im Lohnzettel mit festen Steuersätzen zu versteuernden Beträge finden daher keinen Eingang in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Einkommensteuer.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG zählt das Insolvenz-Entgelt, das durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds ausgezahlt wird, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).

Gemäß § 67 Abs. 8 lit. g EStG sind Nachzahlungen in einem Insolvenzverfahren, soweit sie Bezüge gemäß § 67 Abs. 3, 6 oder 8 lit. e oder f betreffen, mit einem festen Steuersatz zu versteuern. Von den übrigen Nachzahlungen ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Der verbleibende Betrag ist als laufender Bezug mit einer vorläufigen laufenden Lohnsteuer in Höhe von 15 % zu versteuern.

Dieser Bestimmung kann entnommen werden, dass die nicht mit festen Steuersätzen versteuerten Nachzahlungen zu einem Fünftel steuerfrei bleiben. Diese steuerfreien Beträge wurden bereits von der Insolvenz-Entgelt-Service GmbH berücksichtigt. Der Rest wurde als laufender Bezug vorläufig besteuert. Dem kann in Verbindung mit der Verpflichtung zur Veranlagung der Einkommensteuer entnommen werden, dass der Gesetzgeber die endgültige Festsetzung der Einkommensteuer dem Finanzamt überlassen hat.

§ 3 Abs. 2 EStG verfügt Folgendes:

Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde.

Bei den steuerfreien Bezügen im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a handelt es sich um das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen.

Da die Bw vom bis Arbeitslosengeld und vom bis Notstandshilfe erhalten hat, waren die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf einen Jahresbetrag umzurechnen und das Einkommen mit dem so errechneten Steuersatz zu besteuern. Da jedoch die festzusetzende Steuer aus der Umrechnungsvariante nicht höher sein darf als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde, war im konkreten Fall das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe zu besteuern.

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. k AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Zeitraumes, für den Kündigungsentschädigung gebührt.

Gemäß § 16 Abs. 2 AlVG wird das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe), wenn der Anspruch auf Kündigungsentschädigung strittig ist oder die Kündigungsentschädigung aus sonstigen Gründen nicht bezahlt wird, für diesen Zeitraum als Vorschuss auf die Kündigungsentschädigung gewährt. Wird der Arbeitgeber von der Gewährung des Vorschusses verständigt, so geht der Anspruch des Arbeitslosen auf die fällige Kündigungsentschädigung für denselben Zeitraum auf den Bund zugunsten der Arbeitslosenversicherung in Höhe des als Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) gewährten Vorschusses über und ist vom Arbeitgeber unbeschadet von Übertragungen, Verpfändungen oder Pfändungen der Kündigungsentschädigung vorrangig zu befriedigen. Das Recht auf gerichtliche Durchsetzung des Anspruches verbleibt jedoch beim Arbeitnehmer. Wird Insolvenz-Entgelt nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, BGBl. Nr. 324/1977, für die Kündigungsentschädigung beantragt, so gilt das Gleiche hinsichtlich dieses Anspruches auf Insolvenz-Entgelt, und der Insolvenz-Entgelt-Fonds tritt an die Stelle des Arbeitgebers. Findet der Übergang statt, so ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld unter Bedachtnahme auf Abs. 1 lit. k neu zu bemessen.

Gemäß § 16 Abs. 4 AlVG ist Abs. 2 sinngemäß anzuwenden, wenn der Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) strittig ist oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) aus sonstigen Gründen (zB Konkurs des Arbeitgebers) nicht bezahlt wird.

Es ist daher jener Zeitraum, für welchen Kündungsentschädigung bzw. eine Urlaubsersatzleistung ausbezahlt wurden und für welchen demzufolge das Arbeitslosengeld nur als Vorschuss ausbezahlt wurde, nicht als Zeitraum anzusehen, für welchen Arbeitslosengeld bezogen wurde. Die vom Arbeitsamt vorschussweise ausbezahlten Beträge wurden gleichzeitig mit der Auszahlung des Insolvenzentgeltes einbehalten, was als Rückzahlung anzusehen ist. Dieser Zeitraum wird infolge der gesetzlich zwingenden Neubemessung des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 2 AlVG ausgeschieden und vermindert nicht die gesetzliche Anspruchsdauer.

Vgl. auch und vom , RV/0401-S/10, wobei in diesem Falle die Abgabenbehörde I. Instanz bereits in der Berufungsvorentscheidung die (zurückgezahlten) AMS-Bezüge aus der Hochrechnung ausgeschieden hat.

Die vorläufig für den Zeitraum 28.7. bis bezogene Notstandshilfe in Höhe von € 2.321,20 war daher aufgrund der Neuberechnung der Notstandshilfe auszuscheiden.

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG gelten Nachzahlungen im Insolvenzverfahren in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht. Diese als sachgerechte Zuordnung zu verstehende Begünstigungsbestimmung gilt unabhängig davon, an wen die Beträge zugeflossen sind. Eine Rückzahlung der vorläufig ausbezahlten (und aufgrund der Gewährung von Insolvenz-Entgelt-Entschädigung nicht zustehenden) Arbeitslosenunterstützung (Notstandshilfe) an das AMS ist daher im Jahr der vorläufigen Auszahlung erfolgt und die Besteuerung oder Einbeziehung dieses Betrages in die Hochrechnung ausgeschlossen.

Dem Berufungsbegehren war daher vollinhaltlich zu entsprechen.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Salzburg, am

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