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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSW vom 27.01.2009, FSRV/0163-W/08

Bescheid über Abweisung eines Antrages auf Strafaufschub wegen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung aufgehoben

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates Wien 2, HR Mag. Gerhard Groschedl, in der Finanzstrafsache gegen D.L., N., über die Beschwerde des Bestraften vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Strafnummer-1, über die Abweisung eines Antrages auf Strafaufschub gemäß § 177 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG)

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde D.L. (in weiterer Folge Bf.) wegen Abgabenhinterziehung zu einer Geldstrafe von € 60.000,00, im Nichteinbringungsfall 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt wurde. Nachdem der Bf. weder entsprechende Zahlungen tätigte noch um Zahlungserleichterungen ansuchte oder Kontakt mit der Finanzstrafbehörde hinsichtlich des anstehenden Strafvollzuges suchte, erließ das Finanzamt Wien 4/5/10 als Finanzstrafbehörde erster Instanz am die Aufforderung zum Strafantritt ab in der Justizanstalt Wiener Neustadt.

Da der Bf. auf diese Aufforderung nicht reagierte, erfolgte mit Schreiben vom die Veranlassung zur Vorführung zum Strafantritt. Laut Mitteilung der Polizei vom hat der Bf. ab wegen zahlreicher Vorführungen seitens der Bezirkshauptmannschaft bis eine Verwaltungsstrafhaft verbüßt und wurde im Anschluss in die JA eingeliefert.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Wien 4/5/10 als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag des Bf. vom auf Aufschub des Strafvollzuges gemäß § 177 Abs.1 FinStrG, da er zwei viel versprechende Verkäufe größerer Liegenschaften vor dem Abschluss stünden und für den Fall, dass diese Geschäfte nicht abgeschlossen werden könnten, der Unterhalt seiner schuldlosen Familie (Ehefrau und zwei minderjährige Kinder) gefährdet wäre, mit der Begründung abgewiesen, dass in der Begründung des Antrages, dass "bereits vorangeschrittete Verkäufe von größeren Liegenschaften vor dem Schluss stünden" und "bei tatsächlichem Abschluss je eine höhere Vermittlungsprovision für den Einschreiter fällig" wäre, kein triftiger Grund für einen sofortigen Vollzug erblickt werde, zumal der Bestrafte bereits am zum Strafantritt aufgefordert worden sei (Strafantritt bis ) und ihm daher ausreichend Zeit zum Regeln seiner familiären und geschäftlichen Angelegenheiten zur Verfügung gegangen sei. Überdies habe dem Bestraften, der seit eine Verwaltungsstrafhaft aufgrund andere Delikte verbüße, bekannt sein müssen, dass die Nichtentrichtung von Strafen schlussendlich zum Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe führe, zumal er bereits in zwei früher abgeführten Strafverfahren die Vorführung zum Strafantritt durch Einzahlung des ausständigen Betrages abgewendet habe.

Weiters entspreche die Behauptung, der Bestrafte sei für beide Kinder und seine Frau unterhaltsverpflichtet, nicht den Tatsachen, da die Ehegattin in einem aufrechten Angestelltenverhältnis stehe und selbständig Einkünfte erziele.

In der dagegen am letzten Tag der Frist eingebrachten Beschwerde vom beantragte der Bf. die Aufhebung des Bescheides bzw. die Abänderung dahingehend, dass seinem Antrag auf Aufschub der Vollstreckung der (noch offenen) Finanzstrafe stattgegeben werde, somit seine umgehende Enthaftung, damit er weiter seine Familie erhalten und mit der Finanzstrafbehörde erster Instanz eine geeignete Ratenvereinbarung treffen könne.

Als Begründung führte der Bf. aus, dass er am während einer Vorsprache beim Finanzamt aufgrund einer Denunziation von der Polizei angehalten und danach sechs Wochen im Verwaltungsarrest verbracht habe. Seit. befinde er sich in der JA in Finanzstrafhaft für die Dauer von 90 Tagen. Am habe der Bf. durch seinen Verteidiger um sechs Monate Strafaufschub gemäß § 177 FinStrG angesucht, was mit Bescheid vom abgelehnt worden sei. Die Ablehnung bzw. deren Begründung sei in sich widersprüchlich, da es im 2. Absatz laute: ... kann kein triftiger Grund für einen sofortigen Vollzug erblickt werden... Wenn schon die Strafreferentin selbst keinen Grund für einen sofortigen Vollzug finde, frage sich der Bf., warum sie sein Gesuch um Strafaufschub dann trotzdem abgelehnt habe und richte sich seine Beschwerde gegen diesen Widerspruch in sich. Mangelhaft sei der bekämpfte Bescheid auch in seinen Feststellungen im letzten Absatz. Entgegen der Annahme des Finanzamtes sei er sehr wohl immer noch für zwei Kinder sorgepflichtig und beziehe seine Ehegattin derzeit auch keine Einkünfte aus einem Angestelltenverhältnis.

Der Bf. ersuche daher höflich um stattgebende Erledigung wie beantragt.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 175 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz, wenn eine Freiheitsstrafe zu vollziehen ist, den auf freiem Fuß befindlichen rechtskräftig Bestraften schriftlich aufzufordern, die Strafe binnen einem Monat nach der Zustellung der Aufforderung anzutreten. Die Aufforderung hat die Bezeichnung des zuständigen gerichtlichen Gefangenenhauses und die Androhung zu enthalten, dass der Bestrafte im Fall seines Ausbleibens vorgeführt wird. Kommt der Bestrafte dieser Aufforderung nicht nach, so hat ihn die Finanzstrafbehörde durch Anwendung unmittelbaren Zwanges zum Strafantritt vorführen zu lassen; sie ist berechtigt, hiebei die Unterstützung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Anspruch zu nehmen. An Stelle der Aufforderung zum Strafantritt ist die sofortige Vorführung zu veranlassen, wenn Fluchtgefahr besteht.

Gemäß § 177 Abs. 1 FinStrG kann auf Antrag des Bestraften die Finanzstrafbehörde erster Instanz bei Vorliegen triftiger Gründe den Strafvollzug aufschieben. Triftige Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn durch den unverzüglichen Strafantritt der Erwerb des Bestraften oder der Unterhalt seiner schuldlosen Familie gefährdet würde oder wenn der Aufschub zur Ordnung von Familienangelegenheiten dringend geboten ist. Der Aufschub darf das unbedingt notwendige Maß nicht überschreiten; er soll in der Regel nicht mehr als sechs Monate betragen. Die Bewilligung kann an die Leistung einer Sicherheit geknüpft werden; § 88 Abs. 3 bis 5 und Abs. 7 lit. d gilt sinngemäß mit der Maßgabe, daß die Sicherheit auch für verfallen zu erklären ist, wenn der Bestrafte die Strafe aus seinem Verschulden nicht rechtzeitig antritt.

Der Bestrafte zeigt in der Beschwerde zu Recht auf, dass die Ablehnung und deren Begründung im angefochtenen Bescheid in sich widersprüchlich sind. Nach seiner Darstellung und auch nach Aktenlage wurde der Antrag mit der Begründung abgewiesen, dass (laut Absatz 2) "kein triftiger Grund für einen sofortigen Vollzug erblickt werden kann".

Damit bringt die Finanzstrafbehörde erster Instanz zum Ausdruck, dass kein Grund für einen sofortigen Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe vorliegen würde. Gleichzeitig verweist die Behörde jedoch darauf, dass der Antrag auf Strafaufschub "deshalb" abzuweisen gewesen ist.

Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ziehen Widersprüche zwischen dem Spruch und der Begründung eines angefochtenen Bescheides die Aufhebung nach sich ( Zl. 224/67), da ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung einen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ().

Aufgrund des tatsächlich vorhandenen - vom Bestraften aufgezeigten - Widerspruches war der angefochtene Bescheid daher aufzuheben.

Die mit ho. Schreiben vom angeforderte weitere Begründung des Antrages wird von der Finanzstrafbehörde erster Instanz bei der neuerlichen Bescheiderlassung zu berücksichtigen sein.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
ZAAAD-28147