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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 26.01.2009, RV/0687-I/08

Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 EStG 1988 zu berücksichtigen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0687-I/08-RS1
In einer Vereinbarung mit dem Dienstgeber vorgesehene wöchentliche Fahrten vom mit der Arbeitsstätte identen Wohnsitz (Heimarbeit als Programmierer) zur weiteren Arbeitsstätte am Sitz des Dienstgebers sind als Fahrten vom Wohnsitz zur Arbeitsstätte anzusehen und die hiefür getätigten Ausgaben nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG steuerlich zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für den Zeitraum 2006 bis 2007 entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige wohnt in S in Osttirol. Er erzielt als Programmierer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit seinem Dienstgeber, der WD-GmbH mit Sitz in Salzburg, hat er folgende - ab gültige - Vereinbarung getroffen:

"Vereinbarung für Telearbeit

getroffen zwischen der WD-GmbH , ..., als Dienstgeber einerseits, im folgenden kurz "WDS" genannt,

und

Herr, WO,..., im folgenden kurz "Dienstnehmer" genannt, wird Telearbeit ab an einer außerbetrieblichen Arbeitstätte im Sinne des § 9 des Kollektivvertrages für Angestellte von Unternehmen im Bereich Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung vereinbart.

Ort der außerbetrieblichen Arbeitsstätte ist die Wohnadresse. Während der vereinbarten Zeit der Telearbeit hat der Dienstnehmer die Erreichbarkeit zu gewährleisten.

1. Normalarbeitszeit

Die Lage der Normalarbeitszeit richtet sich nach der betrieblichen Normalarbeitszeit gemäß Punkt 3.1. der Betriebsvereinbarung Arbeitszeitregelungen und verteilt sich derzeit wie folgt: Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr mit jeweils einer halben Stunde Pause.

Die Arbeitszeit an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte erfolgt an folgenden Werktagen: Montag bis Freitag.

Die einseitige Abänderung der täglichen Verteilung der Arbeitszeit bleibt dem DG jederzeit vorbehalten.

Notwendige Abstimmarbeiten und Besprechungen haben nach individueller, vorheriger Vereinbarung, maximal einmal wöchentlich, in der Zentrale zu erfolgen.

2. Mehrarbeit

Mehrarbeit gemäß Punkt 4 und Überstunden gemäß Punkt 5 der Betriebsvereinbarung Telearbeit an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte werden nur vergütet, wenn sie ausdrücklich vorher angeordnet wurden. Nichtangeordnete Mehr- oder Überstunden gelten als nicht geleistet.

Die Vergütung der Mehr- und Überstunden erfolgt laut Betriebsvereinbarung Telearbeit Punkt 4. und 5.

3. Tätigkeiten

Vom Dienstnehmer sind in der außerbetrieblichen Arbeitstätte folgende Tätigkeiten zu verrichten: Produktmanagement Finanz, Schwerpunkt Zahlungsverkehr.

4. Arbeitsmittel

Dem Dienstnehmer werden für die Arbeitsleistung vom Dienstgeber für die Zeit der Tätigkeit an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt:

Notebook, Handy

Der Dienstnehmer ist verpflichtet, diese Arbeitsmittel nur im Rahmen der vereinbarten Telearbeit zu benutzen und die Benützung durch Dritte auszuschließen.

Die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel sind bei Beendigung der Telearbeit bzw. über Aufforderung des Dienstgebers vom Dienstnehmer unverzüglich dem Dienstgeber zurückzustellen bzw. es ist ihm zu ermöglichen, gegen Kostenersatz die Arbeitsmittel zu übernehmen.

5. Aufwandserstattung

Dem Dienstnehmer werden keine Aufwendungen durch die außerbetriebliche Arbeitsstätte erstattet.

6. Haftung

Der Dienstnehmer ist verpflichtet, die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel so zu verwahren, dass eine Beschädigung durch Dritte möglichst ausgeschlossen ist.

Auf den Schutz von Daten und Informationen ist in gleicher Weise zu achten und zu sorgen, wie dies in der Verpflichtungserklärung Datenschutz vorgesehen ist. Vertrauliche Daten, Informationen und Passwörter sind so zu schützen, dass Dritte keine Einsicht und keinen Zugriff nehmen können.

Für Schäden, die der Dienstnehmer dem Dienstgeber im Zusammenhang mit dem Betrieb der außerbetrieblichen Arbeitsstätte zufügt, haftet er nach den Bestimmungen des Dienstnehmerhaft-pflichtgesetzes. Dies gilt auch für die im gemeinsamen Haushalt mit dem Dienstnehmer lebenden Personen.

7. Betriebsvereinbarung

Weitere Regelung siehe Betriebsvereinbarung vom über Telearbeit.

Salzburg, am

Der Dienstgeber

Der Dienstnehmer"

In den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für 2006 und 2007 machte der Abgabepflichtige Ausgaben für Fahrten vom Wohnsitz zur 234 Kilometer entfernten "WDS-Zentrale" als Werbungskosten geltend. Deren Höhe errechnete er durch Ansatz des amtlichen Kilometergeldes mit 2.815,49 € für 2006 (Hin- und Rückfahrt an 16 Tagen ergibt 7.488 Kilometer) und mit 7.647,12 € für 2007 (Hin- und Rückfahrt an 22 Tagen ergibt 20.124 Kilometer).

In den jeweils am ausgefertigten Bescheiden betreffend Einkommensteuer für 2006 und 2007 wurde den geltend gemachten Aufwendungen durch Abzug des Verkehrsabsetzbetrages Rechnung getragen. In der Bescheidbegründung ist dazu ausgeführt, darüber hinausgehende Kosten könnten nicht als Werbungskosten Berücksichtigung finden, weil es sich bei den wöchentlichen Fahrten nach Salzburg um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handle.

In der gegen die angeführten Bescheide erhobenen Berufung vom wendete der Abgabepflichtige ein, er übe seine berufliche Tätigkeit, wie mit dem Dienstgeber vereinbart, ausschließlich zu Hause aus. Es sei jedoch notwendig, regelmäßig nach Salzburg zu fahren. Der Dienstgeber stelle ihm einen Laptop, nicht aber einen eigenen Arbeitsplatz in Salzburg zur Verfügung. Der Leiter der Personalabteilung des Dienstgebers habe dem Finanzamt "ohne weitere Prüfung des Sachverhaltes irrtümlicherweise bestätigt", dass sich der Arbeitsort in Salzburg befinde. Bei einer Prüfung des Personalaktes oder einer Nachfrage beim zuständigen Abteilungsleiter wäre die abgeschlossene Teleworkingvereinbarung bestätigt worden. Der Berufung ist eine schriftliche Bestätigung des Dienstgebers mit folgendem Inhalt angeschlossen:

"Bestätigung zur Vorlage beim Finanzamt - Telearbeitsplatz

Wir bestätigen, dass Herr WO , ..., als Organisationsprogrammierer in unserem Unternehmen beschäftigt ist.

Mit wurde eine Vereinbarung über Telearbeit abgeschlossen in der festgelegt wurde, dass Herr O seiner Tätigkeit ausschließlich von seiner Wohnstätte aus nachgeht.

Herrn O steht für seine Tätigkeit beim Dienstgeber kein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung. Für die Ausübung seiner Arbeit ist es jedoch notwendig, dass er regelmäßig (maximal einmal pro Woche) zu Abstimmungen, für Besprechungen und zur Abholung von Unterlagen in die Zentrale der WD-GmbH kommt. Für diese Fahrten erhält Herr O keinen Kostenersatz.

Des Weiteren leisten wir Herrn O auch keinen Ersatz für Internet-, Telefon- und Betriebskosten seiner außerbetrieblichen Arbeitsstätte."

Einer weiteren Bestätigung des Dienstgebers vom ist zu entnehmen, dass der Zeitaufwand für den Aufenthalt in der Zentrale, "je nach Anzahl der vereinbarten Termine", zwischen zwei und neun Stunden liege. Die "erbrachten bzw. zu erbringenden Arbeitsleistungen" sind wie folgt aufgelistet:

- Projektanforderungen aufnehmen

- Projektaufträge mit Unterschriften von Kunden einholen

- Präsentationen von Entwicklungsmilestones und Preview der weiteren Softwareentwicklungsschritte

- Einsatzbesprechungen neuer Softwaremodule

- Vorortanalyse und -besprechung von Kundenproblemen mit bestehender Software, die nicht vom Telearbeitsplatz aus nachvollzogen werden können

- Festlegung der Aufgabenverteilung und Arbeitspakete bei Neuentwicklungen

- Persönliche Gespräche mit Kollegen zur internen Abstimmung von Schnittstellen, Festlegen und Nachjustieren von Funktionsumfängen, Termin- und Ablaufplänen

- Koordination von Software-Einsätzen

- Abteilungs- und Gruppenbesprechungen (ein- bis zweimal pro Monat)

Bei seiner persönlichen Vorsprache im Finanzamt am gab der Berufungswerber dazu an, mit Ausnahme der ersten beiden Punkte handle es sich um Arbeiten, die er nicht von zu Hause aus, sondern in der Zentrale in Salzburg erledige.

Die abweisende Berufungsvorentscheidungen vom begründete das Finanzamt im wesentlichen damit, dass der Abgabepflichtige zwei Arbeitsstätten habe, wobei sich eine davon an seinem Wohnsitz befinde. Die Fahrten zur anderen Arbeitsstätte seien daher als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz anzusehen. Aufwendungen für diese Fahrten seien durch den Verkehrsabsetzbetrag und ein allfällig zustehendes Pendlerpauschale abzugelten.

Im Vorlageantrag vom wurde ergänzend ausgeführt, der Sitz der Firma sei nicht aufgesucht worden, um der laufenden Tätigkeit - dem Programmieren - nachzugehen, sondern "nur um die Arbeit zu koordinieren und abzustimmen und auftretende Probleme ehestmöglich im Team zu klären". Anders als in der Berufungsvorentscheidung ausgeführt sei kein Innendienst verrichtet worden. Er sei maximal einmal wöchentlich nach Salzburg gefahren. Im Jahr 2008 habe sich die Zahl der Besprechungstermine vermindert. Er beantrage daher die erklärungsgemäße Veranlagung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbetrag nach lit. b und c leg.cit. ("Pendlerpauschale") sind alle Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Aufwendungen für Fahrten zwischen verschiedenen Arbeitsstätten, die über die Aufwendungen eines Dienstnehmers für Fahrten zwischen Wohnsitz und Arbeitsstätte hinausgehen, sind in ihrer tatsächlichen Höhe (in der Regel bemessen mit dem Kilometergeld) als Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen. Ist allerdings eine Arbeitsstätte mit dem Wohnsitz des Dienstnehmers ident, so ist die Fahrt zur weiteren Arbeitsstätte als solche zwischen Wohnsitz und Arbeitsstätte anzusehen, weswegen die Aufwendungen nur nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 steuerlich berücksichtigt werden können (; weiters Doralt, EStG9, § 16, Tz 119/1).

Dass der Berufungswerber an seinem Wohnsitz eine Arbeitsstätte hat, ergibt sich aus der mit seinem Dienstgeber getroffenen Vereinbarung und ist unbestritten. Hin- und Rückfahrten zur Zentrale des Arbeitgebers in Salzburg haben jeweils an folgenden Tagen stattgefunden:


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2006:
2007:

Nach den Bestätigungen des Dienstgebers vom und vom ging Herr O seiner Arbeit ausschließlich von seiner Wohnstätte aus nach. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass es notwendig sei, "regelmäßig (maximal einmal pro Woche) zu Abstimmungen, für Besprechungen und zur Abholung von Unterlagen" in die Zentrale nach Salzburg zu kommen. Den dafür jeweils nötigen Zeitaufwand gab der Dienstgeber mit zwei bis neun Stunden an, der Berufungswerber schätzte den Zeitaufwand bei seiner Vorsprache im Finanzamt am mit durchschnittlich vier Stunden. In zwei weiteren Bestätigungen vom (Blatt 38/2006) und vom (Blatt 34/2007) sei mit eine Vereinbarung über Telearbeit abgeschlossen worden, wonach an vier Tagen in der Woche die Arbeit von der Wohnstätte erfolge und einmal pro Woche die Anwesenheit in der Zentrale in Salzburg erforderlich sei. In der Bestätigung vom sind jene Arbeiten aufgelistet, die der Berufungswerber nur in der WDS-Zentrale erledigen konnte. Der Senat hält diese Arbeiten für einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Berufungswerbers. Zum Einen sind diese Fahrten mit dem Dienstgeber schriftlich vereinbart worden, zum anderen führt der Berufungswerber im Vorlageantrag selbst aus, die Fahrten in die Zentrale seien erfolgt, "um die Arbeit zu koordinieren und abzustimmen und auftretende Probleme ehestmöglich im Team zu klären". Im Hinblick auf die Häufigkeit und die Regelmäßigkeiten der Fahrten zur WDS-Zentrale und die Bedeutung der dort erledigten Arbeiten ist daher die Zentrale neben dem Telearbeitsplatz am Wohnsitz als weitere Arbeitsstätte anzusehen. Bei den Fahrten zur Zentrale handelt es sich um solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Die dafür erfolgten Aufwendungen können nach dem Vorgesagten nur nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 steuerlich berücksichtigt werden.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 werden zusätzlich Pauschbeträge (Pendlerpauschale) berücksichtigt, wenn die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km beträgt und die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht zumutbar ist. In zeitlicher Hinsicht müssen die Voraussetzungen für das Pendlerpauschale im Lohnzahlungszeitraum überwiegend gegeben sein. Bei durchgehender Beschäftigung ist Lohnzahlungszeitraum der Kalendermonat. Für den Kalendermonat werden 20 Arbeitstage angenommen, sodass ein Pendlerpauschale nur dann zusteht, wenn im Kalendermonat an mehr als zehn Tagen die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung zurückgelegt wird (vgl. Doralt, EStG 9, § 16, Tz 111).

Wie oben dargestellt und in der Vereinbarung mit dem Dienstgeber geregelt, hat der Abgabepflichtige die Strecke Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung "maximal einmal wöchentlich" zurückgelegt, weshalb ein Pendlerpauschale nicht berücksichtigt werden kann. Die Ausgaben für die Fahrten zwischen der mit dem Wohnsitz identen Arbeitsstätte und der weiteren Arbeitsstätte in Salzburg sind durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at