Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.01.2009, RV/1856-W/08

Geschäftsführerhaftung, Nachweispflicht des Geschäftsführers

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/13/0103 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der Haftungsbetrag auf € 215.042,13 herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde der über das Vermögen der B-GmbH am eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 1,527940 % aufgehoben.

In Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes vom wegen eventueller Geltendmachung einer Haftung teilte der Berufungswerber (Bw.) mit Schreiben vom mit, dass er als Geschäftsführer einer der Großgläubiger der Gesellschaft im Konkurs gewesen wäre. Das Landesgericht für Strafsachen hätte zwar ein Verfahren gegen ihn eingeleitet, jedoch schließlich bestätigt, dass ihn keine Schuld am Konkurs treffe und keine Gläubiger bevorzugt worden wären. Er wäre daher für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht verantwortlich.

Den Aufforderungen des Finanzamtes vom und , die Buchhaltungskonten sowie den erwähnten Gerichtsbeschluss vorzulegen, kam der Bw. nicht nach.

Mit Bescheid vom wurde der Bw. gemäß § 9 Abs. 1 BAO i.V.m. § 80 BAO als Geschäftsführer der B-GmbH für Abgaben in der Höhe von € 232.686,72, nämlich


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Abgabe
Betrag
Fällig am
Lohnsteuer 1995
7,19
Umsatzsteuer 1996
3.766,48
Umsatzsteuer 08/1997
6.220,79
Umsatzsteuer 08/1997
6.103,43
Umsatzsteuer 09/1997
6.220,79
Umsatzsteuer 10/1997
16.364,11
Umsatzsteuer 10/1997
4.462,11
Umsatzsteuer 09/1997
117,00
Umsatzsteuer 11/1997
16.754,72
Umsatzsteuer 11/1997
2.820,36
Lohnsteuer 1997
787,56
Säumniszuschlag 1998
15,77
Umsatzsteuer 12/1997
87.607,13
Umsatzsteuer 12/1997
4.001,73
Umsatzsteuer 01/1998
11.384,20
Umsatzsteuer 01/1998
1.221,99
Umsatzsteuer 06-08/1998
18.662,38
Umsatzsteuer 09/1998
3.052,26
Lohnsteuer 10/1998
1.352,88
Säumniszuschlag 1998
27,03
Lohnsteuer 11/1998
1.352,88
Säumniszuschlag 1998
27,03
Umsatzsteuer 10/1998
3.052,26
Umsatzsteuer 11/1998
3.342,95
Lohnsteuer 12/1998
1.813,48
Säumniszuschlag 1999
36,26
Umsatzsteuer 12/1998
3.342,95
Lohnsteuer 01/1999
1.387,40
Säumniszuschlag 1999
21,15
Umsatzsteuer 01/1999
3.342,95
Lohnsteuer 02/1999
1.522,57
Säumniszuschlag 1999
30,45
Pfändungsgebühren 1999
2.090,07
Pfändungsgebühren 1999
0,51
Lohnsteuer 03/1999
1.556,36
Säumniszuschlag 1999
31,10
Umsatzsteuer 02/1999
3.342,95
Umsatzsteuer 03/1999
3.113,67
Körperschaftsteuer 1997
3.699,05
Körperschaftsteuer 1997
8.630,77

zur Haftung herangezogen, da diese durch die schuldhafte Verletzung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Bw. ein, dass die B-GmbH vor Jahren in den Konkurs geschlittert und er als Geschäftsführer einer der Hauptbetroffenen gewesen wäre. Die gesamte Buchhaltung der Gesellschaft wäre von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen geprüft und ein anschließender Strafantrag vor Jahren gerichtlich abgehandelt worden. Da der Bw. weder wegen fahrlässiger Krida noch ähnlicher Delikte verurteilt worden wäre, wäre daher ein Haftungsbescheid nicht möglich.

Mit Schreiben vom erließ das Finanzamt einen Vorhalt an den Bw., wonach der Nachweis, welcher Betrag an Umsatzsteuervorauszahlungen bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und dem Entstehen des Abgabenanspruches andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, dem Vertreter obliege. Nur bei Nachweis der anteilsmäßigen Befriedigung der Gläubiger hafte der Bw. nur für die Differenz des an die Abgabenbehörde in zu geringer Höhe entrichteten Betrages. Zur verlässlichen Beurteilung des Nichtvorliegens eines Verschuldens wären auch für jede einzelne haftungsgegenständliche Umsatzsteuervorauszahlung die an dritte Gläubiger geleisteten Zahlungen vom Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld bis zur Fälligkeit sowie der Schuldenstand gegenüber dritten Gläubigern zum Fälligkeitszeitpunkt offen zu legen. Die Nebengebühren würden das Schicksal der Hauptschuld teilen.

In Beantwortung des Vorhaltes teilte der Bw. mit Schreiben vom mit, dass der Nachweis, dass man eine Tat nicht begangen hätte, bekanntlich unmöglich wäre. Die zitierten VwGH-Erkenntnisse würden voraussetzen, dass in der Tat Gläubiger bevorzugt worden wären, was aber gerichtlich nachweisbar widerlegt worden wäre, da ein gerichtlich beeideter Sachverständiger die gesamte Buchhaltung überprüft hätte. Wenn die Vorwürfe zutreffen würden, wäre der Bw. wegen fahrlässiger Krida bzw. Gläubigerbevorzugung auch verurteilt worden, was aber nicht der Fall wäre.

Mit einem Ersuchen um Ergänzung vom gab das Finanzamt dem Bw. bekannt, dass die Frage, ob im Konkursverfahren Gläubiger bevorzugt worden wären, nach anderen Gesichtspunkten beurteilt werde als die Gleichbehandlung der Gläubiger im finanzrechtlichen Haftungsverfahren, da diese bereits mit der Nichtentrichtung von Abgaben im Jahr 1996 beginne. Der Bw. werde daher erneut ersucht, die ziffernmäßige Darstellung bezüglich der Gläubigergleichbehandlung nachzureichen. Da die Lohnsteuer vorrangig an das Finanzamt abzuführen gewesen wäre, scheide sie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus. Weiters werde die Nachreichung des Sachverständigengutachtens und das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen erbeten.

Diesem Ersuchen wurde seitens des Bw. nicht entsprochen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung teilweise stattgegeben und die Haftungsschuld auf € 220.356,90 durch Herausnahme der Körperschaftsteuer 1997, da diese erst nach Konkurseröffnung fällig gewesen wäre, vermindert.

Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge der Ermittlungen, ob dem Geschäftsführer eine schuldhafte Verletzung der ihm auferlegten Pflichten im Sinne des § 9 BAO angelastet werden könne, für ihn eine erhöhte Mitwirkungsverpflichtung bestehe. Leider wäre der letzte Ermittlungsvorhalt vom nicht beantwortet worden, weshalb die Haftung auf Grund der Bestimmungen des Abgabenrechtes geltend gemacht werde. Davon abhängig wäre weder eine Verurteilung nach dem Zivilrecht oder Strafrecht noch nach dem Finanzstrafgesetz. Zusätzlich wäre allerdings im Falle einer finanzstrafrechtlichen Verurteilung die Geltendmachung einer Haftung gemäß § 11 BAO möglich gewesen.

Darüber hinaus hätte der Bw. die Verpflichtung zur Entrichtung der Lohnsteuer nach § 78 Abs. 3 EStG gehabt, wonach die Auszahlung der Löhne um die Lohnsteuer hätte gekürzt werden müssen. Die Pflicht zur vorrangigen Entrichtung hätte jedoch nicht für die nachgeforderten Umsatzsteuervorauszahlungen und Nebengebühren bestanden. Es wäre dem Bw. jedoch die Verpflichtung oblegen, den Nachweis zu erbringen, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre.

Fristgerecht beantragte der Bw. mit Schreiben vom die (als Berufung bezeichnete) Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte ergänzend vor, dass die Lohnsteuer immer regelmäßig bezahlt worden wäre, die Gesellschaft bis kurz vor Eröffnung des Konkursverfahrens immer ein Guthaben beim Finanzamt gehabt hätte und der Steuerrückstand auf Grund einer Betriebsprüfung (keine Lohnsteuerprüfung) zustandegekommen wäre, wogegen er Berufung einlegen hätte wollen, jedoch dies vom Masseverwalter abgelehnt worden wäre. Dies bedeute, dass im Gesamtrückstand keine Lohnsteuer enthalten sein könne, höchstens aus dem letzten Monat vor Konkurseröffnung.

Mit nachgereichtem Schreiben vom beantragte der Bw., dass er bzw. sein Steuerberater (ohne Nennung eines Namens) persönlich angehört werde.

Der Unabhängige Finanzsenat teilte daraufhin dem Bw. mit Schreiben vom mit, dass eine mündliche Verhandlung gemäß § 284 Abs. 1 BAO über die Berufung nur dann stattzufinden hätte, wenn diese in der Berufung oder im Vorlageantrag beantragt werden. Der Antrag in einem späteren Schreiben genüge daher nicht. In Wahrung des Parteiengehörs werde dem Bw. jedoch Gelegenheit geboten, das Berufungsvorbringen schriftlich zu ergänzen. Die dafür gesetzte Frist ließ der Bw. ungenützt verstreichen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Über die Berufung hat gemäß § 284 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung beantragt wird oder wenn es der Referent für erforderlich hält.

Da der Antrag des Bw. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung erst in einem nachgereichten Schreiben vom und nicht bereits in der Berufung vom bzw. im Vorlageantrag vom gestellt wurde, konnte dem Antrag gemäß § 284 Abs. 1 BAO nicht entsprochen werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BAO. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d BAO insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens, worunter gemäß § 26 AbgEO insbesondere Pfändungsgebühren und die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen (somit auch Postgebühren) fallen.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit in Höhe von 98,47206 % der aushaftenden Abgaben fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom der über das Vermögen der B-GmbH am eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 1,527940 % aufgehoben wurde (vgl. auch ).

Unbestritten ist, dass dem Bw. als damaligem Geschäftsführer der Gesellschaft die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Aus dem Vorbringen des Bw., dass die Buchhaltung von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen geprüft und er daraufhin strafrechtlich nicht verurteilt worden wäre, lässt sich nichts gewinnen, da der Freispruch des Abgabepflichtigen vom Vorwurf der fahrlässigen Krida den Abgabepflichtigen nicht von der Verpflichtung entbindet, im Haftungsverfahren die Gründe aufzuzeigen, die ihn ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Abgabenentrichtung hinderten, zumal es keine Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme bildet, ob in einem förmlichen Strafverfahren ein Schuldspruch erfolgt oder nicht ().

Dem Einwand des Bw., dass bis kurz vor Eröffnung des Konkursverfahrens das Abgabenkonto der Gesellschaft immer ein Guthaben ausgewiesen hätte, muss die Aktenlage entgegengehalten werden, da in Wahrheit lediglich bis August 1998 regelmäßige Guthaben bestanden, jedoch in der Zeit ab August 1998 bis zur Konkurseröffnung () bzw. bis dato auf dem Abgabenkonto hohe Rückstände (ab Dezember 1998 sogar in Höhe von rund ATS 2,7 Mio. und derzeit € 289.013,61) aufscheinen.

Damit erscheint aber auch der Einwand des Bw., dass der Masseverwalter die Einbringung einer Berufung gegen die der Haftung zu Grunde liegenden Abgabenbescheide abgelehnt hätte, nicht nachvollziehbar, da die aus einer Betriebsprüfung resultierenden Nachforderungen an Umsatzsteuervorauszahlungen bereits mit Bescheiden vom - daher lange vor Konkurseröffnung - festgesetzt wurden, weshalb der erst ab zuständige Masseverwalter keine Rechtsmittellegitimation haben konnte.

Es wäre dem Bw. daher unbenommen geblieben, selbst entweder bis zum Ablauf der bis eingeräumten Frist gemäß § 243 BAO bzw. sogar nochmals innerhalb der Berufungsfrist gegen den Haftungsbescheid ( bis ) gemäß § 248 BAO Berufung gegen die Bescheide über den Abgabenanspruch zu erheben.

Ebenso muss dem Vorbringen des Bw., dass die Lohnsteuer immer bezahlt worden wäre, entgegen gehalten werden, dass laut Aktenlage sämtliche haftungsgegenständlichen Lohnsteuern 10/1998 bis 03/1999 vom Bw. selbst im Zeitraum Februar bis April 1999 gemeldet aber nicht entrichtet wurden.

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Im gegenständlichen Fall bringt der Bw. jedoch keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass dem Bw. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Am Bw., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bw. jedoch trotz mehrmaliger Aufforderung nicht aufgestellt.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung der Bw. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten aber ohnedies Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

Allerdings kann in der Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer 1997, wie schon vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung zutreffend ausgeführt, keine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen, da die Fälligkeiten und erst nach Konkurseröffnung eintraten.

Da die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen als Einhebungsmaßnahme unter anderem voraussetzt, dass nach dem Grundsatz der materiellen Akzessorietät eine Abgabenschuld entstanden, aber noch nicht erloschen ist (, 0440), worauf auch noch im Rechtsmittelverfahren Bedacht zu nehmen ist (), war die Umsatzsteuer 1996 auf € 1.788,41 zu vermindern.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der B-GmbH im Ausmaß von nunmehr € 215.042,13 (98,47206 % von € 218.378,83) zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at